Schreibwettbewerb - Geschichten - Teil 11

Autor: WettbewerbFun
veröffentlicht am: 27.10.2012


Wenn die Seele gefangen ist

Steckbrief
Name: Grace
Alter: 16
Aussehen: durchschnittliche Figur; lange gewellte, rotblonde Haare; grau-grüne Augen; Sommersprossen, helle Haut,
Fähigkeiten: kann Körper von Geisterseelen befreien
Vorgeschichte: Seit Grace kleine Schwester (Amelie) gestorben ist, hatte sie sich immer mehr zurückgezogen von ihren Freunden und ihren Eltern. Sie ist in der Schule abgerutscht und muss nun wiederholen.
Rasse: Mensch
Sonstiges: Sie lässt niemanden an sich heran, lebt verschlossen in ihrer eigenen Welt, ist fast depressiv


„Bildet bitte 4er Gruppen! Jede Gruppe hat die Aufgabe, ihre Ergebnisse auf einem Plakat zusammen zu fassen. Wir stellen sie dann in zwei Wochen vor und die Besten….“ Der Rest ging im Gemurmel der Klasse unter. Ich guckte zu Scarlett, sie nickte, zu Sarah, sie nickte auch und zum Schluss guckte ich zu Gina und sie stimmte auch zu. Ich hob beide Daumen. Wie immer. Gut so. Ich ließ meinen Blick jetzt durch die Klasse schweifen, um mir einen Überblick zu verschaffen, wie die Gruppen gebildet wurden. Eigentlich war es aber schon abzusehen. Die 4 Skater-Jungs, die anderen 4 Mädels die 4 netten Typen und die 4 ‚Komischen‘ Jungs. Wir waren 21 SchülerInnen, also waren alle aufgeteilt. Na gut, bis auf Grace, aber die arbeitete eh lieber alleine. Generell war sie richtig komisch, dachte ich mir, als ich sie so von hinten betrachtete. Sie redete mit niemandem, war verschlossen und wenn sie dann mal jemand anquatschte reagierte sie richtig angepisst. So nach dem Motto ‚Was wagst du es mich anzusprechen?!‘ und darum redete sie eigentlich auch niemand an. So grenzte sie sich halt von uns ab. Sie kam Anfang des Schuljahres in unsere Klasse, da sie wiederholen musste, doch niemand wusste genau warum. Wegen den Noten konnte es nicht sein. Schriftlich war sie, soweit ich wusste, die Beste aus unserer Klasse, aber sie meldete sich nie. Wenn sie einfach drangenommen wurde starrte sie den Lehrer schweigend an, bis dieser aufgab. Darum hatte sie insgesamt mittelmäßige Noten. Ich hatte schon mal versucht, sie aufzutauen, aber daran hatte ich mir nur die Zähne ausgebissen und ich hatte die Freundschaft zu Scarlett, Sarah und Gina riskiert. Das war es mir nicht wert gewesen, also hatte ich aufgegeben. Bisher hatte es auch niemand anders versucht, also blieb sie allein. Doch leid tat sie mir nicht. Sie war selbst schuld, wenn sie niemanden an sich heran ließ.
Genug darüber nachgedacht, sagte ich mir selbst und konzentrierte mich nun auf unsere Aufgabe.

Zwei Wochen später. Die Stunde der Präsentation. Meine Gruppe war gerade dran gewesen und wir waren zufrieden mit dem, was wir abgeliefert hatten. Außerdem waren wir froh, es endlich hinter uns gebracht zu haben, so viel Zeit, wie wir da rein investiert hatten. Wir hatten uns nachmittags getroffen, waren zu sämtlichen Bibliotheken gelaufen und hatten das Internet durchsucht, nur um etwas über so einen Chemiker heraus zu bekommen. Jetzt war Grace an der Reihe. Sie erhob sich und befestigte ihr Plakat mit Magneten an der Tafel. Dann drehte sie sich um und fing an zu reden. Doch nach einer Weile hörte ihr niemand mehr zu, denn 1. redete sie viel zu leise und 2. interessierte es sowieso niemanden, was sie von sich gab. Der Lehrer ermahnte uns mehrmals und die Lautstärke in der Klasse sank, die Aufmerksamkeit, die wir Grace schenkten, stieg jedoch nicht.
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Ich stand vorne und redete. Ich redete einfach. Mir war es egal, ob sie mir zuhörten oder nicht. Sie interessierten sich eh nicht für das Thema. Ich auch nicht. Nur unser Lehrer und von dem war indirekt meine Zukunft abhängig, darum veranstalteten wir das ganze hier ja auch. Leistungsgesellschaft, fiel mir dazu spontan ein. Aber ist ja auch egal. Ich hatte mich am letzten Abend über diesen Chemiker schlau gemacht, die Infos bunt auf ein Plakat minimiert und jetzt ratterte ich ein paar Zusätze herunter. „Vielen Dank, Grace.“, sagte der Lehrer, als ich geendet hatte. Damit war er aber auch der einzige, dem aufgefallen war, dass ich fertig war.
Ich setzte mich wieder auf meinen Platz und vervollständigte meine Bleistiftzeichnung.
Es war das Gesicht eines jungen Mannes zu sehen. Doch es lag ein Schatten darüber. Nicht nur tiefe Falten zogen sich durch sein Gesicht, nein, sein gesamter Ausdruck war irgendwie finster. Ich überlegte kurz, ob ich die Augen dunkel malte, entschied mich dann doch dagegen. Ich fuhr mit dem hellblauen Buntstift leicht über diesen Bereich. Die Augen waren jetzt die einzige Stelle, die farbig war in dieser Zeichnung. Es verlieh dem Ausdruck des Mannes noch etwas anderes: Kälte. Jene Kälte, die auch ein Eisblock besaß, den man zum Schmelzen bringen musste, um an das Innere heranzukommen, sofern etwas in dem Eis eigeschlossen war. Doch meistens bestanden die Eiswürfel ausschließlich aus Wasser. Wenn sie geschmolzen waren, blieb nichts übrig. Nur Wasser. Ich war zufrieden mit meinem Kunstwerk. Es war aus einigen Gedanken heraus entstanden, ohne einen konkreten Plan. Ich zeichnete oft ohne Plan, einfach was in meinem Kopf gerade so herum geisterte. Irgendetwas mit Geist… das wäre ein guter Titel für dieses Bild. Die Seele eines Geistes, ob gut oder böse, gefangen in einem Körper, versucht, ihn unter Kontrolle zu bekommen, ein ewiger, ruheloser Kampf. Ich war erstaunt und zugleich fasziniert, wie viele Gedanken ein Bild beziehungsweise ein Thema in mir wecken konnte.Schreibwettbewerb
Teil 2


...Thema in mir wecken konnte.


Es war noch nicht dunkel, als ich nach Hause ging, aber ich hatte das Gefühl, dass ich nicht allein war. Ich ging eine Abkürzung durch die Klebergasse und stand nun an der Länderstraße. Irgendetwas in meinem Kopf sagte mir, dass ich stehen bleiben sollte. Ich traute dem Gefühl nicht so ganz, blieb aber dennoch stehen und schaute mich um. Nichts Auffälliges zu sehen. Auf dem Spielplatz gegenüber spielten zwei Kinder im Sandkasten, rechts von mir verschwand gerade eine Frau um die Ecke und links hinkte ein älterer Mann am Gehstock über den Zebrastreifen. Und doch fühlte ich mich beobachtet. Da! Hinter dem Spielplatz waren einige Reihenhäuser. Da stand jemand auf einer der Treppen, die zu einer der Eingangstüren hoch führte und schaute mich direkt an. Ich konnte nicht genau ob es ein Mann oder eine Frau war, aber allein die Tatsache, dass da jemand stand und mich so ansah jagte mit einen Schauer über den Rücken. Ich wandte den Blick ab und wollte mich umdrehen, weiter gehen, doch irgendetwas hielt mich davon ab. Ich konnte mich nicht abwenden, sondern setzte wie hypnotisiert einen Schritt vor den anderen. Herunter von Bürgersteig, geradewegs über die Straße. Wie Autos angerast kamen, quietschend bremsten, empört hupten, bekam ich nicht mit. Eine übernatürliche Kraft zog mich zu meinem Beobachter oder meiner Beobachterin. Ich überquerte die Wiese neben dem Spielplatz und blieb am nächsten Bordstein stehen. Nur noch diese, deutlich kleinere, Straße trennte mich von dem Fremden. Es war ein Mann. Das war nun deutlich zu erkennen. Er trug einen dunklen Mantel und einen ebenso dunklen Hut. Außerdem umgab ihn etwas, etwas schillerndes, nein eher schimmerndes. Zuerst konnte ich es nicht genau erkennen, aber als ich mich darauf konzentrierte, sah es aus wie eine Hülle. Sie waberte um die Figur des geheimnisvollen Mannes herum und schimmerte grünlich. Seltsam. Und noch immer starrte er mich unverwandt an. Ich starrte zurück. So stand ich da und glotzte.





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