Ray- die Verbindung - Teil 2

Autor: blue-haze
veröffentlicht am: 18.06.2013


wie versprochen ist hier auch schon das erste Kapitel. :) Hoffe es gefällt euch.
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1. Lauf Rayla, lauf

Was ist Freude
in dem Moment
in dem sie sich von dir abwendet?

Was ist Stärke
in dem Moment
in dem sie besiegt wird?

Was ist Leid
in dem Moment
in dem es dich ausfüllt und übernimmt?

Ihre Namen sind:
Sehnsucht
Resignation
und Depression
Ray
Noch trugen mich meine Beine...noch. Ich hörte hinter mir die rennenden Kinder und wagte nicht mich umzudrehen. Ein Fehltritt und sie hätten mich, und was sie dann mit mir machten, mochte ich mir nicht vorstellen. Ich hatte es fast geschafft. Vor mir lag die Schule und die morgendliche Hetzjagd wäre gleich vorbei. Ich musste es nur noch wenige Meter schaffen! Schlitternd passierte ich die Schwelle der Schule und rannte weiter, meine quietschenden Sneaker hallten im Schulflur, bis ich das Klassenzimmer erreicht hatte, betend riss ich die Tür auf und hoffte, dass ein Lehrer da war und hatte vermutlich zum ersten Mal in meinem Leben so etwas wie Glück. „Was sollte dieser Krach? Ihr wisst genau, dass ihr nicht in der Schule zu rennen habt“, giftete mich Mr. Jordan an. „Nachsitzen, Rayla.“ So etwas wie...
Die Schlagstöcke und sonstigen kreativen Folterinstrumente mussten die kleinen Engel irgendwo anders abgeladen haben, bevor sie das Gebäude betreten hatten. Ich wappnete mich innerlich und nutzte die Zeit zum Nachsitzen um einen Strategischen Fluchtplan für den Heimweg zu entwerfen.

Mein Name ist Ray... Rayla Summer. Der Tag von dem Ich eben erzählt habe war meine Normalität als ich zehn war...und auch mit dreizehn.
Und als ich dann als ich endlich sechzehn war, ach die allseits gefeierten sweet sixteen...

„Ray, du Miststück! Bleib endlich stehen und bring\'s hinter dich!“
Ich rannte, bis mein Herz nur noch ein Dolch zu sein schien, der mich von innen heraus zerstach. Ich hatte einen Umweg genommen, wie jeden Tag um sie irgendwann hoffentlich abzuhängen und nicht zu meinem Haus zu locken. Gerade als ich jedoch dachte, dass ich mit diesem Weg einen Fehler gemacht zu haben, weil ich keinerlei Ausweichmöglichkeit sah, bog ich in eine Gasse ein und hoffte inständig nicht in einer Sackgasse zu landen. JACKPOTT! Ein Zaun! Mit letzter Kraft sprintete ich los, sprang auf eine Kiste, die ich schwungvoll meinem nächsten Hintermann entgegen stieß, während ich mich selbst über den Zaun schwang und hörte hinter mir nur noch ein lautes Fluchen. Zufrieden lächelte ich in mich hinein, murmelte ein „wir sehn\' uns morgen..Trottel“ und trat den restlichen Heimweg halbwegs gelassen an. Sie hatten mich seit über einem halben Jahr nicht mehr erwischt und seit ich umgezogen war, ging ich erst nach Hause sobald ich sie abgehängt hatte. Mit den Jahren hatte ich mich zu einer Überlebenskünstlerin entwickelt. Es hatte seine Vorteile, zumindest in Sport. Ich war offiziell die schnellste an der Schule und die Klassenbeste in Sport. Nicht, dass mir das in irgend einer Form einen Vorteil verschaffte – ausgenommen einer guten Note.
Warum sie mich jagten, verstand ich selbst nicht. Seit meine Mutter eines Tages nicht mehr zu Hause war, als ich nach der Schule Hause kam, schien ich dem Hass der Menschheit förmlich schutzlos ausgeliefert. Ich war nie wirklich beliebt gewesen, doch das Verschwinden meiner Mutter war wie ein Freifahrtschein für den Rest der Welt mich geradewegs in die Verdammnis zu schicken. Meinen Vater hatte ich nie kennengelernt, somit kam ich mit zehn in ein Heim. Die Erzieher mochten mich auch dort nicht sonderlich, doch sie hielten die anderen zumindest davon ab mich zu Quälen...weitestgehend. Mit sechzehn hatte ich dann endlich die Freiheit mir einen Job zu suchen und auszuziehen. Ich hatte ein kleines Apartment gemietet mit Gemeinschaftsküche und -bad.

Nach meiner Arbeit in der Fabrik – ich sortierte am Fließband irgendwelche Dinge aus – schlenderte ich die belebte Einkaufspassage entlang. Es war wieder einer dieser verregneten Tage, einer an dem ich durch die Straßen lief und sehnsüchtig gen Himmel blickte. Ich fühlte wie der kühle Regen meine Haut benetzte und fühlte mich frei.
Wehmütig schlenderte ich, als sich die Menschenmassen verzogen zur U-Bahnstation und wartete auf die Bahn, als mir drei Männer auffielen, die mich musterten. Sie kamen auf mich zu und ich wandte mich instinktiv ab. Schnellen Schrittes lief ich auf die Rolltreppen zu, schob mich an einigen Menschen vorbei, die mir wütend hinterher schimpften und wagte einen Blick zurück. Ich hatte recht, sie folgten mir. Ich beschleunigte meinen Schritt und rannte los. In meinem Kopf blitzten tausende Bilder gleichzeitig auf. Einige waren so schnell verschwunden wie sie kamen, so dass ich sie nicht registrierte, andere waren die tiefsitzenden Erinnerungen an Schläge, Tritte und Schnitte, die meinen Körper zum Teil noch immer Andächtig verzierten. Keuchend kam ich an der nächsten Station an und rannte in die Nächste Bahn, die gerade anhielt. Erst als sich die Türen Schlossen, sah ich, dass ich in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Ein Blick aus dem Fenster, verriet mir, dass ich meine Verfolger zumindest abgehängt hatte und lehnte mich erleichtert gegen die Tür. Die Bahn war fast leer. Ich sah auf die Uhr und wusste auch warum. Es war bereits Mitternacht, an einem Mittwoch war das nur richtig. Nur ein Junge saß im anderen Ende des Abteils und starrte mich an. Ich blieb an der Tür stehen und sah krampfhaft hinaus. Mein Gefühl meldete mir nichts böses, doch mein allgemeines Misstrauen stellte mich auf eine schnelle Flucht ein. Der Junge stand auf und bewegte sich auf mich zu. Langsam, sehr langsam. Die Bahn tat es ihm glücklicherweise nach und hielt an. Noch während die Türen zur Seite schwangen stieg ich aus und rannte los. Ich hörte noch ein „Warte!“ Doch ich lief.
Ob paranoid oder nicht... mein Leben war ein Marathon.





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