Der Prinz und ich - Teil 9

Autor: Sunny
veröffentlicht am: 07.05.2013


Alice

Dieser komische Traum ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Wieso träumte ich davon, Lucas zu heiraten? Den ganzen Tag hatte ich mir darüber Gedanken gemacht, schließlich träumte man Dinge meist aus bestimmtem Anlass. Natürlich auch, weil man sich dann mit diesem Thema in den letzten Tagen davor beschäftigt hatte, aber ich glaubte außerdem daran, dass Träume einem etwas zeigen wollten, dass das Unterbewusstsein nachts Lösungen für Probleme fand. Und meines war momentan, dass ich nicht wusste, was ich fühlte. Seit gestern schrieb ich nun dauernd mit Basti, und er war auch wirklich nett, aber wollte ich wirklich unsere Freundschaft und den Zusammenhalt der Band gefährden? Auch wenn mir klar war, dass Basti immer mir in der Band vorgezogen werden würde, ganz nach dem Prinzip „Bros before Hoes“, wie er im Bro Code beschrieben war, war ich mir dennoch außerdem sicher, dass mich die Jungs inzwischen alle sehr gerne mochten. Was würde wohl passieren, wenn ich mich von Basti trennen würde? Würde die Band auch ohne mich weiterexistieren? Bevor ich dazugestoßen war, hatten die Jungs keinen einzigen Auftritt gehabt, immer nur in ihrem stillen Kämmerchen geprobt. Würden sie dass dann wieder so machen oder würden sie es trotzdem zu was bringen? Sie hatten alle enormes Potential, nur waren sie entweder zu schüchtern oder zu beschäftigt, um es voll ausnutzen zu können. Besonders Lucas spielte unglaublich gut, wenn er seinen Bass in der Hand hielt, schien er mit dem Instrument zu verschmelzen und als eine Einheit zu spielen. Ohne seine Freunde würde er allerdings sich gar nichts trauen, würde er trotzdem den Durchbruch schaffen? Eine weitere Frage war, ob das die wirklichen Gründe waren, warum ich nicht mit Basti zusammenkommen wollte. Vielleicht wollte ich es ja auch gar nicht? Ich war komplett verwirrt und hatte das scheinbar auch deutlich nach außen gezeigt, denn nach Unterrichtsschluss fing mich Freddy ab und fragte mich, was mit mir los war. Doch statt zu antworten warf ich mich in seine Arme und ließ mich erstmal knuddeln.
Als ich danach mich auf den Heimweg begeben wollte, begleitete Freddy mich bis direkt vor die Haustür, da er mir nicht zutraute, dass ich es „in diesem emotional überladenen Zustand“, wie er es ausdrückte, es allein dorthin schaffte. „Was ist denn jetzt eigentlich los?“, wiederholte er seine Frage nochmal, nachdem wir vor meinem Haus angekommen waren. „Es ist kompliziert“, sagte ich nur und blickte zu Boden. Irgendwie was es komisch mit Freddy über derartige Gefühle zu reden. Er war mein bester Freund, ja, aber ich hatte mit ihm noch nie über Liebe oder Jungs, die ich süß fand geredet. Zwar hatte ich schon einmal einen Freund gehabt, aber das war zu der Zeit gewesen, als er auf Auslandsjahr in Amerika gewesen war und unsere Beziehung war zu Ende gewesen, bevor Freddy wieder zurückkam.
„Soll ich mit reinkommen? Dann können wir da weiterreden“, schlug er nach kurzem Schweigen vor. Ich stimmte zu und bat ihn rein. Meine Eltern waren heute sowieso nicht da, weil sie einen Außentermin hatten, also konnte es sie auch nicht stören. Aus der Kühltruhe holte ich zwei Tiefkühlpizzen und steckte sie in den Ofen. Danach setzte ich mich zu Freddy auf das Sofa in unserem Wohnzimmer und schwieg ihn wieder an, bis ich schließlich ansetzte und ihn von meiner Problematik mit Basti erzählte. Er hörte geduldig zu, unterbrach mich nicht, auch wenn ich teilweise wirre Dinge erzählte und nahm mich in den Arm, als mir die Tränen kamen, weil ich fertig und verwirrt war. Nachdem ich geendet hatte, überlegte er kurz und gab dann seine Meinung über die Sache preis: „Also ich denke, dass du ihn magst, aber gleichzeitig unterbewusst verängstigt bist, weil er ja ein ziemlicher Playboy zu sein scheint, zumindest deiner Erklärung und der Tatsache, dass Elli, die ja ein Fable für Arschlöcher hat, ihn mag, nach. Jetzt musst du halt wissen, ob du das Risiko eingehen willst, aus der Band rauszufliegen, oder ob du nicht lieber weiter mit ihm flirtest, aber dann, sobald du einen anderen netten Jungen, in den du dich verliebst, ihn hinter dir lässt.“



Kili

Das Essen, das auf dem Tisch in der Mitte aufgetragen war, sah köstlich aus, doch alle anderen Anwesenden schienen noch auf etwas zu warten, deshalb stürmte ich auch nicht zum Buffet los. Ich wollte nicht noch mehr aus der Reihe tanzen als ich es eh schon mit meiner Jeans und meinem Tshirt tat, wohingegen der Rest prunkvolle Kleidung trug. Die Kleider der Frauen sahen unglaublich aus, mit Gold bestickt und perfekt auf ihren individuellen Körper angepasst, wohingegen die Kostüme der Männer eher wie aus dem Mittelalter entsprungen aussahen, mit Pluderhosen, Schulterpolstern und Absatzschuhen. Vorhin, als ich vor dem Tor dieses Palastes aufgewacht war, hatte der Mann, der nun zu meiner rechten Seite saß, mich schon auf meine unpassende Kleidung angesprochen, und dass man nicht immer die Kultur des neuentdeckten Landes übernehmen müsse, auch wenn man der Herold sei. Zwar hatte ich nur Bahnhof verstanden, aber nachdem ich mich nicht auskannte, war ich ihm einfach gefolgt und dann hier gelandet.
Plötzlich verstummten die leisen Gespräche um mich herum und alle Blicke richteten sich auf die eine Seite der Tafel. Dort war gerade ein einzelner Mann eingetreten, der sich nach allen Seiten verneigte, bis er mich erblickte. Was zur Hölle machte denn Lucas hier? Schnurstracks ging er auf mich zu und blieb nur eine Armlänge von mir entfernt stehen: „Redet, was habt Ihr aus dem neuen Land zu berichten?“ „Was?“, fragte ich in einem hochintelligenten Tonfall, den er mit einem missbilligenden Blick quittierte. „Was Sie vom König aus dem neuentdeckten Land für eine Nachricht zu übermitteln haben, will ich wissen! Dass sie dort waren, sieht man ja!“, stellte er dann mit einem Blick auf meine Kleidung fest. Was hatten die denn alle mit ihrem neuen Land und meiner Kleidung? „Ähm, ich soll freundliche Grüße ausrichten?“, startete ich einen schlechten Versuch, irgendetwas Sinnvolles zu sagen. „Also will er keinen Krieg?“, fragte Lucas genervt. „Öh…Nein?“, gab ich mit etwas fragendem Unterton zurück, weshalb er nochmal mit einem „Nein?“ nachfragte. „Nein“, bekräftigte ich. Nicht dass ich noch einen unnötigen Krieg auslöste, nur weil der eine vom anderen glaubte, dass der Krieg führen wollte. „Na, dann haben wir ja allen Grund zu feiern!“, verkündete Lucas laut, „Auf den Frieden und meine baldige Hochzeit!“ – „Auf den König!“, riefen da alle Anwesenden und prosteten Lucas zu. Da traten die Männer, die davor die ganze Zeit fast bewegungslos an der Wand stehend verharrt hatten hervor und verstreuten sich über den ganzen Saal und brachten den Gästen Essen. Einer der Männer kam zu mir und stellte mir einen voll beladenen Teller mit Schweinebraten, Thunfischstreifen und Bratkartoffeln hin. Lecker, meine drei Lieblingsspeisen! Dabei hatte ich dem Bediensteten noch nicht einmal gesagt, was ich wollte!
Nachdem ich mit Essen geendet hatte, nahm ich nun den Raum, in dem ich mich befand genauer wahr. Die Wände waren mit riesigen Spiegeln bestückt, die mit Marmor und Gold verziert waren und überall waren Büsten von Lucas und seiner Familie, zumindest erkannte ich einige seiner Verwandten wieder. Die Decke bestand aus einem riesigen Gemälde, auf dem man Lucas sah, wie er auf einem Pferd saß, das Schwert zum wolkenverhangenen Himmel erhoben und ein Heer anführte, das gegen eine kleine Menschengruppe, die aber Pistolen in der Hand hielten, kämpfte.
Plötzlich fiel mir auf, wie unrealistisch und doch realistisch das hier alles war. Das hier war kein Traum, dafür war mein Blick viel zu klar und das Umfeld zu real, aber es war auch nicht die Wirklichkeit, weil…weil Lucas in der Wirklichkeit einfach kein Herrscher war, in der Wirklichkeit außer bei irgendwelchen Mittelalter-Festivals niemand solche Kleidung trug und das alles hier viel zu unrealistisch war. Das gab es doch gar nicht! Vielleicht war es ja echt ein Mittelalterfest? Aber wieso sollte sich jemand wegen sowas die Mühe machen, einen ganzen Palast zu bauen? Und dann auch noch überall Büsten und Bilder von Lucas anzubringen? Das war doch alles Schwachsinn!








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