Ist das alles? Teil 22

Autor: Dani
veröffentlicht am: 20.07.2012


Ich begann mit meinen Eltern, wie ungeliebt ich mich von ihnen fühlte und wie sich das in der schule auswirkte. Marc war einfach ruhig…er hörte mir zu, streichelte dann und wann beruhigend über meinen Rücken und war einfach nur für mich da.
Als meine Erzählungen bei der schicksalhaften Klassenfahrt ankamen, stockte ich kurz. Wollte ich das wirklich alles noch einmal durchleben? War es nicht besser, das Ganze ruhen zu lassen, keine alten Wunden aufzureißen? Aber nun hatte ich schon so viel von mir offenbart, wie ich es kaum für möglich gehalten hätte… vielleicht würde es mir ja sogar gut tun, vielleicht könnte ich dann endlich frei sein, frei von den Gedanken, die immer wieder in die kleine Hütte wanderten, in der meine bösartigen Klassenkameradinnen Susanne und Claudia mich festgehalten hatten.
Also erzählte ich weiter…von Christian, der nur mit mir gespielt hatte um mich den beiden auszuliefern, von Stefan, in den ich mich so sehr verliebt hatte, der mich so akzeptiert hatte, wie ich bin und mir so ein unendlich schönes Gefühl gegeben hat und schließlich erzählte ich auch davon, was Susanne und Claudia mir angetan hatte.
„Baby, wenn ich das gewusst hätte…“, jetzt war sogar Marc fast sprachlos…der Marc, der sonst immer einen flotten Spruch auf Lager hatte und sogar morgens früh um Fünf schon wie ein Wasserfall plappern konnte. Er sagte nichts weiter, nahm mich nur ganz fest in den Arm, so als wollte er mich nie mehr los lassen und vor allem Bösen der Welt beschützen. Ich genoss das Gefühl der Sicherheit, dass von ihm ausging und machte mir in diesem Moment auch keine Gedanken darüber, dass er Dozent an meiner Uni war und zudem noch mein Mitbewohner.
Nach einer gefühlten Ewigkeit befreite ich mich ein wenig aus seiner Umarmung. „Du konntest es nicht wissen… niemand konnte das. Du…du bist der Erste, dem ich das nach all der Zeit erzählt habe…“, wieder stiegen mir die Tränen in die Augen, die ich trotzig weg wischte. Marc kramte in seiner Hosentasche und förderte ein total zerknittertes Taschentuch zu Tage und bot es mir an. Ich verzog das Gesicht und er musste lachen…
„Sweety und was war dann mit diesem Stefan? Er hat dich nach Hause gebracht und das war alles? Obwohl du so verliebt warst?“ Wie fast immer brachte Marc es auf den Punkt.
„Naja, wir haben uns geküsst und dann ist er gegangen, hat mir aber seine Nummer gegeben… es gab riesigen Stress mit meinen Eltern, aber ich habe trotzdem angerufen…“ „Und…..?“, neugierig wie mein lieber Mitbewohner war, wollte es jetzt auch die ganze Story hören.
„Naja, es meldete sich eine Frauenstimme… und sie hat in „Hase“ genannt, ich habe aufgelegt, mein Handy gegen die Wand gepfeffert und nie wieder was von ihm gehört.“
„Also glaubst du, die Frau war seine Freundin und er hat auch nur mit die gespielt…?“, wollte Marc wissen und ich konnte nur nicken, da ich schon wieder mit den Tränen kämpfte. „So hätte ich ihn nach deinen Erzählungen aber nicht eingeschätzt… vielleicht war es ja auch nur seine Schwester, oder eine Freundin…?“
Ich schüttelte bloß den Kopf. „Wenn es so gewesen wäre, warum hat er dann nie versucht, mit mir zu reden?“ Dabei verschwieg ich, dass er ja versucht hatte, zurück zu rufen…aber er hätte auch einfach zu mir nach Hause fahren können, und mich wie im Film um Verzeihung bitten…ach, was für ein Blödsinn!
Marc zuckte nur mit den Schultern, beugte sich zu mir und drückte einen Kuss auf meine Wange: „ Danke, dass du mir das alles erzählt hast, Sweety… ich schwöre, dass ich dich wieder in die Welt der Lebenden zurück hole!“ Dabei hob er die eine Hand und legte die andere auf sein Herz. Ich musste grinsen: „Schwachkopf!“ „Wie hast du mich grad genannt?“, fragte er in gespieltem Entsetzen. „Schwachkopf?!?“ „Na warte…“ Er begann mich am ganzen Körper durchzukitzeln, bis ich so sehr lachen musste, dass ich kaum noch Luft bekam. Er ließ von mir ab und erhob sich. „Willst du auch noch einen Kakao?“, fragte er und nahm die Tassen in die Hand. Ich nickte und wartete bis er aus der Küche zurück war. Dann startete er die DVD, die im Hintergrund gelaufen war neu und wir schauten eng aneinander gekuschelt auf der Couch den Film. Wobei ich schon nach etwa einer Stunde eingeschlafen war…anscheinend hatte das ganze erzählen mich müde gemacht.
Am nächsten Morgen erwachte ich in meinem Bett. Ich streckte mich genüsslich und bemerkte, dass ich noch meinen Pullover und meine Hose von gestern Abend trug. Gestern Abend… ich hatte Marc meine Geschichte erzählt, dann hatten wir einen Film geguckt und ich bin wohl eingeschlafen. Dann hatte er mich wohl ins Bett getragen, wie süß von ihm. Ich musste lächeln und schwang die Beine aus dem Bett. Ein Blick auf den Wecker verriet, dass es schon halb elf war. Zum Glück war es Samstag, sonst hätte ich womöglich eine wichtige Vorlesung verpasst.
Gähnend machte ich mich auf den Weg in die Küche. Der Tisch war gedeckt und es waren Brötchen im Korb. Auf meinem Stuhl lag ein Zettel von Marc: „Guten Morgen, Schlafmütze, gut geschlafen? Musste noch in die Uni, eine Vorlesung vorbereiten. Heute Abend gehen wir aus, such schon mal was zum Anziehen! Marc“
Ausgehen? Mit Marc? Ich? Wie kam er denn bloß auf die Idee? Ich beschloss erst mal abzuwarten und nahm ein Brötchen aus dem Korb.
Nach dem Frühstück genoss ich eine ausgiebige heiße Dusche, um dann mit einem Handtuchturban auf dem Kopf an einer Hausarbeit für die Uni zu arbeiten. Ich war keine zwei Seiten weit gekommen, als scheppernd und polternd die Wohnungstür aufflog und ich Marc im Flur mit Jacke, Schal und Schlüssel hantieren hörte.
Seufzend klappte ich den Laptop zu und nur Sekunden später stand Marc in meiner Zimmertür, natürlich ohne anzuklopfen, wie immer. „Baby, so können wir aber nicht nach draußen“, grinste er und deutete auf das Handtuch auf meinem Kopf.
„Ach nicht? Hatte ich aber vor…“, erwiderte ich schlagfertig. „Wohin gehen wir denn überhaupt?“
„Das ist eine Überraschung, Sweety!“ „Und woher soll ich dann wissen, was ich anziehen soll?“ „Was schickes!“ Und damit war er auch schon wieder verschwunden. Was schickes… witzig! Als ob das ganz einfach wäre für eine Frau… Ich öffnete meinen Kleiderschrank und begutachtete den Inhalt. Ich zog das ein oder andere Kleidungsstück hervor, aber entweder war es zu kurz oder zu lang oder passte nicht mehr richtig… Bis ich ein Kleid fand, von dem ich schon fast vergessen hatte, dass ich es überhaupt besaß. Es war blau, ging etwa bis zu den Knien und der Ausschnitt war auch nicht zu tief…perfekt! Nur perfekt für was? Langsam wurde ich wirklich neugierig und freute mich auf den Abend mit Marc.
Nachdem ich doch noch einige Seiten der Hausarbeit geschafft hatte, zog ich eine Perlonstrumpfhose an und streifte das Kleid über. Es betonte meinen schmalen Körper vorteilhaft und ließ meine blauen Augen strahlen. Meine blonden Haare steckte ich locker hoch und auch mit dem Make-up übertrieb ich es nicht.
Marc wartete bereits in der Küche und ich staunte nicht schlecht, ihn im Anzug zu sehen. Mein Puls beschleunigte sich leicht, denn er sah wirklich unverschämt gut darin aus. Auch er schien überrascht, denn seine Augen weiteten sich kurz, als ich durch die Tür in die Küche trat. Schnell kam er auf mich zu und flüsterte mir in Ohr: „Du siehst toll aus Baby… ich freue mich auf den Abend mit dir!“ Diese Worte ließen mir einen Schauer den Rücken hinab laufen und ich verlor mich in seinen dunkelbraunen Augen.
Er räusperte sich, warf einen Blick auf die Uhr und meinte: „Wir müssen los, Sweety… bist du fertig?“ Ich schlüpfte nur noch schnell in meine Schuhe und war plötzlich ungewohnte 10 cm größer als sonst, denn ich trug eher selten Schuhe mit Absatz, die waren einfach zu unpraktisch. Marc half mir in meinem Wintermantel, da es draußen immer noch ungemütlich kalt und regnerisch war und hielt mir anschließend galant die Wohnungstür auf.
An diesem Abend sollte sich vieles verändern…






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