through our good days and our darkest. - Teil 3

Autor: Mary
veröffentlicht am: 25.10.2012


Ich öffnete meine Augen. Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss war: Ist es vorbei?
Erst dann war ich in der Lage, mein Umfeld wahrzunehmen. Weiße Wände, steriles Licht und ein schrilles Piepsen drangen zu mir vor. Krankenhaus, eindeutig.
Mein Blick wanderte meinen Körper hinab, aber ich konnte keine Infusionen oder sonstiges entdecken. Warum lag ich dann im Krankenhaus? Ich hatte nicht mal einen verdammten Verband am Kopf und meine Mandeln hatte ich schon lange nicht mehr, genauso wie den Blinddarm. Also was zum Teufel machte ich hier?!
„Miss Winter..“
Erschrocken schnappte ich nach Luft und drehte meinen Kopf nach rechts. War der Arzt die ganze Zeit schon da gewesen?
„Ja, das bin ich“, antwortete ich und räusperte mich ein paar Mal, weil ich auf unerklärliche Weise total heiser war. „Was ist passiert?“
Stirnrunzelnd ging er um mein Bett herum und warf einen Blick in die Akte, so wie die Ärzte in Serien das auch immer taten. Irgendwie machte mich das etwas Nervös.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Winter“, sagte er schließlich und klang davon ganz und gar nicht überzeugt, „Sie sind vor zwei Tagen ohnmächtig geworden, aber bis auf eine Schürfwunde am Arm und eine Unterkühlung scheinen Sie sich keine weiteren Verletzungen zugezogen zu haben.“
„Schürfwunde?“, fragte ich ungläubig. „Unterkühlung?!“
In dem Moment wurde die Tür geöffnet und eine Blondine im Büro- Outfit kam herein.
„Guten Tag, Miss Winter“, begrüßte sie mich mit einem aufrichtigen Lächeln. „Kann ich vielleicht kurz mit Ihnen reden?“
Ich nickte nur, mittlerweile brannte mein Hals, als wäre eine Rasierklinge darin. Der Arzt nickte mir noch einmal zu und war dann auch schon verschwunden.
Neugierig betrachtete ich die Frau, die näher auf mein Bett zukam und mir einen vorsichtigen Blick zuwarf. Die Situation war so surreal, dass ich sie kaum beschreiben konnte. Irgendwie fühlte ich mich wie ein Kind, das keine Ahnung hatte, was mit ihm passierte. Was wollte die Frau?
„Darf ich mich setzen?“, fragte sie und zeigte auf die Bettkante.
„Klar.“ Es wurde immer seltsamer.
Sie schwieg einen Moment, sah zum Boden und dann wieder zu mir.
„Ich bin Jennifer Jareau. Sie können mich JJ nennen.“
Ich nickte wieder nur, versuchte aber nicht allzu verwirrt zu gucken und sagte schließlich „Aria.“
„Okay, Aria. Das ist ein schöner Name. Wie sind deine Eltern denn darauf gekommen?“
„Hat meine Mutter aus einem Buch geklaut“, antwortete ich trocken und fragte mich, ob alle um mich herum verrückt geworden waren.
JJ presste die Lippen zusammen, sie hatte wohl verstanden, dass ich gerade keine Lust auf Smalltalk hatte.
„Was ist hier los?“, fragte ich und sah ihr dabei direkt in die schönen blauen Augen. Sie war wirklich hübsch, hatte etwas Unschuldiges in ihrem Blick. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie im Moment mehr über mich wusste als ich selbst.
„Aria, ich bin vom FBI“, sagte sie schließlich und das so vorsichtig, dass es mir irgendwie Angst einjagte. „Ich bin ein Teil der Verhaltensanalyseeinheit.“
„Und was wollen Sie dann von mir?“ Ungläubig starrte ich sie an und suchte in meinem Kopf nach irgendeiner Straftat, die mich mit dem FBI in Verbindung hätte bringen können. Das war doch absurd. Ich hatte noch nicht mal Zigaretten als Jugendliche geklaut, ich…
„Es geht um deine Mitbewohnerin. Zoe Bennet.“
Und auf einmal traf es mich wie ein Schlag.
ZOE. Auf einmal sah ich ihr Gesicht wieder vor mir, blau angelaufen und mit diesem irren Gesichtsausdruck, der mir einen kalten Schauer durch den ganzen Körper gejagt hatte.
„Oh mein Gott“, war alles, was ich mit brüchiger Stimme sagen konnte. Schockiert schnappte ich nach Luft und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.
Die offene Tür, aber es war kein Einbrecher gewesen, dann tauchte auf einmal das Bild eines Fremden in meinem Kopf auf, irgendjemand schrie und keuchte und immer wieder sah ich Zoes Blick vor mir. Das konnte unmöglich passiert sein.
„Sie ist nicht tot“, sagte ich, mehr zu mir selbst als zu JJ. „Sie ist nicht tot.“
Zu allem Überfluss nahm JJ auch noch meine Hand und warf sah mich mit einem so mitleidigen Blick an, dass mir kotzübel wurde.
„Es tut mir Leid Aria.“
„Nein… Nein! Das kann nicht sein.“ Hektisch warf ich die Bettdecke weg und versuchte aufzustehen. Meine Beine pochten als wäre ich einen Marathon gelaufen und auf einmal konnte ich mich daran erinnern, wie ich weg gelaufen war. Oh Gott. Ich war gerannt wie eine Verrückte.
„Ich glaub ich muss kotzen!“, presste ich verzweifelt hervor und stolperte ins Badezimmer. Im letzten Moment erreichte ich die Kloschüssel. Ich fühlte mich als würde ich mein gesamtes Inneres aus mir heraus schreien. Als ich endlich fertig war, sank ich auf dem Boden zusammen und starrte ungläubig gegen die Wand. Vorsichtig hatte JJ mir die Haare gehalten und setzte sich jetzt neben mich auf den Boden.
„Das darf nicht wahr sein“, murmelte ich immer und immer wieder. „Das darf einfach nicht wahr sein.“

Ich verbrachte noch zwei Tage im Krankenhaus, schlief wenig und aß fast nichts. Ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Dass es nie wieder so werden würde wie bisher.
Aber egal wie oft ich mir selber sagte, dass Zoe tot war und nicht zurückkommen würde- mein Verstand wollte und wollte es einfach nicht einsehen. Es war logisch und ich es war mir klar. Aber es kam mir so surreal vor, dass ich einfach nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte.
Ich weinte nicht, gar nicht. Ich versuchte es oft, aber je mehr ich versuchte, es zu verstehen und es zu fühlen, desto weniger wollte es funktionieren. Stattdessen fühlte ich absolut gar nichts. Weder Trauer, noch Wut, noch was auch immer.
Der Arzt schickte einen Psychotherapeuten zu mir, aber dem hatte ich nichts zu erzählen. Schließlich spürte ich keinen Schmerz, den er hätte behandeln können.
Am Ende des zweiten Tages- ich versuchte gerade wieder erfolglos, einzuschlafen- öffnete sich plötzlich die Tür und JJ stand vor mir.
„Hallo Aria.“
„Hallo JJ.“
Dieses Mal setzte sie sich ohne zu fragen zu mir, aber das war kein Problem. Es mag ein bisschen komisch klingen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mich besser verstand als die anderen.
„Geht es dir etwas besser?“, fragte sie und klang dabei wirklich um mich besorgt.
„Es geht schon“, antwortete ich und versuchte den Klos in meinem Hals herunter zu schlucken. Irgendwie musste es schließlich gehen.
„Ich hab gehört, du wirst heute entlassen. Das freut mich.“
„Hm“, erwiderte ich nur und schloss die Augen. Wenn ich nur gewusst hätte, wohin ich sollte. Ich konnte nicht zurück in die Wohnung, nie mehr. Zu meinen Eltern hatte ich keinen Kontakt und den wollte ich auch nicht. Meine einzige Freundin war tot. Fantastisch.
„Aria, würde es dir etwas ausmachen, ein paar Tage mit nach Quantico zu kommen?“
„Was ist in Quantico?“
JJ ließ ein paar Sekunden verstreifen, bis sie schließlich antwortete: „Die Verhaltensanalyseeinheit des FBI. Wenn du soweit bist, würden wir gerne ein wenig mit dir reden. Du hast dort auch die Möglichkeit, in ein kleines Apartment zu ziehen. Zumindest bis… du etwas Neues gefunden hast.“
„Ja“, sagte ich, ohne überhaupt darüber nachgedacht zu haben.
Aber was blieb mir auch anderes übrig?






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