Ray- die Verbindung - Teil 7

Autor: blue-haze
veröffentlicht am: 24.06.2013


Tut mir leid, dass es so spät kommt. Ich war einige Tage nicht zu Hause.
Heute kommen dafür die Kapitel 6-8
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6. Begegnung

Ray
Es verging ein Jahr und ich war siebzehn. Seit jenem Tag, hatten mich meine Mitschüler in Frieden gelassen. Luce habe ich nicht mehr gesehen, doch ich träumte oft von ihm und das machte mich fertig. Es war, als wäre er permanent in meiner Nähe. Wenn ich schlief, war er bei. Ich konnte geradezu am nächsten Morgen fühlen, wie er mir durchs Haar gestrichen hatte, mich in seinen Armen gehalten hatte. Wenn ich durch die Straßen lief und mich verfolgt fühlte, zweifelte ich an meiner sonst so treuen Intuition, denn wenn ich mich umblickte, war da niemand. Wenn ich versuchte ihn zu vergessen und bei einer Party mit jemandem flirtete, hörte ich plötzlich ganz klar, wie er meinen Namen rief. Voller Trauer, Reue und sogar Eifersucht. Ich Fluchte innerlich, beschimpfte ihn als Mistkerl und verließ die Party. Es war, als führte ich eine Beziehung mit einem Geist.

Luce
Was ich tat war hinterhältig und egoistisch, doch wenn ich sah, wie sie mit jemandem flirtete, konnte ich es nicht ertragen und musste nach ihr rufen – innerlich versteht sich. Und nachts, wenn sie schlief, wurde meine Sehnsucht so stark, dass ich mich zu ihr legen musste, sie in den Arm nehmen und die Tränen, die sie beim Einschlafen vergoss trocknen. Ich wusste, dass es nicht richtig war, ich hätte dafür sorgen müssen, dass sie mich vergisst. Aber erstens liebte ich sie und zweitens, machte es mir die Bindung schlecht möglich. Wir waren eben eins, ob wir wollten, oder nicht.
Es tat mir auch leid, dass ich sie durcheinander brachte, indem ich ihre Verfolger abpasste, bevor sie diese entdeckt hatte, doch das war schließlich mein Job.
Verdammt! Ich hatte sie schon wieder aus den Augen verloren.

Ray
Ich war auf dem Nachhauseweg, nach der Arbeit – da ich nun mehr verdiente, konnte ich mir endlich auch eine kleine Wohnung leisten. Mein Gefühl meldete mir wieder, dass ich beobachtet wurde – von etwas unheimlichen. Ich sah mich um und dieses Mal täuschte ich mich nicht. Es waren dieselben Männer, die ich schon einmal abgehängt hatte. Sie fixierten mich, mit ihren dunklen Augen und kamen auf mich zu. Ich bemühte mich so zu wirken, als hätte ich sie nicht bemerkt und versuchte in der Menge zu verschwinden. In der Gasse mit dem Zaun bog ich ab. Dort wo einmal der Zaun stand, war nun jedoch eine Mauer, dementsprechend saß ich jetzt in der Falle. Hinter mir kamen die drei Männer näher und ich drehte mich langsam um. Mir würde wohl nichts übrig bleiben als zu kämpfen. Mit dreien würde ich schon klarkommen.
Ich wartete ab, bis sie angreifen würden, doch auf das was nun kam, war ich nicht gefasst gewesen. Eine unheimliche Kraft, schleuderte mich gegen die Mauer, mein Kopf traf auf harten Stein, in meinen Ohren klingelte es und ich glitt zu Boden. Jeder Knochen in meinem Leib schmerzte. Luce... Warum dachte ich ausgerechnet jetzt an ihn? Ich richtete mich auf, und taumelte leicht. Mit Blicken, kalt wie Eis, kamen sie auf mich zu. „Du weißt, wir brauchen sie lebend“, flüsterte der Linke. „Ich weiß“, knurrte der in der Mitte. „Aalon wird ziemlich sauer, wenn ihr was passiert“, fügte der Rechte hinzu. „Ich weiß!“
Ich hatte noch nie solche...Wesen gesehen. Sie wirkten nur auf den ersten Blick Menschlich. Doch sie waren wie...Dämonen? Zumindest waren sie einschüchternd.
„Komm her, kleine.“ Wenn er versuchte besänftigend zu klingen, dann war das ein Griff ins Klo.
Ich suchte Halt an der Wand, starrte ihn an und bleckte die Zähne.
„Ich sagte, du sollst herkommen!“, sein Tonfall wurde strenger dieselbe Kraft, die mich gegen die Wand geschleudert hatte, zog mich plötzlich zu ihm. „Nein!“ Luce! Ich krallte mich an die Wand und fühlte, wie meine Fingerkuppen aufrissen. „Lass den Scheiß!“, blaffte ich.
Das dunkle Lachen des Mannes machte mir Angst. Was hatten sie mit mir vor? Ich schloss die Augen und konzentrierte mich darauf, mich an dieser elenden Wand festzuhalten. Und als hätte es funktioniert, ließ der Zug nach. Ich öffnete die Augen und sah als erstes Engelsflügel aus Licht. Ich blinzelte, rieb mir die Augen und vergewisserte mich, dass ich nicht Träumte. Luce...
Er wandte kurz um, lächelte mich an und sagte „Da bin ich“, als hätte ich ihn gerufen.

Luce
„Komm ihr noch einmal zu nahe, Tylon und ich mache aus dir Hackfleisch.“
„Du denkst wirklich, ich habe Angst vor dir?“
„Nein, nach unserer letzten Begegnung, habe ich sogar angst, dass du auf mich stehst. Ich kanns dir nicht verübeln, ich bin schon ein ganz besonderer Fang, aber leider ich muss dich enttäuschen, ich steh nicht auf Typen.“ Hätte Ray mich nicht gerufen, hätten sie sonst was mit ihr angestellt.
Ich streckte meine Hand in die Luft. „Wenn ihr euch schon mit mir anlegen wollt, dann wartet gefälligst bis Nacht ist, dann habt ihr vielleicht immerhin eine Chance.“
„Ihr Motten habt uns sogar die Nacht genommen, treibt euch Rum als wärt ihr schon selbst solche...Menschen“, er spuckte das Wort aus wie Dreck, „und verbreitet Hoffnung und Glück, wie Flyer.“
„Neidisch, dass du nicht auch was davon ab haben kannst? Keine Angst, auch für dich kommt irgendwann der Richtige.“
Tylon hob die Hand und wollte mich zur Seite schleudern, ich richtete meine Hand gegen ihn und ließ einen Lichtstrahl auf ihn und die anderen beiden los. Helllichter Tag und gebündeltes Licht war ihnen eindeutig zu viel und sie zogen ab. Ich wandte mich zu Ray um, die mich noch immer anstarrte wie einen Geist.

Ray
Meine Stimme fand sich langsam, steigerte sich und kam anschließend zur Explosion: „Du...du...“
„Ray...“
„...elender...verdammter, selbstsüchtiger, verlogener, missratener, stinkender Haufen Scheiße!“ Mir lagen noch andere Beschimpfungen auf der Zunge, doch irgendwie waren das die ersten, die sich ordentlich eingereiht hatten - und sie saßen. Verrückter Weise fühlte ich mich nicht besser, sondern kam mir vor, als hätte ich mich gerade selbst beleidigt. Doch die Wut siegte. „Du tauchst nach einem Jahr aus heiterem Himmel auf, nachdem ich es endlich geschafft hatte dich zu vergessen – ich log natürlich – und kommst mir an mit einem „Da bin ich“?!“
„Du hast mich gerufen.“
„Einen Scheiß hab ich!“ Es war mir egal, dass ich gerade mitten in einem Fantasy Buch gelandet zu sein schien. Ich sah nur ihn, wie er auch noch eiskalt behauptete, ich hätte ihn gerufen. „Ich würde dich auch dann nicht rufen, wenn du mein letzter Ausweg wärst!“ Warum war jeder Treffer den ich landete, wie ein Dolch, der sich in meinem Herzen umdrehte?
„Du kannst nicht nach einem Jahr so tun, als wärst du nie weg gewesen und dann auch noch die Dreistigkeit besitzen zu behaupten, ich hätte dich gerufen!“
„Glaubst du mir ist das leicht gefallen?“ Er trat einen Schritt auf mich zu und ich machte einen zurück. Ich wollte ihn nicht in meiner Nähe haben. Ich hasste ihn! Auch diese Reaktion war für mich ein Stich ins Herz. Was war das? Wieso fühlte ich alles, was ich ihm antat? „Glaubst du wirklich es ist mir leicht gefallen einfach zu gehen um dich jeden Tag nur aus der Ferne zu sehen und dann auch noch zu sehen wie du leidest? Nicht da sein zu können um deine Tränen wegzuwischen, wenn du jeden Abend am Fenster sitzt und weinst. Dich nicht küssen zu dürfen, dich nicht halten zu können und dann auch noch zu sehen, wie du mit anderen flirtest.“
„Hör auf...“ ich wusste nicht mehr, was meine Gefühle waren und das das war, was von ihm ausging. Was war das? Wie konnte das sein? Er trat näher und ich zurück. Mehr ging nicht, denn hinter mir war die Mauer.
„Den Schmerz zu fühlen, den du fühlst, zu wissen, dass du mich gleichzeitig vermisst und hasst und rufst und gleichzeitig verwünschst... es war so unerträglich. Denk nicht, du wärst die einzige gewesen, die leidet.“ Er trat noch einen Schritt näher und es war kaum noch platz zwischen uns.
„Warum bist du dann gegangen?“ Unkontrolliert rannen Mir Tränen übers Gesicht. Warum musste ich ausgerechnet jetzt weinen?!
Seine Hand strich über mein Gesicht und er wischte die Tränen weg. „Ich wollte es nicht, glaub mir... ich habe nur einen unglaublich dummen Fehler gemacht. Dass du jetzt darunter leiden musst... das ist nicht fair.“ Seine Hand strich über mein Haar und ich nahm den vertrauten Geruch nach Sommerwind wahr. „Bitte glaub mir, ich wollte dir nie wehtun“, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als seine Lippen mein Ohr streiften und ein Schauer über meinen Rücken jagte. „Das ist nicht fair, Luce...“
„Ich weiß“ murmelte er an die Haut unter meinem Ohrläppchen. Ich wollte ihn von mir Stoßen. Ich wollte fragen ob er mich wieder verlassen würde, wollte wissen, ob er mich wirklich liebte... Aber die Gier nach seiner Nähe siegte. Ich warf mich ihm um den Hals und klammerte mich an ihn, wie ein weinendes Kind. Sofort schloss er mich in seine Arme und hielt mich fest. Ich fühlte wie sich seine Muskeln anspannten und betrachtete staunend, wie er seine Flügel ausbreitete. War er also doch ein Engel? Ich unterdrückte einen Aufschrei und kniff die Augen zusammen, als er sich ohne Vorwarnung vom Boden abstieß. Ohne, dass ich es bemerkt hatte, war es dunkel geworden und die kalte Nachtluft streifte mein Gesicht. „Ray“, hauchte er an mein Ohr. „Mach die Augen auf.“ Ich fühlte den Wind in meinem Gesicht und schüttelte heftig den Kopf. „Nein. Ich hab Höhenangst... und Flugangst.“
Er lachte mit seiner tiefen, unergründlichen Stimme und mir wurde warm. „So verpasst du aber das Beste. Vertrau mir.“
Ich zögerte, aber ich konnte nicht anders. Er wollte, dass ich die Augen öffnete und so machte er, dass ich es auch wollte. Ich verstand es nicht, aber es war mir egal. Ich fühlte mich ihm nahe, nur das zählte. Ich öffnete also meine Augen und stieß etwas aus, das zur Hälfte ein Angstschrei zur Hälfte ein Staunen war. Ich klammerte mich noch fester an Luce und sah zu, wie ein Meer aus Lichtern unter uns hinwegglitt. Ich konnte alles sehen. Es war überwältigend – und trotzdem noch erschreckend. „Lass mich ja nicht fallen“, wimmerte ich.
Er grinste nur. „Es gefällt dir.“
„Hab ich schon erwähnt, dass ich dieses Grinsen hasse?“ brummte ich.
„Du liebst es.“
„Gar nicht wahr.“
„Du findest es heiß.“
„Das bildest du dir ein.“ Ich wandte den Kopf ab und fühlte seinen Atem schon wieder an meinem Ohr. „Wirklich?“
„Lass das.“ Ich kniff die Augen zusammen und drehte den Kopf hin und her um ihn abzuschütteln. Er lachte, sein warmes Lachen und landete leichtfüßig vor dem Haus. „Du warst wirklich immer da?“
Nun wurde er ernst und nickte langsam. Ich fühlte, dass er gehen wollte. Er wollte mich wieder verlassen. Meine Hände klammerten sich an sein Shirt und ich sah ihn bettelnd an.
Ja, ich gehörte auch ganz offensichtlich zu der Sorte Mädchen, das aus Einsamkeit den einzigen Menschen, der ihr je so etwas wie Liebe geschenkt hatte anbettelte sie nicht zu verlassen. Er war hin und her gerissen. Ging es ihm wie mir? Waren ihm meine Gefühle genauso nah wie mir seine? „Ich gehe nicht“, sagte er schließlich kaum hörbar. In meinem Gesicht breitete sich Erleichterung aus. Schnell öffnete ich die Tür, bevor er es sich anders überlegte und zerrte ihn förmlich hinter mir her. Bei der Wohnungstür hatte ich vor Aufregung Schwierigkeiten das Schlüsselloch zu treffen. Ich fühlte seinen Brustkorb vibrieren, als er so dicht hinter mir in sich hinein Lachte, seine Hand um meine Schloss und den Schlüssel einrasten ließ. „Danke“, murmelte ich verlegen. Das Schloss klackte. Es war so lange her, dass ich mit ihm alleine war. Jetzt wurde ich doch nervös. Hatte sich etwas zwischen uns verändert?





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