Sommerregen

Autor: Yaksi
veröffentlicht am: 12.05.2011


Hey Leute,
ich hab mich mal an eine zweite Geschichte gewagt und hoffe, dass sie euch gefällt.
Liebe Grüße
Yaksi
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Langsam bewegte ich den Stift über das weiße Blatt und schloss die Augen. In meinem Kopf stellte ich mir den riesigen Ozean in der untergehenden Sonne vor. Ich zeichnete die ganzen Lichteffekte und Schattierungen, während mein Bleistift langsam ins Detail ging. Am Horizont war ein kleines Schiff zu erkennen, das sachte in den ruhigen Wellen hin und her schaukelte. Die Möwen am rötlichen Himmel kreisten über das Meer und ließen sich vom leichten Wind führen.
Ich seufzte und bemerkte, wie sich ein kleines Lächeln über meine Lippen schlich. Erst als ich die Augen wieder öffnete, betrachtete ich skeptisch mein Werk und musste zufrieden feststellen, dass er mir gefiel. In meinem ganzen Zeichenblock waren Bilder vom Ozean, der Sonne und der Freiheit dargestellt, die so ziemlich meine größten Wünsche und Sehnsüchte zeigten. Ich war schon sehr oft am Strand oder auf einem Schiff gewesen, schließlich wohnte ich auch auf einer Insel, und jedes Mal berührte mich diese Unendlichkeit im Herzen. Immer wollte ich den Horizont erreichen, der kein Anfang und kein Ende hatte. Die Freiheit war einfach grenzenlos und der Augenblick zeitlos.
Ich klappte den Block zu und blickte mich kurz um. Der große Strand war schon von vielen Leuten gefüllt, die entweder lachend auf ihren Handtüchern lagen und die warme Sonne genossen oder sich ein neonfarbenden Frisbee zuwarfen. Das Wasser war noch zu kalt und die Volleyballnetze wurden über Nacht von irgendeinem Verrückten zerstört, der nach einem vergeblichen Fluchtversuch von der Polizei geschnappt wurde. Tja, so was konnte passieren.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich jetzt schleunigst von meinem geliebten Strandkorb trennen musste und zu Kaylee gehen sollte, da sie mal wieder Liebeskummer hatte. Ich war froh, dass ich nicht solche Probleme, wie sie besaß. Eigentlich war ich bei dem Thema ‘Liebe‘ noch recht unerfahren und hatte mit meinen 15 Jahren noch nicht einmal den ersten Kuss erlebt oder gar einen Freund gehabt. Aber ich hatte bisher auch keine Probleme damit gehabt und fand es nicht schlimm. Besser so, als wenn ich wie andere Mädchen damit rumprotzen würde oder am Ende sogar weinend und verzweifelt mit einem Haufen Taschentücher auf dem Bett läge und mich von meiner besten Freundin trösten ließe. Da war ich mit meinem Leben doch recht zufrieden.
Hastig verstaute ich meinen treuen Freund – dein Zeichenblock – in meine Umhängetasche, die hundertmal mit dem gleichen Stadtnamen bedruckt war: Berlin.
In der größten Stadt Deutschlands lebte mein Vater, der sich vor fünf Jahren von meiner Mutter hatte scheiden lassen. Das war natürlich erst mal ein großer Schock für mich gewesen, da ich beide Elternteile unendlich liebte, aber dann nur bei meiner Mutter wohnen durfte. Und zwar auf einer 5000-Einwohner Insel in einem kleinen Häuschen, in der wir mit meiner Grama zusammenlebten. Am Anfang war ich skeptisch gewesen, doch mittlerweile hatte ich mich an meine verrückte Oma gewöhnt.
Mit eiligen Schritten ging ich die volle Strandpromenade entlang und hielt nach meiner besten Freundin Ausschau. Sie wartete schon ungeduldig vor unserem Lieblingseiscafé und hatte trotzig die Arme verschränkt, doch als sie mich sah, verschwanden ihre harten Gesichtszüge und ein erleichtertes Lächeln umspielte ihre schmalen Lippen.
„Ebby!“, rief sie freudig und umarmte mich. „Ich bin froh, dass du da bist. Du weißt ja gar nicht wie schlecht es mir geht“
Eigentlich war mein Name Ebony – was Ebenholz bedeutete. Aber da ich weder dunkle Haare, noch braune Augen hatte oder einen dunklen Teint besaß, nannten mich alle Ebby. War mir auch recht so.
„Deswegen bin ich ja hier“, meinte ich und führte sie zu einem freien Tisch im Eiscafé. Dort redeten wir erst mal ein paar Minuten (oder eher gesagt: Kaylee redete die ganze Zeit) ohne uns ein Eis zu bestellen, bis wir schließlich von einer Kellnerin angesprochen wurden.
„Ich hätte gerne den Fruchtbecher“, sagte ich und warf einen fragenden Blick zu Kay, die nur frustriert auf die Eiskarte starrte. Das Gespräch hatte noch mal all ihre Empfindungen für Sasha auftauchen lassen, der heute in der Schule mit ihr Schluss gemacht hatte. Sein überzeugender Grund: „Ich liebe dich nicht mehr“. Aha, so viel dazu.
„Ich möchte einfach nur ein Wasser“, sagte sie schließlich.
Die Kellnerin nickte und verschwand wieder hinter dem Tresen.
„Also, Kay“, begann ich. „Wir sollten dich jetzt mal ein bisschen ablenken. Wie geht es deiner kleinen Schwester, Susie?“
„Super“, antwortete meine Freundin gelangweilt. „Während meine Schwester mit ihren Puppen spielt, versuche ich Sasha zu vergessen“
Ich seufzte. Es war gar nicht so einfach Kaylee aufzuheitern. Vor allem, weil immer nur der Name ihres Ex-Freundes fiel.
„Du sollst ihn ja auch gar nicht vergessen. Aber trauere nicht um Dinge, die nun Vergangenheit sind. Du solltest lieber lächeln, weil es schön war. War es doch, oder?“
Sie nickte.
„Na also. Du und Sasha könnt ja weiterhin in Kontakt bleiben, nur eben ohne ein…Liebesleben. Vielleicht findest du bald irgendwen anderen, der dein Herz verzaubert“, führte ich fort und runzelte die Stirn. Was sagte ich da eigentlich?
„Du hast leicht reden. Du kannst das doch gar nicht nachvollziehen, da du noch nie in solch einer Situation warst. Und nun sagst du mir, ich soll glücklich sein, dass Sasha mich verlassen hat? Wie kommst du nur auf so einen Schwachsinn, Ebby? Ich liebe ihn und möchte, dass wir wieder zusammen sind. Aber dein Gelaber kannst du dir sonst wohin stecken“, sagte sie mürrisch und stand wütend auf.
Das war nicht fair. Ich wollte ihr doch nur helfen und ihr eine Schulter zum Anlehnen anbieten. Sie konnte ja wohl meine Meinung wissen und mir auch mal zuhören.
„Kay, jetzt sei doch nicht gleich wieder so wütend. Außerdem kommt unsere Bestellung gerade“, meinte ich mit einem vielsagenden Blick auf die Kellnerin, die sich unsicher durch die Tische schlängelte.
„Das ist mir egal“, schnaubte sie und legte ein Zwei-Euro-Stück auf unseren Tisch. „Ich gehe jetzt. Ich brauch mal ein wenig Zeit zum Nachdenken. Ohne irgendwelche blöden Vorschläge“
Damit verschwand sie aus dem Eiscafé. Ich seufzte und rieb mir meine Schläfen, während der Fruchtbecher vor meine Nase gestellt wurde. Na toll, Ebby. Du hast ungewollt deine beste Freundin wütend gemacht.
Gedankenverloren aß ich Löffel für Löffel mein Eis auf und bemerkte erst bei der Hälfte, dass uns die Kellnerin die falsche Bestellung serviert hatte. Naja, mein Fruchtbecher war richtig, aber anstatt einem Glas Wasser stand ein Milchshake auf unserem Tisch. Ich verdrehte die Augen und suchte die Kellnerin, doch als ich Niemanden entdecken konnte, beschloss ich die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Entschlossen stand ich mit dem Shake in der Hand auf und ging zum Tresen, als ich plötzlich drei bekannte Jungenstimmen hörte. Es waren Drew und Derick – zwei idiotische Zwillinge – und Ivan, die alle drei in meine Klasse gingen und sich über den Tresen gebeugt hatten, um somit besser mit der Kellnerin sprechen zu können. Aha, deswegen kam sie also nicht.
„Ähm, Entschuldigung?“, begann ich und acht Augenpaare blickten mich überrascht an. Weiter als diesen Satz kam ich nicht, denn plötzlich stolperte ich über meine eigenen Beine und fiel nach vorne, während der Milchshake aus meinen Händen flog. Erschrocken schrie ich auf und sah gerade noch wie sich der Shake über Derick’s T-Shirt ergoss und er fluchend zur Seite sprang, bevor ich auf den Boden knallte. Ich kniff die Augen zusammen und spürte einen unangenehmen Schmerz an meinen Ellbogen, die ich schützend vor mein Gesicht gehalten hatte. Als ich mich aufsetzte, bemerkte ich erleichtert, dass sie nur aufgeschürft waren. Aber meine Erleichterung wurde sofort zunichte gemacht, als ich Derick’s zornerrötetes Gesicht sah. O-oh. Das würde Ärger geben.
Schnell sprang ich auf meine Beine und blickte unsicher auf sein dreckiges Shirt, welches einen rosafarbenden Ton angenommen hatte. Es war also ein Erdbeershake gewesen.
„Oh Gott, das tut mir so leid!“, sagte ich und wusste nicht so recht, was ich machen sollte, also nahm ich einfach ein paar Servietten und drückte sie ihm in die Hand. Drew und Ivan verkniffen sich ein Lachen, während die Kellnerin ein Lappen aufsuchte und mich aufforderte den restlichen Inhalt, der auf den Boden gefallen war, aufzuwischen. „I-ich wollte–“
„Du miese Schlampe“, knurrte Derick und ballte die Hände zu Fäusten. Ich musste schnell abhauen. Sofort. Hastig kramte ich einen Zehner aus meiner Hosentasche, legte ihn auf den Tresen und holte schnell meine Tasche, ehe ich aus dem Eiscafé floh. Die drohenden Sätze versuchte ich zu überhören.
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Vielleicht erscheint die Geschichte im ersten Moment noch ein wenig Nichts-sagend, aber ich hoffe, dass durch die nächsten Teile vielleicht ein bisschen mehr Spannung auftaucht. :) Falls denn überhaupt eine Fortsetzung erwünscht ist…?
P.S.: Die Insel habe ich mir einfach ausgedacht.







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