Black Star - Teil 3

Autor: Selly
veröffentlicht am: 05.10.2012


Entgeistert schaute er mich an, was ich dachte daran lag, dass ich ihn gerade so angefahren hatte. Aber er schaute nur auf die nächste Träne, die sich ungefragt aus meinem Auge befreit hatte und sagte nichts. Sofort zog ich mir wieder die Kapuze ins Gesicht und steuerte wütend auf die Toilette zu, in der ich mich in einer Kabine einschloss. Ich gab keinen Ton von mir, während ich mit Klopapier meine Tränen trocknete, die einfach nicht versiegen wollten.
Die Tür zum Raum wurde geöffnet und ich hörte hohe Schuhe auf den Boden klacken. Sofort prüfte ich, ob meine Kabine richtig verschlossen war.
„Er ist so heiß“, hörte ich die Stimme von Mary, die wahrscheinlich gerade vor dem Spiegel stand und neuen Lipgloss auftrug. „Und ich denke, er ist interessiert.“ Ich rollte nur mit den Augen. Ariel war noch keinen Tag hier und Mary plante schon ihre Hochzeit. Ich konnte mir bildlich vorstellen wie ihre ‚Freundinnen‘ eifersüchtig neben ihr standen und sie innerlich beschimpften, weil Mary Ariel für sich beanspruchte.
Erst wollte ich warten bis sie weg waren, aber ich konnte nicht weiter auf der Toilette sitzen und versuchen wegzuhören. Ich stand auf, öffnete die Tür und ging hinaus. Mit wenigen Schritten war ich am Waschbecken und wusch mir die Hände.
„Schau mal, Ela! Kennst du das?“, fragte mich Mary spöttisch und hielt mir ihren pinken Lipgloss unter die Nase. Ich rollte nur die Augen und riss Blätter aus dem Spender. „Damit könntest auch du ansehnlich wirken. Aber deine Mum kauft dir sowas bestimmt nicht. Schade, wäre bestimmt nice to have, nicht wahr?“ Ihre Augen spiegelten gespieltes Mitleid wieder, während ihr Mund hervorquoll.
„Weißt du, Mary, frag deinen Daddy doch mal, ob er dir ein wenig Intelligenz kauft. Wäre bestimmt nice to have, nicht wahr?“, konterte ich und verließ die Toilette.
2 Kapitel
Selbst als die Tür schon geschlossen war, hörte ich noch Marys empörte Rechtfertigungen und das Aufstampfen ihrer Schuhe, was mir ein kleines Lächeln auf die Lippen rief.
Aber meine Freude wurde von Ariel gedämpft, der gegenüber an der Wand lehnte. Auf Mary wartend, wie ich vermutete. Immer noch hatte er diesen durchdringenden Blick auf mich gerichtet. Was er wohl von mir hielt? War ich der heulende Freak, der alles was ihm in den Weg kam kommentierte? Oder vielleicht das Mädchen, das sich selber ausschloss und keinen leiden konnte? Was hatte Mary ihm über mich erzählt? All das verlangte eine Antwort in mir, als unsere Blicke sich einen kurzen Augenblick trafen. Doch bevor sich daraus ein stummes Gespräch entwickeln konnte, verschwand mein Gesicht schon wieder unter meiner blauen Kapuze. Was interessierte mich dieser Kerl? Er gehörte Mary, das war offensichtlich und bevor sie wutentbrannt aus der Toilette stürmte, machte ich mich auf den Weg zum Sportunterricht. Dieser gehörte zu den Fächern, wo ich meist mit Abwesenheit glänzte, aber Riley hatte mir schon Nachsitzen eingebrockt, somit musste ich heute dort erscheinen.
Gerade wollte ich mir wieder die Kopfhörer in die Ohren stecken, als ich vor dem schwarzen Brett eine Menschentraube sah. Alle redeten wild durcheinander, während die Mädchen mehr Qietschlaute von sich gaben, als Worte. Durch diese Reaktion wurde mir klar, dass es mich nicht interessierte und ich ging weiter. Aber bevor ich um die nächste Ecke biegen konnte, wurde mir schon ein rosa Flyer in den Hand gepresst. Susan, das Mädchen von der Schülerzeitung bewegte wild ihren Mund, aber meine Musik war so laut, dass ich kein Wort verstand, was ich als gut befand. Erst wollte ich ihn unachtsam in den Mülleimer werfen, warf dann aber doch einen Blick rauf. Es handelte sich um eine Einladung für den diesjährigen Schulball. Er fand jedes Jahr statt unter der Organisation unseres Abschlussjahrgangs. Aber als ich das Motto „Prinz&Prinzessin“ las wurde mir übel. Wahrscheinlich würden alle Mädchen unserer Schule in ihren schönsten Kleidern dort auftauchen und ihren Liebling, der sie Tage vorher mit einer romantischen Aktion gefragt hatte, ob sie ihn begleiten würde, an der Hand halten.
„Wer denkt sich sowas aus?“, fragte ich mich selbst und zerknüllte den pinken Zettel vor den Augen der anderen, bevor ich ihn mit einem gekonnten Wurf in den nächsten Mülleimer warf.

„Beeilt euch mal ein bisschen!“, rief unser Sportlehrer in den Gang der Mädchenumkleiden, was mehr einem Brüllen gleich kam. Sollte er sich doch mal umziehen in einem Raum, in dem Mary ihre gesamte Deoflasche geleert hatte. Jedenfalls roch es hier überall nach ihrem überteuerten Duft, dem sie jedem auf die Nase binden wollte.
„Na los! Beeil dich, Ela!“, spottete nun auch Mary, die mit ihren viel zu kurzen Hot-Pants und einem Top am Eingang stand und lächelte.
Wie immer war ich zu spät gekommen und Mary wollte jeden Augenblick genießen in dem ich mich abhetzte.
Ich schlüpfte gerade in meinen zweiten Turnschuh, als ich mein Kapuzenshirt griff und meine blonden Locken zu einem Pferdeschwanz band.
„Hättest doch nicht warten müssen, Mary. Ach, ich vergaß. Du findest bestimmt den Weg nicht von hier bis zum Sportplatz. Pass auf, du gehst einfach den Gang geradeaus und dann durch die Tür, aber verlauf dich nicht “, entgegnete ich ihr nur, als ich an ihr vorbeilief.
„Und du findest wohl den Weg zur Mode nicht, was? Schau dich mal an!“, meinte sie nur beleidigt und rümpfte die Nase. Ich lächelte nur über dieses schwache Argument und öffnete die große Glastür, die zum Sportplatz führte. Mittlerweile herrschten warme Temperaturen, die den Sport draußen ermöglichten. Herr Mogck stand schon auf dem grünen Rasen, um den eine Laufbahn führte und beobachtete, ob auch keiner seinen Weg verkürzte beim Laufen .
„Na endlich, Ela! Zwei Runden!“, rief er mir zu und gab Mary, die nach mir aus der Tür trat, die gleiche Anweisung. Ich tat was er sagte und versuchte sie so schnell wie möglich hinter mich zu bringen, was ein Fehler war, wie ich merkte, als ich das Stechen in den Seiten spürte. Erschöpft ließ ich mich auf den Rasen sinken, während alle um mich herum standen und sich dehnten.
„Du solltest dich nicht hinsetzen. Dadurch wird es nur schlimmer“, sagte Ariel neben mir und hielt mir eine Hand hin, damit ich mich hinstellen konnte. Überrascht davon, dass er mich ansprach, schaute ich ihn nur an.
„Was weißt du schon?“, meinte ich nur , stand aber trotzdem auf, ohne seine Hilfe. Ich spürte Marys giftigen Blick in meinen Rücken, der mich keineswegs zusammenzucken ließ.
Meine Seitenstiche ließen nach und ich merkte, wie sich ein kleines Lächeln um seinen Mund herum bildete. Gerade wollte ich ihm eine giftige Antwort darauf geben, als Herr Mogck das Wort ergriff: „Wir werden jetzt Mannschaften wählen und damit sich unser Neuer nicht ausgeschlossen fühlt, wird er Kapitän und“, er ließ seinen Blick durch die Reihen schweifen, „Ela.“ Ariel trat lächelnd nach vorne. Ich rollte nur die Augen und tat das gleiche. Natürlich war Ariels erste Wahl Mary, die aufgeregt und glücklich quietschte.
Da ich niemanden aus meiner Klasse mochte, wählte ich einfach wahllos drauflos, bis Ariel und ich alle unter uns aufgeteilt hatten. Herr Mogck kam auf mich zu und drückte mir den Ball in die Hand. „Anstoß.“
Nach einigen Minuten des Spiels führte Ariels Mannschaft, was ein Wunder war, da Mary jeden Ball verlor. Ich gab mir alle Mühe ein Tor zu schießen, was mir auch im Alleingang gelang. Dafür bekam ich einen anerkennenden Blick von Ariel, den ich nicht erwiderte.
Das Spiel war in meinen Augen langweilig, weil wir die meiste Zeit hinten lagen und viele aus meiner Mannschaft dem Ball desinteressiert nachschauten, anstatt sich zu bewegen. Aber als die letzten Minuten anliefen versuchte ich alle mit einzubeziehen, was auch gelang. David stürmte nach vorne und spielte einen Pass an mich, den ich geschickt annahm. Mein einziges Hindernis war nun noch Ariel, der als Verteidiger vor seinem Tor stand und versuchte mir den Ball wieder abzunehmen. Das Spiel um den Fußball entwickelte sich schon fast zum Kampf, als ich schoss und er im Netz landete. Von meiner Mannschaft waren laute Jubelrufe zu hören, doch ich hatte mit Ariel zu kämpfen, der gerade durch unser Gedränge das Gleichgewicht verlor und somit der Länge nach hinfiel und mich mitzog. Der schmerzliche Aufprall war noch das kleinere Übel abgesehen von der Nähe , die nun zwischen uns bestand. Ruckartig stand ich wieder auf und klopfte mir den Dreck von der Hose.






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz