Aus Abneigung kann Liebe werden - Teil 6

Autor: emma1990
veröffentlicht am: 24.10.2011


Während der ganzen Autofahrt verlief Dannys Blick ins Nichts. Er konnte keine klaren Gedanken mehr fassen und er fühlte sich leer, wie noch nie. Nicht die Narben und Scarletts vermeintliche Reaktion darauf machten ihn so sehr zu schaffen, nein es war diese Aussichtslosigkeit. „Wie bin ich nur in diese Situation geraten? Und wie komme ich da wieder raus? Ich kann Scarlett nicht mehr in meiner Gegenwart ertragen.“ Danny ärgerte sich das erste Mal darüber, dass die Teams, der Militär-Organisation, wegen des Gruppenzusammenhalts in den ersten Monaten zusammen leben mussten. „ Wie soll ich ihr da nur aus dem Weg gehen?“ Nach langem Grübeln kam er zu dem Entschluss, dass Ablenkung das beste Heilmittel gegen diese schmerzenden Gefühle war. „ Ich werde wieder auf Frauenjagd gehen. Narben hin oder her. Ich entblöße mich lieber vor fremden Frauen, als weiterhin die krankmachenden Gefühle für Scarlett zu hegen.“ Und damit war es beschlossen. „Du kannst ja wieder lachen“ , sagte Sarah, die Danny aus seinem tiefen Gedanken riss.


„Na komm schon, zieh dich aus und schlaf mit mir. Worauf wartest du Danny?“ Danny blickte an sich hinunter. Hatte er nicht eben noch Klamotten getragen? Doch jetzt war er nackt und als er wieder nach vorne blickte, stand nicht mehr die Frau, die zu ihm gesprochen hatte, vor ihm, sondern eine ganze Menge Frauen. Sie lachten laut. Danny war schwindelig,vor seinen Augen wurde es schwarz und dann hörte er einen lauten Knall.

„Alles okay mit dir? Hast du dir was getan? Wieso tust du dir nur immer so viel weh Danny?“
Danny schmerzte der Kopf. „Wo bin ich?“ Er blickte nach links und rechts, dann erst erkannte er die dunklen Umrisse des Wohnzimmers. Er lag auf dem Wohnzimmerboden, genau neben dem Couchtisch, an dem er sich wohl gestoßen hatte. „ Hast du schon immer schlafgewandelt?“, fragte Scarlett ihn. „Ich, ähm... Nicht das ich wüsste.“ „ Na dann erklärt sich, warum du gegen den Tisch gedonnert bist. Das Schlafwandern musst du noch ein bisschen üben!“, Scarlett schmunzelte. Danny räsuperte sich, während er Scarlett zu sah, wie sie den Lichtschalter suchte und anschließend betätigte. Scarlett setzte sich neben Danny und glaubte ihren Augen kaum, als sie Tränen auf seinen Wangen zu erkennen schien. „Hast du geweint?“ , brach es aus ihr, doch sie bereute ihre überstürzte Frage sofort wieder. So jemanden wie Danny durfte man nicht auf vermeintliche Tränen ansprechen. Er fasste sich an seine Wangen und erschrak über die Feuchtigkeit, die er unter seinen Fingern spürte. „Wieso hast du geweint? Ist etwas passiert? Oder tut dir was weh?“ , fragte Scarlett besorgt. „Ich habe nicht geweint. Ich weine nie!“ Danny atmete schwer. „Ich bin doch keine Frau“ „Achso, natürlich weinen nur Frauen und Männern ist das völlig unbekannt. Ich finde es schrecklich, wie du dich verstellst. Ich kenne keinen Mann, der so verklemmt ist und so sehr an seinen Stereotypen festhält, wie du es tust.“, schrie Scarlett ihn an und war wieder einmal über ihre eigenes Aufbrausen erstaunt. „Du machst mich wahnsinnig Danny. Seit du mich gerettet hast, ist alles so wirr in meinem Leben geworden.“ „Wie meinst du das denn jetzt? Ich hab dich doch nur vor diesen scheiß, dreckigen Hurensöhnen gerettet.“ Scarlett wurde noch wütender. „Kannst du deine Sprache ein wenig zügeln? Ich würde echt gern mal wissen, wie deine Mutter dich erzogen hat, dass du als 25 jähriger immer noch redest, wie ein pubertärer Junge?!?!“ „ Es waren nun mal Hurensöhne und rede nicht über meine Mutter. Sonst raste ich gleich aus!!“. Jetzt fing auch Danny anzuschreien. „ Wieso denn nicht? Wenn du dich in der Gegenwart deiner Familie auch so benimmst, dann können sie dich bestimmt auch nicht lange ertragen!“.Als Scarlett den Satz beendet hatte, sah sie erschrocken dabei zu, wie Danny die Vase vom Couchtisch griff und sie gegen die Wand beförderte. Sie zersprang in tausend Einzelteile und knallte laut. Beide bekamen das Blumenwasser ab. „IHHH, was soll das Danny, bist du völlig verrückt???“ Scarlett schubste ihn nach hinten. „Was das soll? Was fängst du auch davon an über meine Mutter zu sprechen? Du weißt doch gar nichts über sie.“ „Deswegen musst du doch aber nicht so ausrasten.“ „ Ich will aber nicht an meine Mutter oder meine Familie denken, es ist schon so schwer genug, aber du musst dich ja in alles einmischen. Ich kann nicht mehr.“ Danny stand auf, wankte dabei stark. Der Zusammenprall mit der Tischkannte war wohl doch etwas stärker ausgefallen. Doch das war ihm jetzt egal. Er rannte mit großen Schritten auf die Terrassentür zu, riss sie auf und verschwand. Erst als er das Donnern hörte und der Regen schon jetzt einen großen Teil seines Pullis durchnässt hatte, bereute er seine Flucht. „Du kannst doch nicht bei diesem Unwetter nach draußen! Du holst dir den Tod!“, schrie Scarlett Danny hinter her. „ Das ist mir scheißegal!!, schrie Danny zurück und verschwand in der Dunkelheit. „Was meinte er denn mit: Das ist schon so schwer genug? Ich verstehe diesen Mann nicht.“, fragte sich Scarlett. „Ich renne ihm bestimmt nicht hinter her... oder doch? Ehe sie sich versehen konnte, hatte sie ihren Mantel angezogen und trat ins Freie. „Wieso tue ich das? Wieso kümmert es mich überhaupt...es wird wohl das schlechte Gewissen sein, dass mich seit dieser Rettung plagt oder ist es Mitleid? Der arme Kerl scheint wirklich unter diesen Narben zu leiden. Wieso kümmern mich die Sorgen, der anderen so sehr??“, Scarlett ärgerte sich über ihr ausgeprägtes Helfersyndrom.

Danny war endlich am Steg angekommen und setzte sich auf das nasse Holz. Als die Nässe den Stoff seiner Hose durchdrang, wollte er sich beinahe wieder aufrichten. „Ach, was solls, nass bin ich eh schon fast überall und eine Erkältung habe ich sicher.“, seine Gedanken schweiften in die Ferne. „Die Liebe ist grausam, sie macht uns Abhängig und lässt uns leiden. Zumindest hat sie das bei mir immer getan. Sie hat mir nie Sicherheit geboten. Wieso spricht man dann immer davon, dass sie einem Schutz bietet? Sie hat mich nicht einmal geschützt, als meine Mutter tatenlos zu sah, wie ihr Freund mich blau geschlagen hat. Und auch nicht, als er mich mit fünfzehn aus meinem Zuhause vertrieben hat. Wie konnte eine liebende Mutter die Schläge zulassen? Wie konnte sie diese Ungerechtigkeit dulden.... gegenüber ihrem eigenen Sohn? Von wegen Stereotypen. Scarlett hat keine Ahnung. Lieber bleibe ich ein Leben lang allein, als jemals wieder abhängig von einem Menschen zu sein.“ Danny\'s Gedankengang wurde durch leise Fußstapfen auf dem nassen Gras unterbrochen.
Scarlett blickte den traurigen Augen entgegen. „Komm mit“. Sie streckte ihm die linke Hand entgegen und lächelte zaghaft. „Ich weiß nicht, warum das Thema über deine Eltern dich so aufregt, aber es tut mir leid. Möchtest du darüber reden?“ „Nein, ich habe überreagiert, es ist alles halb so wild.“, sagte Danny mit flacher Stimme. Er wollte Scarlett nicht preisgeben, was ihn wirklich daran störte. „Du bist wirklich schlimm!“, sagte Scarlett mit halben Grinsen, aber strengen Augen. Danny blickte in seinen Schoß und seufzte. „Du würdest mich so viel besser verstehen,wenn du wüsstest, aber ich möchte keinen Mitleid, vorallem nicht von dir“, dachte sich Danny. „Nun komm, ich will hier nicht erfrieren. Du etwa?“, wieder hatte Scarlett ihre Hand ausgestreckt. Danny sah erschrocken auf ihr vermeintliches Angebot. „Willst du mir hochhelfen?“ , spottete Danny. „Nein du Dummkopf, ich will dich an die Hand nehmen.“ „ Du willst mich an die Hand nehmen? Keine Sorge, ich kann schon alleine laufen .“, Danny war verwirrt. Wieso wollte Scarlett das? Danny wurde nervös. „Wieso benehme ich mich wie ein kleiner Junge? Ist doch nur eine Hand. Ihre Hand.“, bevor er zu ende denken konnte, hatte er sich aufgerichtet und Scarletts wunderbar kleine und weiche Hand mit seiner umschlossen. „Gehen wir jetzt den ganzen Weg so?“ „Ja, ich fühle mich sonst nicht wohl.“ Danny fixierte Scarlett fragend. „Es ist so dunkel, ich fühl mich nicht wohl in dieser beklemmenden Dunkelheit,....deswegen.“ , versuchte sich Scarlett zu erklären, damit Danny nichts anderes in ihrem Handeln interpretieren konnte.
Keiner gab es dem anderen preis, doch beide genossen diese zaghafte Nähe.





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