Virago - Lieben verboten!

Autor: Marei
veröffentlicht am: 30.07.2009




'Guten Tag.', Rhys gab dem Direktor freundlich lächelnd die Hand, Mareike tat es ihm gleich. 'Wie kann ich Ihnen weiter helfen?', fragte der Direktor. Er war auf Ende fünfzig zu schätzen. Seine Augen waren schon etwas eingefallen und seine Haare glänzten in einem hellen Grau. Der Stress war dem armen Mann ins Gesicht geschrieben. 'Mareike Miller,', Rhys deutete auf seine kleine Schwester, 'sie hatte sich für ein Kunststudium eingetragen.'
'Verstehe.', der Direktor sah in seinen Unterlagen nach und entdeckte schließlich das richtige Formular. 'Ja, sie sollte eines der Wohnheime beziehen, wie ich sehe.'
'Das ist richtig.'
Schockiert stierte Mareike zu ihrem großen Bruder auf, der ihr beschwichtigend zunickte. 'Wir führen grundsätzlich nur getrennte Wohnheime. Ich hätte hier drei für Sie zur Auswahl, in denen noch Platz wäre. Momentan ist alles sehr voll. Sie werden dort eine Haushaltshilfe haben. Ein eigenes Zimmer, jedoch gehört zu den zur Verfügung gestellten Möbeln nur Bett, Schreibtisch und Schrank, sowie Regale. Fernseher gibt es nur einen pro Wohnheim.'Rhys nickte. Mareike hielt sich an dem Rock ihres Kleides fest und schaute verängstigt auf den Boden.
'Gut. Das hört sich doch alles sehr viel versprechend an.'
Der Direktor nickte geschmeichelt: 'Ich weise Sie einfach irgendeinem Wohnheim zu, ja? Ich denke, Sie werden hier noch niemanden kennen.'
Mareike schüttelte den Kopf.
'Also gut, die Nummer 205. In dieser Wohngemeinschaft gab es bisher nie Probleme, da werden Sie sich mit Sicherheit auch schnell einleben. Dann werden wir uns noch des Öfteren über den Weg laufen. Sie können auch immer zu mir kommen, wenn etwas nicht in Ordnung ist.'
Mareike lächelte schüchtern und erwiderte den Händedruck.
'Ich danke Ihnen für alles.', streckte auch Rhys seine Hand aus und sie verließen das Büro. Bei der Sekretärin wurde ihnen zusätzlich alles formelle sowie ein Gebäudeplan in die Hand gedrückt. 'So, ich werde dir nun helfen deine WG zu finden und danach gehe ich.''Was soll das?', fragte Mareike ohne aufzusehen. 'Was soll was?'
'Warum kann ich nicht einfach bei dir wohnen? Du ziehst doch ebenfalls hier her! Warum muss ich mit fremden Frauen zusammen wohnen?'
Rhys strich über seinen Nacken. 'Maiki, du musst endlich lernen deine Schüchternheit loszuwerden.'
'Hältst du mich etwa auch für krankhaft schüchtern oder was?!'
'Nein! Und das weißt du auch. Es war für uns alle sehr schwer, okay? Aber du musst trotz allem dein Leben wieder selbst in Griff bekommen! Du bist neunzehn! Das ist kein Alter mehr, in dem man sich hinter dem Brüderchen versteckt. Ich will einfach, dass du lernst, wieder zu leben. Ich meine es wirklich gut.', er versuchte seine Gründe in liebe Worte zu verpacken. 'Ich bin doch nur einen Anruf weit entfernt zur Not. Aber versuche es einfach mal.'
'Na gut,', seufzte sie verzweifelt, da sie ihren sturköpfigen Bruder eh nicht überzeugen konnte, 'Also 205 war die Nummer? Dann ist das dahinten.'
Wie kleine Bungalows reihten sich aneinander, in denen die Studenten Tür an Tür miteinander lebten. 'Gut, ich hole schnell das Gepäck, du kannst ja schon einmal reingehen, deine neuen Mitbewohner beschnuppern.', lächelte er ihr entgegen und lief zum Auto zurück. 'Oh, man Rhys.', flüsterte sie und machte einen Schritt auf die Tür zu. Auf der Klingel stand ebenfalls nur die Nummer. Zitternd überlegte sie und klingelte schließlich. Nur ganz zart und leise. Eine junge Frau öffnete die Tür.
'Ja?'
'Emm…ich…also..', stammelte Mareike und hasste sich erneut für ihre Schüchternheit. Die Frau ihr gegenüber zog die Augenbrauen hoch. 'Wer ist denn da?', kam eine Stimme von dem Innenraum. 'Eine neue Studentin rate ich mal.', informierte die Frau ihre Mitbewohnerin und wendete sich wieder Mareike zu, 'du ziehst bei uns ein, nicht wahr?'
Mareike nickte verstanden. 'Na, dann komm rein.'
Sie öffnete die Tür weiter, worauf Mareike eintreten konnte. 'Ich bin Liz und das ist die eine Mitbewohnerin Tatjana oder einfach Tati, und dann gibt es noch Jordan, die ist aber wahrscheinlich wieder mit Mo unterwegs. Die wirst du auch noch kennen lernen.'Zu Mareikes Beruhigung kam nun auch Rhys Kofferbeladen herein. 'So Maiki, das war alles.', er stellte das Gepäck ab und kam näher, 'Hi, ich bin Rhys, Mareikes großer Bruder.''Hi.', erwiderten beide Frauen im Chor. 'Ich vertrau euch meine Kleine an, also, ich muss jetzt auch wieder los.'
'Kein Problem, bei uns ist sie gut aufgehoben.', versicherte Liz zwinkernd. 'Schön. Dann macht's mal gut.', Rhys drehte sich zu seiner Schwester und strich ihr über den Arm, 'Du schaffst das schon, du weißt doch, nur die ersten Tage sind schwer.'
'Ja, ich schaffe das!', sagte sie mehr zu sich als zu ihm, dennoch kassierte sie ein erleichtertes Lächeln von ihrem letzten Familienmitglied. 'Gut, dann sehen wir uns am Wochenende.'Mareikes Kinnlade fiel beinahe auf den Boden. Es war gerade mal Montag! Das waren fünf Tage des Grauens! Ohne, dass sie Zeit hatte, zu widersprechen, hatte Rhys schon das Bungalow verlassen. 'Hübschen Bruder hast du da.', bemerkte Liz kichernd und deutete neben sich auf das Sofa, 'setz dich. Wir können dir später beim auspacken helfen.' Mareike tat was ihr vorgeschlagen wurde. 'Wie alt ist er denn?', sah auch Tati von ihrem Buch auf. '25.', machte es Mareike gewohnt kurz. 'Schön, schön. Vor allem sein Hintern.', lachte Tati. Mareike war überrascht, sie hatte doch von ihrem Buch gar nicht aufgesehen oder? 'Erzähl doch mal. Hast du Hobbys? Und was studierst du überhaupt?', wurde Mareike gleich mit Fragen überrollt. Bevor sie jedoch antworten konnte, drehte sich ein Schlüssel im Schloss und eine vierte Person betrat den Raum. Ein lautes Poltern mit anschließendem Fluchen folgte und ein Mädchen lag auf dem Boden. Sie kämpfte sich wieder auf. 'Was macht denn dieses Gerümpel hier?!', fluchte sie und Mareike erkannte sofort das freche Mädchen von der Hinfahrt. 'Ach, Jordan mach doch nicht immer so einen Krach.''Ich? Wessen Sachen stehen denn da?'
'Die unserer neuen Mitbewohnerin!'
'OH!', Jordan schaute in Richtung Sofas und sah direkt in Mareikes Gesicht. 'Hi, ich bin Jordan.'
'Ma-mareike!'
'Ma-mareike! Schön, dich kennen zu lernen.', Jordan erkannte Mareike gar nicht. Lässt sich vermuten, dass es daran lag, dass Mareike zusammengerollt wie eine Katze und mit geschlossenen Augen auf dem Beifahrersitz geruht hatte. 'Schön, dass du schon hier bist. Tati und ich haben nämlich beschlossen, dass du Kinderschutz übernimmst!'
'Ich?! Warum ich? Das sehe ich ja gar nicht ein…Ich habe weiß Gott besseres zu tun!', Jordan lief an den Fernseher und schnappte sich die Fernbedienung. 'Ganz einfach, weil du dich die ganzen letzten Male davor gedrückt hast. Du nimmst Mareike zwei Wochenlang unter deine Fittiche.'
'Ist ja gut!'
Mareike konnte sich kaum ein Lächeln verkneifen. Irgendetwas an Jordans Art mochte sie einfach. Sie wusste nicht, was es war.
'Gut, Mareike! Hast du auch so etwas wie einen Spitznamen? Bis man deinen Namen ausgeschimpft hat, bist du schon längst vors Auto gelaufen.', fragte Jordan ohne vom Fernseher aufzusehen. 'Maiki.'
'Ach, ja, dein Bruder nennt dich so, nicht wahr?', informierte sich Liz. Mareike nickte wie gewöhnlich nur.
'Dann würde ich vorschlagen, als erstes räumst du mal deine Koffer weg.'
'Okay.', Mareike stand auf und versuchte die Koffer anzuheben. Doch sie scheiterte. Mit ihren dünnen Ärmchen und überhaupt mit ihrem zierlichen Dasein waren keine körperlichen Höchstleistungen zu erwarten. Überraschend stand Jordan auf und nahm die Koffer: 'Ich helfe dir. Dein Zimmer ist das Rechte. Könntest du mir die Tür aufmachen?'
Mareike entdeckte irgendetwas freundliches, hilfsbereites an Jordan, was sie anscheinend zu verstecken versuchte. Es weckte ihre Neugier, warum sie das Tat. 'Also, ist zwar kein Palast, aber lässt sich hier aushalten, oder?', Jordan ließ die Koffer mit Schwung aufs Bett fallen und lief zum Schrank. Hier oben ist Bettzeug, damit kannst du dein Bett überziehen. Dabei kann ich dir aber nicht helfen, hab zwei linke Hände, aber das bekommst du sicher selbst hin. Was studierst du denn?'
'Kunst.'
'So? Hm, zeig mal deinen Plan her.'
Mareike reichte ihr die Zettel, die sie von der Sekretärin bekommen hatte und Jordan flog mit ihren Augen Zeile für Zeile ab. 'Na, dann kann ich dich morgen Früh mitnehmen. Wir haben eine Vorlesung zusammen. Da folgst du mir einfach, kay?'
'Ja. Danke.'
'Kein Problem, ich weiß, dass der Anfang immer sehr schwer ist. Was jetzt natürlich nicht heißt, dass du Klette spielen sollst. Damit wir uns verstehn!'
'Klar.', nickte Mareike zustimmend.
'Jordan! Milow ist hier!'
Jordan verdrehte die Augen und wendete sich ihrer neuen Mitbewohnerin flüsternd zu: 'Der kann was erleben!'
Wie von Hornissen gestochen stapfte sie mit Mareike im Schlepptau aus dem Wohnzimmer und stellte sich vor Mo, um ihm tadelnd in die Seite zu stechen: 'Was willst du?!', fauchte sie biestig und drehte sich um. 'Wollte nur gucken, ob du heil nach Hause gekommen bist.''Ist klar! Idiot!', sie wollte gehen, da hielt er sie am Arm fest und riss sie zurück. Sie kassierte ein freches Grinsen, bevor seine Gesichtszüge wieder weicher wurden: 'Sorry, wegen vorhin, war blöd.'
'Das kannst du laut sagen!!!'
'Deswegen musst du ja nicht so rumschreien. Komm, sei wieder lieb zu mir.', er kitzelte sie durch. Wie immer strampelte und fuchtelte sie in der Gegend herum, wodurch er ungewollt ein paar Schläge kassierte. Plötzlich hörte er schlagartig auf. 'Oooooh.', entfuhr es ihm und schon stand er mit einem Satz vor Mareike. Er reichte ihr die Hand. 'Hi, ich bin Milow, aber nenn mich lieber Mo', er zwinkerte verführerisch. 'H-hi', stammelte Mareike wie immer.'Vergiss es!', feixte Jordan und zog ihn an seinem Ärmel zurück, 'Sie steht unter meiner Obhut und du lässt die Finger von ihr!'
Jordan schob ihn einfach nach draußen und knallte die Tür zu. 'Ach, Jordan, sei doch nicht sooo!', hörte sie ihn noch betteln, bevor er frustriert gegen die Tür trat und verschwand.'Boar, Jordan, was ein Schauspiel. Du lässt dir aber auch gar nichts gefallen!', lachte Liz, die gerade ihre Wäsche bügelte. 'Von dem? Niemals. Bekloppt ist der doch! Lass dich niemals auf den ein!', riet sie zuletzt Mareike und verschwand auf ihrem Zimmer.
'Was anderes als Frauen hat der doch nicht in seinem Kopf! Den sollte man…!!!!', fluchte sie noch vor sich hin.
Tati und Liz begannen gleichzeitig zu lachen, während Mareike immer noch wie bestellt und nicht abgeholt mitten im Gang stand. 'Aber was hat sie denn?', fragte Maiki schüchtern mit ihrer hohen Stimme.
'Ach, sie und Milow sind beste Freunde seit ich sie kenne. Sie können sich nicht lieben und nicht hassen. Die komischste Verbindung, die ich je erlebt habe.', erklärte Liz, während Tatjana wieder zustimmend nickte. Tatjana war wie immer daran eine hohe Literatur zu lesen. Sie war diejenige in der WG, der nichts über ihr Studium ging. Eine Vorzeigestudentin. Sie verließ das Bungalow meist, um zu Vorlesungen zu gehen oder sich in der Bibliothek neuen Lernstoff zu holen. Liz war dagegen eher die nette Freundin, die sich gerne überall einmischte, immer etwas mitzureden hatte und einfach typisch Frau war. Und Jordan war kurz gesagt 'Virago!', das Mannsweib der Gruppe. Das hatte Mareike mittlerweile auch schon entdeckt. Auf merkwürdige Weise funktionierte eine Freundschaft zwischen den dreien, die unterschiedlicher nicht sein konnten, dennoch.

'Guten Morgen euch allen! So, Maiki, kommst du mit?'
Mareike nickte. Sie war etwas erstaunt, als sie Jordan wieder in einem lockeren Outfit sah. Die Haare wie immer wuschelig - bis auf das schräge, stufige Pony. Wieder eine blaue Sporthose und ein Top. Anstatt Stulpen war sie heute dezent. Schweißbänder zierten ihre Armgelenke. Und natürlich Turnschuhe.
Mareike dagegen hatte einen knielangen Rock, Ballarinas und eine Bluse. Ihre blonden, sehr langen Haare hatte sie zu einem geflochtenen Zopf über den Rücken fallen.
Jordan schnappte sich ihr blaues Basecap und wendete sich an Mareike: 'Bereit für deinen ersten Tag?'
'Hm.'
Gemeinsam schlenderten die beiden Frauen durch das Gelände. 'Jordan!', kam plötzlich ein Schrei von hinten. 'Hey Mo!', rannte sie auf ihn zu und sie begrüßten sich mit einem freundschaftlichen Händeschlag. Mareike blinzelte verwirrt. Die beiden hatten sich doch gestern erst im Streit getrennt. Heute war davon nicht die Spur zu sehen. 'Heute spielt Barcelona gegen Real Madrid. Das gibt wieder Krieg!', lachte Mo und zeigte grinsend auf Jordans Barcelona-Schweißbänder. Jordan lachte zustimmend, während sie weiter in Richtung Vorlesung wanderten. Maiki lief schüchtern neben her und bewunderte ihre neue Mitbewohnerin für ihre Stärke und ihre ganze Art.
Milow drehte sich plötzlich um, und spendete Mareike seine Aufmerksamkeit: 'Wie wäre es heute Abend, Kino? Oder-'
-Zack- hatte er wieder einen Schlag am Hinterkopf sitzen: 'Ich habe dir schon einmal gesagt, du sollst deine dreckigen Schmuddelfingerchen von ihr lassen!'
'Nicht gleich so zickig!', rieb sich Mo die geschlagene Stelle.
'Ich bin nicht zickig!', fuhr Jordan gleich wieder hoch. 'Du hast Recht. Du bist männlicher als ein ganzer Baskettballverein.'
'Milow?', Mo weitete verwundert seine Augen, so nannte sie ihn nie, 'halt die Klappe.'Der Vorlesesaal füllte sich allmählich mit lernbegierigen und weniger lernbegierigen Studenten, die alle ihre Blöcke herauskramten und darauf warteten, dass der Professor kam und sie wieder die Stifte schwingen mussten, bis die Finger glühen.
So war es dann auch. Der Professor redete wie ein Wasserfall und die jungen Menschen schrieben um die Wette. Und das wörtlich! Jordan und Milow schienen sich selbst beim Schreiben messen zu müssen. Mo piekste Jordan in die Seite um einen Vorsprung zu erhaschen, worauf er einen Dritt gegen das Schienbein kassierte. Mareike beobachtete die beiden fasziniert und war sich sehr sicher, dass es sich um mehr handelte als nur Freundschaft. Sie glaubte eine unausgesprochene Liebe zwischen ihnen zu spüren.

'Maiki, wann hast du deine nächste Vorlesung. Zeig mal her!', Jordan angelte sich mal wieder Mareikes Plan, nachdem sie die dreistündige Vorlesung hinter sich gebracht hatten. Hartes Leben. Mareike verstand gar nicht, warum es immer hieß, Studenten wären Faulenzer.'Hast auch noch Zeit. Komm, wir setzen uns auf die Bank dort unter dem Baum.', schlug sie schließlich vor und lief schon darauf zu, ohne auf die Antwort ihrer Freunde zu warten.Die beiden folgten ihr jedoch hörig. Mareike saß in der Mitte. Sie musste flüchtig an ihren Bruder denken. Er wäre bestimmt stolz, wenn er sie jetzt sehen könnte. Am Dienstag schon mitten unter den Leuten.
'Boar, MO! Wo hast du denn so ein Frühstück her? Bunkerst wohl deine Oma im Schrank!', lachte Jordan und stierte dabei gierig auf sein Frühstück.
'Hier.', hielt er ihr eines der gut belegten Brötchen hin. 'Danke.', reichte sie zu und biss hinein. 'Sag mal Maiki, bist du immer so ruhig?', wendete Mo sich an Mareike. Sie schüttelte überzeugt den Kopf. 'Lass sie, sie ist nur schüchtern.', erklärte Jordan ohne selbst eine Ahnung davon zu haben. Sie stand auf und streckte sich. 'Aber Maiki, bei uns brauchst du echt nicht schüchtern sein, er ist ein Idiot und ich fresse dich schon nicht.'
'Okay.', kicherte Mareike leise. 'Na geht doch! Das erste mal, dass ich dich zumindest ansatzweise Lachen höre.', klopfte Jordan ihrer neuen Mitbewohnerin auf die Schulter.'Du hast ein bezauberndes Lächeln.', beteuerte Mo, bevor er aufsprang: 'Was heißt hier bitte IDOT?!'
'Weißt du was?', Jordan hielt sich überlegend ihren rechten Zeigefinger vor ihre Lippen, 'Ich hätte Lust auf ein schönes, leckeres Spagetti-Eis! Was haltet ihr davon?'
'Ja, aber auf mein Motorrad passen nur zwei Personen.', überlegte Milow und spielte gleichzeitig mit dem schwarzen BMW-Schlüssel in seiner Hand. Er beobachtete, wie der Wind durch die Bäume blies, es aber nicht schaffte, Mareikes geflochtenen Zopf anzuheben. 'Kein Problem, ich komme nicht mit.'
'Natürlich kommst du mit, ich soll doch auf dich aufpassen.', Jordan stand bereits hinter ihr und drückte sie an den Schultern auf ihre Beine. 'Keine Widerrede.', sie sprang über die Bank und führte sie weiter Richtung Ausgang. 'Dann vertreten wir uns eben die Beine, komm schon, MO!'
'Bin doch schon da!'
'Schaffen wir das bis zur nächsten Vorlesung?', fragte Mareike unsicher und blieb vorsichtshalber stehen. Ihr Blick wanderte abwechselnd erst zu Jordan, dann zu Milow, dann wieder zu Jordan.
Die beiden sahen sich an, begannen zu lächeln und antworteten im Chor:
'Selbstverständlich!'
'Oh. Gut.'
Mareike sah sich Jordan genauer an. Für ihre ungestüme Art hatte sie eindeutig die falsche Körpergröße. Sie war höchstens 1,64m groß. Doch ihr restliches Erscheinungsbild passte zu ihr. Die strubbeligen, dunkelbraunen Haare. Mareike bewunderte jedoch am Meisten diese grauen Augen. Sie hatte bisher gar nicht gewusst, dass es so ein Grau für Augen gab. Jordans Augen waren das erste, was auffiel, wenn man in ihr Gesicht sah. Sie waren schön, sehr schön sogar. Als sie Jordan so musterte wurde ihr klar, dass sich eine unglaublich schöne Frau unter dieser ruppigen Fassade versteckte. Sie hatte auch eine schöne Figur, was der Grund war, warum sie tun und lassen konnte, was sie wollte, sie würde stets eine schöne, als weiblich erkennbare Frau bleiben.
'Ich krieg die Karte zuerst!', entschied Jordan und angelte sich vor aller Augen die Karte und vertiefte ihre Nase darin. 'Du wolltest doch eh dein Spagetti-Eis.', kommentierte Mo, verschränkte die Arme hinterm Kopf und schloss seine Augen. 'Ja und, vielleicht schafft es diese Karte ja mich umzustimmen.'
Mareike saß dort und starrte aus dem Fenster. Die Wolken wurden immer grauer und würden sich mit Sicherheit bald entladen.
'Schau nicht so traurig, du darfst dir ein Eis aussuchen, der Preis spielt keine Rolle.', zwinkerte Milow. 'Ich nehm dich beim Wort!', lachte Jordan und zeigte auf das Delux-Eis der Eisdiele. 'Du doch nicht!', er streckte ihr die Zunge entgegen, wodurch der Zungenpiercing herausschaute. 'Maiki natürlich.'
Jordan seufzte, ließ sich aber nicht weiter auf eine Diskussion ein. Stattdessen fischte sie ihren Geldbeutel aus ihrer großen Hosentasche und opferte einen Blick. Gähnende Leere starrte ihr entgegen. 'Meint ihr ich muss für ein Leitungswasser zahlen?', fragte sie frustriert, worauf Mo gehässig lachte. 'Ach, ausnahmsweise, ich zahl für dich. Aber nicht höher als drei Euro, hörst du?'
'Oki doki! Dann bleibe ich wohl doch beim Spagetti-Eis.'
'Darauf wollte ich hinaus und jetzt gib Maiki endlich mal die Karte.', er entriss sie ihr und hielt sie seiner anderen Begleitung hin, 'hier, lass dir ruhig Zeit, den Preis guck einfach nicht an.'
Jordan stellte sich vor, wie sich ein kleines Kreuz an ihrem Kopf bildete, so wie es Animes immer gerne darstellen, wenn jemand sauer wird. Sie ballte ihre Faust und konnte sich gerade noch abhalten, sie ungebremst auf den Tisch knallen zu lassen.
'Dann nehme ich auch ein Spagetti-Eis.', entschied sich Mareike und gab Mo die Karte. 'Aber…wieso das denn?', Mo blinzelte verwirrt. 'Weil das sonst ganz schön unfair ist. Du kannst doch nicht ihr nur drei Euro genehmigen und mir völligen Preisnachlass. Das nehme ich nicht an.'
Jordan klatschte gewinnerisch in die Hand und begann zu lachen: 'Dein so genannter Charme perlt an ihr ab, mein Lieber. Mareike, du bist genial.'
'Krieg dich mal wieder ein.', schnauzte Mo beleidigt.
'Haben Sie sich entschieden.', kam die Bedienung und zückte den Stift. 'Ja, zwei Spagetti-Eis und einen Eiskaffee, bitte.', bestellte Mo und sah der jungen Kellnerin nach, als sie wieder ging.
'So geil ist ihr Po doch gar nicht.', stellte Jordan fest und schaute ebenfalls in die gleiche Richtung. 'Knackiger als deiner!'
'Ach ja?! Hast du mal dein Flachbrett betrachtet? Man erkennt gar nicht wo dein Rücken aufhört!', konterte Jordan prompt.
'Was?! Mein Arsch ist praller als dein Busen!', schoss auch Mo mit scharfen Geschossen. 'Mögt ihr euch eigentlich?', fragte Mareike plötzlich, mit leiser, zierlicher Stimme und unterbrach dennoch die Streiterei.
Mo und Jordan blickten sich nachdenklich in die Augen. 'NEIN', bekannte Jordan. 'Echt nicht?', Mo schien an einem wunden Punkt getroffen. Jordan beschimpfte ihn ständig als Idioten oder machte sonst irgendwie kund, dass sie ihn nicht mochte, doch diesmal schien es für ihn anders zu sein. Vielleicht einfach aus dem Grund, weil eine dritte Person gefragt hatte.Trauer spiegelte sich in seinem Gesicht, was sich absolut mit seiner sonstigen attraktiven Souveränität biss. 'Oh, man Mo, Du! Natürlich mag ich dich!', lachte Jordan und wuschelte durch sein glänzendes, schwarzes Haar.
'Jetzt hast du mich aber erschreckt.', gab er zu und wendete sich wieder der Kellnerin zu: 'Das ging aber schnell.'
'So die Herrschaften.', die Frau lud das Eis ab, wünschte guten Appetit und ging wieder. Dieses Mal schaute Mo ihr nicht nach. 'Du hast Recht, dein Po ist knackiger.', grinste er Jordan frech an.
Mareike lächelte in sich hinein ‚was sich liebt, das neckt sich'.
Sie nahm den kleinen Löffel in die Hand und führte genüsslich ihren ersten Happen zu ihrem Mund. 'Und, schmeckt es dir?'
'Mmh.', machte sie es kurz. 'Das freut mich.', Mo sah sie freundlich an und beobachtete sie beim Essen.
'Müssen wir nicht langsam los, wenn wir zur Vorlesung noch pünktlich sein wollen?''Wollen wir da hin?', fragte Mo und Jordan zuckte uninteressiert mit den Schultern. 'Aber ihr sagtet doch…'
'Das wir es schaffen können, ja.', vollendete Mo ihren Satz, 'Ich will dir mal was sagen.', er griff Mareikes Hand, wodurch sie ihn verwirrt aber eindringlich ansah, 'Du bist wunderschön und solltest dein hübsches Köpfchen nicht zu sehr verschwenden.'
'Aber heute ist mein erster Tag.', Maiki wurde zusehends unsicherer. 'Ist es dir so wichtig?'Mareike nickte: 'Dieses Studium ist mir sehr wichtig.'
'Gut, dann bring ich dich schnell zurück.', er trank den letzten Schluck seines Milchkaffees und stand auf.
'Aber ich hab doch nicht mal die Hälfte von meinem Eis!', rief ihnen Jordan noch hinterher, doch da waren sie schon draußen. ‚Arschloch!!!', brüllte sie lautstark in sich hinein. Es fuchste sie tierisch, dass sie bei jedem Treffen wegen einer Frau am Ende alleine heimgehen musste. 'Bezahlen Sie für Alle?', fragte die Kellnerin und legte ihr die Rechnung auf den Tisch. 'Nun…', Jordan schaute erneut in ihren Portemonnaie, obwohl sie genau wusste, was sie dort auffinden würde - nichts.
'Ich hab kein Geld.', gestand sie und hielt ihren Lederbeutel der Frau vor die Nase. Die Bedienung tippte ungeduldig an ihre Hüfte, in der sie ihre Hand abgestützt hatte.'Ich bitte vielmals um Entschuldigung!', rief Jordan, packte ihre Sieben Sachen und stürmte aus dem Eiskaffee. 'Wenn ich den in die Finger kriege verarbeite ich ihn zu Hundefutter!', schrie Jordan aus um ihren Zorn loszuwerden. Ihre Beine wurden immer schneller, um die Beiden noch einholen zu können.
'Da seid ihr ja!', keuchte sie außer Puste, als sie wieder bei ihnen war. Mit einem Schlag setzte ein ordentlicher Platzregen ein, wie es die Wolken schon verkündet hatten. Als wäre dies der Startschuss zum Wettsprinten gewesen, setzten sich die Drei in Bewegung. Wie zu vermuten jedoch, taten Mo und Jordan etwas langsam, um Mareike nicht zu verlieren. Völlig durchnässt und durchgeweicht kamen sie bei der Uni an. 'Ich glaube, es wird nichts mehr mit deiner Vorlesung.'
'Du hast Recht.', sah Mareike enttäuscht an sich herab und alle drei prusteten los, wie bescheuert diese Aktion doch gewesen war.







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