Stiefbrüder küsst man nicht - Teil 10

Autor: Raindrop
veröffentlicht am: 02.07.2012


Jennifer sah zu dem Schatten, der im Lichtkegel erschien.
“Hey Baby.” - hörte sie Gabe sagen und seufzte innerlich enttäuscht. “Alles okay bei dir?” - wollte er wissen und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Erneut umhüllte die Dunkelheit ihr Zimmer.
“Ja.” - sagte sie bloß. Er kam auf sie zu und ließ sich neben ihr auf das Bett fallen.
“Du warst auf einmal weg.” - sagte er dann und nahm ihre Hand.
“Ich musste eine Auszeit nehmen.” - verriet sie ihm und versuchte so unauffällig wie es nur ging, ihre Hand aus seiner zu befreien. Seine schweißnasse Hand zu halten, ekelte sie an. Doch Gabe drückte ihre Hand nur noch fester und verschränkte seine Finger mit ihren. Er führte ihren Handrücken zu seinen Lippen und küsste sie.
“Wir hatten in letzter Zeit sehr wenig Zeit für einander.” - meinte er und rieb seine stoppelfreie Wange an ihrer Hand.
“Ja.” - sagte Jennifer nur knapp dazu und versuchte das aufkommende Ekelgefühl zu unterdrücken. “Es war echt stressig in den letzten Wochen.” - gab sie ihm zu verstehen und schluckte. Irgendwie gefiel es ihr nicht mit Gabe hier in ihrem Zimmer alleine zu sein. Sie fühlte sich in ihrer Privatsphäre verletzt. Noch nie durfte ein Junge in ihr Zimmer, weil es nur ihr Zimmer war und Gabe kam ihr wie ein unerwünschter Eindringling vor. Sie wollte ihn so schnell wie möglich aus dem Zimmer schaffen. Sie befreite ruckartig ihre Hand und sprang gespielt fröhlich auf die Beine. “Lass uns wieder zurück gehen.” - bat sie Gabe und nahm seine Hände um ihn wieder von ihrem Bett zu ziehen. Als Gabe jedoch auf den Beinen stand, legte er seine Hände um Jennifer und drückte sie fest an sich. Diese Nähe war ihr unbehaglich, doch sie ließ sie zu. Sie sagte auch nicht, als Gabe ihr einen Kuss auf die Lippen gab. Seine Zunge erkämpfte sich ihren Weg durch ihre Lippen in ihren Mund und massierte ihre Zunge. Jennifer schloss sie Augen und versuchte an etwas anderes zu denken, an etwas schönes. An das Gefühl der Selbstzufriedenheit, als sie Sarah heute das Kleid gekauft hatte. Doch ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Josh zurück.
Zu dem Augenblick in der Auffahrt als sie angefangen hatte zu weinen und Josh sie fassungslos und hilflos angesehen hatte.
Zu dem Augenblick als er sie in den Arm genommen und sie ihren Stirn an seine Brust gelegt hatte. So wohl und sicher hatte sie sich gefühlt.
Zu dem Augenblick als er ihr mit dem Lügen geholfen hatte, als ihr Vater sie nach der Beule am Auto gefragt hatte.
Sogar der Gedanke an den Augenblick, als sie Josh zusammen mit Cortney gesehen hatte, war ihr jetzt willkommener als daran zu denken, dass Gabe sie jetzt küsste.
Jennifer zuckte zusammen, als Gabes rechte Hand auf Wanderschaft ging. Sie fuhr über Jennifers Oberschenkel und schob ihr Kleid nach oben.
“Gabe.” - sagte sie, doch er küsste sie leidenschaftlicher als zuvor. “Gabe.” - wiederholte sie schon etwas panisch, denn Gabe schien sie nicht zu hören oder wollte einfach nicht hören. Er schob Jennifer noch immer an ihren Lippen hängend zu ihrem Bett und sie fielen gemeinsam auf das Bett. Seine Hände erkundeten schnell und etwas grob ihren Körper. Sie fuhren über ihren Busen, ihren Bauch, ihren Becken, ihre Oberschenkel und mit jeder Berührung stieg der Brechreizpegel. “Gabe.” - rief sie jetzt laut und voller Angst in der Stimme.
Und wenn er nicht aufhört? Kam Jennifer der Gedanke und eine Angst, wie sie diese noch nie vorher verspürt hatte, lähmte ihren Körper. Sie wollte nur eins, dass Gabe aufhörte.
“Aua.” - schrie Gabe auf und sprang auf die Beine, als Jennifer ihn in die Unterlippe gebissen hatte. Jennifer knipste die Tischlampe auf ihrem Nachttisch an. Gabe hielt sich an der Unterlippe und Jennifer spürte einen metallischen Geschmack von Blut in ihrem Mund. Einige Tropfen liefen über Gabes Kinn und tropften auf den Teppich. “Spinnst du?” - meinte er verärgert, als er Blut auf seinen Fingern sah.
“Es tut mir leid.” - entschuldigte sie sich, erleichtert sich aus seinen Armen befreit zu haben. Sie machte die Schublade des Nachtschranks auf und holte ein Taschentuch raus. “Zeig her.” - sagte sie zu Gabe und wollte ihm das Blut von der Lippe wischen, doch er drehte sich beleidigt von ihr weg. “Komm schon.” - meinte sie sanft und legte ihre Hand auf seine Schulter, um ihn wieder zu sich zu drehen. Sie tupfte vorsichtig an seine Lippe an. Der Biss war nicht tief und auch nicht groß, aber blutete. “Es tut mir wirklich leid.” - meinte sie und sie meinte es auch so, aber in den Augenblick der panischen Angst, war ihre keine andere Lösung eingefallen. Aber das behielt sie natürlich für sich.
“Warum hast du mich gebissen?” - wollte er wissen.
“Weil ich nicht das wollte, was du wolltest.” - antwortete Jennifer, ohne ihn anzusehen. Sie betrachtete das mit blutigen Flecken übersäte Taschentuch in ihren Händen.
“Ach Jennifer.” - meinte er genervt und setzte sich auf ihr Bett. “Du willst nie.” - sagte er dann. “Wir sind seit einer Ewigkeit zusammen und haben es noch nicht einmal getan.” - beschwerte er sich.
`Drei Monate ist nicht direkt eine Ewigkeit.` - dachte sie, sagte aber: “Ich weiß, aber ich bin noch nicht bereit dafür.” Gabe fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht und schnaubte.
“Du bist ja nicht mal dafür bereit, dich nackt zu zeigen.” - warf er ihr vor. Jennifer schwieg. “Langsam nervt es mich aber.” - sagte er und Jennifer vernahm, wie er sie erwartungsvoll mit seinem Blick durchbohrte. Immer noch sagte sie nichts. Einerseits wollte sie ihn nicht verärgert, aber andererseits wollte sie dazu auch nichts sagen. “Und nun?” - meinte er dann.
“Was nun?” - fragte Jennifer und drehte sich zu ihm um. Er fuhr mit der Hand durch sein Haar und sah sie mit hochgezogenen Augenbraun an. Ihr Herz bebte wie wild. Sie fragte einfach nur, um die Antwort, die sie bereits wusste, herauszuzögern.
“Wann bist du denn bereit?” - wollte Gabe wissen. Einige Augenblicke schwieg Jennifer. “Okay.” - deutete Gabe ihr Schweigen und stand auf. Er ging zur Tür.
“Gabe.” - rief sie nach ihm. “Warte.” - fügte sie hinzu und er blieb an der Tür mit der Klinke in der Tür stehen, drehte sich aber nicht um. “Du weißt doch, dass ich noch nie mit einem Jungen zusammen war.” - erkläre sie ihm, er zeigte keine Regung, ging aber auch nicht. “Ich brauche Zeit.” - sagte sie noch.
“Bis zu meinem Geburtstag.” - sagte Gabe dann.
“Was?” - fragte Jennifer nur.
“Ich gebe dir Zeit bis zu meinem Geburtstag.” - klärte Gabe sie auf. “Das ist alles.” - meinte er dann und verließ das Zimmer. “Hey Mann.” - meinte er zu jemandem und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
Was war gerade passiert? Fragte sie sich. Hat Gabe ihr gerade etwa ein Ultimatum gestellt? Durfte er das überhaupt? Müsste sie nicht selbst entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt für ihr Erstes Mal war?
Fragen über Fragen und Jennifer dröhnte bereits der Kopf. Sie sah das Taschentuch in ihren Händen an und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Das gelang ihr jedoch nicht, also beschloss sie für heute alle Fünf gerade sein zu lassen und im Alkohol ihre Gedanken zu ertränken. Sie rückte ihr kleid zu recht und schaltete sie Lampe aus.
An dem oberen Ende der Treppe setzte sie ein Lächeln auf und lief runter. Sie brauchte ein Bier, aber so schnell wie möglich. Als sie sich am Treppenende umschaute, konnte sie Gabe nirgendwo sehen und atmete erleichtert auf. Sarah stand in dem Türrahmen zur Küche und schaute etwas geknickt und gelangweilt zu der Tanzfläche.
“Hi.” - meinte Jennifer, als sie neben Sarah auftauchte und ihr das Glas aus der Hand entriss. In einem Zug trank sie das Glas aus und schaute Sarah enttäuscht an, es war nur Apfelsaft. “Ich brauche Alkohol.” - rief sie ihrer Freundin zu. “Wo ist Ralph?” - fragte sie.
“Er tanzt.” - meinte Sarah und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Tanzfläche. “Genau wie Josh.” - sagte sie voller Sehnsucht. Jennifer folgte ihrem Blick und biss sich in die Unterlippe. Engumschlungen tanzte ihr Stiefbruder mit Cortney, die sich wie eine Schlange in ihm rieb.
“Ich glaube mir wird schlecht.” - meinte Jennifer genervt und floh in die Küche. Sie legte alle beide Hände auf die Theke und atmete tief durch. Da sah sie schon die Lösung für ihre Probleme. Tom, einer ihrer Mitschüler, stand an einem angebrochenen Bierfass.
“Ganz sachte.” - meinte er, als Jennifer zwei Becher nach einander ausgetrunken hatte und sich den dritten volllaufen ließ. Doch Jennifer wollte vergessen. Gabe, Josh, Cortney, sie sollten alle verschwinden. Sie machten ihr nur Probleme. Ihre Augen brennten von den zurückgehaltenen Tränen. Das dritte und das vierte Glas landete in ihrem Magen, aber als sie einen Schlug von dem fünften Becker nahm, rebellierte ihr Magen. Er wirbelte den ganzen Alkohol zusammen mit ihrem Frühstück um und kam ihrer Kehle gefährlich nah. Jennifer musste würgen und drückte sich ihre Handfläche an den Mund. Mit schnellen Schritten überquerte sie die Küche und lief raus in den Garten, um sich in einen Rosenbusch zu übergeben. Tränen rannten über Jennifers Gesicht und sie würgte immer wieder, bis sie kraftlos zu Boden sank und ihre Augen zukniff, die ganze Umgebung drehte sich und sie würgte wieder, aber ihr Magen war bereits leer. Ihre Stirn glühte, aber ihr Körper zitterte vor Kälte.
“Ist alles okay?” - wollte eine bekannte Stimme wissen. Es war Sarah. Sie streichelte Jennifers Haare zurück und über ihren Rücken. Jennifer schüttelte nur schnell mit dem Kopf und bereute das sofort, den erneut überkam sie ein Brechreiz. Sie rülpste, weil ihr Magen jetzt total leer war. Ihr Magen zog sich in einem Krampf zusammen und Jennifer heulte auf.
“Was ist los?” - hörte Jennifer Joshs Stimme.
“Ihr ist schlecht.” - antwortete Sarah. “Sie hat zu viel getrunken.” - informierte sie ihn.
“Jennifer.” - jetzt war seine Stimme ganz nah an ihrem Ohr. Er streichelte ihr das zersauste Haar aus dem Gesicht. Sie öffnete nur mühsam ihre Augen und sah in Joshs besorgtes Gesicht.
“Geh weg.” - sagte sie wütend und schob ihn von sich weg, doch er rührte sich nicht vor den Stelle. Sie würgte wieder.
“Wir müssen sie jetzt nüchtern bekommen.” - meinte er dann. Er stand auf und hob sie hoch.
“Lass mich los.” - verlangte sie und schlug mit Fäusten auf ihn ein. “LASS MICH LOS!” - schrie sie wütend und versuchte sich aus seinen Armen zu befreien, doch Josh reagierte nicht.
Jennifer war wütend. Sie wollte nicht von Josh getragen werden, sie wollte ihn gar nicht sehen. Denn er war für ihren jetzigen Zustand verantwortlich. Dann wurde alles schwarz.
“Hilf mir ihr Kleid auszuziehen.” - hörte sie Joshs Stimme aus der Ferne und öffnete sie Augen. Mit den Füssen berührte sie den kalten Fliesenboden. Ihre Schuhe fehlten. Sie sah Sarah vor sich.
“Sie ist wieder da.” - meinte sie und lächelte Jennifer an. Irgendjemand hielt sie an den Achteln. Es war Josh, konnte sie sich noch zusammenreimen. Sarah öffnete den Reißverschluss ihres Kleides und zog es runter. Das nächste was Jennifer vernahm, waren die kalten Tropfen, die von dem Duschkopf auf sie runterrieselten. Es war so kalt, dass sie schwer atmend die Augen aufschlug und sich schnell umsah. Sie saß in der Badewanne in ihrem Badezimmer. Außer ihrer Unterwäsche hatte sie nichts an. Sie strich ihr nasses Haar zurück.
“Wieder da?” - sagte Sarah und beugte sich zu ihr runter.
“Aha.” - antwortete Jennifer. “Trinken.” - konnte sie nur ausspucken. Ihre Kehle war trocken und sie schluckte schmerzhaft. Nach wenigen Sekunden streckte Sarah ihr ihren Zahnputzbecher mit Wasser entgegen. Sie nahm ihn dankbar an und trank gierig aus. Dann füllte sie den Becher einfach mit dem aus dem Duschkopf kommenden Wasser nach und trank noch weitere drei Becher, doch der Durst kam immer wieder.
“Ich bringe dir dann frische Wäsche.” - schlug Sarah vor und verschwand. Jennifer lehnte ihren Kopf zurück und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch in ihren Kopf hämmerte es.
“Wie geht es ihr?” - hörte sie hinter der halbgeschlossenen Tür Joshs Stimme.
“Ich denke schon besser.” - antwortete Sarah und polterte in Jennifers Schublade rum. “Ich ziehe sie dann gleich an und lege sie ins Bett.” - verkündete sie.
“Ich bleibe noch kurz hier.” - sagte Josh nur. “Falls du Hilfe brauchst.” - fügte er hinzu.
Sarah kam zurück. Sie half Jennifer aus den nassen Kleidern raus und trocknete sie mit einem Handtuch ab. Nachdem sie Jennifer saubere und trockene Unterwäsche übergestreift und ihr einen Pyjama angezogen hatte, rief sie nach Josh, da Jennifers Beine einfach versagten. Josh hob sie hoch und diesmal beschwerte sie sich nicht. Sie hatte einfach keine Kraft mehr. Behutsam legte Josh sie in ihr Bett und deckte sie zu. Unter ihrer Decke fühlte sie sich wieder sicher und eine Müdigkeit überkam sie. Sie spürte noch, wie Josh ihr eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht strich, dann versank sie in einem traumlosen Traum.

Sie wachte auf, als ein Sonnenstrahl sich in ihr Zimmer verirrte und sich frech über ihr Gesicht legte. Sie griff nach ihrer Stirn, ihr Kopf tat weh und sie hatte einen Mordsdurst. Sie brauchte was kaltes zum Trinken. Als ihr Füße auf dem Teppich aufkamen, wurde ihr schwindlig und sie atmete tief durch. Ihre Beine fühlten sich wie Wackelpudding an. In einem Ausatmen erhob sie sich und musste sich an ihrer Bettkante festhalten. Hin und her wackelnd schritt sie durch ihr Zimmer und durch den Flur zur Treppe. Kurz blieb sie stehen, weil sie aus der Eingangshalle Stimmen gehört hatte. Panik überkam sie, eine Stimme gehörte ihrem Vater.

Fortsetzung folgt ...





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