Neumond - Teil 3

Autor: Eisfeuer
veröffentlicht am: 22.11.2011


Marek drehte sich überrascht zu mir um und begegnete meinem entsetzten Blick. „Ach so. Du gehörst zu denen die lieber die unverhüllte Wildnis mögen. Den unzähmbaren Wolf, der durch die freie Natur streift. Du denkst so ein anmutiges Tier würde keinem Menschen etwas zuleide tun.“ Mit kaum verhüllter Wut und auch Traurigkeit schaute er mir ins Gesicht.
Ich schüttelte langsam den Kopf: „Wenn du wüsstest...“, hauchte ich. Wir starrten uns an. Als er bemerkte wie ich zitterte, wurde seine Miene weicher: „Es tut mir leid. Ich bin eigentlich nicht auf dich wütend.“ Ich wagte ein vorsichtiges Lächeln: „Auf wen dann?“. Marek schüttelte das Fell: „Auf sie. Meine Eltern wurden von ihnen umgebracht.“ Er wandte sein Gesicht von mir ab, und ich war froh dass er nicht bemerkte wie ich hart schlucken musste. Er durfte auf keinen Fall erfahren was ich wirklich war. Jetzt hatte er sich wieder gefangen und redete weiter: „Ich hatte zwar keine schöne Kindheit, eigentlich war sie sogar ziemlich schrecklich, doch das haben sie trotz allem nicht verdient. Als Vergeltung jage ich das Rudel, aber sie sind gut. Bis jetzt habe ich nur diesen hier erwischt und sie sind auf mich aufmerksam geworden.“ Ich sah die tiefe Trauer in seinem Gesicht, wie sie ein Falten um seine Mundwinkel grub und seine Augen überschattete. Ich ging einen Schritt auf ihn zu, nahm meinen ganzen Mut zusammen und berührte vorsichtig seinen Arm. Es kostete mich weniger Überwindung als ich geglaubt hatte, und das obwohl ich so lange niemanden mehr angefasst hatte.
„Es tut mir leid, das wusste ich nicht.“, versuchte ich ihn zu trösten, doch selbst in meinen Ohren klang es nur nach einer hohlen Phrase. Ein Muskel seines Armes zuckte unter meiner Hand und er neigte seinen Kopf zu mir. Auf einmal wurde ich mir seiner Nähe sehr deutlich bewusst. Seine Hitze und sein herber Duft hüllten mich ein und beruhigten mich. Er trat noch einen Schritt auf mich zu und ich blieb wie erstarrt stehen. Ich spürte seinen Blick über mein Gesicht wandern und mir wurde heiß. „Wer bist du?“, flüsterte Marek mir zu. Er wartete meine Antwort nicht ab, sondern nahm mein Gesicht in seine rauen Hände. Meine Lippen öffneten sich unwillkürlich und ich spürte seinen Atem über meine Haut streifen. Dann beugte er sich langsam zu meinem Mund. Ich hielt die Luft an, spürte mein Herz wild klopfen und hielt ihn mit meinem Blick fest. Er erwiderte ihn und verharrte kurz vor meinen Lippen. Eine unbekannte Wärme stieg in mir auf und die Spannung stieg bis ins Unerträgliche. Dann, endlich, senkte sich Mareks Mund auf meinen. Sie waren unglaublich weich, warm und entfachten in mir eine große Sehnsucht. Ich schmiegte meinen Körper an seinen und umschlang seinen Hals mit meinen Armen. Unsere Lippen lösten sich immer wieder voneinander und verschmolzen auf das Neue. Mein Kopf war wie leergefegt, nur Marek existierte in meinen Gedanken. Ich wollte ihn für immer bei mir haben. Ich würde auf ihn aufpassen und er auf mich. Keiner von uns würde mehr Sorgen haben, wir würden uns einfach nur noch küssen. Lustvoll schloss ich die Augen, spielte mit seiner Zunge und neckte seine Lippen mit meinen Zähnen.
Da drang von draußen, nicht weit entfernt, ein melancholisches, wehmütiges Heulen in die Hütte. Ich fuhr erschrocken zusammen und löste mich aus Mareks Armen. Meine Gedanken prasselten auf mich ein. „Verräterin!“, fauchten sie, „Willst du etwa deine Ziele wegen eines Mannes aufgeben? Du kennst ihn nicht!“, heulten sie in meinem Kopf. Mit weit aufgerissenen Augen brachte ich gerade noch: „Ich kann das nicht! Verzeih mir!“ hervor, dann stürzte ich aus der Tür in die eisige Kälte.


Diesmal leider etwas kürzer, aber ich beeil mich dafür mit dem nächsten Teil :)





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