Das Ende des Schweigens - Teil 5

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 11.05.2011


Und wieder ein etwas längerer Teil :) Hoffe er gefällt euch.
LG

„Willst du denn nicht die Polizei verständigen?“
Sie saßen in der Küche. Kiara war völlig ausgehungert. Ihre Mutter war schon immer eine wahnsinnig gute Köchin. Sie stand gerade am Herd und kochte ihr etwas. Kiara seufzte. Mrs. Anderson war immer so beeindruckt von Jack gewesen. Sie wollte es nicht wahrhaben, dass er zu so etwas fähig war.
„Kiara? Ich habe gefragt, ob du nicht lieber die Polizei verständigen willst.“
Ihr Vater sah sie ungeduldig an. Sie schüttelte den Kopf.
„Nein“, sagte sie kalt. „Das ist eine Sache zwischen mir und Jack.“
Doch ihr Vater ließ nicht locker. „Aber er ist gefährlich, Liebes, dass hast du doch schon gemerkt.“ Er griff energisch nach ihrer Hand und umklammerte sie.
„Ich will Amy-Jane zurück, Dad!“, entgegnete sie ebenso energisch.
„Und das mache ich allein.“
Ihre Mutter stellte ihr Rühreier mit Speck hin. Kiaras Magen knurrte bei dem Anblick und in fünf Minuten war der Teller leer.
„Danke, Mom.“
Sie wandte sich an ihren Vater. „Ich brauche eure Hilfe“, sagte sie eindringlich. „Ihr müsst bei uns zuhause anrufen und euch völlig ahnungslos stellen…“
„Warum?“, unterbrach sie ihre Mutter.
„Ihr müsst Jack fragen, wo Amy-Jane ist. Ganz besorgte-Großeltern-like. Aber fragt ihn nicht, ob ihr sie holen dürft. Ich will nur wissen, wo sie ist.“
Ihr Vater runzelte die Stirn. „Und was ist, wenn er nach dir fragt?“
Kiara zuckte die Schultern. „Ganz einfach. Ihr seit total besorgt und wisst gar nichts davon.“ Mr. Anderson nickte zustimmend.
Ihre Mutter stellte eine Schüssel auf den Tisch. Kiara schaute hinein und erschrak. Es waren Baked Lays, die Chips, die Jack immer gegessen hatte.
Sie wich zurück. „Mom, bitte nimm das weg. Allein vom Geruch wird mir übel.“
Ihre Mutter schaute sie verständnislos an, nahm aber die Schüssel vom Tisch. Kiara sah angewidert aus.
„Die isst Jack immer stundenlang vor dem Fernseher“, sagte sie als Erklärung. Danach war das Thema für sie beendet.
Ihr Vater sah sie an.
„Also gut. Wann sollen wir anrufen?“
Kiara gähnte. „Nicht heute. Morgen früh. Dann ist er meistens da, so wie jeden Samstag.“
Er nickte. „Du brauchst Schlaf“, stellte er fest. Ihre Mutter legte den Arm um sie. „Komm, Schatz. Ich mach dir das Gästezimmer fertig.“

„Ich kann das einfach nicht glauben, George!“
Evelyn Anderson lief im Schlafzimmer vor ihrem Mann auf und ab. Die eine Hand in die Hüfte gestemmt, die andere in der Luft wild gestikulierend, gab sie ein gestresstes und überbelastetes Bild ab.
George Anderson saß auf dem Bett, die Hände nervös gefaltet.
„Ich auch nicht, Evelyn“, flüsterte er. „Ich auch nicht.“ Er sah zu ihr auf. Sie sah schrecklich aus, übermüdet und gestresst. Ihr stiegen Tränen in die Augen. „Ich verstehe einfach nicht, wie so etwas passieren konnte…er war doch immer so-“
„Ich weiß!“, unterbrach ihr Mann sie barsch. Sie setzte sich zu ihm aufs Bett.
„Es ist so…schrecklich, Evelyn.“ Mr. Andersons Stimme war kaum mehr als ein Hauchen.
Seine Frau legte ihm einen Arm um die Schulter.
„Wir schaffen das schon. Kiara ist eine kluge Frau.“
Jetzt brach George Anderson in Tränen aus. Er umarmte Evelyn.
„Mein armes Mädchen“, schluchzte er. „Mein armes, kleines Mädchen.“

Kiara stand auf. Sie fühlte sich wie gerädert. Ihr Kopf schmerzte und sie war völlig verschwitzt. Ein Alptraum. Umso besser tat ihr die heiße Dusche. Sie fönte ihr Haar, welches ihr beinahe bis zum Steißbein reichte und ging in die Küche.
Ihre Eltern saßen bereits am Tisch und tranken Kaffee. Sie sahen so aus, als litten sie mehr als Kiara.
„Fertig“, sagte sie. Ihre Mutter hob den Kopf und versuchte zu lächeln. Ein Versuch, der scheiterte.
„Morgen, Schatz.“
Kiara nickte. „Ist Onkel Jacob noch nicht auf?“
„Nein, leider nicht.“
Kiara trat aus der Küche. „Kommt“, sagte sie.

„Bitte beherrscht euch. Versucht, so normal und alltäglich wie möglich zu wirken.“ Kiara griff nervös nach dem Telefon und wählte die Nummer. Dann drückte sie den Hörer ihrem Vater in die Hand und drückte auf die Lautsprechertaste.
Nach dem zweiten Piepton nahm er ab. Beim Klang seiner Stimme lief Kiara ein eiskalter Schauer über den Rücken.
„Jack Collister.“
Ihr Vater räusperte sich und sah sie unsicher an. Kiara schaute scharf zurück. Mach schon, sagte sie lautlos.
„Hallo?“
„Ähm…hallo Jacky“, sagte ihr Vater mit überschwänglicher Freude.
„Wie geht’s dir?“
Ein Moment Stille. Dann seine unsichere Stimme. „Ganz…gut soweit.“
„Das ist schön, ja.“ Kiara sah, wie sehr sich ihr Vater beherrschen musste, um ihren Mann nicht anzuschreien.
„Und? Was macht ihr so, du und Kiara?“ Wieder Stille. Kiara fürchtete schon, er würde etwas gemerkt haben, doch schließlich antwortete er: „Sie ist weggelaufen, George.“ So gleichgültig, so eiskalt.
Ihr Vater schnappte demonstrativ nach Luft.
„Wie bitte? Was sagst du da? Sie ist…weggelaufen?“
Jack räusperte sich. „Ja, sie hat einen anderen kennengelernt und jetzt ist sie einfach abgehauen.“
Kiara zog einen Mundwinkel nach unten. Jack, Jack, du warst schon immer ein schlechter Lügner, dachte sie.
Doch George Anderson spielte seine Rolle gut. Er schnappte erneut nach Luft.
„Was?“, rief er empört. „Das ist doch nicht die Möglichkeit!“
„Doch, leider ist es so, George.“ Täuschte sie sich, oder versuchte Jack gerade, Bedauern oder gar Trauer vorzutäuschen? Sie schüttelte den Kopf. So ein Arschloch.
„Ist…ist Amy-Jane bei dir oder hat Kiara sie mitgenommen?“ George Anderson schaffte es gut, das Entsetzen und die Abscheu in seinen Worten zur Geltung zu bringen.
Jack antwortete sofort. „Nein, sie hat sie mitgenommen.“
Bevor George antworten konnte, hörte man ein Poltern im Hintergrund und dann ein „Scheiße“ von Jack.
„Jack, was…was ist denn?“, fragte Kiaras Vater.
Kurze Pause. Dann hörte Kiara etwas, was ihr einen warmen, und gleichzeitig einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
Eine Stimme. Nein, eine Kinderstimme. Amy-Jane! Kiara musste die Hand vor den Mund nehmen um nicht loszuschreien.
Die Stimme war nur gedämpft im Hintergrund zu hören, doch bei dem ersten empörten „Daddy“ war sich Kiara ganz sicher. Das war ihre kleine Amy-Jane!
„Tut mir leid George, ich muss auflegen. Ich habe jetzt…Training! Ciao“
Er hatte aufgelegt. Mr. Anderson lies langsam den Hörer sinken und sah seine Tochter und dann seine Frau an.
„Er hat gelogen“, stieß Evelyn hervor.
Kiara ballte die Hand zur Faust. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie ihre Tochter so schnell wie möglich von Jack wegholen musste. Er würde sie mit Amy-Jane erpressen wollen. Irgendwann. Doch sie musste schneller sein.
Kiara stützte sich auf den Tisch. „Verdammter Schweinehund“, keuchte sie.
„Ich benachrichtige die Polizei“, sagte ihr Vater.
„Nein! Er darf nicht erfahren, dass wir davon wissen!“
Sie schlug mit der Faust auf den Tisch.
Ihre Augen verengten sich. „Das ist eine Sache zwischen mir und Jack.“

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