Searching the Light

Autor: Belladonna
veröffentlicht am: 07.06.2009




'Das tut mir leid.' Das meinte ich wirklich so. Es ist bestimmt kein schönes Gefühl, abserviert zu werden, nur weil man zu viel Geld hat. Aber noch gemeiner ist es, wenn einem Gefühle vorgegaukelt werden, aber eigentlich nicht die Person an sich, sondern nur das Geld dieser Person geliebt wird. Kommt ja leider oft genug vor.
'Wieso tut dir das leid? Es ist ja im Grunde genommen gar nicht dein Problem.' Jetzt sah er mich zugegebenerweise ein bisschen ratlos an.
'Es tut mir leid, weil… naja, keine Ahnung. Es tut mir halt einfach leid für dich. Es war nicht richtig von den Mädchen oder jungen Frauen, dich einfach sitzen zu lassen…'
'Ella? Du bist mir unheimlich. Warum nimmt dich das so mit?'
'Ich weiß es nicht…' Das war nicht mal gelogen. Ich wusste wirklich manchmal nicht, wieso ich soviel Anteil am Leben anderer Menschen nahm. Aber wenn es Vanni jetzt zum Beispiel schlecht ging, dann ging es mir auch schlecht. Nicht unbedingt aus Solidarität, viel mehr, weil es mich traurig machte, wenn sie traurig war. Ergibt das irgendeinen Sinn?
'Schätze mal, dass du ziemlich sensibel auf die Gefühlslagen anderer reagierst.' meinte Raffael, nachdem er mich eine Weile gemustert hatte. Es war mir ganz schön peinlich, so ein Gespräch mit ihm zu führen. So lange kannten wir uns noch gar nicht, und doch war alles mit ihm so vertraut. Fast schon so, als wäre es immer so gewesen.
Bloß gut kam in diesem Moment unser Essen, so dass ich dieses Gespräch ein wenig nach hinten hinaus schieben konnte. Ich glaube, ich mutierte schon wieder zur Tomate, was meine Gesichtsfarbe anging.Nachdem wir beide aufgegessen hatten, fuhr Raffael mit seiner intensiven Musterung meiner Wenigkeit fort. Und ich fühlte mich unter seinem stechenden Blick irgendwie unwohl.
'Raffael? Könntest du das bitte sein lassen?' wagte ich schließlich einzuwenden, als ich es nicht mehr aushielt und schon unruhig auf meinem Stuhl herum rutschte. Bin es einfach nicht gewöhnt, dass mich jemand so ansieht, oder überhaupt jemand den Mut hat, mich so freiheraus zu betrachten. Abgesehen von Vanni, meinen Eltern und unseren Angestellten, senkten andere immer ganz schnell den Blick, wenn ich dabei war, selbst wenn wir ein Gespräch führten. Das ist zwar nicht unbedingt höflich, aber gestört hat es mich nie wirklich. Nervös macht mich hingegen Raffaels Röntgenblick. So kommt er mir nämlich vor, als würde er mich genau durchleuchten. Das blöde dabei ist, dass man mir meistens direkt an der Nasenspitze ansieht, was ich denke. Etwas, womit Elijah mich immer gerne aufzieht, der übrigens auch kein Problem damit hat, mir in die Augen zu sehen, wenn wir miteinander reden.
'Könnte ich.' antwortete er mir schließlich und nahm wenig später seinen Blick von mir. Schon fühlte ich mich wohler.
'Wollen wir dann langsam gehen?' fragte er mit einem Seitenblick auf seine Uhr. Aus einem plötzlichen Impuls heraus warf auch ich einen Blick auf meine Uhr und erschrak, als ich sah, wie spät es schon war.'Ja, wäre vielleicht besser. Kann sein, dass meine Eltern und Vanni sonst noch einen Suchtrupp nach mir losschicken.' sagte ich halb im Scherz. Mein Vater würde es sicher schaffen, meine Mutter von diesem Vorhaben abzubringen und schließlich den diplomatischen Weg gehen und mich einfach anrufen. Bei Vanni war ich mir nicht so sicher. Sie würde garantiert wirklich einen Suchtrupp losschicken und Elijah würde sie dabei wahrscheinlich noch bestärken. Eine Horde vor Sorge halb Irrer wollte ich dann nun wirklich nicht auf den Fersen haben, wenn ich mit meinem Traummann unterwegs war.
'Oh, deiner Freundin würde ich einiges zutrauen, aber ich glaube kaum, dass sie dich in London vermutet.' erwiderte Raffael daraufhin.
'Naja, Vanni ist ein bisschen….' Hm, wie sollte ich das jetzt möglichst nett ausdrücken?
'… ein bisschen überfürsorglich?' half Raffael mir aus meiner Verlegenheit.
'Ja, so kann man es bezeichnen.' stimmte ich dankbar zu. Mir war wirklich kein anderes Wort als gluckenhaft eingefallen und das war nun echt nicht schmeichelhaft. Wenn Vanessa das erfahren hätte, oh je, dann könnte ich meinen Kopf wohl künftig unter dem Arm tragen.
Damit es nicht dazu kommen konnte, zahlte Raffael schließlich. Ich kam mir immer noch ein bisschen komisch vor deswegen. Wie konnte er nur meinetwegen so viel Geld ausgeben? Egal wie viel er davon hatte, ich fand das nicht unbedingt gut. Er gab sich so verdammt viel Mühe mit mir.
'Na, dann, wollen wir mal!' läutete er den Aufbruch ein und hielt mir galant seinen Arm hin. Ganz der Gentleman!, dachte ich kopfschüttelnd, hakte mich dann aber doch bei ihm unter. An der Garderobe half er mir wieder in meine Jacke und führte mich schließlich durch die milde Nachtluft zu seinem Wagen.
'Mylady' Mit einer eleganten Verbeugung hielt er mir die Beifahrertür auf.
'Zu freundlich, mein Herr.' flötete ich und konkurrierte schon wieder mit einer überreifen Kirsche. Verdammt, warum musste er mir auch am laufenden Band Komplimente machen!
'Kann es sein, dass du schon wieder rot wirst?' neckte er mich, nachdem er sich hinter das Steuer gesetzt hatte.'Nein, wie kommst du nur darauf?' Das war mir so unendlich peinlich. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Hätte sich unter meinem Sitz jetzt ein Loch aufgetan, ich hätte nicht gezögert und wäre hinein gesprungen.
'Du siehst süß aus, wenn du rot wirst.'
Äh, bitte was? 'Wie bitte?' krächzte ich trocken und überlegte noch immer, ob ich mich nicht doch verhört hatte.'Die Farbe steht dir.' Da! Er hatte es schon wieder getan!
'Na aber doch nicht auf meinen Wangen!' empörte ich mich.
'Gerade dort.' lächelte er charmant. Oh man, Loch im Boden, wo bist du, wenn man dich mal braucht?
'Ehrlich Ella, du bist süß und diese zarte Röte, die momentan eher zu einem dunkeln Bordeaux tendiert, steht dir einfach. Kannst du nichts machen. Mir gefällt es.'
Er sagte das so einfach, so nonchalant, so als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Bei soviel Unverfrorenheit ist es doch logisch, sprachlos zu sein, oder nicht?
Von Obst und Gemüse war ich nun wohl in die Tierwelt übergelaufen und probte mich als Fisch auf dem Trockenen. So benahm ich mich nämlich. Immer wieder öffnete ich den Mund um etwas zu sagen und schloss ihn dann doch wieder, weil mir einfach nichts passendes einfiel. Nichts schlagfertiges, dazu wäre es wohl eh schon zu spät gewesen, nichts lustiges, nichts ernstes, gar nichts.
Raffael lachte leise und startete den Motor. Schätze er hatte gerade ein neues Lieblingshobby gefunden, mich aus der Fassung bringen. Nun ja, er war verdammt gut darin, musste man ihm lassen.
Schweigend legten wir die Fahrt nach Carlisle zurück. Ein angenehmes Schweigen. Das monotone Rauschen des Motors und das gedämpfte Licht der Straßenlaternen wirkten einschläfernd auf mich und obwohl ich es gar nicht wollte, döste ich doch weg. Erst als Raffael mich leicht an der Schulter berührte wachte ich wieder auf.'Sind wir schon da?' fragte ich noch ganz schläfrig, nur mühsam ein Gähnen unterdrückend.
'Schon seit fünf Minuten.' lächelte er mich leicht an.
'Was? Wieso hast du mich dann nicht schon eher geweckt?'
'Weil du niedlich aussiehst, wenn du schläfst.' Schon wieder so selbstverständlich gesagt und schon wieder wurde ich knallrot.
Erst süß, dann niedlich, mit welchen Prädikaten würde er mich wohl noch bedenken?
Raffael schien zu bemerken, wie peinlich mir das alles war, also stieg er aus, kam ums Auto herum und öffnete mir wieder die Tür. Noch leicht verwirrt nahm ich seine Hand, die er mir hilfreich darbot und lag nur Sekunden später in seinen Armen.
'Vielen Dank für diesen wunderschönen Abend.' hauchte er mir ins Ohr und mir lief eine ganze Armee von Gänsehautschauern über den Rücken.
'Sollte ich mich nicht eher bei dir bedanken?' fragte ich, ganz benebelt von seiner Nähe und dem Duft seines Aftershaves.
'Dann bedanken wir uns halt einfach gegenseitig.'
Auch eine Möglichkeit.
'Ella…' begann er plötzlich wieder in dieser samtenen Tonlage zu sprechen, bei der sich mir sämtliche Härchen aufstellten und ich nur knapp ein wohliges Seufzen ersticken konnte. Was sollte er denn bitte von mir denken? In seinen Armen war ich praktisch willenlos. Jetzt hätte er mit mir anstellen können, was er wollte. Ich hätte mich nicht gewehrt.
'Der Abend heute, er war der schönste, den ich seit langer Zeit mit einer Frau verbracht habe. Du bist … wunderbar.' flüsterte er mir wieder ins Ohr. Es war als würde seine Stimme tief in meinem Inneren eine bisher unbekannte Seite zum Klingen bringen.
'Danke für die Blumen.' hauchte ich ziemlich atemlos. Woran auch immer es gelegen haben mochte, ob an seiner samtenen Stimme, der Nähe zu seinem sinnlichen Körper, diesem verführerischen Parfum, welches er trug oder an der Stimmung in dieser Nacht, mir wurden die Knie weich und wenn er mich nicht schon in seinen Armen gehalten hätte, wäre ich spätestens jetzt dort gelandet.
'Ella, du bist eine wunderschöne junge Frau. Intelligent, ausnehmend schön und begehrenswert.'
Oh mein Gott, hatte er das jetzt wirklich gesagt? Oh Hilfe, Hirn bleib da!
'Du machst mich wahnsinnig!' raunte er mir zu. Das hätte ich nur zurück geben können, wenn ich noch in der Lage gewesen wäre, mich zu artikulieren. War ich aber nicht mehr. Mein Wortschatz hatte sich verflüchtigt, mein Sprachzentrum war plötzlich auf Urlaub und mein Verstand löste sich zunehmend in Wohlgefallen auf.Wie in Zeitlupe näherten sich Raffaels Lippen den meinigen und als er mich schließlich küsste war mein Kopf wie leer gefegt. Gähnende Leere, da war nichts mehr, außer dem Impuls ihn zurückzuküssen und meine Arme um seinen Hals zu schlingen.
Wow, er war der erste Mann, der mich küsste und er machte es so verdammt gut! Leise stöhnend drängte ich mich ihm näher. Gab mich ihm voll und ganz hin. Genoss diesen Moment in vollen Zügen. Bis wir uns schließlich beide keuchend und nach Atem ringend voneinander trennten.
'Du bist ja schon wieder rot.' lachte Raffael rau, doch diesmal war es mir egal. Stürmisch zog ich ihn zu mir runter und schon wieder lagen unsere Lippen aufeinander. Ich wollte niemals wieder aufhören ihn zu küssen. Raffael zu küssen, das machte absolut süchtig. Ich war ihm verfallen, gänzlich und mit Haut und Haar.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir dort standen und uns einfach nur küssten. Es mögen Minuten gewesen sein, es können genauso gut aber auch Ewigkeiten vergangen sein. In seinen Armen vergaß ich die Zeit und alles um mich herum verlor an Bedeutung. Das Einzige was noch zählte, war der Mann meiner Träume, in dessen Armen ich lag und den ich leidenschaftlich küsste.
Aber wie das im Leben halt so ist, wenn 's am Schönsten ist, soll man aufhören. Mit anderen Wort, mitten in meinem aller schönsten Traum, der Wirklichkeit geworden schien, fing es an aus Gießkannen zu schütten. Binnen Sekunden waren wir beiden pitschnass.
Mehr als nur unwillig löste ich mich von Raffael.
'Du solltest vielleicht rein gehen. Nicht dass du dich erkältet. Wäre schade.' lächelte er mich an.
'So? Was hast du denn noch mit mir vor?' fragte ich plötzlich übermütig geworden.
'Oh, noch ganz viele schöne Sachen.'
'Was denn?' quengelte ich. Hab ich schon mal erwähnt, dass ich keine Überraschungen mag?
'Morgen, meine schöne. Oder auch übermorgen. Kommt drauf an.'
'Auf was kommt es denn an?'
'Das wirst du dann sehen. In jedem Fall ist es aber wichtig, dass du gesund und munter bist.' Machte er einen auf geheimnisvoll und wollte sich partout nicht entlocken lassen, was er mit mir vor hatte. Und dabei war ich doch so verdammt neugierig veranlagt!
Beleidigt zog ich eine Schnute und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Manchmal benahm ich mich noch wie ein kleines Kind, im Moment störte es mich aber herzlich wenig.
'Gott bist du süß!' lachte Raffael. 'Hilft dir nur leider nicht. Wart es einfach ab. Ich bin mir sicher, dass es dir gefallen wird. Und nun husch rein mit dir, sonst wirst du noch krank und dann gibt es keine Überraschung!' drohte er mir spielerisch.
'Vielleicht will ich ja gar keine Überraschung haben.' schmollte ich.
'Oh doch. Ich denke diese wirst du haben wollen. Und nun komm her.' Mit diesen Worten zog er mich in seine Arme, küsste mich noch einmal stürmisch und schon mich dann in Richtung Tor von sich. Unmissverständliche Geste. Ich sollte ins Haus gehen. Schon halb im Gehen wirbelte ich noch einmal herum, warf mich in seine Arme und küsste ihn, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich hätte ihn am liebsten nie wieder los gelassen.'Ella, ich würde ja auch am liebsten die ganze Nacht hier mit dir stehen und dich küssen, aber ich denke, deine Eltern vermissen dich schon und außerdem denke ich nur an deine Gesundheit.'
'Ich will aber nicht gehen…' sagte ich leise.
'Ich doch auch nicht, aber ich verspreche dir, ich komme morgen wieder, einverstanden?' seufzte er.
'Hm. Sicher?'
'Ja. Wenn ich könnte, dann würde ich dich einfach mit zu mir nehmen, aber da hat deine Familie bestimmt etwas dagegen.'
'Ach quatsch. Die mögen dich bestimmt!'
'Ach Ella, nun mach es mir doch nicht so schwer. Wir sehen uns doch morgen wieder.'
'Aber das ist doch noch so lange hin!' jammerte ich.
'Glaub mir, ich werde dich mindestens genauso sehr vermissen, wie du mich. Hm, eigentlich noch sehr viel mehr!' versicherte er mir.
'Muss ich jetzt wirklich gehen?' Ich wollte nicht. Ich weiß nicht warum, aber ich wollte ihn nie wieder gehen lassen. Wollte die ganze Nacht, mein ganzes Leben, in seinen Armen bleiben.
'Ja, und ich auch. So leid es mir auch tut. Bis morgen, Ella.' wisperte er und küsste mich noch einmal, dieses Mal so unendlich sanft.
'Bis Morgen Raffael. Und denk an dein Versprechen.' erwiderte ich genauso leise wie er und stahl mir noch einen Kuss von ihm, bevor ich mich schweren Herzens aus seinen Armen wand.
'An dich werde ich denken. In jeder Minute, bis wir uns wieder sehen!' versprach er mir und ließ mich schließlich los. Wehmütig blickte ich zu ihm, als er in seinen Wagen stieg und mit einem letzten unwiderstehlichen Lächeln in die dunkle Nacht hinausfuhr.
Aber warum war ich eigentlich traurig? Ich hatte so eben den Mann meines Lebens geküsst und es war wundervoll gewesen und er hatte mir versprochen, mich morgen wieder zu besuchen. Also warum nicht fröhlich sein und sich des Lebens freuen? Ich war verliebt!
In dieser Nacht wurde mir zum ersten Mal in meinem Leben bewusst unter welche rapiden
Stimmungsschwankungen ich eigentlich litt. Eben war ich noch zu Tode betrübt, weil Raffael gefahren war und plötzlich fühlte ich mich himmelhoch jauchzend glücklich. Innerlich den Kopf über mich selbst schüttelnd hüpfte ich ausgelassen die Einfahrt hinauf und fing zu allem Überfluss auch noch an zu Summen. Mal ehrlich, wie dämlich ist das denn bitte? Doch ob ich wollte oder nicht, aufhören konnte ich nicht. Es war mir ein innere Bedürfnis meine Freude mit meinen Mitmenschen zu teilen. War natürlich ein totaler Schuss in den Ofen, weil die alle längst schliefen. Nicht einmal Vanni würde mich um diese Zeit noch anrufen. Wer also sollte Zeuge meines Überschwanges werden?
Nicht in der Lage mein debiles Grinsen abzuschalten ging ich ins Haus, duschte noch einmal ausgiebig um mich wieder aufzuwärmen, föhnte mir meine Haare und legte mich schließlich ins Bett. Immer noch mit einem dicken fetten Grinsen auf den Lippen schlief ich wenig später ein.
Mehr oder weniger unsanft weckte mich am nächsten Morgen mein Handy. Frustriert stöhnend krauchte ich unter meinen Decken hervor und warf einen ungnädigen Blick erst zum Handy und dann zum Wecker. Bei dem Bild, welches sich mir von diesem bot wäre ich am liebsten sofort wieder in meine warmen Federn zurück gekrochen. Der morgendliche Ruhestörer entpuppte sich jedoch als außerordentlich ausdauernd und ließ mich auch nach fünfmaligem Ignorieren des Klingelns noch nicht in Ruhe. Diese Penetranz konnte eigentlich nur bedeuten, dass Vanessa am anderen Ende der Leitung voll Spannung und Ungeduld auf meinen Bericht des vergangenen Abends wartete. Als meine vom Schlaf noch getrübte Gedanken zu eben jenen Stunden zurückkehrte saß ich auf einmal kerzengerade und putzmunter im Bett. Raffael hatte mich gestern Nacht geküsst! Schoss es mir durch den Kopf und binnen Sekunden verwandelte sich meine mürrische Mine in ein strahlendes Lächeln. Wahrscheinlich hätte ich damit sämtlicher Weihnachtsdekoration die Schau gestohlen.
'Einen wunderschönen guten Morgen!' flötetet ich also entsprechend gut gelaunt in den Hörer.
'Äh, Ella? Bist du das?' kam die Antwort einer völlig verblüfften Vanni.
'Ja. Natürlich bin ich das. Wieso auch nicht?' Mir war schon klar worauf sie hinaus wollte, doch irgendwie machte es mir auch Spaß, sie anfänglich so auflaufen zu lassen.
'Naja, du scheinst so fröhlich?' wandte sie vorsichtig ein.
'Na klar. Es ist ein wunderschöner Tag, die Sonne lacht, es wird warm, das Wetter ist herrlich!' rief ich voll Übermut und fegte Vanni damit wohl gerade ziemlich aus den Latschen.
'Aber du bist doch ein totaler Morgenmuffel!' protestierte sie schwach.
'Quatsch. Wieso sollte ich an so einem tollen Tag mufflig sein?' tat ich ihren Einwand ab.
'Oh man. Der hat dir gestern wohl völlig den Kopf verdreht.' seufzte meine Freundin.
'Da kannst du Gift drauf nehmen!'
'Nee, nicht wirklich. Aber erzähl doch mal, wie es gestern so war. Ich wollte dich ja eigentlich noch anrufen, aber ich hatte ja keine Ahnung, wann du nach Hause kommst. Wo wart ihr eigentlich? Und wie ist dein Raffael so? Ist er nett?...' textete sie mich sofort zu.
'Vanni, halt mal die Luft an!' unterbrach ich sie. 'Immer der Reihe nach, okay?'
'Ja, aber sag doch endlich; wie war es? Ich sterbe ja vor Neugier!'
'Na das merke ich!' stöhnte ich leise auf. Manchmal war meine beste Freundin eine echte Landplage. 'Also, Raffael war umwerfend gestern Abend! Wir sind Essen gegangen im nobelsten Schuppen von ganz England mit dem weltbesten Koch!' begann ich ihr vorzuschwärmen. 'Und wir haben uns wirklich wunderbar unterhalten. Ich weiß jetzt auch endlich ein bisschen mehr von ihm, aber wir wollen uns heute oder so noch mal wieder treffen. Er hat versprochen mich anzurufen.'
'Und darum bist du so fröhlich am frühen Morgen?' zeigte Vanni sich skeptisch wie eh und je.
'Auch, aber weißt du was? Ich glaube ich habe mich verliebt. Voll und ganz. Bis zu den Haarspitzen. Raffael ist so toll! Und weißt du was er gestern gesagt hat? Er hat gesagt, dass er mich auch toll findet und wunderschön und begehrenswert.'
'Echt? Das hat er gesagt? Wow! Endlich mal ein Mann, der das erkennt und auch noch den Mut hat es auszusprechen!' staunte sie.
'Ja, ich war ganz von den Socken. Und du glaubst ja gar nicht was für eine unglaublich erotische Stimme er hat und seine ganze Ausstrahlung und überhaupt.'
'Ella? Du wirst mir unheimlich, so kenn ich dich ja gar nicht.'
Warum sagen eigentlich alle, dass ich ihnen unheimlich bin?
'Und er riecht so gut!' ging ich gar nicht auf ihre letzte Aussage ein. 'Und küssen kann der, wow, da bleibt einem die Luft weg!'
'Stopp mal! Hast du eben küssen gesagt?!' Ich glaube jetzt ist Vanni echt vom Stuhl gefallen.
'Ja habe ich, wieso?'
'Oh mein Gott! Seid ihr denn jetzt eigentlich zusammen oder küsst er all seine Dates am Ende des Abends?' Damit hatte sie mich ganz schnell wieder von meinem hohen Ross herunter geholt. Waren wir jetzt zusammen? Ich hatte keine Ahnung. Raffael hatte sich in der Beziehung ziemlich bedeckt gehalten und ich war zu beduselt von seiner Nähe und allem um überhaupt auf den Gedanken zu kommen, danach zu fragen.







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