Ist das alles? Teil 23

Autor: Dani
veröffentlicht am: 21.07.2012


Die ersten Schritte seit langem auf den hohen Schuhen waren etwas unsicher. Falls Marc es bemerkte, ließ er es sich ganz gentlemanlike nicht anmerken.
Er öffnete mir die Beifahrertür seines Wagens, den er sich erst vor wenigen Wochen, als fest stand, dass er hier an der Uni bleiben würde, gekauft hatte. Ich stieg vorsichtig ein, peinlich darauf bedacht, dass mein Kleid nicht verrutschte. Hätte ich bloß ein längeres angezogen!
Marc ließ sich neben mich auf den Fahrersitz fallen und startete den Motor. Er kurvte durch mir bekannte, aber auch unbekannte Straßen und hielt erst nach etwa 20 Minuten vor einer nobel aussehenden Bar. „Das ist nicht dein Ernst, Marc, oder? Was soll ich denn…“, fing ich an, doch er unterbrach mich. „Vertrau mit Sweety, es wird ein schöner Abend werden…auch für dich!“
Nervös knetete ich meine Hände, während Marc gekonnt einparkte. Ich bekam gar nicht mit, dass er ausstieg…erst als er mich ansprach: „Alicia? Kommst du?“ erwachte ich aus meinen Gedanken und schwang die Beine aus dem Auto.
Mit einem Klick war der Wagen verschlossen und Marc hakte sich bei mir unter. Grinsend knuffte er mich in die Seite und ich musste lachen: „So gefällst du mir schon viel besser!“
Kaum hatten wir die Bar betreten, hüllte uns ein schummeriges gemütliches Licht ein. Die Musik war laut, aber nicht so, dass man sich nicht mehr unterhalten konnte… gerade richtig eben. Es gab einen großen Raum mit der riesigen beleuchteten Bar an der einen Seite und einer Tanzfläche. An den Wänden und in weiteren kleineren Räumen und Nischen standen Tische und Stühle. Alles sah sehr gepflegt aus und die Dekorationen hatten Stil… ganz anders, als man sich eine gewöhnliche Bar vorstellt.
Marc betrachtete mich, während ich mich umsah… meine Augen brauchten einen Moment, um sich an das Licht zu gewöhnen, aber was ich sah, gefiel mir.
Mein Begleiter führte mich zu einem der Tische in einer Nische… es war der einzige Tisch der dort stand, wir waren also völlig ungestört. „Und? Gar nicht so schlimm wie du gedacht hattest, oder?“
Ich schüttelte den Kopf: „Bis jetzt nicht…“ Marc lachte: „Sei nicht immer so negativ, Baby!“
Eine Bedienung kam an unseren Tisch und fragte, was wir trinken wollen. Unsicher sah ich Marc an…ich hatte keine Ahnung, was man in so einem Laden bestellen konnte. Er löste das Problem, in dem er einfach etwas für uns beide bestellte. Kurze Zeit später kam die hübsche Brünette mit einem Tablett zurück und stellte gekonnt die Gläser auf den Tisch… nicht ohne Marc verführerisch zuzuzwinkern, was er mit einem umwerfenden Lächeln erwiderte.
Ich beobachtete die Szene und fühlte mich unwohl dabei. `Das macht er also, wenn er abends ausgeht… mit wildfremden Mädels flirten. Und wahrscheinlich nicht nur flirten…` Schnell versuchte ich diese Gedanken von mir zu schieben. Natürlich machte er das… er war ein Mann, sah gut aus, war Single…warum sollte er nicht ausgehen und seinen Spaß haben? So tief in Gedanken versunken merkte ich nicht, wie Marc mich schon wieder grinsend ansah. Erst als mein Blick seinen streifte, fiel es mir auf: „Warum grinst du schon wieder so?“ „Du siehst so süß aus, wenn du träumst…“ Ich streckte ihm die Zunge raus und griff nach meinem Getränk. Um meine Unsicherheit zu überspielen nahm ich einen riesen Schluck und verschluckte mich fast. Alkohol… und das nicht zu wenig. Aber vor Marc wollte ich mir nichts anmerken lassen und schluckte das Zeug tapfer runter.
Wenn man sich dran gewöhnt hatte, schmeckte es gar nicht so schlecht und als das erste Glas leer war, bestellte ich nochmal das Gleiche. Marc und ich unterhielten uns über belanglose Dinge, wie die Uni, seine Vorlesungen, meine Seminare, was wir am Montag einkaufen müssten und so weiter. Die Zeit verging wie im Fluge und schon bald füllte sich der Laden und die ersten begannen, die Tanzfläche zu erobern. Ich beobachtete die Tänzer und dachte, dass ich es mir wohl nie zutrauen würde, mich auch so ungezwungen zwischen all den anderen Leuten zur Musik zu bewegen, als Marcs Stimme mich, wie so oft, aus meinen Gedanken riss: „Tanzt du mit mir Sweety?“ Ich weiß nicht woran es lag, dass ich „Ja“ sagte… vielleicht am Alkohol, oder vielleicht wollte ich auch einfach nur so sein, wie die anderen.
Marc legte seinen Arm um meine Taille und führte mich zur Tanzfläche. Mir war leicht schwummerig…ich war den Alkohol ja nicht gewöhnt, aber das legte sich nach ein paar Schritten. Es wurde ein relativ langsames Lied gespielt und als wir auf der Tanzfläche angekommen waren, drehte Marc mich zu sich, legte seine Hände auf meine Hüften und begann sich leicht zur Musik zu bewegen. Ich passte mich einfach seinen Bewegungen an und wunderte mich, wie einfach es war. Es interessierte keinen, wie ich mich bewegte, keiner starrte mich an… worum hatte ich mir so viele Gedanken gemacht?
Ab und zu stießen wir leicht mit anderen Tänzern zusammen, was zur Folge hatte, dass wir für kurze Zeit dichter aneinander gedrängt wurden. Ich konnte Marcs Parfüm riechen, gemischt mit seinem ganz eigenen Duft… er roch so gut!
Viel zu bald war das Lied zu Ende und ein schnellerer Partysong wurde aufgelegt. Marc ließ mich los und wartete, ob ich genug vom Tanzen hatte, doch mir begann es gerade Spaß zu machen, also versuchte ich mich, dem neuen Rhythmus anzupassen und so wenig wie möglich mit den anderen zusammen zu stoßen. Eine kleine Gruppe führte bei dem Lied wirklich wilde Verrenkungen auf… sie hüpften und sprangen, grölten laut den Text mit und hatten einfach Spaß. Das wollte ich auch, endlich… endlich mal wieder Spaß haben!
Schon bald bewegte ich mich ein wenig selbstsicherer… tanzen war gar nicht schwer und Marc war ständig in meiner Nähe, was mir zusätzliche Sicherheit gab. Ein Typ neben mir stieß an meine Schulter… als ich hoch sah, grinste er mich an und hob entschuldigend die Hände. Nach diesem Lied brauchte ich erst mal eine Pause. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass ich fast eine Stunde durchgetanzt hatte. Ich gab Marc ein Zeichen und machte mich schon einmal auf den Weg zur Bar. Auf halbem Wege schnitt der Typ, der mich beim Tanzen angerempelt hatte, mir den Weg ab. Verwundert stoppte ich. „Darf ich der hübschen Lady ein Getränk als Entschuldigung anbieten?“ Warum nicht, dachte ich mir und ließ mich von ihm zum Tresen begleiten. Er bestellte zwei Getränke, erzählte mir, dass er Phillip hieß, aber alle ihn Phil nannten.
Ich hörte ihm nur mit halbem Ohr zu und ließ meinen Blick durch den Raum streifen, auf der Suche nach Marc. Ich konnte ihn jedoch nicht finden. Schulterzuckend ließ ich mir von Phil mein Getränk reichen und unterhielt mich mit ihm. Kurze Zeit später waren beide Gläser leer und angetrieben von meinem mittlerweile erreichten Alkoholpegel, zog es mich zurück zur Tanzfläche. Phil begleitete mich und wich mir kaum noch von der Seite. Ich ignorierte ihn weitestgehend, aber als wieder ein langsamer Song aufgelegt wurde, zog er mich in seine Arme und legte seine Hände an Stellen ab, an denen sie absolut nichts zu suchen hatten! Ich versuchte ihn von mir zu schieben, doch er hatte mich so eng an sich gepresst, dass ich kaum eine Chance hatte. Panik kam in mir auf… und die Bilder, wie ich gefesselt in der kleinen Hütte lag, fluteten mein Gehirn.
Zum Glück stieß in diesem Moment ein tanzendes Pärchen gegen uns, so dass Phil mich loslassen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich nutze meine Chance und floh von der Tanzfläche. In diesem Moment wollte ich nur noch Marc finden und nach Hause, also suchte ich jede Nische ab, ließ meinen Blick über die Leute an der Bar schweifen, aber Marc fand ich erst an dem Tisch, an dem wir vor ein paar Stunden gesessen hatten.
Und was ich da sah, trieb mir die Tränen in die Augen!
Marc saß eng umschlungen mit dieser… mit dieser billigen Kellnerin an unserem Tisch und küsste sie. Ich hatte das Gefühl, in einem bösen Traum gefangen zu sein und konnte nicht anders, als die beiden anzustarren. Atemlos beendeten die beiden ihren Kuss und Marc öffnete die Augen… über ihre Schulter hinweg konnte er mich sehen, wie ich da stand… ein Häufchen Elend in einem hübschen Kleid, dass sich nichts sehnlicher wünschte, als nie hergekommen zu sein.
In Sekundenschnelle hatte ich mich umgedreht und kämpfte mich fast blind vor Tränen durch die Gäste des Clubs nach draußen. An der frischen Luft atmete ich tief durch. Scheiße, wie sollte ich jetzt nach Hause kommen? Ich kramte in meiner Handtasche nach Geld, zum Glück hatte ich mir genügend eingesteckt. Aber ein Taxi, das ich damit hätte bezahlen können, war nirgends zu sehen und mein Handy hatte ich natürlich zu Hause gelassen.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als in einer kalten Novembernacht mit Schuhen, die mich umbrachten, zu Fuß nach Hause zu laufen. Meine Enttäuschung über den Abend und vor allem über Marc verwandelte sich in rasende Wut und als ob der Gehweg etwas dafür könnte, trampelte ich in die Richtung, in der ich meine Wohnung vermutete.
Doch zwei Straßen weiter hatte ich doch noch Glück und entdeckte ein Taxi, dass anscheinend grade eine Gruppe schon mächtig angetrunkener Jugendlicher vor einer Diskothek abgesetzt hatte. Ich rief und winkte, so dass der Fahrer auf mich aufmerksam wurde. Kurz danach konnte ich mich seufzend in den Rücksitz fallen lassen und meine schmerzenden Füße entlasten.
Ich sagte dem Taxifahrer, wo er hin fahren sollte und bezahlte den unverschämt teuren Preis, nachdem wir angekommen waren. Für das kurze Stück ins Haus und die Treppen hoch zog ich kurzerhand meine Schuhe aus, denn auf den Dingern hätte ich keinen Meter mehr gehen können.
Endlich in der Wohnung angekommen schmiss ich die Schuhe in die nächstbeste Ecke, ging in mein Zimmer und drehte den Schlüssel hinter mir dreimal um. Weinend schmiss ich mich auf mein Bett ohne mich abzuschminken oder mir das Kleid auszuziehen. Irgendwann schlief ich vor Erschöpfung ein und wachte erst wieder auf, als ich ein lautes Poltern an meiner Tür hörte.
„Alicia…Alicia, mach die Tür auf!“, rief Marc, während er beständig gegen die Tür klopfte. `Ich denke gar nicht daran!`, dachte ich, sagte aber keinen Mucks, sondern zog mir nur das Kissen über den Kopf und versuchte wieder einzuschlafen. Fast eine halbe Stunde lang versuchte Marc noch, mich zum Öffnen der Tür zu überreden, bis es endlich ruhig wurde.
Ich träumte schlecht… Claudia und Susanne tauchten auf, Stefan in den Armen einer anderen und Marc, wie er knutschend in der Bar saß. Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich schweißgebadet und das Kleid klebte an meinem Körper. Außerdem hatte ich rasende Kopfschmerzen, die ich wohl dem Alkohol zu verdanken hatte und ein Blick in meinen Wandspiegel verriet mir, dass meine Haare heute Nacht wohl noch Lust auf mehr Party gehabt hatten, denn sie standen in alle möglichen und unmöglichen Richtungen ab. Es war wohl eindeutig eine heiße Dusche angesagt und danach eine Kopfschmerztablette!
Ich schloss auf, drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür. Dumpf knallte etwas auf den Boden und ich stieß einen spitzen Schrei aus.






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