Ist das alles? Teil 9

Autor: Dani
veröffentlicht am: 16.01.2008




Christian und ich setzten uns, und als dann endlich alle eingetrudelt waren, wurde verkündet, was wir ja ohnehin schon wussten, nämlich, dass die heutige Segeltour ausfallen würde.Kaum waren die Sätze ausgesprochen, wurde schon damit begonnen, den Tag zu planen.Es wurde festgelegt, dass am Mittag das Inselmuseum besucht werden sollte und abends stünde einem erneuten Besuch in der Disco nichts im Wege.
Gegen halb zwölf verließen wir das Schiff und machten uns auf den Weg zum Museum. Es hätte sterbenslangweiliger gar nicht sein können, also hatten wir Glück, dass Stefan und Susanne für den nötigen Pfiff sorgten.
Kaum hatten wir das Museum verlassen, hörten wir Susannes keifende Stimme: ' Was soll das heißen, du magst mich nicht so, wie ich dich mag???'
Daraufhin spitzen natürlich alle die Ohren und man konnte Stefan vernehmen, der jedoch bedeutend leiser und ruhiger sprach: ' Ganz einfach Susanne… Ich hatte nichts mit dir, habe nichts mit dir und werde auch nie etwas mit dir haben!'
Als ich diese Worte aus Stefans Mund hörte, fielen mir Zentnersteine vom Herzen und ich spürte ein leichtes Kribbeln im Bauch. Andererseits kam ich mir fast schon schäbig vor, weil ich ja sozusagen zweigleisig fuhr. Das Gefühl, mich zwischen Stefan und Christian entscheiden zu müssen, überkam mich und damit zusammen auch eine leichte Panik. Ich mochte beide… aber mochte ich einen mehr als den anderen? Wonach sollte ich das beurteilen? Oder sollte ich lieber nur darauf vertrauen, dass mein Herz mir irgendwann sagen würde, wer der Richtige ist? Aber ist irgendwann nicht zu spät?
Ich beschloss, mit Stefan zu reden, sobald wir wieder auf dem Schiff ankommen würden.Nach einem kurzen Halt an der Eisdiele, war es dann auch schon so weit. Ich kratzte jedes bisschen Mut zusammen, dass ich besaß, und bat Stefan auf ein Gespräch in mein Zimmer, wo wir ungestört sein würden.
Er schaute mich zwar etwas verwundert und misstrauisch an, aber er kam doch mit, und das war erstmal das Wichtigste.
In meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich aufs Bett, aber Stefan schloss bloß die Tür hinter sich und lehnte sich lässig dagegen. So einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte, würde es wohl doch nicht werden.
'Nun, was wolltest du mit mir besprechen?'
'Das, was du gestern Abend zu mir gesagt hast!' Mit hoch gezogenen Augenbrauen sah Stefan mich an, sagte aber nicht, also beschloss ich einfach das zu sagen, was ich ihm sagen wollte und ihn gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen.
'Du hast behauptet, dass es meine Masche wäre, so zu tun, als wäre ich schüchtern um die Männer reihenweise antanzen zu lassen… das stimmt nicht!
Ich erzähle dir jetzt etwas, und glaub mir, ich weiß selbst nicht warum, was ich bisher noch keinem anderen Menschen dieser Erde erzählt habe!
Ich bin ein Einzelkind und meine Eltern haben von meiner jüngsten Kindheit an immer darauf geachtet, dass ich mich so benehme, wie sie es gerne hätten. Dazu gehörte ihrer Meinung nach kein spielen mit anderen Kindern, keine Beschäftigung an der frischen Luft und so weiter. Schon in der Grundschule hatte ich für die Schule zu lernen, um stets sehr gute Noten mit nach Hause zu bringen. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Für meine Eltern bin ich ein Statussymbol. Die wohlerzogene und intelligente Tochter, die man vorzeigen kann, wie ein Schmuckstück. Sie waren immer gut zu mir, aber durch ihre Verbohrtheit und Ignoranz, haben die mir die Möglichkeit genommen, jemals Freunde zu haben oder das Gefühl zu bekommen, geliebt zu werden. Nein, meine Eltern lieben mich nicht. Sie haben vor dieser Klassenfahrt noch nicht einmal Zeit gehabt, sich von mir zu verabschieden.
Du, gerade du, den ich erst seit ein paar Tagen kenne, warst der erste Mensch, der mich wirklich wahrgenommen hat. Mich als Person, als Mensch…
Als du mir aus Versehen den Kaffee über die Hose gegossen hast, und ich weggelaufen bin, hast du mich gefragt warum… Nun, weil ich Angst hatte, dass du dich über mich lustig machst, dass du in mir auch nur die leere Hülle der äußeren Schale siehst.
Doch so war es nicht. Du warst in der Lage in mich hinein zu blicken, und hast Dinge mit mir angestellt, die ich noch nie zuvor erlebt habe. Noch vor einer Woche hätte ich mich niemals im Leben getraut, dich einfach so um ein Gespräch zu bitten.
Schüchternheit ist also keine Masche von mir! Die hat sich aufgebaut, seit ich ein kleines Kind war.
Aber ich gebe zu, dass ich auch die Aufmerksamkeit, die Christian mir entgegen bringt, genieße, eben weil mir das so lange vorenthalten wurde.
Dein Vorwurf hat mich gleichzeitig verletzt und zum nachdenken angeregt. Du hast recht, ich muss auswählen, was ich will. Och es fällt mir nicht leicht, denn ich habe gelernt möglichst unsichtbar zu sein und andere Menschen nicht zu verletzten. Doch genau das werde ich tun müssen, und es wird mir unendlich schwer fallen…'
Nun konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten und ein tiefer Schluchtzer entfuhr meiner Kehle. Ich verbarg das Gesicht in den Händen, damit ich Stefan nicht ansehen musste. Was war bloß in mich gefahren, dass ich ihm das alles erzählt habe? Was würde er jetzt von mir denken?

-Fortsetzung folgt-







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