Lieben ohne Worte - Teil 8

Autor: Noa
veröffentlicht am: 12.09.2011


Jetzt brauche ich mal eure Meinung! Irgendwie habe ich ständig das Gefühl, das dieser Teil total mislaufen ist. Es geht hier nicht um so viel, sondern nur um die Busfahrt. Zur Information, diese Fahrt habe ich aus meinem eigenen Leben eingefügt, weil ich weiß wie unglaublich aufwendig, die paar Tagen aber auch unvergesslich gewesen waren! Hoffe trotzdem das sie euch gefällt (:

Kapitel 8

Die nächsten drei Nächte waren purer Horror. Jeden Abend dachte ich an den Tag und tatsächlich stand ich schon kurz vor zwanzig Uhr mit gepackten Koffern in meinem Zimmer. Immer noch davon überzeugt dass es ein Traum sein könnte, begleitete mich Selena, die noch aufgeregter war als ich.
„Oh, Mann! Südfrankreich, nach Agay! Ich beneide dich, Emma. Wie gerne ich mit dir mitkommen würde. Es ist Juli und dort erwartete dich der beste Sommer deines Lebens.“, kreischte sie und half mir mit den Koffern.
Ich zuckte lässig mit den Schultern und freute mich kein bisschen. Zwölf Stunden Fahrt, die ganze Nacht durch. Wenigstens könnte ich dann ruhig schlafen, da es dunkel sein müsste. Neben wem müsste ich dann sitzen? Hoffentlich nicht neben irgendeiner Tauben.
Mein Vater schob die Koffer hinein und hielt mir die Tür offen. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre zu Hause geblieben, aber seine glückliche Miene durfte ich nicht verderben. Seufzend stieg ich ein und Selena sprang auf die Rückbank. Wir fuhren los und je näher wir dem Ziel kamen, umso schlechter erging es mir.
Vor der Schule stand schon der Bus bereit und tatsächlich fuhr die komplette Klasse mit. Aber da waren noch andere, unbekannte Schüler. Ich drängte meinen Vater schneller zu fahren, damit ich mir das genauer ansehen konnte. Er verstand es falsch und dachte ich könnte es kaum erwarten in den Bus einzusteigen. Er parkte genau davor und ich stieg aufgeregt aus. Meine Lehrerin nahm mich freudig in Empfang.
„Schön, dass du es auch noch geschafft hast.“, grinste sie.
Mit einem Finger deutete ich auf die unbekannten Schüler hin.
„Ach ja, das sind Realschüler von der Schule die eins nebendran liegt. Sie fahren mit uns, dann ist die Fahrt billiger und sie haben das gleiche Ziel wie wir. Die Ferienanlage Cap Estirol.“
Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht und konnte nicht fassen. Die Schüler machen uns doch vollkommen runter. Die hassen uns! Die sehen uns nur als missgebildete Menschen, auch wenn es krass ausgedrückt war.
Aber dann zupfte Selena an meinem Ärmel und ich schaute in ihr Gesicht. Sie war völlig blass und sah ängstlich aus. Ich verfolgte ihren Blick und sah dann von weitem Chantal mit einem knatsch pinken Koffer ankommen. Sie hatte sich wieder so auf gestylt, als würde sie auf eine Modenshow gehen. Ich sank innerlich zusammen. Sie war auf der Schule? Das wurde ja immer besser. Aber wenn sie mitfuhr, vielleicht sah ich dann Page wieder. Irgendwie würde ich mich über ihre Anwesenheit freuen. Es fuhren auch viele Vertrauenslehrer mit und einige andere Lehrer von der Schule, deswegen stieg ich auch in einen Doppeldeckerbus ein. Nun kam der Abschied.
„Ganze neun Tage ohne dich.“, schniefte sie und verzog die Mundwinkel nach unten. Ich grinste, nach dem Motto, dass sie es überleben würde. Sie nahm mich fest in den Arm und fuhr über meine Haare. „Meine kleine Emma, pass bloß auf dich auf. Du warst jetzt schon zweimal im Krankenhaus.“
Wir lösten uns und mein Vater trat vor. Er erdrückte mich fast mit seinen strammen Muskeln, aber es tat gut von ihm in den Arm genommen zu werden. Ich stieg in den Bus, wagte einen letzten Blick zu den winkenden Beiden und stieg ein. Unten im Bus war alles besetzt. Es war kein einziger Platz mehr frei, also stieg ich eine Stufe nach oben. Dort war kaum was los, besonders hinten nicht, wo ich so gern saß. Eine gestreckte Hand, die aus den Sitzen hervorschaute, erweckte meine Aufmerksamkeit. Tatsächlich saß Page in dem Bus und neben ihr Kim. Sie grinste mich freudig an und stand auf, um mir in die Arme zu laufen.
„Sorry, das war bestimmt zu stürmisch. Freue mich nur so unglaublich, dass du tatsächlich mitfährst.“
Ich nickte zufrieden und setzte mich dann weiter hinten hin. Frau Läufer meinte es würden alle Plätze besetzt werden und dabei saß ich so gerne außen. Aber wie käme das, wenn ich mich trotzig nach links setzte. Alle würden denken, dass ich am liebsten allein wäre.
Der Bus wurde immer voller und mein Platz besetzte keiner. Oben waren viele aus meiner Klasse, begrüßten mich auch und ich sah zu wie die Sonne weiter unterging. Schließlich hatten wir schon halb neun und der Bus setzte sich immer noch nicht in Bewegung. Liam war nirgends zu sehen. Chantal setzte sich wahrscheinlich unten hin. Logan, ein Querschnittsgelähmter, passte auf meine Tasche und den Platz auf, als ich in der Zeit hinunter zu Frau Läufer kletterte. Nicht einmal unten machte sich Liam bemerkbar. Vielleicht wurde kurzfristig krank oder es war nur ein Gerücht das er mitfuhr. Obwohl ich ihn nicht dabei haben wollte, sorgte ich mich trotzdem. Auf FUD schrieb ich meine Frage und sie gab mir eine Antwort.
„Ich weiß es selber nicht. Er verspätet sich um eine halbe Stunde. Eine Freundin hatte ihn schon auf dem Handy angerufen, aber da ging nur die Mailbox an. Wenn er in fünf Minuten nicht auftaucht, müssen wir ohne ihn fahren.“
Bestimmt hatte er Schiss mitzufahren. Dann würde der Urlaub vielleicht noch ganz schön. Mit einem kurzem Lächeln stieg ich wieder hinauf und machte mich in meinem Sitz breit. Nach wenigen Sekunden stand ein furchtbares Mädchen vor mir, wobei ich zusammen zuckte. Sie hatte rote geflochtene Haare, eine große Brille, Sommersprossen im Gesicht, braune Augen und eine grässliche, auffällige Zahnspange wenn sie lächelte. Jedoch war das noch nicht das Schlimmste.
„Dürfte ich mich neben dich setzen? Ich bekomme Angst, wenn ich vorne sitze. Außerdem werde ich nervös, wenn ich innen sitzen muss.“, lispelte sie und spukte dabei auf meine Hose, wonach sie dann beschämt kicherte. Mit gerollten Augen legte ich meine Tasche zwischen meine Füße und lehnte meinen Kopf an die Scheibe. Schließlich dämmerte es schon und dann bewegte sich der Bus und eine Durchsage kam: „Liebe Fahrgäste, ich möchte mich für die Verspätung entschuldigen. Auch unser letzter Gast hat es geschafft…“
Ich fuhr hoch und blickte über die Sitze. Liam kam tatsächlich die Treppe hinauf und mein Herz schlug wild. Er setzte sich jedoch weit weg von mir, neben den einzig freien Platz. Irgendein Schüler aus der anderen Schule saß neben ihm. Ich seufzte enttäuscht und ließ mich zurück in den Sitz fallen.
„…Mein Name ist Ben Engel und ich werde Ihr Busfahrer über die Zeit in Frankreich sein. Trotzdem wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.“
Die Menge klatschte und der Bus fuhr los. Das Motorgeräusch machte mich wahnsinnig. Ich hasste Busse.
„Hallo, mein Name ist Sofia.“, schrie sie einfach irgendwann in mein Ohr und ich fuhr erschrocken hoch. „Oh, tut mir leid, ich dachte du wärst taub.“, kicherte sie und am liebsten hätte ich auf sie eingeschlagen.
Ich grunzte und drehte mich wieder zur Seite.
„Wie heißt du?“, fragte sie und ließ mich nicht in Ruhe. Ich schrieb etwas auf FUD auf und drückte es ihr in die Hand.
„Edna.“, lispelte sie. Ich schrieb noch deutlich, also idiotensicher.
„Ach so, Emma.“, lachte sie und grunzte dann plötzlich, als sie gleichzeitig zu atmen schien. Ich verdrehte ein weiteres Mal die Augen und legte ein kleines Kissen an die Scheibe. Die Klimaanlage war zu stark und tatsächlich musste ich meine dünne Wolldecke herausholen. Ich legte sie über meine Beine und später sogar über meinen kompletten Körper. Nach einer Stunde dröhnte ein leises Schnarchen durch meine Ohren. Wütend drehte ich mich um und sie hatten sich an meine Schulter gelehnt. Ihr Mund stand weit offen und Speichel klebte an ihrer Wange. Mich durchfuhr ein ekliger Schauer und ich stand vorsichtig auf. Es brannte nur ein dumpfes blaues Licht und fast alle schliefen. Es gab noch einige die leise auf dem Klapptisch Karten spielten oder sich flüsternd unterhielten. Ich lief durch den schmalen Gang und achtete gar nicht auf die Leute. Der Bus hielt nämlich an einer Raststätte und wir hatten schon die Grenze Frankreichs überschritten. Jetzt waren es nur noch zehn Stunden bis zur Ankunft. Seufzend wollte ich gerade die Treppe hinunter steigen, als eine Hand nach meinem Gelenk fasste und mich zurückzog. Erschrocken lag ich auf Liams Schoß und starrte ihn verblüfft an.
„Du fährst ja auch mit!“, freute er sich und zog mich näher zu sich. Neben ihm schlief eine Person mit dem gleichen Ausdruck meiner Nachbarin. An mir wollten einige Leute vorbei gehen und so musste ich mich zu Liam quetschen.
„Ich kann überhaupt nicht schlafen. Der Kerl schnarcht und bewegt sich ständig, manchmal faselt er auch irgendeinen Quatsch im Schlaf. Das ist ein Albtraum. Wie sieht’s bei dir aus?“, fragte er und seine Stimme ließ mich wieder den Schmerz vergessen, den er mir zugefügt hatte.
Ich zeigte mit dem Finger auf Sofia und er zuckte zusammen.
„Wir haben wohl keine guten Nachbarn erwischt.“, kicherte er leise und stand mit mir auf. Er nahm meine Hand und zog mich hinunter. Es war stockdunkel und der Busfahrer aß gemütlich seinen Apfel. Er hielt eine kleine Taschenlampe in der Hand und fuchtelte damit herum. Wir folgten der Menge die in die Raststätte hineinstürmten um auf die Toilette zu gehen.
„Kann ich dich was fragen?“, sagte er und man merkte ihm an, dass er sich bei der Frage unwohl fühlte. Ich zuckte mit den Schulter, als sei ich auf alles gefasst.
„Könntest du vielleicht zu mir kommen, dich neben mich setzen? Bitte!“, flehte er und es hörte sich ein wenig so an, als sei ich der bessere “Ersatz“. Zuerst grübelte ich darüber nach und selbst in der Raststätte gab ich ihm keine Antwort darauf.
„Also ich werde auf die Toilette gehen, aber bitte überlege es dir bis dahin, okay?“
Er verschwand aufs Klo und ich setzte mich auf einen der Stühle. Liebend gern wollte ich neben ihm sitzen. Ich denke auch, dass ich ihn lang genug zappeln gelassen hatte. Außerdem war meine Nachbarin genauso furchtbar.
Nach wenigen Minuten kam er von der Toilette und wartete gespannt auf meine Antwort. Ich rieb meine Hände zusammen und nickte verlegen. Er ballte die Fäuste und schlug mit dem einen Fuß auf dem Boden auf. Er biss auf seine Lippen und freute sich über meine Entscheidung.
„Danke!“, rief er glücklich und legte einen Arm um mich auf dem Weg zurück zum Bus. Liam stieg zuerst die Stufen hinauf und dann spürte ich Chantals giftigen Blick im Nacken. Aber das ließ mich kalt. Sie hatte es verdient.
Oben weckten wir Liams Nachbarn auf und boten ihm unseren Vorschlag an. Zuerst zog er nur eine Augenbraue hoch und blickte dann nach hinten. Er lachte kurz auf und dann merkte ich eine Ähnlichkeit zwischen meiner Nachbarin und ihm.
„Ach, das ist meine Zwillingsschwester.“, lispelte er und schnäuzte sich die Nase in einem seiner schon benutzten Tücher. Er packte seine Sachen und setzte sich zu Sofia nach hinten, die bekam jedoch nichts von dem Wechsel mit und schlief ruhig weiter.
Liam bat mich am Fenster zu sitzen und ich willigte zögernd ein. Den Vorhang schob ich vor die Scheibe, da mich die Lichter der entgegenkommenden Autos nervten. Zuerst versuchte ich meinen Kopf im Sitz unterzubringen, aber es war einfach nur ungemütlich. Die Scheibe mit dem Kissen war trotzdem zu hart und ich hatte immer noch kalt. Liam bemerkte meine unruhigen Stellungen. Seufzend drehte er sich zu mir.
„Alles okay?“, fragte er und ich schrieb ihm meine Sorge auf FUD. „Ich verstehe, aber du kannst dich doch ruhig an mich lehnen.“
Ich blickte rüber zu den doppelt belegten Sitzplätzen und als ich ein Mädchen und einen Jungen entdeckte, waren sie so aneinander geschmiegt, das man hätte meinen können, die beiden wären ein Paar. Aber die beiden kannte ich. Das Mädchen war schon vergeben und der Junge auch. Ich sollte mich wirklich nicht so kindisch dran stellen. Er sah mich erwartungsvoll an und ich zuckte lässig mit den Schultern, als wäre ich das vollkommen gewohnt. Als er wieder versuchte zu schlafen, legte ich vorsichtig meinen Kopf auf seine Schulter. Sie war so weich und gemütlich, das ich tatsächlich ruhiger und müder wurde. Ein angenehmes warmes Kribbeln durchlief meinen Körper und mein Puls hämmerte wieder in meinen Adern.
Trotzdem war es nach einiger Zeit immer noch zu ungemütlich. Ich fing wieder an mich zu wenden und zu drehen, das Liam aufwachte und ich mich dafür mit einem Blick entschuldigte.
„Macht nichts.“, grinste er.
Ich seufzte und wusste einfach nicht, wie ich am besten schlafen konnte. Am liebsten würde ich ja liegen, aber es sähe so…verliebt aus. Anscheinend wusste Liam was ich in dem Moment dachte und er klopfte mit beiden Händen auf seine Beine. Zuerst blickte ich ihn verdutzt an, verstand jedoch was er meinte. Misstrauisch legte ich meinen Kopf auf seinen Schoß und stemmte die Beine auf meinen Sitz. Es war absolut gemütlich, als wäre ich in meinem eigenen Bett. Liam strich mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und legte seine Hand auf meinen Bauch. Das Kribbeln wurde noch extremer und ich spürte wie überaus glücklich ich mich bei ihm fühlte. So glücklich, dass ich kein Auge zudrücken konnte. Zu viele neue Gedanken beherbergten mein Gedächtnis und sie suchten nach Antworten.
Ständig blickte ich auf die Uhr, zwei Uhr nachts. Eine Stunde lang lag ich wach und Liam schlief wie ein Murmeltier. Er sah so wunderschön aus, wenn er schlief, fast wie ein Engel. Sein braunes Haar wirkte im Dunkeln schwarz und schimmerte im blauen Licht. Ich entwickelte einen Drang ihm alles sagen zu wollen, aber die Angst unterdrückte diesen Willen.
[Er konnte kein einziges Auge zudrücken. Die ganze Nacht über. Seine Beine schliefen ein, als Emma ihren Kopf auf seinen Oberschenkel lag. Trotzdem spürte er die Müdigkeit in sich. Wieso schlief er bloß nicht? Er hatte sein Traummädchen auf seinem Schoß und döste nicht einmal für ein paar Minuten. Die Gedanken in seinem Kopf mussten ihn wach halten. Er war froh sich mit ihr wieder vertragen zu haben und es schmerzte ihn so sehr, dass sie mitansehen musste, wie Chantal ihn küsste. Er wollte es nie zulassen, aber sie drückte einfach ihre Lippen auf seine. Wäre doch Emma einige Sekunden später auf getaucht, dann hätte sie gesehen, dass er nichts für sie empfand. Gut, er musste zugeben, das Chantal eine perfekte wunderschöne junge Frau war, aber kein Vergleich zu Emma. Emma war tausend Mal hübscher und viel lustiger, auch wenn er ihr Lachen nie hörte. Er liebte sie, das wusste er. Schon allein ihr Lächeln, wenn sie ihn ansah, ließ ihn in Trance versetzen. Emma machte ihn zu einem anderen Menschen, er würde wirklich alles für sie tun.
Da vibrierte sein Handy in seiner Hosentasche. Erschrocken wachte Emma dadurch auf und erhob sich von seinem Schoß. Er erhielt eine SMS. Er las sie und schrieb zurück. Ließ sie auf sich wirken und dann kribbelte sein Magen. Es deutete auf kein gutes Zeichen hin.]






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