Sour and Sweet - Teil 5

Autor: little Lion
veröffentlicht am: 16.05.2013


Zusammengekauert und mit rasendem Herzen, das ihr bis zum Hals schlug saß Sherry auf einer der Toiletten. Die Tür verriegelt. Sie konnte sich nicht rühren, ihr Körper fühlte sich wie gelähmt an. Ihr Verdacht hatte sich bestätigt. Die beiden Menschen, die ungefähr drei Meter Luftlinie, von ihr entfernt standen, waren Verbrecher. Mörder. Und sie hatten vor heute Nacht Jemanden sterben zu lassen. Sie wusste es. Nur sie. Die Druckwelle der Schuld und Furcht floss durch ihren Körper und trieb ihr Tränen in die Augen. Es war ihr Klar, auch wenn sie es nicht wahr haben wollte. Sherry war seine einzige Rettung. Allein sie wusste von dem Plan der beiden Täter. Was bedeutete, das nur sie diesen Mann retten konnte, auf den sie es abgesehen hatten. Oder war es vielleicht sogar noch ein Kind? Sie schluckte. Nein. Kopfschüttelnd versuchte sie einen kühlen Kopf zu bewahren. So grausam konnte niemand sein, hoffte sie. Ein Kind zu ermorden wäre noch kaltblütiger, als das Vorhaben sowieso schon war. Die Gedanken an ihren Bruder waren in diesem Moment aus ihrem Kopf verschwunden. Sie nahm ihr Handy in die Hand. 21:42 Uhr. Sie war schon fast eine viertel Stunde auf der Toilette. Es wurde so langsam auffällig. Das war ihr klar. Einen Augenblick lang, als sie das kleine schwarze Rechteck anstarrte, überlegte sie die Polizei zu rufen. Aber was wenn es dann schon zu spät für den Mann war? Vielleicht waren die beiden Personen schon gegangen und auf dem Weg zu diesem Mann. Die Luft blieb ihr für einen Augenblick stocken. Scheiße. Sie musste etwas unternehmen. Jetzt. Sonst hätte auch sie jemanden auf dem Gewissen. Diese Erkenntnis brannte sich in ihr Gewissen als wäre sie ein Brenneisen. Mit wackeligen Beinen stellte sie sich auf und versuchte sich, mit beiden Händen an der Wand liegend, Halt zu verschaffen. Ihre Augen ruhten auf dem Türgriff. Mut die Tür zu öffnen und hinaus zu gehen, hatte sie eigentlich nicht. Ihr war noch nicht einmal klar, was sie jetzt tun sollte. Aber sie wusste, das sie etwas tun musste. Die Augen geschlossen, die Zähne fest aufeinander gepresst und mit einem kräftigen Ausatmen öffnete sie die Tür und betrat wieder die Kneipe. Um Atem ringend suchte sie mit ihrem Blick die beiden Personen. Sie waren nicht mehr da. Es könnte also schon zu spät sein. Es war ein Spiel auf Zeit. Die Hände zu Fäusten geballt und ohne, das sie eigentlich wusste was sie tat, eilte sie mit schnellen Schritten aus der Kneipe. Sie versuchte nicht nachzudenken was diese Menschen mit ihr Anstellen würden, wenn sie wüssten was sie vorhatte. Wenn sie es jetzt auch auf sie abgesehen hatten. Sie dachte nur an den Mann. Er war in Gefahr. Und sie seine einzige Rettung.
Ohne das sie die Gegend hier kannte. Ohne jegliche Orientierung. Rannte sie. Ihre Beine bewegten sich wie ferngesteuert. Schweiß der Angst und der Anstrengung perlten von ihrer Stirn. Scheiße, war das einzige Wort was es in ihren Gedanken gab. Scheiße. Scheiße. Scheiße. Verzweifelt suchte sie den kleinen Laden von dem die Frau gesprochen hatte. Es war ein Rennen auf Zeit. Ein Spiel, bei dem man wenn es verloren war, nicht einfach wieder wie bei einer Playstation auf Neustart drücken konnte. Vielleicht war das Opfer schon tot. Und Sherry würde ihn gleich finden, erstochen, verstümmelt, in einer riesigen Blutlache. Oder sie kam gerade als die Täter dabei waren ihre Mission zu erfüllen. Was wenn sie dann auch zum Opfer werden würde? Die Ungewissheit pulsierte in ihrem Kopf wie ein Migräneanfall. Es war still draußen, sie sah und hörte niemanden, nur ihren eigenen schnellen Atem und ihre klackernden Schritte auf dem Asphalt der Straße. Plötzlich sah sie ihn. Einen Block weiter, ein kleiner Einkaufsladen. Er wirkte verlassen und heruntergekommen. Das Leuchtschild auf dem der Name stand, hatte einige kaputte Birnen die den Geist aufgegeben hatten und in der kleinen roten Überdachung aus Stoff waren Löcher. Die weißen Wände tendierten vor lauter Schmutz eher ins graue und wurden geziert von Graffiti. Sherry\'s Schritt verlangsamte sich. Außer Atem hielt sie inne, beugte sich vor und legte ihre Hände auf die Oberschenkel, um zu verschnaufen. Ihre Augen suchten nach der Seitengasse. Sie war schmal und sie konnte erkennen, dass Mülleimer, die wohl dem Laden gehörten, darin standen. Dort war sicher ein Seiteneingang für das Geschäft. Da sie sich keine Pause erlauben konnte, stellte sie sich wieder auf und nahm allen Mut zusammen. Mit unsicheren Schritten näherte sie sich der Gasse und stellte sich erst einmal an die Wand daneben. Sie spähte um die Kante herum um zu sehen was dort vor sich ging. Niemand war da. Ob sie hier richtig war? Ihre Knie wurden weich. Langsam, fast schleichend, betrat sie den geplanten Tatort. Sie wusste zwar noch nicht was sie suchte. Vielleicht bereits die Leiche des Mannes. Modriger Geruch und verschimmelte Essensreste verteilten sich über die gesamte Fläche dieses Ortes. Von einer Leiche, keiner Spur. Ein erleichtertes Ausatmen wollte ihrer Kehle entfahren, da sah sie einen Mann auf sie zukommen. Sie erkannte ihn nicht. Nur dunkle Umrisse. Als er näher kam merkte sie, das es keiner von den Tätern war. Es musste das geplante Opfer sein. Sie erkannte nur einen Typ, der mit lässigen Schritten auf sie zukam. Er schien nicht die Spur von Angst zu haben. Völlige Ruhe spiegelte sich in seiner Haltung. Was in Sherry einen erneuten Anflug von Panik auslöste. Sie wollte losrennen, ihn warnen. Ein hysterisches kratzen drang aus ihr heraus. >> Du bist in Gefahr! Sie haben es auf dich abgesehen! Du musst weglaufen! Schnell! << Gerade hatte sie den ersten Schritt getan. Da wurde ihr schwarz vor Augen. Ein brennender Schmerz bohrte sich in ihren Arm wie Feuer. Ihre Sinne waren wie ausgeschaltet. Sie konnte nicht erkennen was es war, das ihr diesen Schmerz versetzte. Aber eines spürte sie. Hilflosigkeit und die Nähe des Todes.








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