Sour and Sweet

Autor: little Lion
veröffentlicht am: 11.05.2013


Das Frühstück steht bereits auf dem Tisch als Clay aus dem Badezimmer kommt. Sherry, seine Schwester, war eine talentierte und leidenschaftliche Hobby-Köchin und Bäckerin. Der Tisch war gedeckt mit Pfannkuchen dekoriert mit verschiedenen Beeren und Puderzucker, Ahornsirup, Orangensaft, Kaffee und einem Milchkännchen. Clay ging zu dem langen Mahagonitisch und setzte sich auf einen, der mit weißen Leinenpolstern überzogenen, Stühle. Er atmete tief ein, so wie er es immer machte wenn seine Schwester eines seiner Lieblingsgerichte zubereitete. Es duftete nach frisch gebackenem Teig und heißem Kaffee. Er genoss diese Momente voller Ruhe, die er und seiner Schwester viel zu selten in ihrem Leben gehabt hatten. Die beiden waren gerade erst in das große Haus ihrer Großmutter mit eingezogen. Nach Southport, eine kleine Küstenstadt an den Irischen Seen. Es war ungewohnt in so eine Gegend zu ziehen, die beiden waren nämlich in einer Großstadt aufgewachsen und immer nur in den Ferien mal zu ihrer Grandma gefahren um sie zu besuchen. Die Ruhe die die Gegend hier ausstrahlte, war fremd. Sie waren Trubel, Lärm, Menschenmassen und viel Verkehr gewohnt. Die beiden mussten sich also erst eingewöhnen. Obwohl das Sherry weniger schwerviel als Clay. Seine kleine Schwester freute sich immer auf die Besuche bei ihrer Oma und blieb manchmal sogar noch ein oder zwei Wochen länger als der Rest der Familie. Sie liebte diese Urlaube und genoss die Idylle. Vor allem, weil sie dann endlich mal Zeit für sich und einen ihrer Liebesromane gehabt hatte. Clay hingegen war ein Mensch der Massen. Er hatte in Philadelphia in einer Band gespielt, die dort auch schon recht bekannt geworden war mit der Zeit. Sie nannten sich "The Fallen Skies" und hatten sich auf Punk-Rockmusik spezialisiert. Ihr Bruder wohnte schon längere Zeit hier, schon genau ein halbes Jahr. Das er seine Band verlassen musste lag ihm manchmal immer noch schwer im Magen, aber er wollte sein Hobby zur Berufung machen. Er wurde an dem College in Southport angenommen und hatte begonnen Musik auf Lehramt zu studieren. Die Familie hatte eigentlich kein Geld um sich so etwas zu leisten, aber er hatte sich einiges zusammengespart und arbeitete nebenbei in einer Autowerkstadt namens "Harvey's". Auch Sherry hatte sich für das College beworben, aber sie hatte weder eine Zu- oder Absage bereits erhalten. Damit sie allerdings für jede der beiden Möglichkeiten gerüstet war, hatte sie sich einen Job in einem der kleinen Küstenkaffees besorgt. Die zusätzliche Arbeit machte den beiden nicht das geringste aus. Auch Zuhause mussten sie schon viel nebenher jobben gehen. Ihre Mutter war nach dem Tod ihres Vaters vor sechs Jahren schwer depressiv und alkoholkrank geworden. Sie ist in ein tiefes Loch gefallen aus der die beiden sie nie richtig hatten rausholen können. Sie war bereits drei Mal in Therapie- und Entzugskliniken gewesen. Danach ging es immer ein paar Monate gut und sie blieb trocken. Aber dann holte sie die Vergangenheit wieder ein und sie verfiel in das alte Muster. Ihr Vater, Colin Porter, starb während eines Außeneinsatzes bei den Marines. Er war kein Soldat gewesen, sondern ein Rettungssanitäter und er hatte fest versprochen das es der letzte Einsatz sein würde. Anschließend würde er neue Rettungssanitäter hier vor Ort ausbilden, dafür hatte er schon gesorgt. Doch leider kam, genau eine Woche vor seinem Heimreisedatums, ein Brief in dem der Familie sein Tod mitgeteilt wurde. Ab diesem Tag ging Mary Porter nicht mehr zur Arbeiten und nach der Beerdigung ihres Mannes, sogar nicht mal mehr aus dem Haus. Sherry und ihr Bruder waren damals fünfzehn und siebzehn Jahre alt gewesen. Beide gingen sie auf die Highschool und waren dabei gewesen zu jungen Erwachsenen heranzuwachsen. Auch ohne die Familiären Probleme herrschte bei ihnen das reinste Gefühlschaos. Aber da die beiden von ihren Eltern allein gelassen wurden, waren sie auf sich selbst gestellt. Sie lernten stark zu sein und Gefühle zu verbergen. Sie gingen arbeiten um die Familie zu ernähren und kümmerten sich um ihre Mutter wenn sie verkatert und weinend in ihrem eigenen Erbrochenem lag. Jetzt waren die beiden Geschwister einundzwanzig und dreiundzwanzig Jahre alt und waren auf, unnatürlichem Weg, zu Erwachsenen herangereift. Sie zogen zu ihrer Großmutter, weil ihre Mutter wiedermal in einer Klinik war, für genau sechs Monate. Die Krankenkasse hatte sich eigentlich geweigert noch einen Aufenthalt zu bezahlen, bis ihre Mutter anfing Tabletten in Massen einzunehmen und sich dabei mehrmals fast umgebracht hätte. Ihr Arzt machte ihnen klar das es auch einen großen Teil damit zutun hatte, das sie immer wieder in die Umgebung zurück gebracht wurde, an der ihre ganzen Erinnerungen hingen und legte Nahe dies zu ändern. Also zogen sie zu ihrer Grandma. Nach der Therapie sollte ihre Mutter dann nachkommen, wobei sie von ihrem Glück noch nichts wusste. Es waren noch drei Monate Kontaktverbot, bis sie das erste mal wieder mit ihr sprechen durften.
Sherry stand an der Tür, die zu einer großen, weiß gestrichenen Veranda führte, die den Blick auf ein Küstenpanorama freigab. Ihre Großmutter hatte ein wirklich prächtiges Haus, das sicher Platz für zehn weitere Mitbewohner bot und es lag nur wenige Meter Fußweg vom Strand entfernt. Sie öffnete die großen gläsernen Flügeltüren und atmete die frische salzige Meeresluft tief in ihre Lungen ein. Ein fliederfarbener Bademantel verdeckte ihren schmalen Körper und ihr karamellfarbenes langes Haar bewegte sich leicht im Wind. >> Guten Morgen Sher.<< Die kratzige Stimme von Clay ließ sie erschrocken herumfahren. >> Guten Morgen. Ich habe gar nicht bemerkt das du schon hier bist. << Der Schreck in ihrer Stimme legte sich langsam und sie setzte sich neben ihren Bruder an den Tisch. Er schenkte Kaffee in beide Tassen aus, die bereitstanden. Ihm viel auf, das nur für zwei Personen gedeckt wurde. >> Ist Grandma nicht zuhause? << Ein Kopfschütteln beantwortete seine Frage. >> Sie ist Einkaufen, glaube ich. << Er fragte nicht weiter nach. Es war ihm nämlich eigentlich recht egal. So wie alles hier. Es war einfach nicht seine Welt. Gedankenverloren nippte er an seinem schwarzen, dampfenden Kaffee und fuhr sich mit einer Hand durch die kurzen, noch feuchten, schokoladenbraunen Haare. Ein skeptischer Blick ruhte auf ihm. >> Du hast heute frei, stimmt's? Wie wäre es wenn dir mir ein bisschen was von der Gegend zeigen würdest? << Ihre Lippen formten ein freundliches - bittendes Lächeln. Ohne sie auch nur Anzusehen entgegnete er trocken >> Du weißt genau, das ich dazu keine Lust habe Sherry. << Ein genervtes seufzen entfuhr ihr. >> soll bedeuten ich soll dich in Ruhe lassen? << Genervte Falten bildeten sich auf seiner Stirn.
>> Genau. <<
>> Das kann nicht dein Ernst sein Clay. Du wohnst schon seit 'nem halben Jahr hier und machst einfach nie irgendwas! <<
>> Ist aber mein Ernst. <<
>> Jetzt reiß dich mal zusammen, so kenne ich dich gar nicht. Früher warst du jeden Tag unterwegs. <<
>> Genau. Früher. Als wir noch Zuhause gewohnt haben. Ich habe einfach keine Lust auf diese Gegend, nach dem Studium ziehe ich sowieso wieder hier weg. Also nenn' mir einen vernünftigen Grund wieso ich mir die Mühe machen sollte um jemanden kennen zu lernen oder mich mit irgendwas vertraut machen sollte? <<
Sie wusste das sie ihn mit diesen Diskussionen nicht umstimmen konnte. Es würde ihn nur noch mehr nerven. Er hatte sich hier verändert. Er war lustlos, unmotiviert, faul. Einfach nicht er selbst. Und sie wusste, das auf ihm eine schwere Last haftete, genau wie auf ihr und im Moment machte sie sich große Sorgen, das diese Last ihn zu Boden drückte, genau wie ihre Mutter.
>> Bitte Clay. Wenigstens heute, ich kenne doch niemanden und wir haben uns lange nicht gesehen. <<
Die Falten auf seiner Stirn legten sich. Mit einem schiefen Lächeln, weil er genau wusste, das seine Schwester keine Ruhe lassen würde, gab er dann schließlich nach.
>> Na gut. Ich kenne ein nettes Pub in der Gegend. Das werde ich dir heute Abend zeigen. Aber das ist mein letztes und einzige Angebot. <<
Ein erleichterter Ausdruck spiegelte sich in ihrem Gesicht. Es war mehr als sie angenommen hatte zu erreichen.
>> Okay. Ich freue mich schon. <<






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