Stiefbrüder küsst man nicht - Teil 11

Autor: Raindrop
veröffentlicht am: 03.07.2012


Schweißperlen bildeten sich auf Jennifers Stirn und ihr wurde richtig schlecht. Sie drückte eine Hand auf ihren Mund und mit der anderen hielt sich an der Wand fest. Ihr Gehirn war zu müde, um jetzt noch eine Lösung auszuarbeiten. Gab es denn überhaupt eine Lösung? Sie hatte die Anweisung, keine Partys zu veranstalten, ignoriert und die Hinterlassenschaften der selben waren ja nicht zu übersehen. Sogar auf der zweiten Etage des Hauses, wo Jennifer sich gerade auffand, lagen rote Pappbecher verstreut und auch andere undefinierbare Sachen.
Jennifers Beine drohten nachzugeben und sie lehnte sich an die Wand. Sie schnappte nach Luft und hoffte auf einen Geistesblitz, der jedoch ausblieb.
`Was sollte ich jetzt machen?` - fragte sie sich panisch und vermutlich blieb ihr nichts anderes übrig, als alles zuzugeben und auf eine milde Strafe zu hoffen. Sie wollte keine Strafe, weil sie Angst hatte. Ihr Vater schenkte ihr sowieso wenig Aufmerksamkeit und ihre Angst war, dass er, nachdem er erfahren wird, dass sie sich seinem Verbot widersetzt hatte, so enttäuscht von ihr sein wird, dass er anfängt sie zu ignorieren. Dann hätte sie alles verloren. Tränen traten ihr in die Augen und sie biss sich in die Unterlippe.
Josh. Vielleicht konnte er ihr helfen. Mühsam richtete Jennifer sich auf und ging, so schnell es ihr nur möglich war zu seinem Zimmer, was nur wenige Meter von ihrem weg war.
Mit einem hämmernden Herzen klopfte sie an seine Tür, doch es kam nichts. Auch nach dem zweiten Klopfen passierte nichts. Leise drückte Jennifer die Türklinke runter und streckte ihren Kopf durch den so entstandenen Spalt.
“Josh.” - rief sie leise nach ihrem Stiefbruder. Doch es blieb ruhig. Jennifer huschte in sein Zimmer und schloss hinter sich leise die Tür. Josh lag bäuchlings auf seinem Bett und schlief. Sein blondes Haar stand verwuschelt von seinem Kopf ab und er hatte außer einer Boxershorts nichts an. Einen Augenblick beobachtete Jennifer ihm beim Schlafen. Er schnaubte gleichmäßig.
Die Decke lag neben dem Bett auf dem Boden und auch Joshs Klamotten lagen dort.
“Josh.” - rief Jennifer erneut und er grunzte nur, drehte seinen Kopf auf die andere Seite und schlief weiter. Auf Zehenspitzen schlich sie zu seinem Bett und legte ihre Hand auf seine nackte Schulter. “Josh.” - wiederholte sie und schüttelte ihn auf. Er schreckte aus dem Schlaf und hob seinen Kopf.
“Jennifer?” - sprach er sie mit zusammengekniffenen Augen an. “Was?” - brabbelte er verschlafen vor sich hin. Er setzte sich auf und sah sie mit einem offenen Auge an. “Was machst du hier?” - wollte er von ihr wissen und rieb sich die Augen.
“Unsere Eltern sind wieder da.” - informierte sie ihn und schaute zu der Tür, da sie Angst hatte, dass diese jede Minute aufgehen konnte.
“Was?” - fragte er und auf einmal war er hellwach. “Warum sind sie wieder hier?” - meinte er etwas verwirrt.
“Weiß ich doch nicht.” - meinte Jennifer etwas schnippisch. Sie rieb sich die verschwitzten Handflächen aneinander. “Was sollen wir jetzt machen?” - wollte sie wissen und sah Josh an. Er sah zurück und seine Augenbrauen fuhren hoch.
“Wir?” - fragte er. “Es war deine Party.” - informierte er sie. Jetzt fing Jennifer an ihrer Idee zu zweifeln. Vielleicht war es doch nicht so schlau, auf Hilfe von Josh zu hoffen. Sie lief jetzt in Joshs Zimmer auf und ab und ihr Durst und die wackeligen Beine waren schon fast vergessen.
“Was soll ICH jetzt machen?” - fragte sie und sah Josh an.
“Weiß ich doch nicht.” - meinte er und zuckte mit den Schultern.
“Meine Vater wird mich umbringen.” - sagte Jennifer verzweifelt und Tränen liefen über ihr Gesicht.
“So schlimm wird es nicht.” - beruhigte Josh sie und zog sich das auf dem Boden liegende T-Shirt an. “Du wirst wahrscheinlich Hausarrest bekommen und dann ist alles vergessen.” - fügte er hinzu und schlüpfte in eine schwarze Jeans.
“Das glaube ich nicht.” - zweifelte Jennifer und strich sich über das nasse Gesicht. “Hilf mir bitte.” - bat sie und sah ihn flehend an. Für einen kurzen Augenblick schien Josh ratlos. “Bitte.” - flehte sie und nahm seine Hände. “Ich gebe dir auch alles, was du willst.” - versprach sie. Sie klang ziemlich erbärmlich, dass war ihr selbst klar, doch ihre Lage war ja auch nicht viel besser. Josh überlegte einen kurzen Augenblick.
“Alles?” - wollte er wissen und Jennifer nickte nur energisch. “Gut.” - sagte er dann und atmete tief durch. “Ich helfe dir.” - sagte er und Jennifer atmete tief durch. Sogar ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
“Hast du einen Plan?” - fragte Jennifer schon etwas munter und Josh nickte.
“Also,” - teilte er ihr mit. “Ich werde runter gehen und lenken sie ab. Du ziehst dich an und verschwindest kurz. Dann kommst du einfach in einigen Minuten wieder und weißt nichts von der Party.” - erklärte er Jennifer.
“Du willst sagen, dass das deine Party war?” - fragte Jennifer fassungslos. Sie konnte einfach nicht glauben, dass Josh bereit war, die Schuld auf sich zu nehmen.
“Ja.” - bestätigte er nur. “Aber versprich mir, dass ich eine anständige Beerdigung bekommen.” - scherzte er und lächelte Jennifer an. Sie konnte nicht anders und lächelte zurück. “Jetzt geh dich anziehen, ich gehe dann schon mal in die Höhle des Löwen.” - sagte Josh, atmete tief durch, ließ Jennifers Hände los und schritt zur Tür.
“Josh.” - rief sie nach ihm und er drehte sich an der Tür um. “Danke.” - sagte Jennifer nur und er lächelte sie an.
“Du schuldest mir was.” - erinnerte er sie und verließ das Zimmer.
Zu gerne würde sie jetzt Mäuschen spielen, um das Gespräch zwischen Josh und den Eltern mitzubekommen, doch sie lief nur schnell und so leise wie möglich in ihr Zimmer. Sie stellte ihren Schminktisch wieder auf. Er war viel schwerer, als er ihr noch gestern vorkam. Schnell sammelte sie die Schminkutensilien auf und ließ sie auf dem Schminktisch liegen. Sie zog sich an und kämmte ihr Haar. Jetzt musste sie warten, bis Josh die Eltern irgendwie ablenkte, damit sie verschwinden konnte.
Leise schlich sie sich an die Treppe blieb dort nah der der Wand stehen und horchte.
“Ich bin wirklich enttäuscht von dir.” - hörte sie Elinore mit belegter Stimme sagen.
“Ich weiß.” - antwortete Josh nur.
“Wir haben doch extra gesagt, dass keine Partys gefeiert werden sollen.” - predigte sie weiter.
“Es tut mir leid.” - kam von Josh. Jennifer schluckte nervös und ein Gefühl des schlechten Gewissen beschlich sie. Vielleicht sollte sie aus ihrem Versteck kommen und sich stellen. Doch dafür war sie zu feige, also blieb sie mucksmäuschenstill an der Wand stehen und ließ Josh den Sündenbock spielen.
“Du räumst hier auf.” - befahl Elinore ihrem Sohn. “Und dann hast du Hausarrest.” - fügte sie hinzu. “Für 2 Monate. Kein Training, keine Freunde.” - sprach sie weiter und der Kloß in Jennifers Brust wurde immer größer. Joshs tat ihr wirklich leid und doch musste sie sich eingestehen, dass sie erleichtert war, dass es nicht sie war, die sich unten vor Elinore rechtfertigen musste.
Die Eingangstür ging auf und fiel wieder ins Schloss.
“Ich habe die Leute von der Reinigungsfirma weggeschickt.” - hörte sie ihren Vater sagen und ihr Herz rutschte Jennifer in die Hose. “Aber die Anreisekosten wollten sie doch haben.” - fügte er hinzu. “300 Dollar.” - sagte er.
“Das Geld wirst du auch abarbeiten.” - verfügte Elinore. “Gartenarbeit und Poolreinigung.” - zählte sie auf.
“Ja.” - sagte Josh nur.
“Fang schon mal mit dem Aufräumen an.” - meinte sie. “Lass uns frühstücken.” - sagte sie dann, vermutlich zu Jennifers Vater. Schritte waren zu hören, die langsam verstarben.
Jennifer stiel sich leiser zur Treppe. Sie sah runter zu Josh. Verloren stand er mitten in der Eingangshalle und sah sie verloren um.
“Tsss.” - machte Jennifer um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er sah zu ihr hoch und warf dann einen vorsichtigen Blick in Richtung Küche. Mit der rechten Hand winkte er sie zu sich. Schnell lief Jennifer die Treppe runter und zur Tür. Als sie die Tür aufmachte, kam plötzlich Elinore zurück aus der Küche mit einer Rolle grüner Müllsäcke in der Hand.
“Jennifer?” - meinte sie überrascht.
“Äh.” - gab Jennifer nur von sich und ließ die Tür ins Schloss fallen. Jetzt musste sie ihre Schauspielkünste einsetzen. “Was ist denn hier passiert?” - fragte sie und schaute sich mit großen Augen um. Ihr Herz schlug schneller als es ihr lieb war und ihr Atem war etwas zu hastig.
“Ich habe eine Party gegeben.” - meinte Josh, wie auch den Tag zuvor ziemlich lässig und Jennifer musste sich eingestehen, dass sie ihm das auch abkaufen würde. Er ging auf seine Mutter zu und nahm ihr die Müllsäcke aus der Hand. “Ist etwas aus dem Ruder gelaufen.” - fügte er hinzu und riss einen Müllsack ab. Er fing an die Pappbecher aufzusammeln.
“Das sehe ich.” - sagte Jennifer und versuchte es mit einem Lächeln. “Hat mein Vater nicht gesagt, dass wir keine Partys feiern dürfen?” - meinte sie weiterhin.
“Aber Josh konnte einfach nicht anders.” - sagte Elinore, die ihnen die Geschichte abgekauft hatte. “Verlier bloß keine Zeit.“ - meinte sie dann zu Josh. “Du musst noch den Garten aufräumen.” - fügte sie hinzu. “Willst du mit uns frühstücken?” - fragte Elinore Jennifer.
“Ja gerne.” - meinte sie dann. “Aber lass mich erstmal duschen und mich fertig machen.” - sagte Jennifer dazu und ging zur Treppe. “Was macht ihr eigentlich schon wieder Zuhause?” - wollte sie wissen.
“Erzählen wir dir am Tisch.” - sagte Elinore bloß und verschwand wieder in der Küche.
Jennifer lief sie Treppe hoch und drehte sich noch mal zu Josh um, der mit dem Müllsack in der Hand den Müll einsammelte.
Als Jennifer sich geduscht und angezogen hatte, lief sie runter in die Küche. Die Eingangshalle war bereits vom Müll befreit und von Josh war weit und breit keine Spur.
Elinore und Jennifers Vater saßen am Frühstückstisch und unterhielten sich leise, als sie die Küche betrat. Jetzt wurde sie wieder nervös.
“Hallo zusammen.” - sagte sie gespielt fröhlich.
“Hi Schatz.” - meinte ihr Vater und nippte an seiner Tasse.
“Echt krass, was Josh veranstaltet hat.” - sagte Jennifer und ging an der Kühlschrank.
“Ja, ich bin echt enttäuscht.” - meinte Elinore etwas geknickt. Ein Anflug von Schuldgefühlen überfiel Jennifer und sie schluckte schwer. Sie nahm eine Packung Milch aus dem Kühlschrank und eine Schüssel aus dem Regal. An der Theke kippte sie Cornflakes in die Schüssel und goss sie mit Milch auf. Nachdem sie sich einen Löffel aus der Besteckschublade genommen hatte, setzte sie sich an den Tisch und fing an zu essen.
“Wo warst du denn eigentlich?” - wollte ihr Vater wissen und schaute sie misstrauisch an. Jetzt hatte Jennifer Angst aufzufliegen. Sie konnte Elinore täuschen, doch ihr Vater war nicht so leichtgläubig.
“Ich habe bei Sarah übernachtet. Sie hat eine Pyjamaparty gegeben.” - log Jennifer und widmete sich ganz ihrer Schüssel Cornflakes. Eigentlich hatte sie gar keinen Hunger, weil ihr Magen immer noch auf Kriegsfuss mit ihr stand, doch sie zwang ein paar Löffel in sich rein. “Warum seid ihr denn wieder da?” - fragte sie und sah zu ihrem Vater hoch. Ein stolzes Lächeln erhellte sein Gesicht.
“Ich werde ausgezeichnet.” - verkündete er. “Mit dem Wohltätigkeitspreis, weil ich im letzten Jahr so viele Operationen an Bedürftigen durchgeführt hatte. Eigentlich sollte Jake Richards den Preis entgegennehmen, doch er ist momentan in Europa, also wurde ich angerufen. Also haben wir die nächste Maschine genommen und sind jetzt hier.” - erklärte er ihr. Jennifer wusste, dass ihr Vater ein Schönheitschirurg war, aber woraus seine Arbeit genau bestand, davon hatte sie keine Ahnung.
“Ich wusste nicht, dass Bedürftige Nasenkorrekturen und Brustimplantate brauchen.” - meinte Jennifer nur dazu. Ihr Vater lachte auf und schüttelte mit dem Kopf.
“Nein, nein.” - sagte er immer noch lachend. “Brauchen sie auch nicht. Ich helfe auch Menschen, die zum Beispiel bei einem Brand sich Verbrennungen zugezogen haben und eine Hauttransplantation brauchen oder Menschen, die bei einem Unfall verunstaltet wurden, wieder ihr Gesicht zu rekonstruieren.” - erklärte er ihr und sie kam sich ziemlich blöd vor. “Und das mache ich alles auf wohltätiger Basis.” - sagte er dann und Jennifer empfand so etwas wie Stolz für ihren Vater.
“Das ist ja … cool.” - sagte sie nur dazu und stellte ihre noch halbvolle Schüssel in das Spülbecken. “Ich bin müde. Wir haben die ganze Nacht nicht geschlafen.” - fügte sie hinzu. Sie wollte ganz schnell weg von den beiden und sich in ihrem Zimmer verstecken. “Ich gehe schlafen.” - sagte sie und lief in ihr Zimmer.
Das war doch gar nicht so schlecht gelaufen, fand Jennifer. Vielleicht half ihr auch die Tatsache, dass ihr Vater so glücklich über diese Auszeichnung war, dass er nichts hinterfragt. Sonst würde ihm auffallen, dass Jennifer noch ganz geschwächt vom Alkohol war und dass ihr Auto in der Einfahrt stand.
Sie atmete erleichtert auf, als sie hinter sich die Tür zu ihrem Zimmer schloss. Auf einmal fühlte sie sich todmüde. Sie fiel auf ihr Bett, warf die Decke über sich und schlief augenblicklich ein.

Als Jennifer wieder ihre Augen aufschlug, dämmerte es draußen bereits. Sie streckte sich und füllte sich schon viel besser, obwohl ihr Magen sich noch etwas flau anfühlte. Nachdem sie sich die Zähne geputzt und ihr Gesicht gewaschen hatte, lief sie runter in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Das Haus sah wieder sauber aus und die Möbel standen wieder an ihren Plätzen. Da hatte Josh gute Arbeit geleistet.
Jennifer trank ein Glas Orangensaft aus und stellte es auf die Theke, um es noch mal zu füllen.
“Hey.” - hörte sie Joshs Stimme im Rücken und erschrak.
“Hi.” - sagte sie und drehte sich zu ihm. Er stand in der Tür und hatte seine Arme vor der Brust verschränkt. “Sorry, dass ich dir nicht geholfen habe. Es wäre sonst …” - fing sie an.
“… auffällig.” - beendete Josh ihren Satz.
“Ja.” - meinte Jennifer nur dazu.
Ihre Hände waren wieder klatschnass. Nervös strich sie sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und mied Joshs Blick.
“Also …” - meinte sie. “Was möchtest du im Gegenzug?” - wollte sie wissen und sah ihn verstohlen an.

Fortsetzung folgt ...





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