Neumond - Teil 12

Autor: Eisfeuer
veröffentlicht am: 14.12.2011


Bumm. Bumm. Bumm.
Mein donnernder Herzschlag geriet in den Hintergrund. Unsere Lippen verschmolzen miteinander, bewegten sich völlig im Einklang miteinander. Istváns Körper wärmte mich in der eisigen Kälte und ich hörte auf zu zittern. Ich schloss meine Augen um nicht in seine schwarzen, grausamen Augen zu sehen. Jetzt wollte ich nur fühlen und gefühlt werden. Unser beider Atem war unruhig, während wir unsere Lippen begierig aufeinander pressten. Zwischen unseren Küssen murmelte István meinen Namen und hauchte zärtlich seine Lippen auf meine Augenlider, unter denen schmerzerfüllteTränen hervor quollen. Ich wollte nicht daran denken was er mir angetan hatte, was für eine Angst ich hatte und was er mir noch antun würde. Seine Behutsamkeit und Vorsicht machte es mir leicht diese Gedanken ganz tief in meinen Kopf zu verbannen, doch ich wusste dass sie in der schlimmsten Stunde wieder Amok laufen und mich alles bereuen lassen würden. Istváns große Hände, mit denen er sich neben meinen Schultern abgestützt hatte, wanderten an meinen Kopf und gruben sich in meine wild gelockten Haare, so dass er nun mit seinem vollen Gewicht auf mir lag. Doch er war nicht zu schwer. Unsere Körper konnten nicht nah genug aneinander sein und ich wollte seine duftige Haut überall an meiner spüren. Auch er schien zu bemerken dass uns seine Kleidung störte, während ich noch vollständig enthüllt von der Verwandlung dalag. Aber entgegen meiner Erwartung, öffnete er nicht sein Hemd, sondern tastete mit seinen rauen Fingerspitzen meine erhitzten Gesichtszüge ab, als wollte er sie sich für immer einprägen. Als seine Fingerkuppen über meine feuchten Lippen strichen, öffnete ich meine Augen, und –blickte in seine strahlend gelbbraune Iris. Er schien sich wieder verändert zu haben, hoffentlich zu seinem Ursprungszustand. Trotz der scheinbar gebannten Gefahr, stockte mir der Atem. Ein leichtes Lächeln umspielte Istváns Lippen, sein dunkel glänzendes Haar hing ihm zerzaust in die Stirn und seine Augen... mit tiefschwarzer Pupille, hellbrauner Iris in der noch hellere, gelbe Sprenkel mit der Wintersonne um die Wette strahlten, und so voller Gefühle. Ich erkannte Fragen und Verwirrung, Verlangen und Glück, sowie Hoffnung und eine Spur Angst in ihnen. Diese wilde Mischung brachte mich zutiefst durcheinander, und ich wusste nicht ob im positiven oder im negativen Sinne. Doch als er mir zuraunte: „Nikita, meine kleine Wölfin. Was machst du nur mit mir?“, wusste ich dass dies der glücklichste Moment in meinem Leben sein musste. Ich antwortete nicht auf seine Frage, und es war auch nicht nötig. Die Zeit schien stillgestanden zu sein. Dieser kostbare Moment entführte uns kurzfristig in eine andere Welt. Eine Welt ohne Verpflichtungen, Ängsten, Gefahren, Sorgen und Problemen. Es schien nur István und mich zu geben. Doch was ich mittlerweile lernen musste war, dass selbst die schönsten Momente nicht ewig währen. Trotz meinem emotionalen und auch körperlichen Aufruhr begannen meine Muskeln wegen Istváns Gewicht zu protestieren, und auch meine Lunge beschwerte sich über zu wenig Luft. Er bemerkte dies und glitt von mir, links neben mich in den Schnee. Jetzt war ich auch kurz davor zu protestieren, denn das Gefühl des Verlustes durchströmte, angefangen bei meiner Haut und meinen Lippen, meinen ganzen Körper. Um das auszugleichen griff ich nach seiner Hand. Er drehte erstaunt lächelnd seinen Kopf zu mir, da in dieser Hinsicht normalerweise er der Aktivere war. Meine Mundwinkel hoben sich ebenfalls zu einem Lächeln, als ich die kaum sichtbaren Grübchen in seinen Wangen registrierte. Dann verdunkelte ein Gedanke sein zufriedenes Gesicht: „Wieso bist du vor mir weggelaufen?“.
Seine Frage klang anklagend und er zog die Augenbrauen zusammen. Ich entriss ihm entgeistert meine Hand und setzte mich auf: „Stimmt, das war dumm von mir. Als du mir eröffnet hast dass du mich mein ganzes Leben lang einsperren willst um mich zu schwängern, hätte ich gelassener reagieren sollen. Und als du mich dann mit total schwarzen Augen verfolgt hast um mich zu töten oder sonst was, hätte ich lieber ruhig stehen bleiben sollen!“
Jetzt klang er nicht mehr verärgert, als er sagte: „Was habe ich getan?! Ich kann mich an nichts davon erinnern!“. Ich schluckte verängstigt. Okay Nika, gaaanz ruhig. Du hast zwar vermutlich gerade einen Serienkiller geküsst, der sich nachher nicht mehr an seine Taten erinnern kann, aber das packst du schon! Nicht gerade beruhigt wich ich noch ein Stück zurück: „Du kannst mir ruhig glauben. Ich hatte Todesangst und dachte mein letztes Stündlein hat geschlagen. Diese toten, dennoch berechnenden schwarzen Augen...“. Bei der Erinnerung daran schüttelte ich mich unbehaglich. Als er dies hörte, zeichnete entsetztes Begreifen seine Züge: „Schwarze Augen? Oh nein! Das darf nicht sein!“.
Er setzte sich nun ebenfalls auf und fuhr sich verstört durch die Haare. Dann streifte sein verzweifelter Blick mein angstvolles Gesicht und er erklärte: „Das war nicht das erste Mal. Und wir haben keine Ahnung woher das kommt.“






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