Skiurlaub und andere Katastrophen - Teil 17

Autor: blaine_chick
veröffentlicht am: 09.07.2012


Kathy wachte mitten in der Nacht auf, weil sie fröstelte. Irritiert schaute sie sich um. War das Fenster schon wieder auf? Hatte es etwas schon wieder auf sie runter geschneit? Und was war das für eine Musik? Das Fenster, so musste sie jedoch feststellen war fest verschlossen, sie lauschte angestrengt. Die Musik kam aus der Richtung von Jakes Bett. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie konnte Jake in der Dunkelheit erkennen. Er saß auf seinem Bett und war mit seinem ipod beschäftigt. Jetzt war ihr auch klar warum ihr kalt war. Die letzten Nächte hatten sie immer in einem Bett geschlafen und sie - meistens die Wärme suchend - eng an ihn geschmiegt. Jetzt jedoch lag sie alleine im Bett. Kurz überlegte sie ob sie was sagen sollte, bis jetzt hatte er noch nicht bemerkt das sie aufgewacht war, und wie es schien war er tief in Gedanken versunken. Nachdem er sich am Abend vorher so komisch aufgeführt hatte, konnte sie nichts mehr schocken. Manchmal hatte sie bei ihm das Gefühl, das sie nur die Hälfte von dem verstand was eigentlich in ihm vorging. Wahrscheinlich grübelte er mal wieder über die Dinge nach von denen er ihr nichts erzählte, dann konnte er minutenlang in die Ferne starren und Kathy wusste aus der Erfahrung der letzten Tage, dass es dann keinen Sinn machte ihn zu fragen, da er ja eh nie was sagte. Diese Geheimniskrämerei ging ihr langsam echt auf die Nerven. Seufzend legte sie sich wieder hin. Morgen war auch noch ein Tag, dann würde sie ihn zur Rede stellen.

Doch dazu kam es gar nicht. Als sie am nächsten Morgen erwachte, hörte sie von unten kräftiges rumpeln und poltern. Sie schaute auf ihren Wecker der auf dem Nachttisch stand, kurz nach zehn. Sie hatte lange geschlafen und die anderen waren wahrscheinlich gerade im Begriff zum Lift aufzubrechen. Auf einmal ging die Tür auf und Jake kam ins Zimmer, komplett in Snowboardkluft gekleidet, Handschuhe, Mütze und Brille unter dem Arm geklemmt. Er schien etwas zu suchen, denn er wühlte durch sein Bett. „Morgen!“ beim Klang ihrer Stimme hielt er kurz inne und sein Rücken schien sich zu versteifen. „Hab ich dich geweckt? Ich bin gleich wieder weg, dann kannst du weiterschlafen. Ich suche nur... Wo ist denn das verdammte Ding?“ Kathy hatte sich inzwischen im Bett aufgerichtet und beäugte sein treiben misstrauisch. Irgendwas war hier im Busch, Jakes ganze Körpersprache war auf Abweisung getrimmt, bis jetzt hatte er sie noch nicht mal angeschaut. „Ah na endlich!“ Jake hielt einen der Kopfhörer in der Hand und zog so rabiat daran, dass dieser sich vom Gerät löste und der Ipod mit einem lauten Knall auf dem Boden landete. „Verdammt!“ Als Jake sich gerade bückte um das Gerät vom Boden aufzuheben, erschien Moniques Kopf in der Zimmertür. „Bist du fertig Jake? Die anderen sitzen schon im Auto, wir wollen los.“ „Ja sofort, geh schon mal vor ich bin gleich da.“ Moniques Kopf verschwand wieder aus der Tür, jedoch nicht ohne Kathy vorher noch einen hämischen Blick zuzuwerfen. Diese war inzwischen hellwach. „Du gehst mit den anderen Snowboard fahren?“ Jake verstaute derweil seinen Ipod in der Brusttasche seines Anoraks. „Ja Marc und Lisa fahren heute nicht und da hab ich mir Marcs Snowboard geliehen.“ „Aber darfst du das den überhaupt mit deinen Rippen? Der Arzt hat doch gesagt dass du...“ Weiter kam sie nicht, denn Jake schnitt ihr in harschem Ton das Wort ab. „Kathy, ich entscheide immer noch alleine was ich tue und lasse! Und heute will ich Snowboard fahren!“ Kathy zuckte zurück wie ein geprügeltes Tier. Diesen eisigen Tonfall kannte sie nicht von ihm und auch der Blick mit dem er sie jetzt bedachte schien seltsam distanziert. Seine Augen, die normalerweise immer einen warmen Grünton aufwiesen - und Kathy schon von Anfang an fasziniert hatten - wirkten nun kalt und leer. Für einen kurzen Augenblick, erschien es fast so als wollte er noch was sagen, aber dann drehte er sich um und verlies wortlos das Zimmer.

Als Kathy wenig später die Küche betrat hörte sie auch Richtung Wohnzimmer leises Gemurmel. Marc und Lisa hatten sich auf dem Sofa unter einer Decke zusammengerollt und waren eindeutig mit sich selbst beschäftigt. Lisa lag mit dem Rücken an Marcs Brust gelehnt und hatte die Augen geschlossen. Er schien ihr was ins Ohr zu flüstern denn ab und zu ertönte ein kleines glucksen. Jedenfalls sahen die beiden sehr vertraut miteinander aus und bei dem Anblick der beiden Verliebten musste Kathy kräftig schlucken. Gestern noch hatte sie mit Jake in einer ähnlichen Situation auf dem Sofa gelegen, aber nach Jakes komischen Abgang eben war ihr gar nicht danach zu Mute sich daran zu erinnern. Es war fast so als würde sie den Jake von eben aus dem Zimmer nicht kennen. Er war ihr vollkommen fremd gewesen. Wenn sie und Jake alleine waren und dieses dämliche Versteckspiel nicht sein musste, dann war alles so einfach. Jake hatte dann immer fast wie befreit gewirkt, wenn die anderen das Haus verlassen hatten. Er hatte gescherzt und gelacht und sie hatten wirklich Spaß gehabt - und das nicht nur zwischen den Laken, wie man so schön sagt. Doch innerlich spürte Kathy, dass sich etwas verändert hatte. Jakes Ausbruch heute Morgen und sein merkwürdiges Verhalten diese Nacht, da war eindeutig was passiert und langsam machte sie sich echt Sorgen, dass es etwas mit ihr zu tun haben könnte. Bis jetzt hatte sie sich eigentlich noch keine Gedanken gemacht, wohin das mit Jake führen sollte. Sie hatten bis jetzt auch noch nie darüber gesprochen, was denn nachdem Urlaub wäre oder besser gesagt ob da überhaupt „etwas“ war zwischen ihnen. Wenn Kathy genau darüber nachdachte hatten sie eigentlich nie über „zu Hause“ oder „später“ gesprochen. Im Rückblick, war das eigentlich überhaupt nicht Kathy\'s Art. Normalerweise durchdachte und wägte sie immer sorgfältig alles ab bevor sie handelte. „Kopfkind“ sagte ihre Mutter immer, aber hier mit Jake war ja sowieso alles anders gewesen. Sobald sie mit ihm zusammen war, vergaß sie alle ihre guten Vorsätze, jetzt endlich mal mit ihm zu reden und nach der Story hinter seinen Wunden zu fragen oder danach was genau sie jetzt eigentlich darstellten. Affäre? Friends with benefits? Gar nichts? Tja und Jake? Der schien auch nicht gerade erpicht darauf Zukunftsgespräche zu führen oder, wenn man es mal genau nahm, generell Gespräche zu führen die Ihn betrafen. Was wäre wenn jetzt alles vorbei war?

Was auch immer der Grund für sein merkwürdiges Verhalten eben war – vielleicht wieder einer dieser mysteriösen Anrufe, oder noch ein Freund der im Krankenhaus lag und diesmal aber schlechte Nachrichten zu verbreiten hatte? Oder wieder dieser Mann der ständig bei ihm anrief, mit dem er sich dann für lange Telefonate zurückzog von dem sie aber nicht wusste wer er war, oder worum es ging? - Kathy bezweifelte, dass sie den wahren Grund erfahren würde, zu mindestens nicht von ihm persönlich, denn darüber redete er nicht. Genauso wenig wie die Hintergründe zu seinen Wunden, deren Verbände sie zwar jede Nacht sah, nach deren Herkunft sie aber nicht fragen durfte. Selbst beim Verbandswechsel hatte er sich erst nach mehrfachen Auffordern helfen lassen. So als wollte er nicht, dass sie die Wunden genauer inspizierte. Die Erkenntnis traf sie wie der Schlag. Eigentlich wusste sie überhaupt nicht viel von Jake, denn immer wenn sie zusammen waren, sprachen sie entweder über alltägliche Dinge oder wenn sie über persönliches sprachen, dann über Sie - Kathy! Am Anfang hatte sie es noch lustig gefunden Jakes ständige Fragerei, ihre Lieblingsfarbe, -film, -band uns so weiter. Über ihre Träume für die Zukunft und was sie nach der Schule machen wollte. Einfach alles schien er wissen zu wollen. Und Sie? Hatte ihm bereitwillig geantwortet. Aber was wusste sie von Ihm? So gut wie gar nichts, denn über Ihn sprachen sie ja nicht. Das einzige was sie wusste war, dass er drei Jahre älter war als sie, ein FSJ nach der Schule gemacht hatte und danach ins Ausland gegangen war um zu reisen und in einem gemeinnützigen Projekt zu arbeiten, bei dem er dann auch Paul kennen gelernt hatte. Er wollte studieren – aber was genau wusste Kathy nicht, denn darüber hatten sie natürlich auch nicht geredet...






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