Black Star - Teil 2

Autor: Selly
veröffentlicht am: 03.10.2012


Danke für die lieben Kommis. :) Hier ist Teil 2, viel Spaß!

Erstes Kapitel

Geräuschlos glitt die Tür zum Klassenzimmer auf, während ich ruhig eintrat.
„Schön, dass du uns heute doch noch mit deiner Anwesenheit beerst, Ela“, begrüßte unser Englischlehrer mich.
„Kein Problem, Mister Riley“, meinte ich nur nebenbei und ging zu meinem Platz in der hintersten Reihe.
„Was ist es dieses Mal?“, forderte Riley eine Erklärung von mir, während er mich wahrscheinlich schon zum Nachsitzen eingetragen hatte.
„Mir fällt spontan nichts Besseres ein außer ‚Ich habe verschlafen‘“, gestand ich ironisch und erntete Gelächter. Riley zog nur die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf.
„Nachsitzen, heute Nachmittag“, verkündete er mir meine Strafe, die ich wahrscheinlich nicht wahrnehmen würde, „Und Kapuze runter.“
Ich rollte nur mit den Augen und zog kurz die Kapuze meines blauen Shirts herunter, die nun meine blonden Haare zum Vorschein brachte. Ohne ein weiteres Wort drehte sich unser Englischlehrer wieder der Tafel zu und beendete sein Tafelbild zur Grammatik. Ich setzte die Kapuze wieder auf und setzte mich. Der Stuhl neben mir war leer, wie immer, was mir mittlerweile nichts mehr ausmachte. Als Riley sich wieder der Klasse zuwendete und die Kapuze sah, schaute er mich nur verzweifelt an, bevor er mit seinen Erklärungen anfing, die durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen wurden. Seufzend über die zweite Störung seines Unterrichts bat Mister Riley herein. Ich schaute nicht auf, sondern versuchte unauffällig die Kopfhörer meines iPods unter mein Shirt zu schieben. Doch bevor ich ihn anstellen konnte, hörte ich die Mädchen in der ersten Reihe schon aufgeregte Laute ausstoßen, die mich doch aufblicken ließen. Im Türrahmen unseres Klassenzimmers stand ein unbekannter Junge, der die Jungs stöhnen und die Mädchen schwärmen ließ. Seine schwarzen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht, während sein Blick durch die Klasse schweifte. Jedes Mädchen ließ ihren Blick einmal ganz an ihm entlang gleiten, bevor es aufgeregt ihre Freundin antippte und schon ihren ersten Kommentar abgab.
Ich hielt in meiner Bewegung inne und schaute ihn an. Was wollte er hier? Wie war sein Name? Woher kam er? All diese Fragen schwirrten durch meinen Kopf, aber ich senkte diesen nur desinteressiert und fuhr fort.
„Ist das hier die 11b?“, fragte der Unbekannte ruhig und schloss die Türe hinter sich. Mister Riley nickte und sah ein, dass sein Unterricht heute nicht lief wie geplant.
„Sorry, dass ich zu spät bin. Ich bin Ariel, der neue Schüler“, stellte er sich vor und fuhr sich lässig durch die Haare.
„Noch einer der zu spät kommt. Sowas können wir hier nicht mehr gebrauchen. Aber setz dich doch erstmal Ariel“, sagte Riley etwas verstreut. Ariel nickte und ließ seinen Blick nach einem freien Platz suchend durch den Raum schweifen.
„Hier ist noch ein Platz frei“, preiste Mary sofort den leeren Stuhl neben ihr an. Eigentlich war dieser Platz keinesfalls frei, denn normalerweise saß Caro neben ihr, die heute fehlte. Ariel steuerte lächelnd auf sie zu und ich sah die beiden schon vor meinem inneren Auge händchenhaltend durch den Schulflur laufen. Genervt stellte ich meinen iPod an. Sofort wurden alle anderen Geräusche ausgeblendet, während ich meinen Kopf aufstütze und gelangweilt umher sah. Der Neue wurde anscheinend von Mary mit Fragen überhäuft, so schnell wie sich ihre Lippen bewegten. Er lächelte sie nur an und steuerte manchmal ein paar Worte zu dem Monolog unserer Diva hinzu. Ich fand es merkwürdig wie Riley reagiert hatte, da er doch hätte wissen müssen, dass heute ein neuer Schüler kommt. Schließlich gehörte so etwas nicht zum Alltag unserer Schule. Ich zwang mich die Augen von den beiden abzuwenden und einfach der Musik zu lauschen, aber immer wieder führte mein Blick zurück zu Ariel. Er versuchte unserem Englischlehrer zu folgen, während Mary fröhlich weiter plapperte. Öfters schien Riley sie zu ermahnen, was sie nicht hinderte nach ein paar Sekunden der Stille wieder zu reden. Ich musste leicht lächeln, als mir der Gedanke kam, dass sie ihn wohl schon imaginär gebrandmarkt hatte als ihr Eigentum. Ab sofort hatte kein anderes Mädchen mehr ein Wort mit ihm zu wechseln, wenn ihm ihre Schulzeit lieb war.
Doch bis jetzt drehte sich noch jede nach ihm um und bekam ein umwerfendes Lächeln von ihm geschenkt. Mir war klar, dass er wusste wie er aussah und er es auch ausnutzte. Somit gehörte er für mich zu der Sorte Muss-ich-nicht-unbedingt-kennen-lernen. Den Rest des Unterrichts versuchte Riley zu retten was er konnte, doch es folgte ihm kaum noch einer. Minuten vor Unterrichtsschluss entließ er uns. Doch niemand machte Anstalten den Raum zu verlassen, denn sie strömten alle zu Ariel , der mit Fragen überhäuft wurde. Genervt und als einzige ging ich aus dem Raum, wo ich von Mister Riley abgefangen wurde.
„Ela, warte bitte kurz. Ich möchte mit dir reden.“
„Worüber?“, fragte ich.
„Es wird langsam zur Gewohnheit, dass du zu spät kommst. Deine Noten gehen in den Keller und du sitzt desinteressiert im Unterricht. Gibt es dafür einen Grund?“, wollte Riley besorgt wissen.
„Was interessiert sie das?“, fragte ich nur kühl und ging weg, wobei ich mir wieder die Kapuze überstreifte, die mir eben heruntergerutscht war.
„Ich mache mir einfach Sorgen, Ela“, hörte ich meinen Lehrer noch sagen, bevor ich um die nächste Ecke bog, auf dem Weg zu meinem Schließfach. Wahrscheinlich hatte Mary die Neuigkeit von unserem Neuen schon über ihr Blackberry verkündigt, denn er war fast das Thema jedes Gespräches, das ich im vorbeigehen ungewollt aufschnappte. Was fanden die alle an ihm? Schließlich war er auch nur ein ganz normaler Schüler wie wir auch. An meinem Schließfach angekommen gab ich den Code ein, damit sich das Schloss öffnete. Mit einem leisen Klicken sprang es auf und die Tür meines Faches gab seinen Inhalt frei. An der Innenseite der Tür waren Bilder meiner Lieblingsbands und eines von mir und meinem Dad. Ich vermisste ihn sehr, was ich niemals zugeben würde. In das Bild vertieft auf dem ich als kleines Mädchen mit ihm auf dem Spielplatz war, ich auf der Schaukel, er hinter mir, war ich plötzlich wieder da. Aber nicht dort wo ich sein wollte.
Alleine stand ich dort, da alle schon gegangen waren. Meine Mutter wurde unter Tränen von meinem Großvater gestützt, der sie zum Auto brachte. Wind brachte meine lockig, hochgesteckten Haare in Unordnung. Er ließ die Blumengestecke mit den unpersönlichen Bändern wehen, auf denen manche ihr Beileid ausdrückten, das nichts besser machte. Jeder hatte mich heute verachtend angeschaut, weil ich keine einzige Träne vergossen hatte, aber sie waren versiegt. In den letzten Tagen hatte ich so viel geweint wie nie. Mir wurde ein Teil meines Lebens genommen. Ein Teil, der nie wieder ein Wort mit mir reden würde, mit dem ich nicht mehr lachen würde, der mich nicht mehr freudestrahlend von der Schule abholen würde, ein Teil der nicht ersetzbar war. Für jeden war es heute ein Abschied gewesen, während ich nur hier war, weil ich es musste. Diesen Schritt war ich für Mum gegangen .Sie dachte, dass ich die Sache dadurch verarbeiten konnte, aber ich konnte es nicht. Niemals.
Die Sonne schien und gab der Situation einen ironischen Beigeschmack. Das erste Mal seit Beginn der Beerdigung kullerte mir nun eine Träne die Wange hinab.
Sofort wischte ich den salzigen Tropfen weg, der sich gerade den Weg über mein Gesicht gebahnt hatte. So durfte mich keiner sehen, deswegen tauschte ich schnell die Sachen für den nächsten Unterricht und knallte mein Schließfach wieder zu. Ich warf mir meine Tasche wieder über die Schulter und zog mir die Kapuze tiefer ins Gesicht. Mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg zur Mädchentoilette, auf dem ich fast mit jemanden zusammengestoßen wäre.
„Man! Pass doch auf!“, sagte ich laut und stieß denjenigen weg, der sich als Ariel entpuppte.





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