Leben ist ein Luxus, aber Lieben ist ein Genuss - Teil 10

Autor: Noa
veröffentlicht am: 22.03.2011


Kapitel 10 – Angst

Ein grelles und stechendes Licht durchdrang meine Augen und ich kniff sie zusammen.
„Macht es doch mal aus!“, rief eine bekannte Stimme gereizt. Da wurde es dunkler um mich herum und jemand nahm meine Hand. Zuerst war alles nur verschwommen und ich musste genau hinschauen, wenn ich eine Person erkennen wollte. An meinem Kopf war ein Verband und ich setzte mich auf. Ein junger gutaussehender Kerl mit braunen Haaren, die ihm bis zur Stirn gingen und mit braunen Augen starrte mich erwartungsvoll an. Jemand hielt eine Taschenlampe vor mich und ich zuckte kurz.
„Augenreflex ist ok. Frau Schnatz sie werden gleich ihr Essen bekommen. Nach drei Tagen Schlaf haben sie bestimmt einen wahnsinnigen Hunger.“, freute sich der Arzt und ging wieder aus dem Zimmer. Jetzt sah ich wieder alles klar und schaute den mit merkwürdigen Jungen an. Kannte ich ihn?
„Hey Süße, wie geht´s dir?“, fragte er besorgt.
„Es tut mir leid, aber haben wir uns denn schon in irgendeiner Art getroffen?“, fragte ich verwirrt.
„Ja. Ich bin´s, Roxas.“
Leider klingelte nichts bei mir. Der Name kam mir schon sehr bekannt vor und mein Herz schlug schneller, als ich ihn in meinem Gedächtnis aussprach, aber erinnern tat ich mich nicht. Verwirrt zog ich meine Hand weg und räusperte mich.
„Sie haben aber einen eigenartigen Namen.“, gab ich zu.
„Was? Das verstehe ich nicht. Erinnerst du dich nicht an mich?“, fragte er verzweifelt. Ich schüttelte den Kopf und er ging aus dem Zimmer. Nach ein paar Sekunden tauchte wieder der Arzt auf und setzte sich vor mich.
„Es könnte sein, das der Aufprall bei ihr ein Gedächtnisverlust hervorgerufen hat, aber das müsste sich legen. Am schnellsten geht es, wenn sie ihr Bilder oder Wörter sagen an die sie sich erinnert.“
„Gedächtnisverlust? Was ist passiert eigentlich? Wo sind meine Eltern und wo bin ich zum Teufel?“, regte ich mich panisch auf.
„Das kann ihnen der Junge erzählen, Frau Schnatz.“, sagte er und verließ erneut das Zimmer.
„Du hattest einen Unfall gehabt. Wir sind von einer Explosion erwischt worden und du bist gegen einen Stein geknallt. Deswegen auch die Kopfwunde.“, erklärte er mir.
„Das ist mir zu viel. Ich kenne dich nicht und es ist wirklich nett, das du hier bist, aber am liebsten möchte ich meine Eltern jetzt sehen.“
„Sie werden auch noch kommen. Immerhin sind sie von Saarbrücken hierhergekommen.“
„Was? Wo bin ich?“, rief ich panisch und wollte schon aus dem Bett springen.
„Beruhige dich. Ich versichere dir, das du mir vertrauen kannst, auch wenn du dich nicht an mich erinnerst. Du befindest dich in der Klinik in Koblenz.“
Koblenz? Wie bin ich denn dahin geraten? Ich weiß nur das meine Oma bald Geburtstag hatte und wir zu ihr hingehen wollten. Das letzte an was ich mich erinnere, war das meine Mom mich von der Schule abholte und mir Josy eine SMS schrieb. Wie viel hatte ich denn wirklich vergessen?
„Ok, wenn ich dir vertrauen kann, was für eine Art von Beziehung hatten wir zueinander?“, fragte ich.
Er senkte kurz den Kopf und durchfuhr seine Haare. Bevor er was sagen wollte, platzte ein schlankes Mädchen mit blonden Haaren herein und schrie völlig glücklich auf.
„Jessy!“, rief sie laut und hinter ihr folgten einige andere unbekannte Leute. Das Mädchen hatte einen bemalten großen Luftballon in der Hand und stürzte sich auf mich. Sie umarmte mich fest und irgendwo hatte ich sie schon mal im Arm gehabt. Ihr Name lag mir förmlich auf der Zunge. Die anderen umkreisten mich und hatten Blumensträuße und Schokolade in der Hand. Sie lächelten mich alle erleichtert an.
„Es tut mir leid, Mädchen, aber ich kenne dich nicht. Der Arzt meinte ich hätte einen Gedächtnisverlust, der aber wieder zurückkehren wird.“, entschuldigte ich mich. Trotzdem wandten sich meine Augen von der Person nicht ab. Sie schaute mich verblüfft an.
„Dein Gedächtnis? Das ist ja furchtbar.“, erschrak sie. Ich dachte genauer nach und dann erschienen verschwommene Bilder vor meinen Augen.
„Dein Name lautet Phe…nein…Fu…auch nicht…warte…PHOEBE!“, platzte es aus mir heraus. Sie klatschte erfreut in die Hände und jubelte laut.
„Du erinnerst dich an mich!“, rief sie.
Doch es kam einige Teile wieder zurück. Phoebe hatte einen ganz engen Draht zu diesem Roxas und sie log mich einmal an. Außerdem war sie auch mit mir in Koblenz shoppen. Aber wieso ich hier geblieben bin, war mir ein Rätsel.
Später bedankte ich mich für die netten Souvenirs und versuchte mich an jeden einzelnen zu erinnern. Mir kamen Jennifer und Vanessa wieder in den Sinn und die Namen der anderen beiden Jungs. Sogar Mike erkannte ich wieder und er hatte auch etwas damit zu tun, das ich hier in Koblenz war. Aber an Roxas erinnerte ich mich nicht. Wieso nur? Er war der einzige der alles in mir weckte und doch wusste ich nicht wer er war.
„Das verstehe ich einfach nicht. Gerade an Roxas müsstest du dich erinnern können.“, meinte Phoebe.
„War er mir so wichtig?“, fragte ich unwissend.
„Ja, sehr sogar. Weißt du, du uns Roxas, ihr wart…“
Er stand auf und ging mit gesenktem Kopf aus dem Zimmer. „Oh nein,…“, murmelte Phoebe und rannte ihm nach. Die anderen verabschiedeten sich von mir und verließen ebenfalls das Zimmer. Meine Gefühle sagten mir das er mir sehr wichtig war, aber trotzdem konnte ich mich an kein Erlebnis oder Erinnerung erinnern. Es war einfach nur noch Schwarz. Er tat mir furchtbar leid und ich hasste mich selbst dafür auf den Kopf gefallen zu sein. Roxas kehrte nicht wieder, nur Phoebe mit einem traurigen Blick.
„Er meinte, er bräuchte noch ein bisschen Zeit für sich.“, erklärte sie mir uns setzte sich zu mir auf den Stuhl.
„Phoebe, ich würde mich ja gerne erinnern, aber ich weiß wirklich nichts. Aber sagt doch, wer ist Roxas?“
„An dem Tag, als deine Oma Geburtstag hatte, lud sie ihn ein, weil Roxas ihr einmal geholfen hatte und seitdem mochte sie ihn. Jedenfalls lerntest du ihn ab da kennen. Du halfst ihm bei einer Wette auf einem Ball. Erinnerst du dich wirklich nicht?“
Ich schüttelte traurig den Kopf.
„Er war Tag und Nacht hier. Er ging nur weg, wenn er etwas Essen oder Trinken musste. Er fragte sogar den Arzt, ob er das Krankenbett neben dir haben könnte, um dort schlafen zu können. Er gab sich die Schuld an dem Unfall. Das hatte ihn völlig fertig gemacht und jetzt da du dich nicht an ihn erinnern kannst, ist er innerlich zusammengebrochen.“
Ich war völlig schockiert. Kann es denn sein, das Roxas mein Freund war? Niemand würde sonst die ganze Zeit bei mir bleiben. Ich hätte nie geglaubt, dass ich so eine Person überhaupt verdient hätte.
„Tag und Nacht?“
„Ja. Sogar wenn du auch nur die kleinste Bewegung von dir gegeben hast, stand er neben dir. Er ist dein fester Freund, Jessy.“
Mir stockte der Atem. In diesen wunderschönen jungen Kerl hatte ich mich verliebt? Jetzt war mir erst bewusst was für ein Glück ich bekommen hatte. Trotzdem glaubte ich, dass er mich nicht verdient hätte. Weiß er denn auch schon viel über mich? Auch über meinen letzten Exfreund? Was musste ich ihm schon alles erzählt haben?
„Phoebe, wie lange sind wir denn schon zusammen?“, fragte ich unsicher.
„Fast drei Wochen.“, sagte sie und bemerkte wie kurz die Zeit gewesen war. „Ich hatte ihn seit langem nicht mehr so glücklich gesehen.“
Plötzlich brach in mir eine Trauer aus. Roxas tat mir leid und ich hasste es das mein Gedächtnis verschwunden war. Er litt nun darunter, er liebte mich und ich konnte mich nicht an ihn erinnern. Das war selbst für jemanden - auch wenn er ein fremder Mensch für mich war - frustrierend.
„Ich werde dich kurz allein lassen. Deine Eltern werden jeden Augenblick hier sein.“, sagte sie und verschwand auch aus dem Zimmer. Mich machte es so sauer, das mein Gedächtnis verloren ging.
Später kamen meine Eltern und meine Oma, aber ich konnte es nicht vergessen, allein schon die Vorstellung, das Roxas sehr frustriert war. Wieso konnte ich mich ausgerechnet an den wichtigsten Menschen in meinem Leben nicht erinnern.
„Schatz, wir möchten dass du wieder nach Hause kommst. Deine Oma hat uns von diesem Jacque erzählt und er wurde angezeigt. Etwas weiter des Tatorts hatten sie ihn aufgegriffen. Es war noch ein Junge dabei und er wurde ebenfalls festgenommen, wegen Beihilfe.“, sagte meine Mutter und nahm die Hand meines Vaters.
„Ihr könnt mich nicht nach Hause schicken. Es gibt da jemanden an den ich mich wieder erinnern möchte. Es ist zu wichtig.“, entgegnete ich ihnen.
Sie nickten nur leicht, jedoch hatte mein Vater fiel zu sehr Angst, dass ich wieder entführt werden könnte.
„Nein! Du wirst mit uns kommen.“, rief er streng.
„Du kannst mich nicht zwingen.“
„Verdammt noch mal, Robert. Lass das Kind entscheiden. Sie liegt im Krankenhaus und wir wollen nur das Beste für sie.“, schrie meine Mutter aufgewühlt. Jedoch kam es zum heftigen Streit, erneut.
„Das Beste? Ich gebe ihr das Beste, aber zu Hause in Saarbrücken. Was willst du denn mit ihr hier? Du siehst ja was passiert ist.“
„Ja das sehe ich. Aber denkst du im ernst, das es ihr besser gehen wird, wenn wir wieder in Saarbrücken sind? Sie wird sich eines Tages an den Jungen erinnern können und Liebeskummer haben. Dann hast du sie unglücklich gemacht!“
„Ja, unsere Tochter ist in diesem Moment unglücklich. Sie hatte nämlich ihr Gedächtnis verloren und kann sich nur an die letzten Wochen nicht erinnern.“, brüllte er.
Die Zwei waren so sehr darin verwickelt sich gegenseitig die Meinung zu geigen, dass durch die Lautstärke mein Gehör beansprucht worden war. Etwas drückte von innen an meine Schädeldecke und ich bekam enorme Kopfschmerzen. Ich stieß einen lauten Schrei aus und hielt mir die Ohren zu. Sofort wurde es still und jeder sah mich schockiert an. Mein Vater und meine Mutter gerieten völlig in Panik und riefen sofort den Arzt. Er kam mit einer Krankenschwester angelaufen und prüfte alles an mir. Der Schmerz ließ nach, als es still war.
„Ich bitte Sie, die Ruhe zu bewahren. Da ihr Gehirn schwer geschädigt worden war, müssen wir ihr vier Tage völlige Ruhe gönnen.“, bat er mit gereizter Stimme meine Eltern. Sie nickten beschämt und setzen sich dann schweigend neben mich.
„Es tut mir leid, Jessy. Das war verantwortungslos.“, sagte mein Vater betroffen und ich legte meine Hand auf seine.
„Ich weiß ihr meint es nur gut, aber ihr dürft mich nicht von hier wegholen.“, bat ich sie und mein Vater stimmte ohne zu zögern zu. Er war nun ein wenig frustriert, weil er durch seine Verantwortungslosigkeit mir geschadet hatte. Nach einer Stunde verließen meine Eltern und Brigitta das Zimmer. Roxas tauchte auf und ich war froh ihn zu sehen.
„Roxas!“, rief ich mit einem beschämten Lächeln.
Er schaute mich an, als wäre etwas Unerwartetes passiert, aber ich versicherte ihm gleich, dass mein Gedächtnis immer noch nicht zurückgekehrt sei. Er setzte sich seufzend neben mich und auch wenn meine Erinnerungen an ihn nicht da waren, wollte ich unbedingt seine Hand halten. Ich führte sie langsam zu ihm und er drückte sie feste.
„Alle meine Gefühle für dich sind da, das spüre ich ganz deutlich, aber das Wichtigste fehlt mir einfach, die Erinnerungen. Wie sehr ich auch es nur versuche mich an dich zu erinnern, ich schaffe es einfach nicht. Vorhin hatte ich Migräne deswegen und…“, er unterbrach mich und stand besorgt auf. „Hör bitte auf damit! Mir ist es lieber das ich einige Wochen warte bis dein Gedächtnis wieder zurückgekehrt ist, als das du dir den Kopf darüber zerbrichst.“ Er setzte sich auf das Bett und nahm mich fest in den Arm. Ganz vorsichtig strich er mir über mein Verband und seufzte erschöpft.
„Kann ich dich etwas fragen?“, sagte er.
„Sicher.“
„Darf ich dich küssen?“
Etwas schockiert löste ich mich von ihm und mein Herz fing an zu pochen.
„Wir sind doch zusammen, oder?“, grinste ich und er berührte meine Lippen. Doch dann tauchten in rasender Geschwindigkeit Bilder in meinem Gedächtnis auf und ich spürte einen unerträglichen Schmerz im Kopf. Ich schrie wie am Spieß und krallte mich an der Matratze fest. Roxas wollte einen Arzt sofort rufen, aber der hörte schon meine Schreie von draußen. Es half alles nichts, der Schmerz und die Bilder verschwanden nicht. Der Arzt musste zum letzten Mittel greifen.






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