Blood and Shadows - Teil 2

Autor: julia
veröffentlicht am: 12.12.2010


Shawn blickte auf den kleinen Dämonen, der nach dem Schrei des großen Mannes hinter ihm zu urteilen Alex hieß, herab. Der Junge stand ihm heute nun schon das zweite Mal an diesem Tag mit gezogenem Schwert, eindeutig feindselig gestimmt, gegenüber. Vorsichtig, um keine Kampfhandlung zu provozieren, hob er seine Hände mit den Handflächen nach außen. „Ich bin unbewaffnet und in der Unterzahl, also keine Gefahr für euch.“ Er hatte schon eine ganze Weile in der Nähe der Zweien gekauert, auf die richtige Gelegenheit wartend den jungen Dämon wieder einzufangen. Doch als das Gespräch der Beiden begonnen hatte sich um den Dämonenherrscher, Luecrel, zu drehen, spitzte er neugierig die Ohren. Verwundert vernahm er, den Fluchtplan, den sie verfasst hatten. Wieso wollten sie vor Luecrel fliehen und wer waren die anderen, die sie ebenfalls befreien wollten? Gefangene? Tausende von Fragen nahmen in seinem Kopf Gestalt an. Schließlich beschloss er sich zu erkennen zu geben, da er sich sicher war, Feinde von Luecrel vor sich zu haben. Und die Feinde seines Feindes waren seine Freunde. Doch sein Gegenüber reagierte nicht auf seinen Versuch sich anzufreunden. „Ich will euch nichts Böses. Im Gegenteil, ich habe zufällig mitgehört, wie ihr euren Plan dem Herrscher des Dämonenreiches zu entkommen, bespracht und da ich ihn ebenfalls als meinen Feind erachte wollte ich mich euch anschließen.“ Das spöttische Auflachen des größeren muskulöseren Dämons ließ überraschte Shawn nicht wirklich. „Und du denkst, dass wir dir das abkaufen? Nachdem du uns aufgelauert und belauscht hast?“ So was in der Art hatte er erwartet. „Naja, wenn ich euch beiden Böses wollte, hätte ich deinem Kumpel hier wohl nicht das Leben gerettet.“ Shawn nickte in Richtung des Jungens namens Alex. Erstaunt bemerkte er, wie dieser leicht zusammenfuhr und den bohrenden Blick des anderen verlegen mied. Vergnügt beobachtete er nun, wie der muskulöse Dämon sich schützend vor Alex stellte, nicht ohne diesem noch etwas zuzuflüstern, dass verdächtig nach, „Dass wird noch ein Nachspiel haben!“, klang. Dieses beschützende Gehabe, sowie der Kuss den sie geteilt hatten, ließ die Vermutung nahe liegen, dass diese zwei Männer Geliebte waren. Für Krieger, besonders dämonische, war es durchaus nicht ungewöhnlich, sich während der langen Kämpfe einen Geliebten zu halten, also dachte sich Shawn auch nichts weiter dabei. Eigentlich war es bei diesem Jungen nicht weiter verwunderlich dass er als Geliebter auserkoren wurde, bei seinem Aussehen. Alex war ziemlich zierlich und hatte ein, für einen Mann, recht fein geschnittenes Gesicht und eine Haut die regelrecht nach Liebkosungen rief. Shawn würde sich so gut es ging von dem Kleinen fernhalten. Er wollte keine unberechtigten Eifersuchtsstürme bei seinem ziemlich zäh aussehenden Liebhaber auslösen. Die dunkle Stimme, ebendiesem riss Shawn aus seinen Gedankengängen. „Also gut. Wir werden dir Gehör schenken. Aber falls ich bemerke, dass du uns verraten willst und sei es auch nur ansatzweise, dann werde ich dir mit diesen beiden Händen hier“, er hob seine gebräunten breiten Hände auf Augenhöhe „deinen blassen Hals umdrehen!“ Er schoss Shawn nochmals einen drohenden Blick, unter seinen dunklen gefurchten Brauen hervor, zu und wandte sich zum Gehen. Sein Gefolgsmann, Alex, musterte Shawn mit einem Blick, der nichts Gutes verhieß. „Wieso bist du hier? Bist du mir gefolgt?“
Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass Baltazar bereits außer Hörweite war fügte sie hinzu. „Was hast du alles gesehen?“ Von der Geheimnistuerei überrascht antwortete Shawn nicht sofort. „Nicht sehr viel…Ich habe deine Spur erst wieder gefunden, nachdem du in die Gasse eingebogen bist.“ Alex schloss wütend auf sich selbst die Augen. Sie hasste es wenn man ihr die Gefühle ablesen konnte, und dass war auf dem Marktplatz und in der Gasse garantiert der Fall gewesen. Aufmerksam beobachtete Shawn Alex Reaktion. Er schien nicht zu wollen, dass Andere seine schwachen Momente mit ansahen. Natürlich hatte er den verletzten Ausdruck auf dem Gesicht des Jungens gesehen, als die Bürger auf dem Markt ihn angewidert angestarrt hatten. Natürlich hatte er den Selbsthass in seinen tiefblauen Augen gesehen und den wütenden Fluch gehört. Viele Menschen dachten, dass Dämonen keinerlei Gefühle empfanden, nur Grausamkeit und Schadenfreude. Auch er hatte nicht gewusst ob diese Rasse zu etwas anderem als dem Verletzten imstande war, doch nachdem er diesen kurzen, völlig ungewollten privaten Einblick in das Leben von Alex gehabt hatte, wusste er es besser. Mit einem tiefen Seufzer wandte sein Gegenüber sich wieder an ihn. „Wegen der Sache mit dem „Lebenretten“, ich rate dir Nichts mehr davon an Baltazar zu verraten!“ Ein Lächeln zupfte an Shawn’s Mundwinkel. Anscheinend schien der Junge eine Standpauke von diesem Baltazar zu fürchten. „Na schön, ich werde die Details für mich behalten. Aber was springt für mich dabei raus?“ Mit arrogant hochgezogener Augenbraue lachte der junge Dämon höhnisch auf. „Daher weht der Wind also. Was willst du?“ Shawn war nicht so dumm sich so was wie Geld, Waffen oder andere Dinge zu wünschen, sondern wusste ganz genau was er wollte und ihm seinem Ziel näher brachte. „Ich möchte, dass du mich in der Nähe deines Kumpels als guten Freund behandelst, als jemanden dem du vertraust.“ Misstrauisch und verwirrt musterte Alex ihn. „Warum? Planst du bereits jetzt einen Verrat?“ Die Stichelei prallte wirkungslos an Shawn ab. „Das würde ich niemals tun, weil ich dasselbe Ziel wie ihr Beide und ungefähr die gesamte Menschheit verfolge. Den Tod von Luecrel.“ Alex wusste nicht was sie von diesem Mann halten sollte. Seine Antwort erschien ihr zwar ehrlich, dennoch wirkte er auf sie nicht allzu vertrauenerweckend. Er war einfach zu undurchsichtig. Normalerweise hatte Alex keinerlei Probleme die Beweggründe eines Menschen zu erkennen oder seinen Gemütszustand einzuschätzen, doch bei diesem Exemplar hier war es anders. Ihr war es unmöglich hinter diese haselnussbraunen Augen zu blicken. Sein Gesicht war zwar freundlich, doch ihr schien es als ob er die Freundlichkeit nur als Maske nutzte um dahinter seine wahre Stärke zu verstecken. Doch trotz allem wollte sie nicht, dass Baltazar weitere Details ihrer Rettung erfuhr, denn dann würde er wissen wollen, wie es dazu kam, dass sie an der Grenze zum Dämonenland, mitten im Schnee ohnmächtig wurde. Und das Letzte was Alex wollte war, Baltazar von Luecrels Streicheleinheit zu erzählen. Es genügte schon wenn sie sich eine Standpauke über ihre Unvorsichtigkeit würde müssen, wenn Baltazar jedoch über die restlichen Details bescheid wüsste, würde er sie niemals mehr einen Schritt alleine machen lassen und das war so ungefähr das Letzte was sie gebrauchen konnte. Also blieb ihr keine Wahl. Mit ausdrucklosem Gesicht nickte sie schließlich zögerlich. „In Ordnung. Ich mach’s.“ Ohne seine Antwort abzuwarten, wandte sie sich um, um sich Baltazar anzuschließen. „Aber ich werde ein Auge auf dich haben, darauf kannst du dich verlassen“, murmelte Alex leise vor sich hin. Zufrieden lächelnd folgte Shawn den Dämonen. Auch wenn er es niemals zugegeben hätte, war der Kleine ihm jetzt schon sympathisch.

Mit vor Ärger gerunzelter Stirn ging Baltazar vor ihr auf und ab. „Das darf doch nicht wahr sein! Wie oft habe ich dir gesagt dass du vorsichtiger sein und mehr auf dich acht geben sollst?! Weißt du, eigentlich dachte ich, dass du alt genug bist auf dich selbst aufzupassen? Aber so wie die Situation sich entwickelt, glaube ich langsam, ich muss dir ein eigenes Team von Leibwächter zur Verfügung stellen!“ Alex versuchte mühsam, ihren aufkeimenden Ärger zu unterdrücken und Ruhe zu bewahren. „Und wie oft habe ich dir in dieser Stunde schon gesagt, dass es nur ein Unfall war? Ich bitte dich, jetzt mach nicht so ein Theater!“ Doch Baltazar sah nicht so aus, als ob er sich in nächster Zeit wieder beruhigen würde. Im Gegenteil wurden seine Schritte immer energischer und sein Körper strahlte seine Wut geradezu aus. „Nein! Ich mache kein Theater! Du weißt genauso gut wie ich, dass du dich von jeder Verletzung dank deiner Heilungsfähigkeiten schneller erholst als andere, doch das heißt nicht dass du unsterblich bist! Unser neuer Freund wollte mir ja keine Einzelheiten erzählen, aber wenn du im Morgengrauen immer noch nicht geheilt warst, dann müssen deine Wunden ja verheerend gewesen sein.“ Alex gefiel nicht in welche Richtung sich das Gespräch bewegte. Ein leises Knurren entfuhr ihr. „Das ist nicht wahr! Ich habe dir nun schon zigtausend Mal erklärt, dass das Pferd mich abgeworfen und ich mir neue Wunden zugefügt haben muss als ich schlief und so hat mich Shawn am Morgen dann gefunden. Ein ganz normales Vorkommnis. Meinst du nicht, dass du ein wenig überreagierst?“ Langsam trat sie näher und hinderte ihn so daran hin und her zu laufen. Es machte sie nervös wenn er das tat. Nachdenklich blickte er ihr in die Augen, die wie sie hoffte Ehrlichkeit ausdrückten. Lange musterte Baltazar sie schweigend, bis er sich frustriert mit der Hand durch das dichte schwarze Haar fuhr und schwer seufzte. „Ich weiß, dass ich wenn es um deine Sicherheit geht, oft überreagiere, aber ich sorge mich eben um dich.“ Alex wusste ja nun, dass er mehr als nur Freundschaft für sie empfand und hatte deshalb keine Ahnung was sie nun sagen sollte. Ihr war klar, dass er sich aus Liebe um sie sorgte. Nach kurzem Schweigen legte er ihr seine Hand auf die Schulter und sein Blick bohrte sich tief in ihren. „Ich werde jetzt meine Klappe halten. Ich vertraue darauf dass du mir die Wahrheit gesagt hast. Aber versprich mir dass so etwas nie mehr vorkommen wird.“ Ein stechender Schmerz breitete sich in Alex Brust aus. „Ich verspreche es.“ Sie hasste sich dafür Baltazars Vertrauen zu missbrauchen, doch sie konnte es nicht ausstehen ihn so besorgt zu sehen. Warum hatte dieser verdammte Fremde dieses heikle Thema vor Baltazar auch anschneiden müssen? Das einzig positive an ihrer jetzigen Lage war, dass sie diesen Idioten daran hatte hindern können Details auszuplaudern. Wenn Baltazar wüsste, dass sie tatsächlich nur knapp dem Tode entronnen war, würde er sie für den Rest ihres Lebens keine Sekunde mehr aus den Augen lassen und das hatte ihr bei all ihren Problemen gerade noch gefehlt. Als Preis für das Schweigen musste sie ihren Retter nun aber auch wie einen Freund behandeln. Falls Shawn sie jemals verraten würde, würde ihr niemand mehr über den Weg trauen, selbst Baltazar nicht. Denn er würde denken, sie hätte von Anfang an von dem Verrat gewusst und ihn gedeckt. Verdammt! Sie schaffte es doch jedes verfluchte Mal sich in solch verzwickte Situationen zu manövrieren! Innerlich immer noch vor sich hin fluchend, bemerkte Alex wie die einzige Tür in diesem Raum sich leise öffnete und der Mann eintrat, den sie in ihren Gedanken soeben verwünschte. „Es tut mir Leid dieses Geturtel zu unterbrechen, aber ich bin nicht her gekommen um draußen im Flur zu warten, bis ihr miteinander fertig seid. Ich bin her gekommen damit ich mit euch eine Strategie um den Dämonenkönig zu stürzen ausarbeiten kann.“ Bevor Baltazar wütend auffahren konnte sprach Alex schnell. „Da bist du bei uns an der richtigen Adresse. Wir waren ohnehin fertig. Nicht wahr Baltazar?“ Widerwillig verschränkte dieser die Arme vor der Brust und grunzte schließlich zustimmend. Alex Gegenüber trat näher und reichte Baltazar seine Hand zum Gruße. „Übrigens mein Name ist Shawn O’Connor.“ Baltazar erwiderte die freundschaftliche Geste nicht, grummelte aber, „Baltazar.“ Alex konnte gerade noch ein Grinsen unterdrücken. Dieser Shawn hatte Glück dass Baltazar überhaupt geantwortet hatte. Ohne dass sie es bemerkt hatte Shawn sich ihr genähert, legte ihr nun seinen Arm um die Schulter und grinste breit. „Dir brauche ich mich ja nicht vorzustellen, mein Freund.“ Sie hasste ihn! Immer noch lächelnd warf er ihr einen warnenden Blick zu. Ja ja, sie würde mitspielen, dachte Alex genervt. Verärgert verzog sie ihren Mund zu einem Grinsen, das wohl eher wie eine Grimasse aussah und zwang sich die folgenden Worte zu sagen. „Stimmt. Nochmals danke für deine Rettung, mein Freund.“ Misstrauisch kniff Baltazar die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, sagte jedoch nichts. Mit wenigen Schritten durchquerte er den Raum und kramte in einer seiner Gepäcktaschen nach einer Landkarte. Schnell nutzte Alex diese Gelegenheit und streifte Shawn’s Arm ab. Sie mochte es nicht berührt zu werden. Baltazar war eine Ausnahme. Ihn kannte und mochte sie schon ihr ganzes Leben. Raschelnd breitete ihr einziger echter Freund nun eine alte vergilbte Landkarte auf dem schweren Holztisch der inmitten des Raumes stand, aus. „Also kommen wir endlich zum geschäftlichen Teil.“ Sofort stand Alex vor dem Tisch und war sogleich bei der Sache. Sie hatten schließlich eine Mission zu erfüllen. Vorsichtig legte sie ihren Finger auf den dunklen Fleck, der für die Stadt Rodon stand. „Ich denke das Klügste wäre es deinen Plan auszuführen, nur mit dem kleinen Unterschied, dass wir vorgeben, dass ich den Bürgermeister wie geplant ermordet habe, während wir ihn in Wirklichkeit davon überzeugen mit uns zusammen zu arbeiten. Somit haben wir, wenn er sich uns anschließt, bereits einen Rebellenfanführer mit seiner menschlichen Armee auf unserer Seite. Damit dürfte es uns leichter fallen, andere Menschen auf unsere Seite zu bringen.“ Baltazar sah ihr mit festem Blick in die Augen und grinste dämonisch. „Genial.“ Stirnrunzelnd fügte er jedoch hinzu. „Aber was wenn er sich uns nicht anschließen sollte?“ Alex zuckte leichtfertig die Schultern. „Dann sterben wir eben eines furchtbaren, qualvollen Todes. Doch ich denke nicht dass er sich weigern wird mitzumachen, da wir unseren Freund Shawn hier, “, mit einem Haifischlächeln wandte sie sich ebendiesem zu, „ einen Menschen nebenbei erwähnt, haben, der den Bürgermeister überzeugen wird sich uns anzuschließen.“
Dieser raffinierte Bastard! , dachte Shawn den Jungen widerwillig bewundernd. Er hatte es geschafft ihm eine Lektion zu erteilen und einen großen Teil der Verantwortung auf ihn abzuwälzen. Wenn es ihm also nicht gelingen sollte den Bürgermeister zu überreden, würde ihn die ganze Schuld des Versagens treffen und er würde eher sein Leben aushauchen als er „Scheiße!“ sagen konnte. So war sichergestellt dass er sich bemühen würde. Wirklich ein cleverer Schachzug von dem Kleinen. Mit genugtuendem Lächeln wandte sich ebendieser wieder an seinen dämonischen Geliebten. „So dürfte es funktionieren. Natürlich bleibt immer ein gewisses Risiko, doch es ist auf jeden Fall geringer als bei unseren sonstigen Missionen.“ Nur zu gern würde Shawn wissen was für Missionen das waren. Doch angesichts der düsteren Miene des Jungen, konnte er sich schon denken, welche Art von Aufträgen es gewesen waren. Mit nachdenklichem Blick richtete sich Baltazar nun auf und verschränkte die Arme vor seiner muskelbepackten Brust. „Apropos Aufträge, was ist, wenn Luecrel dich in den Dämonenberg beruft? Mich wird er wohl kaum zu sich bestellen, denn ich bin bereits mit einer Mission betreut.“ Obwohl er versuchte die unterschwellige Sorge in seinen Worten zu überspielen, erkannte Shawn sie dennoch. Wenn jemand wie Baltazar ernsthafte Sorge empfand, dann musste es sich schon um etwas Schreckliches handeln. Shawn’s Neugierde war geweckt. Alex jedoch schien völlig unberührt. „Was soll schon sein? Ich werde zu ihm eilen wie immer.“ Schnell überbrückte Baltazar den Abstand zwischen ihnen und legte Alex seine Hand auf die Schulter. In der Hoffnung, Shawn würde die nächsten Worte nicht hören senkte Baltazar seine Stimme. „Du weißt dass du seinen Aufruf wahrscheinlich nicht überleben dürftest, wenn er erfährt dass du nach einer ausgeführten Mission nicht unverzüglich Bericht erstattest hast. Luecrel wird das als Ausrede benutzten um dich endlich los zu werden. Ich hoffe dir ist bewusst, dass er dich nicht schonen wird nur weil du sein eigen Fleisch und Blut bist.“ Als Shawn diese Worte vernahm hatte er Mühe sich seine Schockiertheit nicht anmerken zu lassen. Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Er versuchte hier erbittert gegen den schlimmsten Tyrannen seit einem ganzen Jahrhundert anzutreten und schmiedete dabei Pläne mit seinem Sohn. Wieso wollte dieser seinen Vater überhaupt vom Thron stürzen? Er war der einzige legitime Nachfolger Luecrels, er würde mit einer hundertprozentigen Sicherheit den Thron übernehmen, warum also sollte er das gefährden und rebellieren? Er konnte ja verstehen, wenn sich ein Mann wie Baltazar gegen seinen Herrscher, der seine Untergebenen auf die gleiche grausame Weise wie seine Feinde behandelte, auflehnte, aber Luecrels Sohn? Das war ihm schleierhaft. Doch er würde eine Antwort finden müssen, andernfalls würde er Alex nicht vertrauen können, was nötig war, wenn sie beide Seite an Seite in einer weltbewegenden Schlacht kämpfen sollten. Alex leise mit Bitterkeit durchzogene Stimme riss Shawn schließlich aus seinen Gedanken. „ Hat er das jemals? Mich geschont?“ Baltazar wollte den Jungen tröstend an sich ziehen, doch dieser hatte sich bereits abgewandt und stiefelte in Richtung Tür. Mit einem Seufzer drückte Alex die alte rostige Klinke durch. „Wie auch immer. Ich denke damit wären die wichtigsten Dinge geklärt. Ich mache mich im Morgengrauen auf den Weg nach Rodon.“ Mit einem kühlen Blick auf Shawn fügte sie hinzu, „Wenn du mitkommen willst, solltest du besser bereit sein. Ich kann keine Behinderung auf meinem Weg gebrauchen.“ Mit diesen Worten war er aus der Tür. Mit frustriertem Knurren, rieb sich Baltazar mit seinen gebräunten Händen übers Gesicht. „Unverbesserlicher Idiot! Er denkt wohl er müsse alles alleine machen.“ Erst als Shawn sich räusperte, blickte er auf. „Ach ja, ich hoffe für dich dass du deinen Auftrag erfolgreich ausführst, andernfalls freue ich mich schon darauf dir deinen kleinen menschlichen Hals umzudrehen.“ Auch wenn seine Worte durchaus bedrohlich klangen, hatte Shawn eher Mühe sein Grinsen zu verbergen. Egal wie er es drehte und wendete sah Baltazar im Moment weder bedrohlich noch tödlich aus, sondern eher wie ein zurückgewiesener Liebhaber. Als dieser dann seiner Drohung ein, „Und behalt ja deine Hände bei dir!“ hinzufügte, entglitt Shawn ein herzhaftes Lachen. Natürlich kaschierte er es sofort mit einem lauten Husten, was ihm einen weiteren finsteren Blick von Baltazar eintrug. „Ich werde nicht mit Alex und dir nach Rodon reisen können. So sehr es mir auch widerstrebt euch beide alleine zu lassen, habe ich doch Pflichten denen ich nachzukommen habe. Morgen breche ich in Richtung Norden auf.“ Schließlich gefasst antworte Shawn, „Keine Angst, es wird schon alles glatt gehen, auch wenn du nicht dabei bist.“ „Das kann ich mir vorstellen“, murmelte Baltazar düster. „Doch es gibt einige Dinge die es zu beachten gilt, wenn du mit Alex reist.“ Verwundert hob Shawn seine Augenbrauen. War der Sohn des Dämonenkönigs etwa ein verwöhntes Prinzlein, das er auf Händen tragen sollte? Dazu würden ihn keine zehn Pferde bringen. „Wenn du erwartest dass ich sein Diener spiele, bist du falsch gewickelt! So etwas werde ich nie…!“ Baltazar fuhr ihm einfach ins Wort. „Das ist es nicht! Fass einfach niemals, aber auch niemals seine Waffe an! Wenn du das tust, stirbst du. An seinem Schwert haftet ein bestimmter Zauber, der jeden außer seinen Halter zu einem Aschehaufen verkohlen lässt. Und tu nichts das Alex ernsthaft verärgern könnte, denn wenn er erst in Rage ist, was seit seiner Geburt nur zweimal geschehen ist, dann verliert er die Kontrolle über seine Kräfte. Der Einzige der ihn dann noch stoppen kann, ist der Dämonenkönig selber. Denn auch wenn er so aussieht als ob ihn der nächste Windstoß mitnehmen könnte, besitzt er doch ernorme Kräfte, die ihn fast unbesiegbar machen.“ „Kommt das daher, dass er der Sohn von Luecrel ist?“ Bei diesen Worten zuckte sein Gegenüber sichtlich zusammen. Doch entgegen Shawn’s Erwartungen beantwortete er seine Frage wahrheitsgemäß. „Ja teilweise. Der andere Teil seiner unglaublichen Kräfte stammt von seiner Mutter. Bis jetzt befindet er sich noch in der Entwicklungsphase und deshalb sind seine Fähigkeiten noch nicht vollständig ausgeprägt. Also bring ihn nicht so weit die Kontrolle zu verlieren.“ Das würde Shawn in diesem Fall ganz bestimmt nicht, obwohl er nur zu gerne gesehen hätte wie der Junge seinen Eispanzer ablegte. Schließlich wandte sich auch Baltazar zum Gehen. „Ich denke das war alles. Wenn du dich an besagte Regeln hältst kann dir eigentlich nicht mehr allzu viel passieren denn in der Gegenwart von Alex bist du sicherer als sonst wo.“ Mit einem „Viel Glück auf der Reise!“ und einem letzten warnenden Blick verließ der Dämon endlich das Zimmer und überließ das kleine Problem namens Alex Shawn. Das war ja hervorragend. Ausgerechnet er musste jetzt mit dem Sprössling seines ärgsten Feindes zusammen reisen. Damit nicht genug denn er war nicht nur der Sohn eines Tyrannen sondern auch der besonders mächtige, mit unsagbaren Kräften ausgestattete Sohn eines Tyrannen, der sobald er wütend wurde die Kontrolle über ebendiese verlor. Erschöpft ließ sich Shawn in den unbequemen Sessel fallen, der in der Nähe der Tür stand. Hier würde er auf den Sonnenaufgang warten während er sich den Kopf darüber zerbrach, wie er mit dem neuen Problem das sich ihm gerade eben eröffnet hatte umgehen sollte. Shawn seufzte schwer. Was für ein beschissener Tag!




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