Stiefbrüder küsst man nicht - Teil 8

Autor: Raindrop
veröffentlicht am: 26.06.2012


Während Jennifer sich anzog und schminkte, ging ihr Joshs letzter Satz am Frühstückstisch nicht aus dem Kopf. Die Antwort war so nah und doch unerreichbar. Jennifer legte den Satz auseinander, analysierte jedes Wort und stellte den Satz wieder zusammen. War es als Beleidigung gemeint oder als Kompliment? Als Kompliment bestimmt nicht, da war sich Jennifer sicher. Denn Josh konnte Gabe nicht leiden. Konnte er sie, Jennifer, jetzt auch nicht leiden, dass hoffte sie doch nicht. Früher wäre es ihr wahrscheinlich egal gewesen, ob Josh sie mag oder nicht, aber in letzter Zeit hat sich so vieles geändert. Auch Jennifers Gefühle Josh gegenüber. Noch wusste sie nicht, was sie für ihren Stiefbruder empfand, aber er war ihr nicht egal.
Jennifer schüttelte mit dem Kopf, um Josh aus dem Kopf zu bekommen. Bald würde sie sicherlich eine Gehirnerschütterung erleiden, wenn sie weiterhin ständig mit dem Kopf schütteln würde, das war sicher. Nach einer geschlagenen Stunde in dem überfüllten Schrank und einem Haufen Kleider auf dem Boden, entschied sie sich für eine beblumte Tunika, eine weiße 3/4-Hose und weißen Plateauschuhe. Ein Blick in den Spiegel bestätigte sie in ihrer Entscheidung. Ihre Haare trug sie offen.
Mit dem festen Vorhaben, ihr Zimmer heute Abend in Ordnung zu bringen, nahm sie ihre Tasche und lief runter ins Wohnzimmer.
Es war kurz nach 10:00 Uhr und Jennifer schickte einen SMS an Sarah. Sie wollte mit ihrer Freundin shoppen gehen. Nach etwa 3 Minuten, in denen Jennifer bereits 3 Mal kurz davor war, Sarah anzurufen, kam eine SMS zurück. Sarah schlug vor, sich in der Einkaufspassage zu treffen in etwa 1 Stunde. Jennifer bestätigte nur kurz und steckte das Handy in die Tasche.
Sie lief aus dem Haus zu der Auffahrt, wo ihr Auto seit 2 Tagen ungefahren stand. Bevor sie die Tür jedoch entsperrte, sah sie den weißen Van der Reinigungsfirma. Da kam ihr schon die Idee. Warum sollte sie nach der Party das ganze Chaos selbst beseitigen, wenn sie jemanden dafür bezahlen könnte? Sie lächelte selbstzufrieden, als sie durch den Vorgarten schritt.
Es waren ungefähr 4 Leute in weißen Overalls im Garten. Sie sammelten den von den Hochzeitsgästen hinterlassenen Müll und reinigten auch den Pool.
“Hallo zusammen.” - rief sie ihnen zu und es kamen nur undefinierbare Laute zurück. Sie würde auch keine gute Laune haben, wenn sie hinter anderen Leuten den Dreck wegräumen musste. “Wer ist hier der Chef?” - wollte sie wissen und sah sie alle nach einander an.
“Ich bin hier der Chef.” - meinte der bärtige Mann mit einem dicken Bauch, der dabei war die Schwimmkerzen aus dem Pool zu fischen. Er unterbrach seine Arbeit und sah sie an. Jennifer lächelte und ging ein paar Schritte auf ihn zu.
“Ich würde Sie gerne für Morgen angagieren.” - meinte sie zu ihm. “Um die gleiche Uhrzeit.” - schlug sie ihm vor.
“In Ordnung.” - sagte der Mann und nickte. “Ich möchte aber die Hälfte der Gage im Vorraus.” - fügte er hinzu. Jennifer nickte ebenfalls. “Es macht dann 400 Dollar.” - sagte er.
“Ich muss nur Geld holen.” - sagte sie dann und lief zurück zum Haus.
Sie musste zugeben, dass es mehr war, als sie gedacht hatte. Anscheinend lohnt es sich doch, den Müll andrer zu entsorgen. In ihrem Zimmer kramte Jennifer nach einer kleiner Schachtel ganz tief vergraben in ihrem Kleiderschrank. Dort versteckte sie das Geld, was sie zu Geburtstagen und sonst von ihren Großeltern bekommen hatte. Sie brauchte das Geld nicht, weil ihr Vater ihr genug gab. Na gut, sie brauchte es bis jetzt nicht. Sie nahm 400 Dollar raus und vergrub die Schachtel wieder. Sie lief zurück in den Garten, aber der Bärtige war nicht zu sehen. Bevor Jennifer nach seinem Befinden fragen konnte, bekam sie die Antwort von einem dürren Jungen, der sicherlich nicht älter war, als sie selbst.
“Mein Vater ist zum Wagen gegangen, um dir die Quittung auszustellen.” - meinte er und fuhr mit seiner Arbeit, die Essensreste einzusammeln, fort.
“Danke.” - rief Jennifer ihm nur zu und ging zur Auffahrt. Der Chef der Reinigungsfirma kam ihr schon entgegen. “Hier.” - sagte Jennifer und streckte ihm die Hand mit dem Geld entgegen.
“Und hier ist deine Quittung.” - meinte er freundlich und drückte ihr ein kleiner Blatt Papier in die Hand. “Dann bis morgen.” - verabschiedete er sich und ging zurück zur Arbeit.
Jetzt war das auch erledigt und sie konnte in Ruhe shoppen gehen, ohne sich darüber Sorgen zu machen, dass sie morgen noch die letzten Spuren der Party beseitigen musste.
Sie setzte sich ans Steuer ihres “Schätzchens” und ihr wurde ganz mulmig in der Magengrube. Ein tiefes Durchatmen tat gut. Mit zittrigen Händen ließ sie den Motor anspringen.
Als sie langsam rückwärts aus der Ausfahrt fuhr, legte sich ihre Nervosität und kurz vor dem Parkplatz des Einkaufszentrums sang sie schon lauthals zusammen mit Katy Perry.
“I kiss a girl.” - summte Jennifer vor sich hin, als sie das Auto zusperrte und das Einkaufszentrum betrat. Sie sah sich schnell um und da sah sie schon Sarah stehen und nach ihr Ausschau halten.
“Hey.” - begrüßte sie ihre Freundin und gab ihr einen Kuss auf die Wange. “Wie geht es denn?” - wollte sie wissen, als sie sich bei Sarah eingehackt hatte und sie zusammen durch die Passage liefen.
“Ganz okay.” - sagte Sarah nur. “Habe zwar immer noch Kreditkartensperre, aber mein Vater spricht wieder mit mir in normaler Stimmlage und schreit nicht, nur wenn er mich sieht.” - informierte sie Jennifer und sie lachte auf.
“Na, da kannst du ja immer noch auf dein Erbe zählen.” - sagte sie dazu.
“Juhoo.” - meinte Sarah nur dazu und sie lachten beide.
Sie betraten Jennifers Lieblingsladen und sie fiel sofort über die neue Kleiderkollektion her. Alle Kleider waren toll, fand Jennifer und am liebsten würde sie sie alle anprobieren, aber soviel Zeit hatte sie nicht. Also entschied sie sich für 5 Stück.
Sarah nahm auf einem Hocker vor der Umzugskabine Platz und bereitete sich auf eine Modenschau vor.
“Hast du mit Josh gesprochen?” - wollte Sarah wissen.
“Ja.” - antwortete Jennifer und zog den blauen Vorhand zur Seite um Sarah das erste Kleid vorzuführen. Es war grau, knielang und war am Neckholder und am Saum mit Pailletten bestickt.
“Nein.” - urteilte Sarah und rümpfte die Nase. “Am Busen ist es zu weit.” - begründete sie und Jennifer sah in den Spiegel. Ihre Freundin hatte recht. Unter den Achseln waren tiefe Löcher und man konnte viel zu viel sehen. Jennifer verschwand wieder hinter dem Vorhang.
“Er war verständnisvoller als ich gedacht hatte.” - sprach Jennifer weiter, als sie aus dem grauen Kleid schlüpfte und in ein schwarz-weißes enganliegendes schlüpfte.
“Aha.” - animierte Sarah sie zum Weitersprechen.
“Ja.” - bestätigte Jennifer und kam raus. “Er versprach Elinore und meinem Dad nichts zu erzählen.” - sagte sie und zog am Saum des Kleides.
“Das war alles?” - fragte Sarah überrascht.
“Ja.” - sagte Jennifer, während sie sich von allen Seiten im Spiegel betrachtete. “Wollte kein Geld oder das Auto.” - fuhr sie fort. “Wie ist dieses Kleid?” - wollte sie wissen und drehte sich vor Sarah um 180 Grad.
“Viel besser. Probier aber noch das Rote an.” - schlug Sarah vor. “Unglaublich.” - meinte sie dann.
“Ich war total überrascht.” - erklang Jennifers Stimme hinter dem Vorhang. “Er wird bei der Party auch dabei sein.” - informierte sie ihre Freundin.
“Wirklich?” - Sarahs Stimme war einige Oktaven höher als sonst. Sie räusperte sich. “Wirklich.” - meinte sie dann und war sichtlich bemüht ihre Begeisterung im Schacht zu halten. Jennifer lächelte vor sich hin und zog das kurz rote Kleid an.
“Ja, aber ich muss dich enttäuschen.” - sagte sie als sie aus der Kabine kam. “Er steht auf eine aus unserer Schule.” - meinte Jennifer und glitt mit den Händen über den glatten Stoff des Kleides.
“Woher weißt du das?” - wollte Sarah wissen.
“Hat er mir gesagt.” - sagte sie und sah Sarah fragend an.
“Das vorherige fand ich besser.” - kam die Antwort. “Aha, führt ihr jetzt intime Gespräche oder was?” - fragte Sarah und Jennifer musste zugeben, dass die Information, dass Josh schon eine Angebetete hat, Sarah deprimierte.
“So zusagen.” - meinte Jennifer nur. “Aber du hast noch eine Chance. Sie hat einen Freund.” - wieder verschwand sie hinter dem Vorhang. “Er soll beliebt sein und in der Footballmannschaft spielen.” - gab sie Joshs Worte weiter.
“Sonja?” - meinte Sarah sofort. Jennifer verneinte und zog das Kleid aus. Sie sah sich die letzten beiden Kleider an, doch jetzt gefielen sie ihr nicht mehr. Irgendwie hatte sie sich bereits in das schwarz-weiße Kleid verliebt. “Fey.” - schlug Sarah vor.
“Auch nicht.” - meinte Jennifer und zog ihre Sachen wieder an. “Habe ich auch gesagt. Aber er meinte, nein.” - sagte sie und zog ihr Haar hinten aus der Tunika raus.
“Also da gibt es Ralph, den Freund von Sonja, Tim, den von Fey und Gabe.” - sagte Sarah und bei dem letzten Namen sah sie Jennifer, die in der Schwelle der Garderobe erstarrt war, mit hochgezogenen Augenbrauen an.
“Nein.” - kam ihren gleichzeitig über die Lippen und lachten über diese geradezu absurde Idee.
An der Kasse bezahlte Jennifer für das Kleid und sie verließen den Laden.
“Ich brauchte jetzt noch eine passende Kette und Schuhe.” - verkündete Jennifer ihrer Freundin. Sarah seufzte traurig.
“Und ich muss in meinen alten Klamotten zur Party erscheinen.” - meinte Sarah nur und seufzte erneut. Jennifer schaute ihre Freundin von der Seite an und sie verspürte das Bedürfnis ihre Freundin wieder aufzumuntern.
“Weiß du das.” - meinte sie und Sarah sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen hoch. “Ich kaufe dir einfach ein Outfit.” - schlug sie vor und Sarah warf ihrer Freundin einen ungläubigen Blick zu.
“Wirklich?” - traute sie ihren Ohren immer noch nicht. Jennifer nickte nur energisch.
Jennifer war klar, warum Sarah sie misstrauisch von der Seite ansah. Noch nie in ihrem Leben war Jennifer bereit etwas für ihre Freunde zu tun, weil sie zu egoistisch war. Die Freundschaft war für sie immer ein Mittel zum Zweck.
“Ja.” - bestätigte Sarah nicht nur Sarahs Frage sondern auch ihren Gedanken. Sie wollte eine gute Freundin sein und Sarah brauchte jetzt auch eine Freundin. “Wollen wir zurück?” - schlug Jennifer vor und zog ihre Freundin zurück in ihren Lieblingsladen.
Hochzufrieden beobachtete Jennifer, wie Sarah fröhlich durch den Laden lief und mit glänzenden Augen verschiedene Outfits anprobierte.
Jennifer musste sich eingestehen, dass es sich gut anfühlte etwas ohne Eigennutz für einen anderen zu tun. Sarahs Lächeln und die Begeisterung in ihren Augen waren so viel besser als ein Danke.
“Wir müssen uns etwas beeilen. Ich muss noch ein paar Sachen besorgen.” - trieb Jennifer Sarah zur Eile, als sie auf die Uhranzeige auf dem Display ihres Handys warf.
“Ich bin soweit.” - meinte Sarah und trat aus der Kabine in einem enganliegenden schwarzen Kleid. “Dieses ist schön.” - sagte sie begeistert und suchte nach Bestätigung bei Jennifer.
“Nein.” - meinte Jennifer und lächelte über das verdutzte Gesicht ihrer Freundin auf ihre Reaktion. “Es ist perfekt.” - fügte sie schnell hinzu und ein Lächeln erleuchtete Sarahs Gesicht.
“Ich ziehe mich noch um.” - sagte sie und verschwand hinter dem Vorhang.
“Gib mir schon mal das Kleid, ich bezahle dann.” - meinte Jennifer und empfing das Klein, was Sarah ihr durch den Schlitz vom Vorhang reichte.
Jennifer ging zur Kasse und wartete auf Sarah an der Tür, nachdem sie bezahlt hatte.
“Ich muss jetzt los.” - meinte Jennifer und übergab Sarah die Tüte mit dem Kleid.
“Jetzt hast du keine Schuhe bekommen.” - Sarah hatte hörbar ein schlechtes Gewissen.
“Ich habe haufenweise Schuhe Zuhause.” - tat Jennifer mit einer Handbewegung ab. “Willst danach noch zu mir kommen? Dann machen wir uns zusammen fertig.” - meinte Jennifer und erneut zeichnete sich Skepsis auf Sarahs Gesicht.
“Bist du krank?” - wollte sie wissen und Jennifer musste lachen.
“Ich fühle mich ausgesprochen gut.” - antwortete sie und hackte sich bei Sarah ein. Zusammen gingen sie zu dem Parkhaus, wo ihre Autos standen.
Sie verabschiedeten sich an Jennifers Auto und Sarah versprach, dass sie das Auto zuhause abstellen und dann zu Jennifer kommen würde.
Als Jennifer in ihrem Auto saß und auf dem Weg zum Supermarkt war, fühlte sie sich gut und freute sich schon darauf, sich mit Sarah vor der Party noch gemeinsam zurecht zu machen.

Fortsetzung folgt ...





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz