Erinnerung einer Liebe Teil 2

Autor: Juli
veröffentlicht am: 05.06.2008




So, hier kommt der zweite Teil, ich hoffe die Geschichte gefällt euch weiterhin und ich bin immer noch über jede Kritik und Meinung dazu dankbar ;)

Tobias wartete schon auf sie. Während sie auf ihn zuging verglich sie ihn mit Jan. Die beiden waren ungefähr gleich groß, doch Jan war um einiges Muskulöser, da er, wie sie von Anna wusste, nebenbei in einem Fitnessstudio jobbte. Tobias hatte ein markantes Gesicht, braune Haare, er ließ sich jedoch regelmäßig Highlights einfärben, und schokobraune Augen in die Elina sich sofort verliebt hatte, da sie sie immer an zwei große Nougattöpfe erinnerten. Er trug wegen seines Jobs meist einen Anzug oder schicke Markenklamotten, während Jan eher in Turnschuhen, T-Shirt und Jeans daherkam. Elina war sich nicht sicher, für wen sie sich rein wegen des Aussehens entschieden hätte aber sie wusste eindeutig, wer in ihr im Moment mehr Gefühle hervorrief. Natürlich freute sie sich ihren Freund zu sehen, aber es war schon zu viel vorgefallen als dass sie bei ihm die Leichtigkeit spürte, die sie jetzt immer umgab wenn sie an Jan dachte.
'Hallo mein Schatz' rief Tobias ihr schon von weitem zu und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. 'Das war vielleicht wieder ein Stress in der Arbeit heute, du wirst nicht glauben wie doof manche Menschen doch sein können. Stell dir vor was diese komische Tussi vom Empfang…'
Wann hat er mich eigentlich das letzte Mal gefragt wie es mir geht, wie mein Tag war, ob ich Probleme habe? dachte sich Elina. Sie konnte sich nicht erinnern. Immer wenn sie zusammen waren ging es um ihn, um seinen Beruf, seine Interessen, sein Leben… Komisch, dachte sie, dass mir das noch gar nicht aufgefallen ist…
'Sag mal Schatz hörst du überhaupt zu?' Tobias blieb stehen und schaute sie an.
'Ja, klar, du redest von der Frau vom Empfang!'
'Genau, also diese Ziege…'
Warum hab ich nicht einfach Nein gesagt? Fragte sich Elina. Sie wüsste zu gern wie er reagiert hätte.Als sie gerade wieder aus dem zweiten Geschäft gehen wollten, nachdem Tobias sich über die Preise der Anzüge aufgeregt hatte, blieb er plötzlich erstarrt in der Tür stehen. Elina folgte seinem Blick und sah eine junge Frau die Straße überqueren und in ihre Richtung laufen.'Äh Schatz, vielleicht kann ich mir den schwarzen da ja doch leisten, man kauft sich schließlich nicht alle Tage einen Anzug.' sagte Tobias hastig und versuchte Elina zurück ins Geschäft zu ziehen, doch diese blieb wie erstarrt in der Tür stehen und fixierte die näher kommende Frau. Nervös drehte sich Tobias weg und tat so als würde er die Preise der Anzüge auf einem Ständer begutachten, doch es war schon zu spät.
'Liebling, das ist ja eine Überraschung, ich wusste gar nicht, dass du heute auch in der Stadt bist, hättest du doch was gesagt!' flötete die vollbusige Blondine, die jetzt neben Elina in der Tür stand und diese ansah. 'Willst du uns nicht vorstellen?'
'Äh, ja…also, das ist…äh…' stotterte Tobias, doch Elina kam ihm zuvor.
'..seine feste Freundin, die jetzt aber eindeutig genug von diesem schleimigen, betrügerischen Arsch hat!' Die letzten Worte schrie sie und obwohl sie den Tränen nahe war redete sie mit zittriger Stimme weiter. 'Es reicht, Tobias, es reicht endgültig. Ich lasse das nicht weiter mit mir machen, es ist Schluss und das ein für alle Mal. Oh Gott, hätte ich doch bloß nicht auf dich gehört wie du mir winselnd immer erklärt hast, dass das alles nur Ausrutscher waren und mich angefleht hast, dir zu glauben du würdest nur mich wirklich lieben. Ich hätte meine Zeit nicht mit so einem Mistkerl voll leerer Versprechungen vergeudet.' Sie atmete tief durch, ihren Worten folgte eine angespannte Stille. Elina drehte sich um und wollte das Geschäft verlassen als Tobias sie am Arm packte und zurückhalten wollte.
'Schatz bitte lass uns noch mal reden, ich erklär dir alles, du musst mir glauben…'
'Gar nichts glaub ich dir mehr und fass mich nicht an!' fauchte sie, riss sich los und lief auf die Straße. Hier erst konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen und mit nur sehr verschwommener Sicht rannte sie durch die Fußgängerzone, sie wollte nur weg von diesem Arsch, weit weit weg. Da sie nicht sah wo sie hinlief, prallte sie plötzlich gegen einen Mann, der ihr wohl nicht mehr ausweichen konnte. Elina blickte nach oben in sein Gesicht und stammelte eine Entschuldigung, als ihr plötzlich die Luft weg blieb. Sie blickte in ein Paar leuchtend grün-blauer Augen, die ihr sehr bekannt vorkamen. Vor ihr stand kein anderer als Jan.

Elina lächelte bei den Erinnerungen an dieses Treffen. Wie lieb und einfühlsam Jan doch gleich von Anfang an gewesen war. Er hatte kein Wort gesagt, sie nur in den Arm genommen und mit seinen sanften Händen tröstend über ihr Haar gestreichelt. Genau diese sanften Hände hielt sie jetzt zitternd fest.

'Sch, sch…ganz ruhig Elina….was ist denn passiert?' fragte Jan besorgt.
'Dieses Schwein, dieses miese Schwein….' Elina versagte die Stimme. Jan nahm sie fest in den Arm und drückte sie beruhigend an sich.
'Jetzt atme erst mal ganz tief durch und dann nehm ich dich mit zu mir, ich wohn hier gleich um die Ecke, dann kannst du dich ein bisschen frisch machen bevor ich dich wieder auf die Menschheit loslasse. Deine Wimperntusche verabschiedet sich nämlich gerade.'
Elina konnte schon wieder leicht lächeln.
'Das ist ja ne Frechheit, die sollte eigentlich wasserfest sein!'
'Tja, du stellst sie aber auch auf eine ganz schön harte Bewährungsprobe…'
Jan legte ihr den Arm um die Schulter und führte sie sanft durch die angrenzenden Gassen. Elina war viel zu durcheinander um darüber nachzudenken ob es richtig sei mit Jan mitzugehen, sie war einfach nur froh dass sich jemand ihr annahm.
'So, da sind wir.' riss Jan sie aus ihren Gedanken.
Kurz darauf stand sie in seiner relativ geräumigen Altbauwohnung, die gar nicht so aussah als ob sie von einem allein stehenden Mann bewohnt wurde, so ordentlich und modern eingerichtet wie sie war. Jan führte sie zum Sofa und sie ließ sich darauf plumpsen.'Ich mach uns schnell was zu trinken, das Bad ist im Flur, die erste Tür rechts!'
'Hm…' murmelte Elina nur, sie hatte ihm gar nicht richtig zugehört.
Kurz darauf stand er wieder vor ihr, mit zwei Tassen heißer Schokolade in der Hand.
Dankbar nahm ihm Elina ein aus der Hand, trank einen Schluck und bekam einen Hustenanfall.
'Was hast du da denn reingemischt?' keuchte sie.
'Nur ein paar Spritzer Rum.'
'Also mir kommt das eher wie ein paar Spritzer Kakao vor…'
Jan grinste. 'Ach, ich dachte du könntest deine ein bisschen stärker vertragen!'
Elina schüttelte den Kopf. 'Au mann, es ist grad mal halb fünf… aber was soll's…'
Sie trank noch einen Schluck und schon kurz darauf breitet sich eine wohlige Wärme in ihrem Körper aus.
'So, und jetzt erzähl mir mal was dich so aus der Fassung gebracht hat!'
Elina war etwas unschlüssig wie viel sie Jan erzählen sollte, schließlich kannte sie ihn ja fast gar nicht. Allerdings hatte er sich ganz selbstverständlich um sie gekümmert und sie saß jetzt in seiner Wohnung, da hatte er wohl ein gewisses Recht zu erfahren was los ist. Sie überwand sich und schilderte ihm den Vorfall im Anzugsgeschäft, erzählte schließlich auch von den vergangenen Monaten und wie Tobias sie immer wieder betrogen hatte.
Jan war ein fantastischer Zuhörer, er sah ihr die ganze Zeit ins Gesicht und unterbrach sie kein einziges Mal, auch wenn er ab und zu kurz davor war. Aus Elina sprudelte es nur noch so heraus und sie erzählte ihm auch Sachen, die außer Anna niemand wusste.
'Am schlimmsten war es vor ungefähr einem Monat. Ich bin etwas früher nach Hause gekommen weil eine Vorlesung ausgefallen ist und wollte Tobias im Büro besuchen und etwas aufmuntern da er mir erzählt hat, dass ihm eine wichtige Konferenz bevorstand. Ich hab ihm sogar extra seinen Lieblingskaffee von Starbucks mitgenommen! Ich steh also so vor seiner Bürotür und klopfe an, es kommt jedoch keine Reaktion. Macht nix hab ich mir gedacht, wart ich halt in seinem Büro auf ihn, er wird schon gleich kommen. Ich geh also rein und was seh ich da? Meinen Freund, wie er mit heruntergelassenen Hosen vor seinem Schreibtisch steht auf dem eine halbnackte Arbeitskollegin sitzt und er sie gerade durchvögelt. Vor lauter Schreck hab ich den Kaffee fallen lassen, was Tobias in meine Richtung schauen ließ. Er war genauso perplex wie ich, was ihn jedoch nicht davon abgehalten hat mit der Tussi weiterzumachen. Ich bin nur noch gerannt, ich wollte einfach weg. Abends ist dann Tobias zu mir gekommen. Das erste was er sagte war, ob ich mir im Klaren darüber sei wie viel die Reinigung des Teppichs von den Kaffeeflecken in seinem Büro kosten würde. Dass der gerade erst neu ausgelegt wurde. Aber da er einsieht, dass es ein Fehler war, mit der Sekretärin seines Vorgesetzten zu schlafen, nimmt er mir es nicht übel. Ich dachte echt ich krieg die Krise. Und trotzdem hat dieser Mensch etwas an sich, er hat mich immer wieder dazu gebracht ihm zu verzeihen. Ich habe wirklich gehofft dass er sich bessern würde. Aber das heute hat einfach allem die Krone aufgesetzt. Er wird nie ändern, dass ist mir heute klar geworden.'
Elina schniefte wieder ein bisschen und Jan zog wie aus dem Nichts eine Kleenexpackung hervor.
'Danke. Du hast wohl öfters Frauen hier, die sich ihre Probleme von der Seele reden, hm?''Nein, eigentlich nicht. Weißt du ich bin eigentlich nicht so der große Tröster aber bei dir mache ich eine Ausnahme!'
'Sehr freundlich…' sagte Elina trocken und schnäuzte sich kräftig.
'Also, was sagst du zu allem?' fragte sie ihn nach einem Moment des Schweigens.
'Tja, was soll ich da schon sagen. Du hast heute das einzig richtige getan und ihn verlassen. Und ich hoffe sehr dass du dich nicht doch wieder breitschlagen lässt und auf sein schönes Getue hereinfällst. Dafür bist du nämlich viel zu schade. Soll er doch mit seinem Büroblondchen glücklich werden aber du hast etwas besseres verdient als einen Mann, der dich von vorne bis hinten nur verarscht. Ich hätte grade gute Lust ihm zu zeigen was ich von Typen wie ihm halte! Und ich verstehe auch nicht wie ihr Frauen so blöd sein könnt und immer wieder auf dieselbe Masche hereinfallt! Du hast dich total abhängig von dem Kerl gemacht und das hat er nach Strich und Faden ausgenutzt! Wieso hast du dich bloß nicht schon früher getrennt? Damit hättest du dir sehr viel Kummer erspart. Gibs doch zu, eigentlich hast du nicht geglaubt, dass er sich nicht ändern wird. Du hast es dir nur immer eingeredet weil du es glauben wolltest!'
Elina liefen schon wieder Tränen die Backe herunter.
'Oh Süße, tut mir leid, das wollte ich nicht!' meinte Jan und zog sie zu sich her. 'Ich werde nur immer so wütend wenn ich mitbekomme wie sich eine so wundervolle Frau wie du für einen miesen Idioten wegschmeißt.'
Er streichelte ihr über den Kopf und Elina kuschelte sich in seine Armbeuge. Sie war so durcheinander, dass sie noch nicht mal protestierte als er sie 'Süße' nannte. Sie hatte das Gefühl, als ob Jan ihr Inneres komplett erkannt hatte. Es stimmte, dass sie sich meist nur etwas vorgespielt hatte wenn es um Tobias' und ihre Zukunft ging. Obwohl sie immer noch total aufgewühlt war, hatte sie sich schon lang hatte nicht mehr so geborgen gefühlt wie hier, in Jans starken Armen, die sie fest aber gleichzeitig unglaublich sanft festhielten.'Danke Jan. Du tust mir gerade so gut, zum Glück bin ich in dich hineingerannt, sonst würde ich jetzt bestimmt alleine heulend auf dem Bett liegen und überhaupt nicht mehr wissen wie es weitergehen soll.'
Er lächelte sie nur an und strich ihr sanft die Haare aus der Stirn.
'Kein Problem, ich muss sagen ich bin auch ziemlich froh dass du in mich hineingerannt bist, denn wenn du heulend auf deinem Bett liegen würdest, wärst du bestimmt nicht an dein Handy gegangen wenn ich gleich bei dir angerufen hätte. Ich wollt dich eigentlich heut Abend zum Essen einladen aber in deiner Verfassung hättest du mich bestimmt abblitzen lassen. Jetzt kannst du dich leider nicht mehr dagegen wehren.'
'Ich weiß nicht Jan, ich will heut eigentlich nirgendwo mehr hin…'
'Musst du ja nicht, du bleibst einfach hier sitzen und verbrauchst meine Kleenexpackung während ich uns in der Küche schnell was zu essen mache, in Ordnung? Komm schon, das wird dich auf andere Gedanken bringen!'
'Ok, was bleibt mir auch anderes übrig' seufzte Elina, 'wenn du dir sicher bist, dass ich dir mit meiner Heulerei nicht auf den Keks gehe, bleibe ich gerne hier, dann bin ich zumindest nicht so allein.'
'Prima, dann verschwinde ich jetzt mal in meiner Hexenküche und schaue was ich meinem Gast so zaubern kann' zwinkerte Jan.

Mein Gott, wie genau sie sein Zwinkern noch vor Augen hatte. Als wäre es gestern gewesen, dass sie mit verschmiertem Make-up auf seinem Sofa gekauert und das gestreifte
Plüschkissen fest im Arm hatte. Sie hatte sogar noch den Geruch der Lasagne in der Nase, die er damals für sie zubereitet hatte. Obwohl er gar nicht wusste, dass das ihr Lieblingsessen war und immer noch ist.
Jan lag unverändert in dem Bett neben ihr. In diesem Moment hätte sie selbst die kleinste Veränderung an seiner Körperhaltung mitbekommen, schließlich wandte sie seit Tagen ihren Blick nicht von ihm ab. Doch es war keinerlei Regung in dem Körper ihres geliebten Mannes und die Chancen, dass er jemals wieder aufwachen würde, schwanden von Stunde zu Stunde. Aus dem Gang waren aufgeregte Stimmen und hektische Schritte zu hören. Ein kleines Mädchen aus dem Nachbarzimmer schrie, wahrscheinlich hatte es einen Alptraum gehabt. Eine Krankenschwester schaute nach ihm und bald darauf beruhigte es dich wieder. Dann wurde es wieder still um Elina und sie erlaubte sich erneut in den Erinnerungen zu verlieren.







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