Ist das alles? Teil 15

Autor: Dani
veröffentlicht am: 19.06.2008




Kurz bevor mein Kaffee soweit abgekühlt war, dass man ihn trinken konnte, gab ich etwas Milch aus der kleinen Kanne auf dem Tisch dazu und rührte ein paar Mal mit dem Löffel um.Stefan trank seinen Kaffee schwarz ohne alles und sah mir amüsiert dabei zu, wie ich exakt einen gestrichenen Teelöffel voll Zucker in mein Getränk schöpfe und noch einmal umrührte.Jetzt war er genau richtig zum trinken. Nicht zu heiß, nicht zu stark und leicht süßlich.Als wir beide unsere Tassen gelehrt hatten, kam die Bedienung wieder angerauscht um abzuräumen und zu kassieren. Ich kramte in meiner Hosentasche nach Geld, doch als ich es endlich gefunden hatte, legte Stefan mir seine Hand auf den Arm und sagte: 'Lass mal Alicia. Ich lade dich ein.' Artig bedankte ich mich bei ihm und schob dann den Stuhl zurück, um aufzustehen.
Stefan tat es mir gleich und gemeinsam verließen wir die kleine Gaststätte in Richtung des Autos. Dieses Mal klemmte auch mein Anschnallgurt nicht, so dass einer Weiterfahrt nichts im Wege stand. Stefan ließ den Wagen an, und wir verließen den Parkplatz.
Den Rest der Fahrt über redeten wir über belanglose Dinge und ich begann mich immer wohler zu fühlen, solange ich in Stefans Nähe war. Ich kam mir sicher und beschützt vor, so dass ich kaum noch einen Gedanken an die Klassenfahrt und ihre Geschehnisse
verschwendete, aber ich wusste, dass sie mich spätestens, wenn ich wieder alleine zu Hause war, einholen würden. Doch daran wollte ich noch nicht denken, sondern lieber die verbleibende Zeit mit Stefan genießen, denn in kurzer Zeit würden wir uns voneinander verabschieden müssen, denn er studierte in einer Stadt, die etwas über 150 km von meinem Heimatort entfernt war, also war es relativ unwahrscheinlich, dass wir Kontakt behalten würden, denn wie heißt es so schön: 'Aus den Augen aus dem Sinn…'.
Leider kamen wir Sekunde für Sekunde dem Abschied immer näher. Als wir in dem Ort ankamen, in dem ich wohnte, dirigierte ich Stefan durch die Straßen, bis wir fast direkt vor unserer Haustür standen. Unschlüssig blieb ich sitzen und starrte durch die
Windschutzscheibe geradeaus. Doch dann fasste ich mir ein Herz und fragte ihn einfach: 'Möchtest du vielleicht noch etwas trinken oder essen, oder beides, bevor du wieder fährst. Ich meine du hast ja noch ein gutes Stück vor dir und…'
Lächelnd unterbrach Stefan mich, bevor ich noch mehr Wortsalat zu Stande brachte: 'Gerne danke.' Ich bemerkte, dass ich die Luft anhielt und fing rasch wieder an, regelmäßig zu atmen. In diesem Moment war ich einfach nur erleichtert, dass ich den Abschied noch etwas hinaus zögern konnte und ich denke, dass es Stefan ebenso erging.
Er holte meine Tasche vom Rücksitz, schloss den Wagen ab und folgte mir dann die wenigen Treppenstufen zur Eingangstür hinauf.
Ich hoffte, dass meine Eltern nicht zu Hause waren, denn sie wären sicherlich nicht begeistert gewesen, wenn ich ein männliches Wesen mitbrachte. Mein Vater war da sehr altmodisch und ich denke, dass er nicht akzeptieren konnte, dass sein kleines Alicia-Schätzchen gar nicht mehr so klein war.
Doch ich hatte Glück. Als ich die Haustür aufschloss und mit Stefan zusammen in die kleine Eingangshalle trat, lag das Haus ruhig und friedlich da.
Die Tasche wurde am Treppenabsatz abgestellt und Stefan und ich gingen in unsere helle, geräumige Wohnküche, an die ein herrlicher Wintergarten anschloss, in dem meine Mutter Unmengen von Blumen, kleinen Bäumen und Dekoration aufgestellt hatte.
Ein wenig aufgeregt war ich schon, denn schließlich hatte ich zum aller ersten Mal in meinem Leben Besuch, der nur wegen mir da war, und dann auch noch von einem Mann der mir, da war ich mir nun sicher, mein Herz gestohlen hatte. Um diese Aufgeregtheit zu überspielen, fragte ich ihn gespielt höflich und mit einem formvollendeten Hofknicks: 'Darf ich dem durchlauchten Herren etwas zu trinken anbieten?'
Stefan spielte das Spiel mit und antwortete mit einem furchtbar blasiertem Gesichtsausdruck: 'Gerne meine Dame. Ich wünsche ein Glas feinstes Mineralwasser.'
Wir schauten uns einen Augenblick an, bevor wir beide losprusteten und uns setzen mussten um nicht vor Lachen umzufallen. Je mehr wir versuchten, die Lachsalven, die uns immer wieder schüttelten, zu stoppen, desto schlimmer wurde es.
Nach ein paar Minuten war das Lachen jedoch soweit abgeklungen, dass ich eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank und zwei Gläser aus dem Küchenschrank holen konnte, ohne Gefahr zu laufen, mich auf dem Weg vor Lachen am Boden kugeln zu müssen.Als ich ein Glas und die Flasche an Stefan weiterreichte, berührten sich unsere Hände kurz und ein wohliges Kribbeln breitete sich von diesen Stellen über meinen ganzen Körper aus.Ich wollte nicht unbedingt, dass Stefan das mitbekam, denn ich wusste ja nicht, ob ich auf ihn eine ähnliche Wirkung hatte und ich wollte nichts weniger, als mich vor ihm lächerlich machen.
Nach dem Mineralwasser wechselten wir zu Kaffee und einem ziemlich trockenem Fertig-Sandkuchen aus dem Vorratsraum, der Stefans Beteuerungen nach allerdings 'wirklich gut' schmeckte.
Irgendwann ließ sich das Unvermeidlich dann leider nicht mehr länger hinaus zögern. Ich konnte sehen, dass es auch Stefan schwer fiel, sich von mir zu verabschieden, doch er konnte nun mal nicht ewig bleiben.
Ich brachte ihn bis zur Tür, wo wir uns dann etwas unschlüssig gegenüber standen. Wie sollte der Abschied aussehen? Einfach nur ein 'Tschüss' und das wars?
Diese Entscheidung nach Stefan mir glücklicherweise ab, indem er mich fest in seine Arme schloss. Ich fühlte mich so geborgen und es fühlte sich auch absolut richtig an, als ob genau dort in seinen Armen mein Platz wäre. Mein Kopf lag an seiner Schulter und ich konnte nicht verhindern, dass ein paar Tränen aus meinen Augen auf sein Hemd fielen.
Als er die Umarmung löste, behielt er jedoch noch immer meine Hände in seinen und schaute mich an. Er hob eine Hand, um mir die Tränen sanft aus dem Gesicht zu wischen, legte sie dann aber sofort wieder in meine wartende Hand. Seine Daumen streichelten meinen Handrücken und ich konnte es kaum ertragen ihn anzusehen, wo ich doch wusste, dass er in nur wenigen Augenblicken in seinen blauen Renault einsteigen würde, und in kurzer Zeit 150 km zwischen uns stehen würden und ein Widersehen noch in den Sternen stand.
Stefan schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu schießen, denn er zog mich noch einmal an sich und streichelte durch mein, nun kurzes, Haar, bevor er mich ein Stück von sich weg hielt und sein Gesicht langsam und Stück für Stück näher an meines kommen zu lassen.Noch berührten sich unsere Gesichter nicht, aber ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren und den Duft seines Aftershaves riechen.
Erst nach Stunden, so kam es mir vor, trafen sich unsere Lippen zu einem sanften und sehnsuchtsvollem Kuss. Wir schlossen beide die Augen um in diesem Moment die Nähe des anderen voll auszukosten, denn im nächsten Moment würden wir für unbestimmte Zeit voneinander getrennt werden.

-Fortsetzung folgt-







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