Searching the Light

Autor: Belladonna
veröffentlicht am: 10.01.2009




HalliHallo!
Also, ich möchte mich jetzt erst einmal bei Euch entschuldigen, dass ich Euch so lange habe warten lassen. Leider kam ich in den letzten Monaten, schreibtechnisch gesehen, nicht wirklich voran. Das gilt auch nach wie vor noch für einige der parallel laufenden Geschichten. Ich kann Euch nicht versprechen, dass ich Euch den nächsten Teil in naher Zukunft schon präsentieren kann, aber ich darf mich glücklich schätzen, meine Inspiration zurückerlangt zu haben.
In diesem Sinne wünsche ich Euch jetzt viel Spaß beim Lesen!

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Und das hatte ich wahrlich. Was hier vor mit hing war ein Traum von Kleid, der Wirklichkeit geworden war.
'Was hast du denn gefunden?' rief mir Vanni aus Richtung des Badezimmers zu.'Das perfekte Kleid für diesen Abend!' erwiderte ich ihr. Und das war es wirklich.Aus feinstem Samt und Jaquard- Seide verbindet es schlichte Eleganz mit extravaganter Raffinesse. Dieses Kleid stellte die reinste Sünde dar! Über Triangelträger wurde es hinten festgehalten und offenbarte dann einen tiefen Ausschnitt, welcher praktisch den ganzen Rücken freiließ. Erst am unteren Rücken prangte eine riesengroße schwarze Schleife, welche die kleine Schleppe an der Rückseite gerafft hielt. Die Korsage am Oberteil wurde eng geschnürt und betonte so meine mehr oder minder üppige Oberweite und meine schlanke Taille. Knapp unterhalb der Hüften sprang ein mehrschichtiger Rock voluminös auf. Die unterste Schicht bildete ein Satinvolant, welcher in schwarzen Spitzenrüschen etwas unterhalb des Knie endete. Darüber bauschte sich in etwas kürzerer Länge der eigentlich Rock aus reinster Seide, der etwa in der Mitte der Rüschenbahnen endete und so die weinrote Stickerei am Saum dieser den Blicken Neugieriger preisgab. Das Kleid war in einem tiefen dunklen Weinrot gehalten und wirkte je nach Lichteinfall schon mahagonifarben. Um die Taille war ein samtener schwarzer Gürtel mit einer silbernen Schnalle angenäht, welcher in der schon beschriebenen wunderschönen Schleife endete.
Schmuck würde ich dazu kaum benötigen. Einfach Perlenohrringe und ein dazu passendes Armband, mehr war nicht notwendig. Außerdem meine schwarzen Tanzschuhe mit den roten Riemchen und die kleine weinrote Handtasche mit der schwarzen Perlenstickerei, diese letzten Accessoires würden das Ensemble des heutigen Abends komplettieren.
Möglicherweise würde ich meine schwarze Spitzenstola mitnehmen. Es war zwar noch Sommer, aber Abends wurde es doch schon frisch.
Unschlüssig war ich auch noch was meine Frisur betraf. Zwar hatte ich meine Haare jetzt schon eingedreht, doch überlegte ich, ob Locken wirklich so gut zu dem Kleid passen würden. Mit einem Achselzucken beschloss ich schließlich es einfach mal auszuprobieren. Sollte es wirklich nicht passen, dann könnte ich immer noch mein Glätteisen herausholen und meine lange Mähne in seidige Bahnen legen.
Während ich noch darüber sinnierte was besser aussehen würde, kam mir eine ganz andere Idee. Vielleicht könnte ich meine Haare ja locker hochstecken. Zu meinem Perlenschmuck würden die elfenbeinfarbenen Haarnadeln mit den Süßwasserperlen bestimmt gut aussehen. Ich würde es einfach ausprobieren müssen.


'Sag mal Ella? Kommst du heute auch irgendwann noch mal aus deinem Schrank wieder raus?' hörte ich Vanni einige Zeit später fragen.
'Äh, ja. Ich komme schon!' rief ich zurück und bahnte mir meinen Weg durch die üppige Vielfalt teurer Roben zurück in mein Schlafzimmer. Dort stand meine Freundin schon fertig gefönt und starrte mit großen Augen auf das Kleid, welches über meinem Arm hing.'Heidewitzka! Und das willst du wirklich anziehen?!' fragte sie mich verblüfft.'Ja, wieso nicht?' fragte ich arglos zurück.
'Naja, ich weiß nicht so recht, aber ich glaube, wenn dir das Kleid auch nur halb so gut steht, wie es aussieht, dann wirst du heute der halben Stadt den Kopf verdrehen.' äußerte meine Freundin ihre Bedenken.
'Ach, du hast doch nur Angst, dass dann für dich keiner mehr übrig bleibt, wenn Flo sich bei diesem Anblick' dabei deutete ich mit dem Kopf auf das Kleidungsstück über meinem Arm, 'augenblicklich unsterblich in mich verliebt und plötzlich nichts mehr von dir wissen will!' scherzte ich.
'Nee, nee, den musst du dir leider aus dem Kopf schlagen, denn der gehört ganz und gar nur mir allein.'
'Und du ganz und gar nur ihm allein, ich weiß. Und ich freue mich von ganzem Herzen für euch!' sagte ich und umarmte Vanni, die mich mit Tränen in den Augenwinkeln ansah.'Danke Ella, du bist wirklich die beste Freundin auf der ganzen Welt!' schniefte sie mir glücklich ins Ohr.
'Ich weiß, schließlich leihe ich dir mein einzigstes Kleid von Armani aus!' scherzte ich.'Ach ja, wo wir schon mal dabei sind, ich hab dir das Kleid übers Bett gelegt. Musst du mal gucken, ob es dir passt, aber ich glaube schon. Könnte dir aber vielleicht ein bisschen zu lang sein.'
'Hm, ich bin da eigentlich ganz zuversichtlich, dass es passt.'
'Sagen wir eher; Es muss!' korrigierte ich Vanessa, die sich nun ganz verliebt dem Kleid widmete.
'Gott, das ist ein Traum!' schwärmte sie und 'Ich fasse es nicht, dass ich tatsächlich einmal im Leben Armani trage!'
Schmunzelnd beobachtete ich, wie Vanni ganz verzückt das Kleid musterte.
'Sag mal, willst du das nicht auch irgendwann mal anziehen, oder reicht es dir, das Kleid den ganzen Abend lang völlig realitätsfremd anzustarren?' holte ich meine Freundin aus ihren Träumereien zurück.
'Hä? Ach so. Nee.'
'Welch präzise Antwort!' zog ich sie ob ihres Gestammels auf.
'Ach man, du weißt doch, wie ich das meinte!' rief sie genervt zu mir zurück.
'Ja natürlich weiß ich das. Ich meine ja auch nur.'
'Jaja, schon gut. Also dann zieh ich mich jetzt mal um.' Und mit diesen Worten verschwand Vanni mit dem Kleid im Bad.
Seufzend betrachtete ich das Kleid über meinem Arm noch einmal genauer. Ein Traum, mehr viel mir dazu einfach nicht ein. Aber so langsam beschlichen mich heimliche Bedenken, ob das nicht doch zu gewagt wäre. Allerdings hatte mich das bisher nie davon abgehalten, das zu tragen, was ich tragen wollte, warum also jetzt? Vielleicht weil es dabei um Raphael ging. Was würde er von mir denken, wenn er mich in diesem Kleid sah? Würde er nicht denken: Schon wieder so eine versnobte Göre? Ich wusste es wirklich nicht und das bereitete mir Kopfzerbrechen. Ich kann mich eigentlich immer relativ gut auf meine Menschenkenntnis verlassen und weiß andere einzuschätzen, doch bei Raphael versagte sie komplett. Es ist ehrlich gesagt beunruhigend, wenn man keine Ahnung hat, was in anderen Menschen vor sich geht. Man kann einfach nicht voraussehen, was möglicherweise passieren könnte.
Mit einem leichten Kopfschütteln verscheuchte ich diese Gedanken und begab mich in meine Ankleidezimmer direkt neben meinem Kleiderschrank. Noch einmal wog ich meine Bedenken gegeneinander ab und entschloss mich dann mit einen Schulterzucke dafür, dass ich es ganz einfach wagen würde. Wenn's schief geht, dann geht's halt schief!

Kaum stand ich angezogen, mit Schmuck behangen und dezent geschminkt vor meinem Spiegel, da betrat auch schon Vanni fertig herausgeputzt meine bescheidene Kammer.'Oh...- WOW!' staunte sie nur und sah mich aus großen Augen an. Ich muss sagen, dass ich alles in allem relativ zufrieden mit meinem Aussehen war. Das Kleid betonte meinen, durch meine helle Haut bedingten, Porzellanpuppenteint und meine langen schwarzen Haare rahmten in großen Locken mein eher schmales Gesicht ein, bevor sie mir sanft auf die Schultern und den Rücken fielen. Das Kleid betonte wunderbar meine zierliche Figur und reichte bis knapp unterhalb der Knie, so dass es meine schlanken Waden offenbarte. Meine Füße steckten in schlichten schwarzen Tanzschuhen mit einem fast sündhaft hohen Absatz. Die schwarze Spitzenstola hing anmutig über meinen Schultern und in den Händen hielt ich meine schon komplett gepackte Handtasche. Ein prüfender Blick in den Spiegel verriet mir, dass mein Make-up absolut perfekt aussah. Mit schwarzem Kajal hatte ich meine schmalen Augen umrahmt und der rubinrote Lidschatten setzte farbige Akzente in das rauchige schwarz-grau meiner Smokey-eyes. Meine von Natur aus langen und elegant geschwungen Wimpern hatte ich nur leicht getuscht und meine Lippen schimmerten in einem dunkeln kirschrot.
'Mein Gott Ella! Du sieht umwerfend aus!' brachte Vanni schließlich krächzend heraus und starrte mich immer noch aus weit aufgerissenen Augen an.
'Danke, aber du siehst nicht minder fantastisch aus.' musste ich zugeben, denn Vanni sah in meinem eisblauen Kleid wirklich hinreißend aus.
Die kühle Farbe des Armani- Kleides bildete einen hübschen Kontrast zu ihrer leicht gebräunten Haut und harmonierte wunderbar mit dem warmen Blauton ihrer Veilchenaugen. Vannis schwarze Haare hingen ihr wasserfallartig über die Schultern und schmeichelten ihrem schmalen Gesicht. Wenn sie nicht mindestens genauso viele Blicke auf sich ziehen würde heute Abend, dann hatte ich eine wahrlich schlechte Menschenkenntnis!
'Genug davon!' meinte ich schließlich. 'Einigen wir uns doch einfach darauf, dass wir beide heute Abend eine gute Figur machen werden!'
'In Ordnung, aber um das wirklich zu machen, sollten wir wohl langsam aufbrechen, meinst du nicht?'
'Wahrscheinlich schon. Ich bin jedenfalls fertig.' Ein Nicken von Vanni zeigt mir, dass auch sie fertig schniegelt und gestriegelt war.
'Hm, was meinst du, wollen wir heute mal den Rolls nehmen?' fragte ich meine beste Freundin mit einem koketten Augenaufschlag.
'Welchen denn?' antwortete Vanni mir irritiert, weil wir sonst eigentlich immer meinen Jaguar oder ab und zu auch mal den Lamborghini nahmen, dabei haben wir so eine riesige Auswahl!
'Ich dachte an den Oldtimer...'
'Diese schicke Nobelkarosse? Der silbergraue?'
'Genau der!'
'Oh mein Gott! Da werden die aber alle Augen machen! Mir scheint, dass ist auch Sinn und Zweck, oder? Na gut, dann sorgen wir mal für Verwirrung!'
Die Vorstellung in einem Rolls Royce vor ihrem Haus vorzufahren und für große Augen seitens der Gäste zu sorgen schien meiner besten Freundin zu gefallen, und warum sollte ich ihr diesen Wunsch nicht erfüllen? Von allen Autos die sich im Fuhrpark meines Vaters fanden, ausgenommen meinen Jaguar, liebte ich den Rolls am meisten. Schlicht, elegant und einfach nur fantastisch!
'Na dann lass uns mal gehen!'
Mit Vanessa im Schlepptau schritt ich also die Treppe hinunter Richtung Eingangshalle und beauftragte unterwegs James doch schon einmal den Wagen vorzufahren.
Im Foyer trafen wir auf Jeremy, der, als er uns erblickte, erst einmal große Augen machte.'Guten Abend die Damen' begrüßte er uns. 'Also Miss Mercedes, wenn Sie erlauben, Sie sehen hinreißend aus! Und Miss Vanessa, das Kleid steht Ihnen wirklich ausgezeichnet!''Guten Abend Jeremy, schön, dass Ihnen unsere Garderobe gefällt.' flötete Vanni und bekam dabei tatsächlich eine sehr gesunde Farbe im Wangenbereich.
'Meine liebe Vanessa, daran solltest du dich lieber schon mal gewöhnen, denn das war für diesen Abend garantiert nicht das letzte Kompliment und jedes mal einen Feuermelderteint an den Tag zu legen ist auch nicht gerade vorteilhaft...' neckte ich sie ein bisschen und wandte mich dann an Jeremy: ' Nun, meinen Sie so können wir uns heute Abend auf DEM gesellschaftlichen Ereignis von Carlisle schlechthin blicken lassen?' Und vollführte eine elegante Drehung am unteren Treppenabsatz.
'Na aber hallo!'
'Ich schätze mal, das sollte ein ‚Ja' sein. Siehst du Vanni, alles perfekt. Nun denn, mein hochverehrter Jeremy, dann müssen wir uns jetzt leider von Ihnen verabschieden, man erwartet uns bereits. Miss Simmons, wenn Sie dann so freundlich wären, mir zu folgen? Aber unauffällig, wenn ich bitten darf!'
Kichernd hielt ich ihr die Tür auf und deutet mit einer kleinen Handbewegung auf die Treppe, vor der James schon mit dem Rolls stand und uns die Tür aufhielt. Mit einem letzten Knicks in Richtung Jeremy verabschiedeten wir uns von meinem völlig verblüfften Butler und brachten nun auch James zum Staunen.
'Also meine Damen, Sie sehen bezaubernd aus, wenn ich das mal so sagen darf!''Komplimente sind immer gern gehört, James!' Na schau an, schon hatte Vanni ihre Contenance zurück erlangt und kokettierte hier mit meinem Chauffeur und Mädchen für alles herum.
Nachdem wir dann endlich im Fond des Wagens saßen und sogar ordnungsgemäß angeschnallt waren konnte es losgehen.
'Heute, James, darfst Du exakt vor dem Gartentor parken. Vanni möchte mal alle Blicke auf sich ziehen. Zum einen mit unserem Oldtimer und zum anderen natürlich mit meinem absolut umwerfendem Armani- Kleid, welches sie wirklich vorzüglich kleidet.'
'Kein Problem. Aber rein fahren muss ich nicht?' kam die sarkastische Frage zurück.'Ich glaube die Spiegel werden noch gebraucht.'
Zur Erklärung: Die Simmons sind zwar nicht arm, aber eben auch nicht reich und fahren deswegen ein relativ kleines Auto und das heißt nun mal, dass der Rolls im Traum nicht in ihre Einfahrt passen würde. Jedenfalls nicht mit Spiegeln und ohne Kratzer.
Gute Spiegel sind leider bei jedem Auto unerlässlich und Kratzer im Silber des wunderschönen alten Wagens? Erstens wäre das eine Schmach sondergleichen für das Auto, Zweitens gefällt er mir ohne besser und Drittens würde mein Vater mich wahrscheinlich umbringen, sollte er einen solchen jemals entdecken. Er ist der friedfertigste Mensch, der mir je begegnet ist, doch bei seinen Autos hört es auf. Da steh nicht einmal ich drüber, auch wenn er mir sonst alles erlaubt und verzeiht.
Während sich die Karosse den Weg in die Stadt hinabschlängelte wuchs meine Aufregung sekündlich an. Schon in wenigen Minuten würde ich IHN wieder sehen. Ihn, den Mann, in den ich mich schon beim ersten Anblick unsterblich verleibt hatte. Raffael. Ein Name, wie von einem Engel, und so sah er auch aus, mein persönlicher Traummann. Noch gut konnte ich mich an eine Zeit erinnern, in der wir, Vanni und ich, uns gegenseitig unseren Mann der Träume skizziert hatten. Lange Zeit galten Vanni und Ethan als das Traumpaar schlechthin. Vielleicht wird es mit Flo wieder so sein, oder sogar noch besser? Ich wünsche es ihr jedenfalls von ganzem Herzen. Aber wer weiß, vielleicht würden schon Raffael und ich bald das neue Traumpaar von Carlisle sein?
Ich wagte gar nicht daran zu denken, zu hoffen, dass etwas derartiges geschehen könnte.Viel zu abwegig erschien mir die Vorstellung, dass der Schwarm aller weiblichen Wesen in der Gegend sich ausgerechnet in mich, die offiziell ernannte Eisprinzessin, verlieben könnte.'Ella, träumst du?' riss mich schließlich Vanessas Stimme aus meinen Überlegungen.'Lass mich mal raten, woran du gerade gedacht hast. Hmmm, also, ich könnte mir vorstellen, dass es ein männliches Wesen war...' fing sie an und synchron dazu nahm mein Gesicht so allmählich eine Farbe an, die man gut und gerne als weinrot bezeichnen könnte.
'Ich könnte mir weiterhin vorstellen, dass du dieses männliche Wesen auf der Party treffen wirst, zu der wir gerade unterwegs sind.'
'Lass das!' zischte ich ihr zu.
'Außerdem denke ich, dass er ganz entzückt von dir sein wird, wenn er dich sieht..' schwadronierte sie frisch und frei weiter.
Ich versuchte unterdessen mich so klein wie nur irgendmöglich zu machen und rutschte immer weiter in die weichen Polster hinein.
'Und bestimmt wird auch er heute wieder ganz umwerfend aussehen und du ihn wieder minutenlang mit weit aufgerissenen Augen anstarren.'
'Vanessa!' grollte ich sie zornig an.
'Was denn? Ich erläutere lediglich Tatsachen! Mittlerweile ahnt, glaube ich, eh schon jeder Dritte, dass sich da was zwischen euch anbahnt.'
Unfassbar, und so was freches nannte sich meine beste Freundin!
'Guck mich nicht so giftig an. Ich weiß, dass du ihn liebst, auch wenn du es mir partout nicht sagen willst, aber deine Blicke sprechen für sich und gerade eben, als du in Gedanken auf Garantie bei ihm warst, hat dein Blick so etwas glasiges, entrückt-entzücktes angenommen.'Meine Gesichtsfarbe jetzt noch rot zu nennen, wäre eine glatte Untertreibung gewesen und würde umgehend bestraft gehören. Um es kurz und schmerzlos zu sagen, ich war so knallrot, wie ein Mensch nur werden kann und ich schämte mich in Grund und Boden.
'Vanni, bitte hör auf...' wisperte ich leise, denn zu mehr war ich momentan nicht im Stande. Sie hatte mich durchschaut. Natürlich hatte ich an Raffael gedacht. Das tat ich seit unserem ersten Zusammentreffen ununterbrochen. Ich konnte einfach nicht anders. Er hatte mich verzaubert!
'Nun, Ella, zu wann soll ich denn Deine Hochzeit ausrichten lassen?' hieb nun auch noch James in dieselbe frisch geschlagene Kerbe.
'Sag mal James, wann wir denn Deine eigene Hochzeit stattfinden? Ich meine die mit Carol. Von der solltest Du meinen Eltern vielleicht mal etwas erzählen. Die würden sich bestimmt für Euch freuen und als Hochzeitsgeschenk würden sie Euch dann sicherlich das kleine Cottage am Waldrand schenken.' erwiderte ich zuckersüß, woraufhin ich vor James zumindest erst einmal wieder meine Ruhe hatte. Jetzt war er es nämlich, der puterrot geworden war und seine Ausmerksamkeit wieder auf die Straße lenkte.
'Ich glaube nicht, dass Carol das will.' brummte er von vorne.
'Wieso sollte sie das nicht wollen? Sie liebt Dich und da gehört eine Hochzeit dann nun mal zwangsläufig mit dazu.'
'Mag sein, aber sie will es niemandem sagen.'
'Warum?' Das verstand ich nun wirklich nicht. Hatte sie etwa Angst, dass man sie deswegen aus dem Haus jagen würde? So etwas würden wir niemals tun! Außerdem freute ich mich ehrlich für die beiden, dass sie endlich zueinander gefunden hatten.
'Ihre Familie wäre gegen eine solche Verbindung. Ich bin denen zu rangniedrig. Ich bin ja schließlich nur der Chauffeur, das Mädchen für alles, und kein beflissener Butler mit Ambitionen eines Tages im Königshaus dienen zu dürfen!' kam es bitter vom Fahrersitz.Damit hatte ich nun nicht gerechtet und dieses unvermutete auftauchen eines Problems versetzte meiner Vorfreude und guten Laune einen erheblichen Dämpfer. Statt nun weiter über Raffael zu sinnieren, versuchte ich eine Lösung für das junge Glück der beiden zu finden, welches man auf eine solche harte Probe stellte.
Weil wir uns nun vorläufig nichts mehr zu sagen hatten, senkte sich ein tiefes Schweigen über den Innenraum des Gefährts, doch es war keines von der unangenehmen Sorte. Es hing einfach ein jeder seinen Gedanken nach.
Und dann waren wir auch schon da.

'Ella?' fragte James mich leise, mit unglaublich traurigem Blick, als er mir die Tür des Rolls Royce öffnete.
'Was kann ich für Dich tun, James?'
'Bitte rede mit niemandem darüber. Es soll noch keiner erfahren. Vor allem ihre Familie nicht. Ich könnte es nicht ertragen, sie zu verlieren.'
'Aber wollt ihr Euch denn auf ewig vor denen verstecken und Euch so das Leben von ihnen kaputt machen lassen?'
'Nein, aber je später sie es erfahren, desto besser ist es. Carol bedeutet mir so unglaublich viel. Ich könnte es einfach nicht ertragen, wenn sie gehen müsste und wir getrennte werden würden. Das verstehst Du doch, oder Ella?' fragte er mich mit eindringlichem Blick.'Natürlich verstehe ich das. Ich verspreche es Dir, ich werde mit niemandem ein Wort darüber wechseln.'
'Und ich werde auch stillschweigen bewahren.' mischte sich Vanni in unser Gespräch ein, die gerade hinter mir aus dem Wagen stieg.
Ein leise Lächeln stahl sich auf James Lippen und er sagte schlicht und einfach: ' Danke!'Noch bevor ich allerdings etwas erwidern konnte, wischte er die Trauer scheinbar weg aus seinen Gesichtszügen und sah uns, immer noch mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an.
'So, und nun geht, ihr zwei Grazien! Der Abend gehört euch und Ella? Denk bitte nicht so viel über Carol und mich nach. Konzentrier dich lieber darauf, Dir diesen jungen Mann zu angeln, von dem Du so schwärmst. Wie hieß er doch gleich, Vanessa, hilf doch mal meinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge.'
'Raffael, heißt er, James, und ich bin mir ganz sicher, dass sie ihn sich heute schnappen wird, ich meine, in dem Kleid!'
Ich lief schon wieder leicht rosa an und stolzierte mit einem leise vor mich hingezischelten Fluch von dannen, geradewegs auf das Gartentor zu, welches Elijah sich gerade anschickte zu öffnen.
'Was verschafft mir denn die hohe Ehre eines Besuches der edlen Dame?' fragte er, als er mich näher kommen sah. 'Mein Gott Ella, du siehst hinreißend aus!' platze es dann aus ihm heraus, als ich vor ihm stand.
'Findest du?' fragte ich abwesend.
'Aber unbedingt. Komm doch rein. Vanni? Kommst du auch?' rief er seiner Schwester zu. 'Hier ist schon jemand, der sehnsüchtig auf dich wartet!' schob er noch mit einem verschmitzten Lächeln an mich hinterher.
Diese Worte bewirkten anscheinend Wunder, denn Vanni schaffte es tatsächlich, sich von James zu verabschieden und mit schnellen Schritten auf das Gartentor zu zustürmen, ohne sich dabei die Haxen zu brechen, bei den hohen Schuhen wirklich schon eine Meisterleistung!'Guten Abend Bruderherz. Wo ist Flo denn?' fragte sie im gleichen Atemzug, wie sie ihre Begrüßung herunter gerattert hatte und sah ihn mit glänzenden Augen an. Schien so als hätte sie all ihr Pläne, mich mit Raffael zu verkuppeln schon im selben Augenblick vergessen, in dem sie gewahr wurde, dass Flo da war.
'Hinten im Garten' meinte Elijah mit einem Kopfnicken zu eben jener Örtlichkeit.'Und du Ella, kommst du auch rein, oder willst du hier draußen stehen bleiben?''Nein...' Warum zitterte meine Stimme plötzlich so? 'Nein...' wiederholte ich noch einmal mit festerer Stimme. 'Ich habe nicht vor den ganzen Abend auf der Straße zu verbringen. Würdest du mich nach hinten begleiten?'
'Aber gerne doch. Mit einer so schönen Frau am Arm schmückt Mann sich doch gerne.'Galant hielt er mir seinen Arm entgegen und ich hakt mich dankbar unter. Irgendwie war ich ein wenig wackelig auf den Beinen. Wahrscheinlich die wiederkehrende Vorfreude auf das erneute Zusammentreffen mit Raffael.
Raffael, bei dem Gedanken an ihm wurde mir ganz warm ums Herz und es schien als würden tausende von Schmetterlingen Loopings in meinem Bauch drehen.
'Er ist heute auch da. Ich denke er wartet schon auf dich.'
'Wie bitte?' irritiert sah ich Elijah an, der neben mir ging und mich so seltsam anlächelte.'Raffael. Er wartet schon auf dich.'
Wie vom Donner gerührt blieb ich stehen und starrte Vannis Bruder ungläubig an. Konnten mir denn heute etwa alle meine Gedanken ansehen?!
'Schau nicht so erschrocken. Ich weiß doch, dass du dein Herz schon vor Wochen an ihn verloren hast.'
Als er das so sagte musste ich schlucken. An den Tag konnte ich mich noch ganz genau erinnern. Es war der selbe Tag, an dem Elijah mir seine Liebe gestanden hatte und an dem Vanni in Folge einer meiner fixen Ideen einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte.

'Aber, macht dir das gar nichts aus? Ich meine, mich eventuell mit einem anderen zusehen?' fragte ich ihn stockend.
'Natürlich macht es mir etwas aus und mit Sicherheit wird es wehtun, aber wer bin ich, dass ich das Recht hätte, dir dein Glück zu missgönnen und mich zwischen dich und den Mann, den du liebst zu stellen?'
Die letzten Worte kamen ihm nur noch langsam und sehr leise über die Lippen. Doch ich hatte jedes einzelne sehr genau verstanden. Und ich verstand auch Elijah. Das hier musste ihm so unglaublich schwer fallen. Also wollte ich es ihm nicht noch schwerer machen und schwieg, während er sich wieder sammelte und um Fassung rang.

Wir waren mittlerweile im Simmons'schen Garten angekommen und ich ließ meinen Blick über die Horde der Partygäste schweifen.
Fast so wie beim letzten Mal, dachte ich mir. Der Garten wimmelte nur so von Menschen und auch der Pool war hoffnungslos überbevölkert. Wie es im Haus aussah konnte ich von hieraus nicht sehen, aber vermutlich bot sich dem geneigten Betrachter dort ein ganz ähnliches Bild.Unauffällig blickte ich mich nach dem Objekt meiner Begierde um, doch der schien sich nicht in der nähern Umgebung meiner Wenigkeit aufzuhalten. Dafür konnte ich ganz deutlich vernehmen, wie sich hier schon die ersten die Mäuler über den Rolls zerrissen.

'Die ist aus dieser irre schicken Karre gestiegen, hat die nen Ölmillionär an der Angel?''Quatsch, das war doch Ellas Wagen!' 'Echt?! Sind die so reich? Wusste ich gar nicht.''Na du kriegst doch nie was mit' Auf die letzte Bemerkung folgte lautes Gelächter und

Elijah zog mich weiter fort von hier. Scheinbar hatte er den Kampf gegen seine aufkeimenden Gefühle gewonnen - vorläufig.
'Komm Ella, lass uns weiter gehen. Hier kann man sich ja nicht gerade gepflegt unterhalten.''Stimmt, dafür ist es hier einfach viel zu laut. Außerdem scheint der kleine Aufritt von vorhin schon halb dir Runde gemacht zu haben. Ich wittere bereits den nächsten Skandal: Vanessa Simmons und Ella Cambridge erscheinen im Rolls Royce zur angesagtesten Party des Jahres!'
'Nein! Unmöglich! Das gibt es doch nicht!' theatralisch warf Elijah sich in Pose und mimte den Entsetzten und zwar so überzeugend, dass ich prompt einen Lachanfall bekam.'Elijah, du bist schlicht unmöglich!' feixte ich und wandte mich schließlich zum Gehen.Von weitem sah ich Jason auf uns zu kommen. Den hatte ich auch seit der letzten Feier nicht mehr gesehen. Im ersten Augenblick schien es, als habe er mich nicht erkannt, doch dann machte er große Augen.
'Ella? Bist das wirklich? Himmel, du siehst ja großartig aus!' rief er aus.
'Ach quatsch!' wehrte ich leise murmelnd ab. Ich glaube ich erwähnte bereits, dass ich mit Komplimenten über mein Aussehen nicht gut umgehen kann...
'Na, keine falsche Bescheidenheit!' meldete sich nun auch Elijah wieder zu Wort.'Eben!' stimme Jason mit ein. 'Du siehst fantastisch aus, Ella, merke dir das endlich mal! Und ich will verdammt sein, wenn sich nicht mindestens die Hälfte der heute Abend anwesenden männlichen Wesen auf der Stelle in dich verliebt!'
'Was soll sie denn mit der den ganzen Verehrern? Sie will doch nur den einen haben.'In diesem Moment hätte ich Elijah wirklich erwürgen können, so gern ich ihn auch habe, aber jetzt war er zu weit gegangen.
Ohne die beiden noch eines weiteren Wortes zu würdigen ging ich weiter. Kämpfte mich durch die Menschenmassen auf der Suche nach einem ruhigen, schattigen Plätzchen am Waldrand. Erstaunlich, wie viele Leute in diesen Garten passten!
Im Zickzack bahnte ich mir also meinen Weg und erreichte schließlich in einiger Entfernung vom großen Tumult eine nette kleine Bank zwischen den Bäumen. Von dort aus hatte ich einen guten Blick über die Versammlung und wurde selbst nicht unbedingt von jedem sofort entdeckt - dachte ich zumindest.
Kaum saß ich, stürmte auch schon Vanni auf mich zu, mit Flo im Schlepptau.
'Na, hast du ihn schon gesehen?' bestürmte sie mich sofort mit Fragen.
'Hallo Flo. Schön dich wieder zu sehen, wie war es in Londen?' ignorierte ich sie einfach und wandte mich an ihre bessere Hälfte, Flo. In ihrer Beziehung war er so was wie der ruhende Pol. Eigentlich fast das komplette Gegenteil von Vanni, aber die beiden passten hervorragend zu einander.
'Hallo Ella. Naja, eine Großstadt halt, du weißt ja, ich mag den ganzen Trubel und die Menschenmassen nicht so.'
Flo ist ja nun wirklich nicht so mein persönlicher Traumtyp, ich meine klar, er sieht schon gut aus, aber irgendwie fehlt ihm so ein bisschen der Pfeffer. Eins muss man ihm aber lassen, er hat eine wirklich schöne Stimme. Samtig weich, dem könnt ich tagelang zuhören!
'Naja, dann ist Elijah's Party wohl auch nicht unbedingt das Paradies auf Erden für dich.''Da hast du recht!' lachte er über meine sarkastische Bemerkung.
'Sag mal Ella, kann es sein, dass du nicht mehr mit mir redest?' mischte sich jetzt Vanni ein, die sich von ihrem Schock darüber, dass ich sie einfach wie Luft behandelte wieder erholt hatte.
'Nein, wie kommst du denn darauf?' Autsch, beißende Ironie. Ich glaube der Abend lief nicht so gut, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Er entwickelte sich eher zu einer mittleren Katastrophe.
'Naja... diese Bemerkung jetzt zum Beispiel schon wieder. Ella, was ist denn los?''Ich kann es halt nicht leiden, wenn du mein Privatleben in der Öffentlichkeit breittrittst! Und mit James Verkupplungsversuche planen, das ist unerhört! Und dann auch noch in meinem Beisein!' empörte ich mich.
'Aber du weißt doch, dass ich das nicht so meinte...' Ein bisschen hilflos sah sie aus, die liebe Vanessa, als sie dies sagte.
'Ja, schon, aber mir ist das wirklich wichtig und ich mag es halt nicht, wenn dann auch noch jemand darüber spottet. Du kennst mich doch.'
'Ja, ich kenne dich. Leider viel zu gut. Es tut mir leid Ella, wirklich. Ich dachte ich könnte dich damit ein bisschen ablenken. Du denkst zu viel nach Ella. Hör einfach mal auf dein Gefühl und nicht immer auf deinen Verstand!'
'Ich glaube ich bin grad ein bisschen überflüssig.' bemerkte Flo, der unserer Unterhaltung nicht mehr so ganz folgen konnte und verabschiedete sich vor erst mit einem Kuss von Vanni um sogleich in der Menge zu verschwinden.
Seufzend sah Vanni ihm nach.
'Halt ihn fest, hörst du?' sagte ich leise.
'Wie?'
'Du sollst ihn festhalten. Lass ihn nicht wieder gehen. Er tut dir gut und er macht dich glücklich. So strahlend hab ich dich noch mit keinem anderen bisher gesehen. Flo ist ein guter Freund für dich, der richtige.'
'Ja, ich liebe ihn wirklich sehr. Ach Ella,' wieder so ein theatralischer Stoßseufzer. 'Ich wünschte du würdest auch endlich mal so ein Glück haben. Die Männerwelt liegt dir zu Füßen, du musst dir nur noch den richtigen auswählen!'
'Ja eben, den Richtigen! Und der liegt mir eben nicht zu Füßen. Gott, ich hätte nie gedacht, dass ich mich eines Tages so urplötzlich verlieben würde.'
'Wenn er sich nicht auf der Stelle in dich verliebt hat, als er dich das erste Mal gesehen hat, dann ist er ein Idiot und hat dich nicht verdient!' versuchte meine Freundin mich aufzumuntern. Nett gemeint zwar, aber wie gesagt, es blieb bei dem Versuch.
'Ach Ella, wenn du den ganzen Abend hier herum sitzt und Trübsal bläst, dann wird das nie was! Weißt du was? Ich geh jetzt los und such ihn und dann schleif ich ihn an den Ohren hier her, wenn er nicht freiwillig zu dir kommen will!' Und mit diesen letzten Worten stand sie auf und verschwand ebenfalls unter den Partygästen, wie zuvor schon ihr Freund.Gedanken verloren blickte ich ihr nach, als mich plötzlich eine Stimme aus meinen Grübeleien riss, die zu hören ich mir schon den ganzen Tag wünschte.
'Sie hat übrigens recht, Ella. Du bist eine ganz wunderbare junge Frau. Charmant, intelligent, witzig. Du sprühst vor Esprit und du bist einfach umwerfend schön. Insbesondere dieses Kleid steht dir ausgezeichnet!'
Erschrocken drehte ich mich zu dem Sprecher um und versank mal wieder in rauchgrauen Augen. Der Mann mit, dem diese phänomenale Stimme gehörte, die mir wahre Gänsehautschauer vor Wonne über den Rücken jagte, war niemand anders, als Raffael persönlich.
'Guten Abend, meine Schöne!' begrüßte er mich mit einem leichten Lächeln auf den sinnlich geschwungenen Lippen, griff nach meiner rechten Hand und führte diese nun an eben jene um einen kleinen Kuss darauf zu hauchen.
Ich glaubte schier in Ohnmacht zu fallen!







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