Ist das alles? Teil 1

Autor: Dani
veröffentlicht am: 25.10.2007




Ich war schon immer schüchtern gewesen… jedenfalls solange, wie ich mich erinnern kann, und das dürfte schon eine ganze Weile sein, denn die Zeit als Baby und Kleinkind kann man ja nicht mitzählen.
Aber warum sollte ich auch nicht schüchtern sein? War das denn etwas Schlechtes? Ich war doch glücklich… Ich hatte meine Freunde, denen ich vertrauen konnte, ich war gut in der Schule und mit meinen langen blonden Haaren und den strahlenden blauen Augen, konnte auch niemand behaupten, ich sei hässlich.

Mein Problem war es nur, dass es mir schwer fiel, mit unbekannten Menschen umzugehen. Ich fing an zu schwitzen, meine Stimme zitterte oder ich musste wegen völlig belanglosen Sachen lachen, so dass alle mich anstarrten, als wäre ich verrückt geworden. In solchen Situationen begann ich mich immer weiter in mein Schneckenhaus zurück zu ziehen. Diese Blicke und ab und zu auch abfälligen Bemerkungen der anderen taten mir weh und ich verpackte mein Innerstes immer mehr unter einer festen Schale… ich wollte einfach nicht mehr verletzt werden. In der Schule war ich nur noch mit meinen beiden besten Freundinnen zusammen, zu Hause war ich am liebsten allein und las und in die Diskothek oder auf Partys ging ich nicht. Ich war auch nie eingeladen… niemand wollte was mit dem stillen, ja fast unbekannten Mädchen zu tun haben.

Ich wurde zu einer Maschine, die einfach nur funktionierte aber nichts fühlte. Das war die einzige Möglichkeit mich vor den Angriffen der anderen zu schützen. Trotzdem war der ganz normale Schulalltag Horror für mich. Stand eine Gruppenarbeit oder ähnliches an, war immer ich diejenige, die notgedrungen irgendwo dazu gepackt wurde. Wie sollte es denn auch anders sein?
Es war ja klar, dass die eingeschweißten Cliquen zusammen hielten… da konnte ich natürlich nicht mithalten… wieder ein Grund mehr sich einzurollen und die Stacheln aufzustellen.

Auch gerade deshalb war ich froh, dass sie meine Schulzeit dem Ende neigte. Doch bevor ich in Ruhe mein eigens Leben in meinem Schneckenhäuschen leben konnte, musste ich noch die abschließende Klassenfahrt ertragen. Eine Woche lang verachtende Blicke, eine Woche lang ein lästiges Anhängsel sein, wenn es um Gruppenbildungen ging.
Es wurde beschlossen, dass es eine etwas unkonventionelle Klassenfahrt werden sollte. Statt wie andere Klassen vor uns nach Prag oder Rom zu fahren, wollte der Großteil zum Segeln auf dem holländischen Ijsselmeer. Als ich das hörte, bat ich meine Mutter und meinen Vater zu Hause bleiben zu dürfen. Doch sie hatten, wie immer, kein Verständnis für mich und so musste ich mit fahren. Eine Woche lang auf einen Segelschiff mit ungefähr 20 Leuten, die mich nicht mochten und die ich auch nicht mochte. Wie sollte ich das bloß aushalten?

Einige Wochen später war es dann soweit. Da meine Eltern keine Zeit gehabt hatten, mich und meinen Koffer zur Schule zu fahren, wo der Bus in Richtung Holland abfahren sollte, musste ich die eineinhalb Kilometer mitsamt Koffer und Reiserucksack zu Fuß gehen.Als ich eintraf, bemerkte ich sofort das Getuschel und hörte mitunter auch Sätze wie 'Guck mal, die ist ihren Alten so egal…' und ähnliches.
Mir stiegen die Tränen in die Augen. Sie hatten ja Recht. Anscheinend war ich sogar meinen Eltern egal. Diese Erkenntnis versetze mir einen tiefen Stich in mein Herz… da half auch die harte Schale nichts.
Ich beeilte mich, mein Gepäck an den Busfahrer abzugeben, und mir einen Einzelplatz im Bus zu suchen. Mehr oder weniger erleichtert, ließ ich mich in den muffelnden Sitz fallen und stöpselte mir die Kopfhörer meines Mp3-Players in die Ohren um nicht dem fröhlichen Gelächter der anderen lauschen zu müssen…
'I've gotta take a little time a little time to think things over
I'd better read between the lines in case I need it when I'm older

And this mountain I must climb feels like the world upon my shoulder
through the clouds I see love shine it keeps me warm as life grows colder
in my life there's been heartache and pain I don't know if I can face it again
can't stop now I've travelled so far to change this lonely life

I wanna know what love is I want you to show me
I wanna feel what love is I know you can show me'…
Nachdem ich mir mein Lieblingslied von den Foreigners ungefähr 20 mal angehört hatte, war ich wohl eingeschlafen, denn als ich die Augen wieder auf machte, hatte sich die Landschaft an der wir vorüber fuhren ziemlich verändert.
Überall waren grüne Wiesen von kleinen Gräben durchzogen und der Himmel erstrahlte in einem wunderschönen Blau.
Nach weiteren zwei Stunden Fahrt in dem stickigen Bus, war es dann soweit… wir waren im Hafen von Harlingen in Holland angekommen.

-Fortsetzung folgt-







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