Turkish Delights - Zucker und Zorn - Teil 3

Autor: Maggie
veröffentlicht am: 06.09.2012


Weiter geht’s :)
Eine Anmerkung: Ich weiß, dass sich nicht jeder für den Tierschutz begeistern kann oder gar Verständnis aufbringt, in dieser Hinsicht ist es doch ein gern umstrittenes Thema, allerdings ein Thema, welches mir am Herzen liegt ;)
Allerdings wird sich die Story nicht ausschließlich darum drehen...es ist ja immer noch eine Liebesgeschichte :D
Nochmal ein großes Danke an die fleißigen Kommentierer.
Gruß Maggie ♥


Kapitel 3

Marlena hatte in ihren kurzem Leben schon so Einiges gesehen – Grauenhaftes, Abstoßendes, Leid und Tod – alles beim Tierschutz.
Sie hatte Tiermessi-Wohnungen ausgeräumt, auf einem angeblichen Gnadenhof verkrüppelte Pferde eingefangen, Babykatzen mit ausgelaufenen Augen von der Straße gegabelt und ein Haus gesehen, in dem ein Animal-Horder über 7000 Kanarienvögel gefangen hielt, wo sich die gefiederten Opfer bereits gegenseitig vor Hunger und Qual auffraßen.
Wenn sie diese scheußlichen Erinnerungen addierte, kam sie ungefähr auf das, was sich ihr hier offenbarte. Und dabei sah sie gerade mal nur die Dinge, die der kleine Lichtkegel der Lampe erhellte.
Der Raum, in dem sie sich befanden, war relativ hoch und wahrscheinlich ziemlich groß, er musste ein Drittel der Grundfläche des gesamten Gebäudes einnehmen.
Der Schein der Maglite beleuchtete eine Reihe von Käfigen, wahllos übereinandergestapelt und völlig verdreckt. Im Licht tanzten Federn und Staub. Die Geräuschkulisse bestand aus leisem Glucksen, vereinzeltem Scharren und einem undefinierbaren Geräusch, welches Marlena schon oft gehört hatte.Eine Mischung aus kleinen verkrampften Atemzügen gepaart mit animalischen Schmerzenslauten.
Am liebsten hätte sie sich die Hand vor den Mund gehalten, wäre auf der Stelle umgekehrt, fortgerannt und würde diesen Ort für immer aus ihrer Erinnerung streichen. Doch sie straffte die Schultern, zog aus ihrem Rucksack ebenfalls ein kleine Taschenlampe und ging langsam zu dem ihr am nächsten stehenden Käfig.
Das Huhn sah sie aus vereiterten Augen an.
Es lag auf ihren Kameraden, die entweder schon halb verwest waren oder gerade ihren letzten Atemzug ausstießen. Das kleine Drahtgestell war so groß wie ein Einkaufskorb, in ihm befanden sich mindestens drei noch lebende und eine undefinierbare Anzahl von toten Hühnern. Sie vermochte nicht zu schätzen, wie viel es waren. Aus dem vor Maden wimmelnden Haufen von Federn, Hühnermist und Knochen war kaum etwas zu erkennen. Dafür war der Geruch umso intensiver.
Und sie hatte sich vor dem vollgepissten Kinderpool geekelt!
Das hier war kein Vergleich. Der süße Geruch von Verwesung hatte sich bereits in den Stoff ihrer Kleidung gefressen. Sie dachte kurz, dass sie diesen unglaublichen Mief nie wieder aus ihrer Nase bekommen würde.
„Gut, Leute, damit hat wohl keiner gerechnet.“ , flüsterte Arno leise und sie hörte den echten Schock in seiner Stimme. „Macht euch an die Arbeit!“
Alles in ihr weigerte sich dagegen, dieses unsagbare Leid auch noch fotografisch festzuhalten. Es war nicht richtig! Sie sollte jeden einzelnen verfluchten Käfig öffnen und den letzten Rest an Überlebenden retten. Es kribbelte in ihren Fingern, sie war kurz davor, dieses Huhn, welches sie so ausdruckslos anstarrte, aus der Todeszelle zu befreien.
Es war wohl ursprünglich mal weiß gewesen, jetzt hatte das Federkleid einen undefinierbaren Grauton angenommen. Am rechten Flügel war ein ungewöhnlich dunkler Fleck. Ob es sich nur um eine Pigmentstörung handele, um Blut oder Kot, war nicht zu erkennen.
Sie hätte ihm zu gern geholfen, wusste aber, dass das eine fatale Entscheidung gewesen wäre. Solange sie hier nur Bilder machten, hatten sie nur nur die Straftat des Einbruchs zu verantworten. Diebstahl war da schon ein ganz anderes Kaliber.
Wie schon so oft, musste sie über die Qual des Einzelnen hinwegsehen, zum Wohle des Ganzen.
Es gefiel ihr nicht. Mit zusammengepressten Lippen schaltete sie ihre Canon ein und schoss das erste Bild. Der Blitz erhellte den riesigen Raum und beleuchtete eine Andeutung von dem, was noch vor ihr lag.
Bis unter die Decke waren die Käfige gestapelt, die Gänge dazwischen waren eng und kurz. Hier gab es keine systematische Anordnung, die zum Beispiel vorteilhaft beim Füttern und Tränken der Tiere gewesen wäre. Nein, alles war durcheinander, ein Labyrinth aus Boxen und Käfigen, die keinem Zweck zu dienen schien.
Während Marlena ein Bild nach dem anderen schoss und immer tiefer in die Grausamkeit dieses Ortes watete, fragte sie sich, was das hier eigentlich war.
Mehr als die Hälfte der Tiere war tot, der Rest schien diesem Schicksal nicht fern. Dies waren keine Legehennen, auch auf das Fleisch konnte man nicht scharf sein, wenn man die hygienischen Umstände sah. Selbst in der Türkei gab es Vorschriften und Bestimmungen, an die sich größtenteils gehalten wurden.
Was zur Hölle war das hier also?
Um sie herum erleuchteten immer wieder kurze Blitze die stickige Dunkelheit. Mittlerweile hatte sie sich einigermaßen an den Geruch gewöhnt, er war nicht mehr so beißend, wie zu Beginn. Sie sah sich nach ihren Mitstreitern um und stellte mulmig fest, dass sie ziemlich tief drinnen in dem Käfigwirrwarr steckte und die anderen sich nicht so weit vorgetraut hatten.
Sie schoss noch ein Bild. Im Grunde ähnelte eine Aufnahme der Anderen: Ein halbtotes Huhn hinter Gittern auf mehreren richtig toten Hühnern.
Es war einfach nur grauenvoll. Die Tiere waren so gut wie federlos, abgemagert und voller tiefer und nekröser Verletzungen, die sie sich wahrscheinlich in ihrer Panik und Verzweiflung an den Knochen der verwesten Artgenossen zugezogen hatten.
Sie hatte genug, außerdem war es so alleine zwischen den hohen Käfigstapeln mehr als unheimlich.
Sie irrte durch die schmalen Gänge in Richtung der Blitzgewitter ihrer Kollegen. Dabei durchlief sie mittig den Raum, da sie es sich einfacher vorstellte, nur an der Wand zurück zu gehen, statt sich womöglich noch in der Mitte zu verlaufen.
Sie kam gerade an der gegenüberliegenden Seite an, also genau an der Stelle, an der sie am weitesten vom Ausgang entfernt war, als plötzlich nacheinander die Lichter an der Decke eingeschaltet wurden.
Im ersten Moment war ihr nicht mal bewusst, was das zu bedeuten hatte.
Dann hörte sie ein „Scheiße!“ und ein „Weg hier!“, als ihr klar wurde, dass sie erwischt worden waren. Vor Schreck presste sie sich wie versteinert an die Wand.

Sie vernahm laute Schritte, fremde Stimmen, die in unverständlichen Worten schrien, Käfige knallten, Hühner gackerten empört und sie stand da wie festgefroren.
Durch die hohen Stapel sah sie nichts, sie hörte nur durcheinander geratenes Brüllen in unterschiedlichen Sprachen und dann rief jemand ihren Namen. Das war dann der Moment, indem sie etwas sehr unlogisches tat. Später fragte sie sich oft, was sie in diesem Augenblick nur geritten hatte.
Marlena rannte wieder direkt in das Labyrinth des Grauens. Sie hätte ihren ursprünglichen Plan verfolgen sollen, sie hätte an der Wand zurück gehen müssen, doch sie stürzte sich in den Irrgarten der Käfige. Und schon nach den ersten Metern hatte sie komplett die Orientierung verloren.
Panisch lief sie durch die engen Gänge, alles sah gleich aus und die lauten Stimmen, die durch das Gebäude hallten, versetzten sie immer mehr in Angst und Schrecken.
Die Verantwortlichen für diese Tierquälerei waren ihnen auf die Schliche gekommen. Ihr schoss die Frage durch den Kopf, in was für einer Gefahr sie sich befand.
Was waren das für Menschen? Was würden sie dafür tun, dass dieser Ort weiterhin ein grausames Geheimnis blieb? Kurzerhand entschloss sie sich, die Antwort darauf nicht erfahren zu wollen. Sie wollte einfach nur hier raus, zu den Anderen und dann weg hier.
Doch erstmal musste sie den Ausgang finden. Während sie weiter zwischen den Käfigen hin und her rannte, sah sie nach oben und versuchte sich daran zu erinnern, auf welcher Seite sich überhaupt die Tür befand. Dann blieb sie an irgendetwas hängen. Ob es eine Unebenheit in dem verkoteten Boden war oder eine offen stehende Käfigtür, wusste sie nicht. Das war auch egal, denn es war zu spät sich umzusehen. Sie stürzte ungebremst auf den dreckigen Boden, schlug mit den Händen auf, schleuderte dabei Taschenlampe und Kamera von sich und spürte einen heißen Schmerz in der linken Handfläche. Überrumpelt schnappte sie nach Luft, der Aufschlag saß ihr noch in den Knochen und sie sah flüchtig zu ihrer Hand, aus der eine bedenkliche Menge an Blut floss.
Sie rappelte sich auf und sah sich um, irgendetwas kam ihr hier bekannt vor. Und es war merkwürdig ruhig.
Die lauten Stimmen waren verstummt, es war plötzlich so leise, bis auf das aufgeregte Gackern der noch lebenden Hühner.
Dann sah sie direkt in zwei bekannte Augenpaare. Es war das Huhn, welches sie als erstes fotografiert hatte, das Weiße mit dem ungewöhnlichem braunen Fleck am rechten Flügel. Sie war am Ausgang!
Sie drehte sich um und sah die Tür.
Unendliche Wellen der Erleichterung schossen ihr durch den Körper und sie war schon im Begriff hinaus zu stürzen, als sich kurz ihr Herz verkrampfte.
Zum zweiten Mal an diesem Abend tat Marlena etwas, dass nur schlecht nachzuvollziehen war. Sie selbst nannte es später einfach nur Fügung.
Sie öffnete flink den Käfig, schnappte sich ohne zu Zögern das schwache Federvieh, presste es sich gegen die Brust und lief zur Tür.
Sie wähnte sich schon in Freiheit, als sich ein dunkler Schatten vor ihr erhob.
Fast hätten ihr die Knie versagt, so sehr schoss ihr die Angst in die Beine.
Genau in der Tür, ihrem einzigen Ausweg, stand ein hünenhafter Riese, bekleidet mit Tarnsachen in Camouflage-Muster. Er trug sogar einen Helm.
Sie starrte ihn an und er starrte zurück. Er hatte ein junges Gesicht und warme braune Augen, die so garnicht zu seiner ernsten Miene passten. Ihr Blick fiel an ihm herunter und blieb an einem Maschinengewehr hängen.
Ihr Herzschlag setzte aus. Er presste die Waffe gegen seine Brust, so, wie sie das Huhn an die Ihre presste. Die Beiden gaben ein höchst merkwürdiges Bild ab.
Mädchen gegen Soldat, Huhn gegen Gewehr - ein ungleicher Kampf.
Wieder sah Marlena in die Augen des jungen Mannes. Seine ganze Erscheinung passte einfach nicht zu diesen Pupillen, die etwas Gutes ausstrahlten. Sie klammerte sich daran fest und wagte einen aberwitzigen Versuch. Sie wusste, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte, da es durch die Maske verdeckt war, dennoch flehte sie ihn mit ihren blau-grauen Augen, legte ihre ganze Verzweiflung und Angst in diesen Blick und baute auf die Wirkung, die ihre Augen schon öfters in der Männerwelt ausgelöst hatten.
Er stand vor ihr wie ein unbeweglicher Fels. Er blickte an ihr hinab ohne eine Miene zu verziehen.
Er sah das Huhn in ihren Armen, registrierte ihre zitternden Hände und wie sich ihr Brustkorb panisch unter den aufgeregten Atemzügen hob und senkte. Dann blickte er in ihre mandelförmigen Welpenaugen. Sekundenlang schien er sich darin zu verlieren und Marlena war kurz davor, die Lider zu senken.
Doch plötzlich veränderte sich etwas in seinem Gesicht. Er schien mit sich zu ringen, sah sich kurz um, starrte wieder verärgert zu ihr und presste zwischen den Lippen hervor: „Verschwinde! Sofort!“, das er deutsch sprach, nahm sie nicht mal zur Kenntnis.
Marlena konnte nicht glauben, was da passierte, doch sie gehorchte. Sie trat an ihm vorbei, gelangte hinaus und rannte dann so schnell sie konnte über die Wiese zu dem Loch im Zaun, sie blickte nicht einmal zurück.
Sie lief in die Dunkelheit, die Schwärze der Nacht umfing sie. Nur das Huhn leuchtete an ihrer Brust... und zu ihrer Verzweiflung mehrere Scheinwerfer, die sich immer weiter von dem Gelände entfernten. Das waren ihre Mitstreiter. Sie hatten sie zurückgelassen!
Ohne, dass diese Tatsache sie wirklich erreichte, lief sie stur weiter. Ihr Gehirn weigerte sich diese Information zu verarbeiten. Mehrmals sah sie sich dann um, doch sie wurde nicht verfolgt. Das Gelände um das Gebäude war nun hell erleuchtet, kleine Schatten bewegten sich ringsherum.
Automatisch setzte sie einen Fuß vor den anderen, lauschte ihren angestrengten Atemzügen und konzentrierte sich auf die Lichter von Antalya, die Millionen von Kilometern entfernt zu liegen schienen.
Sie kam an einem Baumwollfeld vorbei, zur Straße hin standen einige karge Mandelbäume.
Direkt im Schutze eines Baumes ließ sie sich erschöpft auf die Knie fallen.
Ihr Herz klopfte ihr nun vor Anstrengung in den Ohren, ihre verletzte Hand pochte schmerzvoll im selben Rhythmus.
Sie riss sich die Maske vom Gesicht und schleuderte sie angewidert in den Straßengraben.
Endlich gestattete sie es sich, ihr Situation zu erfassen und ohne es halten zu können, strömten ihr die Tränen über die erhitzten Wangen.
Sie haben mich zurückgelassen!, hämmerte es ihr immer wieder durch den Kopf.
Einfach so! Sie sind ohne mich abgehauen, haben mich meinem Schicksal überlassen!
Es war unfassbar.
In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nie so verlassen und verloren gefühlt.
Hier saß sie nun, mitten im Niemandsland, Stunden entfernt von ihrem Apartment, welches ihr mit einem Mal trotz der Enge und der spartanischen Einrichtung wie der sicherste Ort auf Erden erschien. Sie sehnte sich nach dem harten Bett.
Mit einem verzweifelten Schluchzer sah sie sich um. Was sollte sie nun tun?
Bis nach Antalya laufen?
Verbittert sah sie ein, dass ihr verdammt nochmal nichts anderes übrig bleiben würde. Von dort aus könnte sie dann einen Dolmus nehmen und zum Hotel nach Side fahren.
Vor ihr lag ein deprimierend langer Weg, den sie in Gesellschaft des Huhns zu bestreiten hatte und der sie die halbe Nacht kosten würde. Von den Gefahren, die in Antalya auf ein hilfloses blondes Mädchen lauerten, wollte sie garnicht erst nachdenken. Auch nicht über den Umstand, dass sie mit einem halbtoten Huhn im Arm durch die Straßen ziehen musste.
Das Tier war erstaunlich ruhig und schmiegte sich an ihre Brust.
Mit einem entschlossenen Seufzer stand sie auf, wischte sich mit der unverletzten Hand die Tränen von den Wangen und brach auf.
Nach etwa hundert Metern, in denen sie schon stark schwitzte, dass ihr Shirt völlig durchnässt war und sie immer durstiger wurde, tanzten auf einmal Scheinwerferlichter vor ihren Augen.
Sie kamen von vorne. Ihr Herz machte einen aufgeregten Hüpfer, während in ihrem Kopf die Alarmsirenen schrillten.
Es gab drei Möglichkeiten: Entweder war das wer vom Tierschutz, der zurückkam, was sie inständig hoffte, aber auch für ziemlich unwahrscheinlich hielt. Es könnte ein ahnungsloser Einheimischer sein, der zufällig ihren Weg kreuzte. Oder, und diese Vorstellung behagte ihr keineswegs, es waren weitere Männer von der Todeshalle. Mit einem Huhn im Gepäck, würde sie wohl unangenehm auffallen.
Was sollte sie also tun? Das Risiko eingehen und sich dem Fahrzeug stellen? Oder sich verstecken und dann weiter durch die Nacht laufen und irgendwann während der nächsten Kilometer verdursten...
Ihre trockene Kehle beantwortete die Frage augenblicklich.
Das Fahrzeug kam immer näher. Schnell setzte sie das Huhn hinter einem großen Stein ab, es war zu schwach zum wegzulaufen und sollten hier gleich wirklich diese gefährlichen Leute aufkreuzen, konnte sie immer noch in das anliegende Baumwollfeld flüchten.
Als das Auto nur noch geschätzte zehn Meter entfernt war, verlangsamte es sein Tempo. Marlena schnürte es vor Angst die Kehle zu, doch sie stellte sich mutig in das Aufblendlicht.
Der wagen legte eine Vollbremsung hin.
Marlena erkannte den alten Golf und atmete hörbar aus.
Die Beifahrertür wurde aufgerissen und Theresa stürzte auf sie zu.
„MARLENA! Gott sei Dank!“ Sie schloss sie in ihre Arme, drückte sie so stark an sich, dass Marlena kurzzeitig die Luft wegblieb.
„Es tut mir so leid! So unendlich leid, aber wir mussten weg und du warst nicht da!“, schluchzte sie hastig. „Ich habe Arno angefleht zu warten, aber er ist einfach losgefahren. Ali war vollkommen aus dem Häuschen, als wir am Treffpunkt ankamen. Er war so wütend. Ich wollte sofort zurück und Yati hat sich gleich bereit erklärt, mit nach dir zu suchen!“ Sie sprach ohne Punkt und Komma, ließ sie dabei nicht aus ihrer Umarmung und drückte sie noch immer fast zu fest an sich. Marlena sah über ihre Schulter und beobachtete wie Yati aus dem wagen stieg. Sie konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen.
Marlena war wie paralysiert, sie war unendlich erleichtert, gleichzeitig jedoch verwirrt.
Theresa hielt sie nun auf Armeslänge und betrachtete sie besorgt. „Geht es dir gut?“
„Ja...-“, brachte sie krächzend hervor.
„Gott sei Dank! Gott sei Dank!“, murmelte sie immer wieder zur Antwort, dann dirigierte sie sie zum Wagen. „Lasst uns so schnell wie möglich hier abhauen. Die anderen warten im Haus auf uns. Ali wird so erleichtert sein...-“
Marlena war schon kurz davor, einfach einzusteigen, so glücklich, wie sie über ihre schnelle Rettung war, als ihr das Huhn einfiel. Sie wand sich aus Theresas umklammernden Griff.
„Warte kurz!“, sagte sie leise, während sie zu dem Stein eilte.
Das Tierchen saß noch immer an dem Platz, wo sie es abgesetzt hatte. Behutsam nahm sie es wieder auf den Arm.
„Marlena was machst du denn? Komm wieder her und steig -“ Theresas Augen weiteten sich ungläubig. „Was ist DAS denn?“, fragte sie erschrocken.
Marlena verzog das Gesicht. „Ein Huhn!?“, antwortete sie und sprach damit das Offensichtliche aus.
Theresas Augen huschten von ihr zu dem gefiederten Tier. „Ist das etwa aus..- Oh mein Gott, es ist voller Blut!“ Sie kam eilig auf Marlena zu und bückte sich geschäftig zu dem Tier.
Marlena sah an sich herab, verwundert über die Aussage ihrer Retterin, da ihr selbst nicht aufgefallen, dass das Huhn so stark verletzt sein sollte.
„Das Blut gehört zu ihr, nicht zu dem Huhn!“ Eine Stimme wie flüssiges Karamell ertönte zu ihrer Rechten. Marlena blickte auf und sah in Yatis Gesicht, welches auf ihre Hand gerichtet war. Dann hob er den Blick und sah sie zum ersten Mal direkt an. Der Umstand ging ihr durch Mark und Bein und sie fühlte sich noch zittriger als vorher. Seine Augen stachen förmlich.
„Deine Hand ist verletzt.“, stellte er emotionslos fest. Marlena nickte stumm, fasziniert von seiner Stimme. Dann kam er noch einen Schritt weiter auf sie zu, sie traute ihren Augen nicht und wich automatisch vor ihm zurück.
Er warf ihr einen leicht argwöhnischen Blick zu, fast wirkte er beleidigt, dann schnappte er sich das Huhn, während Theresa sofort ihre Hand inspizierte.
„Da hast du aber eine tiefen Schnitt!“, stellte sie im Oberkrankenschwesterton fest.
Marlena beachtete sie nicht weiter, sie beobachtete Yati, der das Huhn zum Kofferraum brachte und es dort in einer Box, die jeder Tierschützer dutzendweise in seinem Auto beherbergte, sanft verstaute. Er ging dann zur Fahrertür und stieg ein.
Theresa bugsierte sie ebenfalls zum Auto, wo sich Marlena auf den Rücksitz fallen ließ.
„Wo ist der Verbandskasten?“, fragte Theresa.
„Hier vorne.“, antwortete Yati und reichte ihr eine kleine Box, auf der ein rotes Kreuz geklebt war.
Yati startete den Wagen, während Theresa ihr flüchtig eine Mullbinde um die Hand wickelte. „Wir kümmern uns im Haus dann richtig um die Verletzung“, murmelte sie, stieg vorne ein und Yati fuhr ruckartig an, um das Auto zu wenden.





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz