Die Bestimmung - Flucht - Teil 6

Autor: lucy-josephin
veröffentlicht am: 24.04.2012


Danke für das wunderbare Kommentar. Hier kommt wieder was... Viel Spaß
Lucy

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Ich zog die Karte heraus, die ich bis jetzt noch nie gebracht hatte. Es gab nur einen relativ sicheren Weg durch den Nebel, denn überall gab es Gäben und Schluchten, in die man stürzen konnte. Und ja, dann gab es noch die Legende von den Wächtern der Gräber der verfluchten Bergen. Die Wächter schützten angeblich das Erbe ihres Volkes vor Eindringlingen. Wanderer und Händler verschwanden schon des öfteren hier, und kehrten nie wieder zurück. Ich seufzte, dann ließ ich das Pferd langsam in den Nebel reiten. Ich musste mich auf dem eingezeichneten Pfad halten, so konnte ich relativ gut voran kommen, nur gegen die angeblichen Wächter ließ sich nichts machen. Wenn es sie wirklich gab, und das glaubte ich nicht, dann hielt ich immer meinen Bogen und ein Messer bereit. Zur Sicherheit, schließlich weiß man nie... Jetzt war ich so weit im Nebel verschwunden, dass ich den Waldrand nicht mehr erkennen konnte. Ich drehte mich einmal noch um, dann trieb ich deb Schimmel an, schneller zu laufen. Ich beschloss meinen einzigen Begleiter einen Namen zu geben. "Was hälst du von Ivan? Oder lieber Xenio?" fragte ich laut in die unheimliche Stille. Das Pferd schnaufte und ich entschied mich für Xenio. Meine Stimme klang noch kurz nach, was wohl an dem Stein lag. Tatsächlich tauchten riesige Felswände auf, die jedes Geräuscht um ein Vielfaches verstärkten. Anscheinend stieg der Berg steil an, während der Pfad geebnet wurde. Angst schlich sich still und leise in mein Herz, machte sich auch in meinem Kopf breit, doch ich musste ruhig bleiben. Jeder falsche Schritt konnte den Tod bedeuten. Inzwischen wurde es dunkler und die Umgebung beklemmender, die weiße Nebelwand noch dichter. Mein Herz klopfte so laut, dass ich dachte, die Wächter würden mich allein so hören. Aber das war Unsinn, denn Xenio war viel lauter. Und es gab diese Wesen nicht. Irgendwie lösten diese Berge etwas aus, was ich noch nie als so stark empfunden hatte. Ich verdrängte diesen Gedanken wieder und sah auf meine Karte. Ich würde hier übernachten müssen, ob ich wollte oder nicht. Wie von selbst leitete der Schimmel mich durch diese undurchsichtige Suppe und schließlich kamen wir an einer Höhle vorbei. Sie war klein, eigentlich nur eine Ausbuchtung, doch sie war vom Weg aus nicht direkt zu sehen. Also einfach perfekt für mich. Ich stieg ab und als ich auf den Boden aufkam, knirschte es laut. Mein Magen drehte sich um, als ich sah, auf was ich da gestiegen war. Ein Skelett lag dort, der Schädel mit leeren Augenhöhlen starrte mich hämisch grinsend an und prophezeite mir den Tod. Sofort zog ich meinen Fuß zurück und achtete nun darauf, nicht auf den Toten zu steigen. Innerlich verfluchte ich mein Ungeschick und den Nebel. Ich war schon in dem Versteck, als ich es mir anders überlegte und umkehrte. Vorher band ich Xenio's Zügel an einen hervorstehenden Stein, damit er nicht davon laufen konnte. Ich beugte mich langsam über die Überreste. Es war kein Fleisch mehr an den Knochen und auch keine Kleidung. Es schien auch nicht so, als würde er hier zufällig liegen. Etwas, oder höchstwahrscheinlich jemand, hatte ihn hier platziert, vielleicht als Abschreckung. Ich fand keine Waffe bei ihm, aber offensichtlich starb er durch einen Schlang auf den Kopf, denn ein großes Loch war in der Schädeldecke zu erkennen. Wer auch immer das getan hatte, er war sehr kräftig und brutal. Das verbesserte mein Gefühl nicht gerade. Mein Kopf fuhr aus einem dummen Reflex nach oben und versuchte etwas in dieser Dunkelheit auszumachen. Nichts. Keine Bewegung, kein Geräusch. Ich streckte mich, und ging zurück zu Xenio, der unruhig mit den Hufen scharrte. Ihm war es genauso unbehaglich wie mir. Der Rucksack, der mir so schwer auf der Schulter lag, landete in einer Ecke und ich plumpste hinterher. Ich holte ein Stück Bort heraus und biss genüsslich hinein. Dann trank ich einen Schluck Wasser und seufzend legte ich es beiseite, denn es musste ja noch eine Weile reichen. Ich drückte mich in eine dunkle Ecke, legte meinen Kopf gegen den kühlen Stein und schloss die Augen. Einen Moment später fiel ich in einen unruhigen Halbschlaf, indem der Tote mich immer noch angrinste.

Nathan folgte ihrer Spur. Sie war so leichtsinnig! Also doch so dumm, ihre Spur nicht ansatzweise zu verwischen. Wie es aussah, wollte sie nach Cecha, aber somit musste sie auch durch die verfluchten Berge... Das überlebte sie sicher nicht, sein kleines Prinzesschen. Ein kleines Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. "Bald bist du tot..." murmelte er, während er in den dichter werdenden Nebel ritt. 9 Männer folgten ihm, wenn auch ein wenig zögernder.

Ich wurde von etwas geweckt. Aber von was? Ich horchte angestrengt, aber nichts schien passiert zu sein. Und doch... Ich blickte mich um. Da traf es mich wie ein Blitz: Xenio war weg! Verschwunden. Wie ein Geist. Mein Kopf drehte sich hektisch in alle Richtungen, und Panik schnürte mir die Kehle zu. Plötzlich bewegte sich etwas im Nebel. Eine Gestalt trat an meinen Rastplatz, dick eingehüllt, sodass ich nicht erkennen konnte, um wen es sich handelte. "Was machst du hier?" schnauzte eine lallende Stimme mich an und kam auf mich zu, in der Hand ein langes Schwert. "Ich..." mein Hirn arbeitete auf Hochtouren, aber es war wie leergefegt. Inzwischen stand der Mann vor mir und hielt mir die Spitze seiner scharfen Waffe unter das Kinn. Sein Gesicht verdeckte ein Stück Stoff und sein schlanker Körper war von schwarzem Leinen bedeckt. "Rede!" herrschte er mich an und ich zuckte unwillkürlich zurück, als ich in seine dunklen Augen sah. Sie strahlten nur so vor Macht und Mordlust. "Ich bin eine Reisende. Ich will nach Cecha." erwiderte ich fest, während ich ihn nervös nach meinem Bogen schielte. "Ach ja...?" Offenbar glaubte er mir nicht. Ich musste mir etwas einfallen lassen, denn der Bogen lag immer noch unter mir, leider ohne Pfeil. "Das Pferd war aber nicht so wertlos. Außerdem reist ein Mädchen nicht allein." Es hieß Zeitschinden, um den Bogen zu ergreifen. Ich beschloss kurzerhand, die Wahrheit, oder zumindest einen Teil, preiszugeben. "Ich bin auf der Flucht. Und eine Mörderin." Jetzt hob der Unbekannte belustigt eine Augenbraue: "Du siehst aber nicht sehr gefährlich aus, Kleine." Wie aus Kommando packte ich meinen Bogen und ließ ihn gegen das kalte Metall krachen. Der Mann war überrascht und hatte seine Waffe offensichtlich nicht richtig fest gehalten, denn nun flog sie gegen den Stein, was ein lautes Klirren hervorrief. Die Überraschung stand deutlich in seinem Gesicht geschrieben. "Tja," sagte ich, "Da hast du dich wohl geirrt!" Ich drehte mich zu der Stelle, an der ich meine Pfeile versteckte und klaubte einen auf. Mit einer raschen Drehung wandte ich mich meinem Feind, der sein Schwert wieder in der Hand hatte, zu und legte während dessen den Pfeil ein. "Stehen bleiben." knurrte ich. Er stoppte in seiner Bewegung und blickte mich an. Nein, er sah über meine Schulter! "Bogen runter!" flüsterte eine dunkle Stimme in mein Ohr





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