Ist das alles? Teil 24

Autor: Dani
veröffentlicht am: 26.07.2012


Marc rieb sich den schmerzenden Hinterkopf, während er halb im Flur und halb in meinem Zimmer lag. Hatte er tatsächlich die ganze Nacht vor meiner Tür verbracht? War er jetzt völlig verrückt geworden? Langsam rappelte er sich hoch und stütze sich gegen den Türrahmen um aufzustehen. Total verwirrt quetschte ich mich an ihm vorbei und verschwand erst einmal im Bad. Wieder verschloss ich die Tür hinter mir und setzte mich auf den Badewannenrand. Es waren einfach zuviele Ereignisse für einen Morgen, an dem man zu allem Überfluss auch noch einen riesigen Kater hatte.
Es trommelte an der Tür: „Alicia, was soll das? Warum schließt du dich ständig ein? Ich muss… nein ich will mit dir reden!“ Ich wollte aber nicht reden… ich wollte nur duschen und dann wieder schlafen! Aber die Chancen, dass Marc einfach aufgab standen gleich null… das war einfach nicht seine Art.
Ich raffte mich auf, drehte den Schlüssel einmal im Schloss und schleppte mich dann zurück zur Badewanne. Ich musste erbärmlich aussehen, wie ich da saß in meinem völlig zerknittertem Kleid und struppigen Haaren, von der verlaufenen Wimperntusche mal ganz abgesehen.
Marc drückte die Türklinke vorsichtig herunter, fast so, als erwartete er, dass ich den Schlüssel ein zweites Mal herum gedreht hätte, anstatt aufzuschließen. Die Badezimmertür öffnete sich und Marc trat ein. Er kniete sich vor mich, doch ich wollte ihn nicht ansehen… stattdessen flimmerten mir immer und immer wieder die Bilder von ihm und dieser Tussi durch den Kopf. „Hey…Alicia, sieh mich an… bitte!“,seine Stimme klang fast flehend, doch ich achtete nicht darauf. Marc wartete ein paar Sekunden… als ich seiner Bitte nicht nachkam streckte er die Hand aus und legte zwei Finger unter mein Kinn. Er übte leichten Druck aus und ich musste meinen Kopf heben. Als ich ihn ansah, stellte ich fest, dass er nicht besser aussah, als ich. Sogar seine Haut im Gesicht wirkte wie zerknittert, was er wahrscheinlich seiner unbequemen Schlafposition zu verdanken hatte. Aber insgesamt sah er immer noch verdammt gut aus… ich spürte ein flaues Gefühl im Magen, als ich ihn so betrachtete. Kam das vom Alkohol? Musste ich mich übergeben? Ich wusste es nicht…
„Baby, warum hast du dich gestern eingeschlossen?“, wollte Marc wissen und sah mir tief in die Augen. Kurz versank ich in seinem Blick… er war so anders als sonst, so… intensiv! Doch ich hatte nicht vor, es ihm so einfach zu machen und konterte mit einer Gegenfrage: „Warum hast DU vor meiner Tür geschlafen?“ Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht… das tat er immer, wenn ihm etwas unangenehm war. „Ich… ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Du bist so schnell weg aus der Bar und ich wusste nicht wohin… und ich wollte noch mit dir sprechen!“
Ich lachte ein hohles freudloses Lachen: „Mit mir sprechen? Wozu? Du hattest doch eine nette Beschäftigung!“ Meine Stimme klang schärfer, als beabsichtigt… ich hatte schließlich kein Recht dazu, ihn wegen seiner Rumknutscherei zu verurteilen, er war schließlich ein freier Mann. Aber warum zum Donner kam ich mir dann so betrogen und enttäuscht vor?
„Alicia, das ist nicht fair… du hast schließlich auch mit jemand anderem getanzt!“, wehrte Marc sich gegen meine offensichtliche Anschuldigung. Bei dem Gedanken an Phil und seine widerlichen Hände, die mich fest an ihn gedrückt hatten, schossen mir wieder die Tränen in die Augen. Ich blinzelte und versuchte die Tränen zurück zu halten, doch es half nichts. Eine nach der anderen bahnte sich einen Weg über meine Wangen. „Sweety… was ist denn nur los mit dir?“, erschüttert zog Marc mich vom Badewannenrand in seine Arme. Wir saßen lange so da… er auf den Knien und ich heulend in seinem Arm. Als ich mich langsam beruhigte und die Tränen nur noch unregelmäßig kamen, drückte Marc mich ein Stück von sich weg und wischte mit seinen Daumen die Tränenspuren in meinem Gesicht fort. Jetzt sah ich bestimmt noch schrecklicher aus… mit geschwollenen Augen und triefender Nase. „Alicia? Sagst du mir, was passiert ist?“ Ich schniefte noch einmal und berichtete dann, wie Phil mich an der Bar auf etwa zu trinken eingeladen hatte, nur um mich beim anschließenden Tanzen so zu bedrängen. „U..und dann hab ich dich gesucht… aber du warst nirgends. Und als ich dich endlich gefunden habe, warst du… hast du… naja, du weißt schon!“
„Ach Baby… es tut mir so Leid! Ich habe einfach ein bisschen viel getrunken und ich dachte, du hättest deinen Spaß!“ Er zog mich wieder in seine Arme. „Also… also hat sie dir nichts bedeutet?“, im selben Moment, als ich diese Frage stellte, hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen. Das ging mich ja nun wirklich nichts an, oder? Aber ich konnte es nicht rückgängig machen und wartete mit gesenktem Blick auf eine Antwort… würde er mir überhaupt antworten?
„Natürlich hat sie mir nichts bedeutet… ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie auf meinem Schoß saß, das war nicht geplant, das musst du mir glauben Alicia!“ Bei seinen Worten hatte ich das Gefühl, als würde mir eine Zentnerlast vom Herzen fallen. Warum war es mir plötzlich so wichtig, dass er für diese Tussi keinerlei Gefühle hegte?
Auf einmal wurde ich mir Marcs Nähe zu mir bewusst und mein Körper reagierte auf ihn… auf seinen ganz eigenen Duft, seine starken männlichen Hände, die immer noch auf meinem Rücken lagen und sanft mit den Daumen auf und ab strichen. Mein Atem beschleunigte sich und mein Herz pochte so laut in meiner Brust, dass ich schon befürchtete, dass Marc es hören konnte. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass mein ganzer Körper kribbelte. Ich hob den Kopf und sah Marc an. Er lächelte: „Ist alles wieder in Ordnung, Baby?“, und strich mit seiner Hand sanft eine wirre Haarsträhne aus meinem Gesicht. Ich konnte nur nicken und sah, wie sein Gesicht meinem ganz langsam, fast wie in Zeitlupe, näher kam. Ich konnte schon seinen Atmen auf meinem Gesicht spüren und schloss die Augen. Es fühlte sich an , wie ein Stromschlag als seine Lippen sich mit meinen trafen. Es fühlte sich sanft und richtig an und als er begann mit seiner Zunge ganz seicht über meine Lippen zu streichen, öffnete ich meinen Mund einen kleinen Spalt und konnte ein leichtes Stöhnen nicht unterdrücken. Mit einer Hand streichte Marc über mein Gesicht und meine Haare, mit der anderen drückte er mich fester an sich. Seine Zunge spielte mit mir und suchte sich den Weg über meine Lippen. Vorsichtig machte ich erste Versuche, selber aktiv zu werden und kam seiner Zunge mit der meinen entgegen. Jetzt war er es, der stöhnte und der Kuss wurde wilder und leidenschaftlicher.
Erst nach gefühlten Stunden lösten wir uns atemlos voneinander und sahen uns gegenseitig in die Augen. Marc riss sich als erster los und stand auf, er streckte mir die Hand hin, um auch mir aufzuhelfen. Vom langen sitzen war mir der Fuß eingeschlafen, so dass ich beim aufstehen leicht schwankte und mich instinktiv gegen Marc lehnte. Er keuchte auf, als ich dabei unabsichtlich seinen Schritt berührte und zog mich an sich. Deutlich konnte ich etwas hartes spüren, dass gegen meinen Unterleib drückte. War das… konnte das etwa….? Erschrocken sprang ich einen Schritt zurück und flüsterte „Oh mein Gott…“ Er war steif… obwohl wir uns nur geküsst hatten… ich hatte ja keine Ahnung, dass das so schnell ging! Marc sah mich entschuldigend an: „Baby… ich bin auch nur ein Mann!“ Ich starrte ihn nur an… das war einfach zu viel für mich! Die letzte Nacht, der Kuss und vor allem das es ihn so sehr erregte. Ich machte mich vollends los und stürmte fast aus dem Bad zurück in mein Zimmer. Ich musste mich erst einmal beruhigen und in Ruhe nachdenken. Zum Glück schien es Marc genauso zu gehen, denn nur kurze Zeit später hörte ich, wie dich Wohnungstür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Noch nie war ich so erleichtert gewesen, dass Marc weggegangen war, wie an diesem Tag. Zuerst kramte ich in meiner Nachtischschublade nach einer Kopfschmerztablette. Bei der Suche nach der Packung stieß ich auf mein Tagebuch… ich hatte es nicht mehr angerührt, seit Marc in mein Leben getreten war… er machte mir so viel einfacher! Doch mit dem gefundenen Tagebuch kamen auch die Gedanken an IHN zurück…Stefan! Gerade nach den heutigen Ereignissen fühlte ich mich an diesen Tag erinnert, an dem wir uns geküsst hatten. Insgeheim verglich ich Marc mit Stefan… Stefan war schon so lange Geschichte, aber die Gefühle für ihn waren nach wie vor gegenwärtig. Aber Marc war hier und jetzt und wir hatten uns geküsst… bei dem Gedanken daran kribbelte es in meinem Magen, aber hatte ich auch Gefühle für ihn? War ich verliebt? Verliebt in Marc? Ich wusste es nicht… Aber eins war mir klar! Um mich zwischen den beiden einzigen Männern, die es in meinem Leben bisher gegeben hatte entscheiden zu können, musste ich all meinen Mut zusammen nehmen und noch einmal bei Stefan anrufen… ich musste einfach all die offenen Fragen stellen, die mich schon so lange quälten.
Mit zittrigen Fingern löste ich den Zettel aus den Seiten meines Tagebuches und strich ihn glatt. Ich legte ihn auf das Nachttischchen und das Telefon daneben. Bevor ich dieses schicksalhafte Gespräch führen würde, musste ich unbedingt unter die Dusche.
Geschlagene 20 Minuten verbrachte ich in der Duschkabine und danach glich das Bad einer Dampfsauna. Ich wickelte mich in ein großes flauschiges Handtuch und schlang mir ein kleineres wie einen Turban um den Kopf. Mit nackten Füßen tappte ich zurück in mein Zimmer und setzte mich auf die Bettkannte. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich die Hand nach dem Telefon und dem Zettel mit der Nummer ausstreckte. Zitternd gab ich die Zahlenfolge ein und drückte auf den grünen Hörer.
Tuuuuuuut…tuuuuuut…..tuuuuuut….
„Hallo…?“ … als ich die Stimme am anderen Ende der Leitung hörte, hätte ich am liebsten sofort wieder aufgelegt!






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