Das Ende des Schweigens

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 29.04.2011


Hey! Ich hab hier mal eine neue Geschichte. Die habe ich schon etwas länger geschrieben, also ist eine meiner ersten...glaub ich.
Hoffe sie gefällt euch. Kommis und Kritik bitte
LG Anna ;)
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Sie rannte, ohne sich umzuschauen. Weiter, weiter, immer weiter!
Atmen. Rennen. Atmen. Rennen. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Nicht schlapp machen, Kiara!, mahnte sie sich selbst. Wenn du jetzt schlapp machst, bist du erledigt, du dumme Kuh. Doch bei dem Klang seiner Stimme erschrak sie so sehr, dass sie kurz strauchelte. Er war zu nah hinter ihr!
„Bleib stehen, oder ich bring dich um, du Schlampe!“
Sie rannte schneller. Die Gasse, die jetzt in der Nacht noch düsterer wirkte als sonst, empfing sie mit einladender Dunkelheit. Komm, schien sie ihr zuzurufen. Versteck dich bei mir, wo er dich nicht findet.
Niemand war hier um ihr zu helfen. Natürlich nicht. Es war mitten in der Nacht und hier lebte sowieso keiner.
Kiara schaute sich gehetzt um. Dort! Sie lief in eine winzige und enge Nebengasse. Verwirrung, das war jetzt das Beste. Er war vielleicht ein guter Sprinter, doch auf Langstrecken blieb sie ungeschlagen. Es stank in der Nebenstraße. Nach Kot, nach Abfall, nach Tod. Doch das nahm Kiara nicht wahr. Sie wollte nur weg von ihm, diesem Monster, das sie so gequält hatte. Sie schaute sich um. Er war nicht besonders nah hinter ihr, doch auch nicht weit genug, als das sie eine Ruhepause hätte einlegen können. Kiara keuchte. Lange hielt sie das nicht mehr aus. Und zu allem Übel stand sie vor einer Sackgasse. Nach links kein Weg, nach rechts kein Weg und geradeaus grinste sie eine solide Mauer an. Sie musste sich verstecken. Da sah sie den großen Müllcontainer, der in der rechten Ecke der Sackgasse stand. Kiara hörte ihn keuchen. Er kam immer näher. Sie musste sich entscheiden.
Entschlossen rannte sie zu dem Container und erst jetzt sah sie die Buchstaben, die in verblichener schwarzer Schrift auf die Frontseite geschrieben waren. Biomüll. Sie schauderte, doch ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Sie stemmte ihren dünnen, athletischen Körper an dem Rand des Containers hoch und lies sich langsam hineingleiten. Sie zog den Deckel zu und kauerte sich in die Ecke. Das erste, was sie empfand, war Ekel.
Es stank fürchterlich, obwohl der Container nur zur Hälfte voll war. Sie hielt sich die Nase zu, atmete durch den Mund, doch der Gestank kroch ihr in die Kleidung und setzte sich dort fest.
Draußen standen extrem viele Mülltonnen herum. Er konnte nicht alle durchsuchen. Doch Kiara erstarrte, als sie seine Stimme hörte, gedämpft durch den Müll und die dünne Metallwand zwischen ihnen.
„Komm schon Kiara, ich will doch nur mit dir reden.“ Aha, er versuchte es auf die nette Tour, die Komm-raus-und-du-kriegst-auch-einen-Bonbon-Tour. Für wie blöd hält er sie eigentlich?
Sie hörte ihn draußen herumlaufen. Unruhig, von Aggressivität geladen. Doch er konnte sich beherrschen. Kiara schaute ihre Arme an. Schrammen, Blutergüsse, blaue Flecken. Das kam dabei raus, wenn man sich mit einem Mann wie Jack einließ. Jahrelange Folter, Drohungen, Schläge. Ja, Drohungen. „Ich bring dich um“ war die beliebteste. Doch die Drohungen in ihrer schwangeren Zeit waren die schlimmsten. „Wenn du mir nicht gehorchst, bring ich dein Kind um!“ Und fast hätte er es auch getan. Einmal, als er sein weißes Hemd zur Wäsche gegeben hatte. Kiara war dabei, den Küchenboden zu schrubben und vergaß das Hemd. Als er es anziehen wollte- zu einer „wichtigen“ Besprechung- waren da immer noch die Flecken vom Tag zuvor. Kiara erschauderte, und nicht nur wegen seiner Stimme, die nunmehr immer näher kam.
Wie hatte er sie an diesem Tag verprügelt! Wie hatte er auf ihr Gesicht und auf ihren schwangeren Bauch eingeschlagen. Fast hätte er das Kind umgebracht. Das hätte er wohl getan, doch die Türklingel hielt ihn davon ab, sie weiter zu malträtieren. Kiara dankte heute immer noch dem Postboten. Er hatte ihr wahrscheinlich das Leben gerettet.
„Du hättest mich nicht verlassen sollen“, hörte sie Jack ruhig sagen. Zu ruhig. Das zeigte die wachsende Wut in ihm. „Das macht keiner mit Jack Collister! Schon mal gar nicht eine kleine Schlampe wie du!“ Jetzt war es mit der Ruhe vorbei. Jack konnte seine Wut nicht mehr verbergen. Manchmal nannte Kiara ihn „Jack the Ripper“. Der Name passte zu ihm.
Kiara befühlte ihren flachen Bauch. Fast hätte sie Amy-Jane verloren.
Sie war so ein reizendes kleines Ding. Und Kiara schwor sich seit dem Tag, an dem sie ihre Tochter fast verloren hätte, ihn dafür zu bestrafen.
Plötzlich erstarrte sie und riss die Augen weit auf. Jack hatte begonnen, die Mülltonnen umzuwerfen. In ihnen herumzuwühlen. Nach ihr zu suchen.
„Ich finde dich schon!“, sagte er mit wilder Entschlossenheit. Kiara wusste nicht, was sie machen sollte. Er würde auch zu ihrem Container kommen, keine Frage. Adrenalin jagte durch ihre Adern und sie war sich sicher, dass sie ohne es umkippen würde.
In einem Anflug von Verzweiflung riss Kiara Collister den Deckel auf und sprang auf den Müllcontainer. Die klare, kalte Nachtluft schlug ihr entgegen. Kiara holte tief Luft. Sie war so rein.
Jack war in seiner Bewegung erstarrt. Er hatte einen Mülltonnendeckel in der Hand und starrte sie an. Gott, wie dämlich er aussah. Kiara genoss diesen Augenblick. So sehr hatte sie ihn noch nie gehasst. Die Abscheu, die sie in diesem Moment für ihn empfand, war grenzenlos und nicht in Worte zu fassen.
Doch Jack erlangte seine Fassung schnell wieder. Er lies den Deckel fallen und kam mit großen Schritten auf den Container zu. Kiara schaute nach hinten. Für einen untrainierten Menschen war es fast unmöglich, die hohe Mauerkante zu erreichen, doch Kiara war kein untrainierter Mensch. Im Gegenteil zu Jack.
„Jetzt hab ich dich!“, sagte Jack leise und grinste. Ein hässliches, teuflisches Grinsen, vor dem Kiara unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Jack machte sich daran, den Container hochzuklettern. Etwas schwerfällig. Kiara bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick. Er war ganz schön fett geworden. Kein Wunder, während sie sich im Haushalt abgemüht hatte, lief bei ihm auf dem Sofa nur der Fernseher. Mit einer großen Portion Bakes Lays, die fettigste aller Chipssorten.
Kiara setzte gerade zum Sprung an, als ein höllischer Schmerz durch ihr Bein jagte. Sie schaute nach unten. Jack krallte sich mit aller Kraft in ihrer Wade fest. Jack the Ripper, der Frauenmörder. Kiara schrie kurz und gequält auf, was Jack ein genugtuerisches Grinsen entlockte. Das war ein Fehler, denn die gesamte Wut aus elf marternden Ehejahren staute sich jetzt in Kiara.
Sie legte den ganzen Hass, die ganze Abscheu in einen gezielten Tritt.
Ihr Fuß traf ihn an der Schulter und von der Wucht des Tritts wurde Jack nach hinten geschleudert. In seinen aufgerissenen Augen lag Verwunderung, Überraschung. Hatte diese kleine Hure ihn tatsächlich getreten? Hatte sie es wirklich gewagt?
Kiara sah ihr Bein an. Jacks Fingernägel hatten Spuren hinterlassen. Dort, wo die halbmondförmigen Einkerbungen waren, hatten sich kleine Blutergüsse gebildet. Es tat unheimlich weh, doch Kiara biss die Zähne zusammen. Wenn er sie jetzt nach diesem Tritt in die Finger bekam, würde er noch ganz andere Sachen mit ihr anstellen.
Sie ging einen Schritt zurück und in die Knie. Dann warf sie die Arme in die Höhe und stieß sich vom Container ab.

Hoffe der Anfang hat euch gefallen :)






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