Der Prinz und ich - Teil 5

Autor: Sunny
veröffentlicht am: 18.04.2013


Alice

Schon viertel nach sieben? Scheiße mann, wieso hatte dieser bekloppte Wecker nicht geklingelt? In Windeseile zog ich mich an, putzte mir oberflächlich die Zähne und band mir die Haare schnell zu einem Pferdeschwanz zusammen. Die Schultasche hatte ich gottseidank schon gestern Abend gepackt, also musste ich nur noch eine Flasche Wasser, zusammen mit einem Apfel und zwei Milchbrötchen hineinstecken und sie auf mein Fahrrad schnallen. So raste ich zur Schule. In letzter Sekunde huschte ich in den Klassenraum, bevor es klingelte. Erschöpft ließ ich mich auf meinen Platz sinken und atmete erstmal durch. Normalerweise klingelte mein Wecker um halb sieben, sodass ich ganz entspannt frühstücken und eine morgendliche Beautybehandlung machen konnte. Die bestand aus Pickelcremes – dank denen meine Pickel inzwischen meistens fast unsichtbar waren – und Feuchtigkeitscremes, da meine Haut sehr empfindlich war. Meine Eltern waren zu diesem Zeitpunkt entweder schon lange unterwegs oder schliefen noch, je nachdem ob sie einen Außentermin hatten, zu dem sie weit fahren musste oder von zu Hause arbeiteten und deshalb ausschliefen. Sie waren beide Architekten und leiteten zusammen ein Architekturbüro, das nicht schlecht lief, zumindest konnten wir davon ganz gut leben.
Geschwister hatte ich mir nie gewünscht, im Gegensatz zu anderen Einzelkindern, aber da ich seit meiner Kindheit mit dem Nachbarsjungen, der inzwischen mein bester Freund war, gespielt hatte, hatte mir das Einzelkind sein nie viel ausgemacht. Anfangs hatten meine Eltern ihn, Freddy, nicht besonders gemocht, da er oft sehr komisch war und manchmal eine ganze Nacht lang draußen blieb und dort spielte, aber inzwischen gehörte er fast zur Familie. Ich war erst einmal bei ihm zuhause gewesen, damals hatte ich nach ihm gesucht, weil er nicht wie jeden Nachmittag auf dem Spielplatz, der sich gleich bei uns um die Ecke befand, erschienen war. Sein Vater hatte mich freundlich abgewiesen, Freddy sei krank und würde wieder kommen sobald er gesund wäre. Am nächsten Tag kam Freddy wieder an den Spielplatz, allerdings war er absolut bleich und sagte mir, ich dürfte nie wieder bei ihm klingeln, aber anrufen wäre okay. Er gab mir seine Telefonnummer. Damals war ich acht Jahre alt gewesen und war am Telefon oft schüchtern gewesen, deshalb rief meist meine Mutter für mich bei Freunden an. Als Freddy danach das erste Mal wieder nicht kam, rief ich bei ihm an, und zwar selber, ohne meine Mutter. Dabei hatte ich ziemlichen Bammel, aber dieser war unnötig, wie sich herausstellte, denn er ging auch selbst dran, genauso wie die folgenden Male, sodass die Aufregung nach einiger Zeit nachließ und ich von da an immer öfter mit ihm telefonierte. Einige Jahr später ließ meine Mutter uns deshalb genervt eine zweite Telefonleitung mit Flatrate einrichten, damit ich nicht dauernd die Leitung belegte und die Kunden von Ihnen wieder sofort durchkamen. Ganz stolz war ich damals zu Freddy gelaufen und hatte ihm meine neue Nummer gegeben. Dies war am Ende der vierten Klasse gewesen, bis dahin waren wir auf unterschiedlichen Schulen gewesen, ich auf einer Grundschule für Akademiker-Kinder, er auf einer staatlichen. Doch danach waren wir auf das gleiche Gymnasium gekommen, da meine Eltern festgestellt hatten, dass ich nicht zu den anderen Schnöseln passte und mich auch nicht zu einem so verzogenen Kind entwickeln sollte. Seit dieser Zeit waren wir in einer Klasse gewesen und immer nebeneinander gesessen, ab der achten Klasse gehörte auch Elli zu unserem Bunde, nachdem sie zu uns in die Gegend gezogen war und wir uns alle drei auf Anhieb verstanden hatten.
Die saß neben mir und stupste mich, kaum dass ich wieder einigermaßen bei Atem war, in die Seite: „Und, was gibt’s neues von Bastihäschen?“ Dabei grinste sie wie ein Honigkuchenpferd. „Wie hast du ihn gerade genannt?“, hakte ich ungläubig nach. „Bastihäschen, alternativ auch Bastischatzi, je nachdem was dir lieber ist“, fuhr sie fort. „Elli! Du bist UNMÖGLICH!“, beschwerte ich mich. Offensichtlich etwas zu laut, denn unser ganzer Kurs blickte und amüsiert und neugierig an. „Dass die beiden Damen unmöglich sind, habe ich auch öfter festgestellt, aber darf man ihre Gründe für diese Aussage erfahren?“, erkundigte sich mein Mathelehrer grinsend.
„Tut mir leid, zu diesen Informationen haben leider nur Befugte Zugang, Mathelehrer sind somit von vornerein ausgeschlossen. Ich hoffe, Sie haben für diese bedauerliche Lage Verständnis“, gab ich mit einem Zwinkern zurück. Er war echt okay und hatte immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, genau wie ich. Außerdem war ich in Mathe recht gut, also durfte ich auch mal nicht aufpassen. Bei Elli dagegen sah das etwas anders aus. Zwar war sie in Naturwissenschaften wie Chemie und Physik gut, dafür sah es in Mathe nicht so rosig aus.






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