Blood and Shadows - Teil 8

Autor: julia
veröffentlicht am: 17.12.2012


Durch den langsam aufziehenden Nebel der einsetzenden Dämmerung konnte Shawn bereits den hohen schlichten Torbogen der Stadt Rodon erblicken. Noch eine Stunde und die Torwachen würden die letzten Bewohner mit Rufen darauf aufmerksam machen, dass Schließstunde war. Mit einem raschen Blick auf seinen Begleiter versicherte der Söldner sich, dass sein Begleiter noch im Sattel saß. Der Anblick Alex bestätigte seine Sorge nur. Der Junge saß verkrampft, mit kerzengeradem Kreuz auf seinem prächtigen Reittier. Die Hände kraftlos in die Zügel geschlungen und die mittlerweile glanzlosen Augen, die in einem nun mehr bleichen, eingefallenen Gesicht lagen, stur geradeaus gerichtet im Sattel. Wenn man den Kleinen sah, könnte man meinen, er hätte gerade einen tagelangen Höllenritt hinter sich. Im Grunde genommen hatte er das auch irgendwie. Die angeschnittene Wandlung Alex musste ihm alle Kräfte und wie Shawn auch schien, jegliche Selbstachtung geraubt haben. Warum genau das so war, wusste er jedoch selbst nicht. Es schien als wäre der Dämon von sich selbst enttäuscht und das das letzte Stück des Weges in diesem Zustand sollte eine reine Bestrafung für ihn selbst darstellen. Ein leiser Stich machte sich in Shawn Brust bemerkbar. Alex tat ihm nicht nur leid, nein, wurde ihm schlagartig bewusst, er verspürte dessen Schmerz als seinen eigenen! Verrückt! Im selben Moment nahm er eine schnelle Bewegung aus seinem Augenwinkel wahr. Alex schnallte sich sein schlankes Schwert auf den Rücken und zog sich die Kapuze seines schwarzen, langen Umhanges tiefer ins Gesicht. Er musste seinen Blick auf sich gespürt haben, denn er hob das fein geschnittene Gesicht an und begegnete dem seinen aus dunklen, brutalen Augen. „Starr mich nicht so an. Das ist zu auffällig.“, knurrte er guttural. Mit einem Mal wurde dem Söldner bewusst, was Baltazar mit furchteinflößend gemeint hatte. Das musste der Dämon in dem Jungen sein, der durchschien. Statt einer Antwort, steckte Shawn seine rechte Hand in eine seiner kleineren Gepäcktaschen. „Ich denke…“, er zog sie wieder hervor und strich Alex damit vorsichtig, beinahe zärtlich über die Wangen, die Stirn und die Nase. „…das wird dir besser helfen, als jede noch so große Umhang.“ Als er den irritierten Gesichtsausdruck seines Gegenübers bemerkte, grinste er nur und hielt seine Hand hoch. Sie war grau-schwarz. Ruß. Vorsichtig strich sich der Dämon mit Zeige – und Mittelfinger über seinen Wangenknochen und betrachtete seine nun dunklen Finger. Als ihm der Junge wieder in die Augen sah, lag etwas Weiches in seinem Blick und in seinen Zügen. Beinahe so etwas wie der Hauch eines Lächelns huschte über dessen Züge. Überrascht erwiderte er dies mit einem gutmütigen Schmunzeln. Schnell wandte Alex den Kopf ab und die gewohnte Strenge und Ernsthaftigkeit kehrte in seine Züge zurück.

„Hoh! Wer da?!“, schallte ihnen die deutlich vernehmbare, vom vielen rufen, raue Stimme eines der beiden Wächters entgegen. Alex warf ihm einen stummen Blick zu und Shawn rief: „ Nur zwei Reisende, guter Mann.“ Als sie näher kamen, musterte der größere der Beiden sie genau. Bei Alex rußigem Gesicht blieb er hängen. „Weshalb ist der Junge so schmutzig?“, hakte der Wächter misstrauisch nach. Grinsend beugte sich Shawn vertraulich vor und kicherte leise. „ Der kleine Tollpatsch hat seinem Pferd dermaßen die Sporen gegeben, dass das feine Tier sich aufgebäumt und ihn im Straßenstaub landen ließ. Naja…“, kopfschüttelnd zuckte Shawn die Schultern, „…aber was soll man machen. Er hat eben noch nicht das richtige Gefühl für Reittiere. Hoffen wir das es sich entwickelt!“ Mit deutlich vernehmbarem Tadel in der Stimme antwortete, der Andere an Alex gewandt: „Kleiner, wenn ich du wäre, würde ich dieses schöne Tier, das du da hast, nicht so quälen. Immerhin trägt es dich Meilenweit auf seinem edlen Rücken. Lern dem Pferd Respekt entgegen zu bringen und es wird dir denselben Gefallen tun.“ Shawn konnte sich geradeso noch ein Auflachen verkneifen und zwang sich ernst zu der Predigt des Torhüters zu nicken. Er konnte regelrecht sehen, wie es hinter der sorgsam hochgezogenen Fassade eines braven, nicht gerade hellen jungen Burschen brodelte. Endlich ließ der sich recht väterlich gebärdende Mann sie endlich passieren. Kaum waren sie außer Hör- und Sichtweite der Wärter, fuhr Alex auch schon herum und knurrte: „Vom Pferd gefallen? Gibt es denn eine noch dämlichere Ausrede?!“ Laut lachend warf der Angesprochene den Kopf in den Nacken und ignorierte die Feindseligkeit in dem Satz einfach. Nach bereits wenigen Minuten, hatte sich Shawn wieder gefangen und kicherte nur leise. „Naja, ich hätte natürlich auch sagen können, dass du dich vergessen hast zu waschen.“ „Du….Du…Idiot!! „, fauchte der junge Dämon und blitzte ihn mit regelrecht Funken sprühenden blauen Augen an. Sofort hatte Shawn Mühe nicht nochmals von Lachern durchgeschüttelt zu werden. Er musste ehrlich zugeben, dass er dieses kindliche Geplänkel mit Alex genoss. Es schien ihm, als würde sich sein Mitreisender in solchen Situationen unbewusst endlich seinem Alter entsprechend benehmen. Den Rest der Reise hatte der Junge sich verhalten, wie ein General, dem die Verantwortung für seine Soldaten auf den Schultern lastete und sich deshalb ständig unter Kontrolle haben musste. Ja, genau so erschien ihm sein Gegenüber. Alex schien bemerkt zu haben, dass er nicht wirklich ernst genommen wurde und kehrte zu seiner gewohnten Steife zurück. Auch wenn er die Zügel seines Tieres in verkrampften Fäusten hielt. Im selben Moment erblicken sie zeitgleich, das Schild der hiesigen Taverne und machten Halt. „Du kannst vorausgehen und dich ausruhen. Du brauchst dich nicht länger zu plagen.“, bot Shawn Alex an. Dieser zuckte kurz, wie unter einem überraschendem Schlag zusammen und meinte daraufhin nur mit eisiger Stimme: „Wag es ja nicht mich als schwach zu bezeichnen.“ Erstaunt über diese Reaktion wandte er sich zu Alex und legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Es lag mir niemals ferner dich als mir untergeordnet oder als schwächlich anzusehen! Im Gegenteil. Da ich weiß, wie kräftezehrend es für euch ist, eure zweite Form anzunehmen, habe ich größten Respekt davor, dass du dich bis jetzt im Sattel gehalten hast. Und das, wenn wie ich mit Fug und Recht behaupten darf mit Form!“ Keine Reaktion. Erst als, Shawn dachte, dass er es gar nicht gehört hatte, hob er den Kopf ein wenig und warf ihm einen misstrauischen Blick aus dunkel umrandeten Augen zu. Sein Herz setzte für eine Sekunde aus, als er unter dem ganzen Misstrauen und dem immer präsenten Argwohn, so etwas wie Schmerz und wenn ihn nicht alles täuschte sogar Sehnsucht, Sehnsucht nach Anerkennung, erkannte. Mit einem Schlag, wurde Shawn bewusst unter welchen Umständen sein Gegenüber gelebt hatte und immer noch lebte. Für ein kleines, schutzloses Kind, auch wenn es nicht menschlich war, mussten eben diese seelenzerstörend und unerträglich sein. Wenigstens war sein Vater der Herrscher der Dämonenbrut und hatte ihm bestimmt genügend Schutz zuteil werden lassen. Hoffte Shawn zumindest.
Alex musste einen Bruchteil von seinen Gedanken von seinem Gesicht abgelesen haben, denn sofort wandte er den Blick ab, zäumte sein Pferd an den Pfosten vor der Taverne und trat mit großen, schnellen Schritten auf die Lokalität zu.






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