Der Tod von Brian Jones

"Du wirst nie dreißig, Mann!" – "Ich weiß."


"Brian wurde sehr labil. je weiter es ging, desto zerbrechlicher und empfindlicher wurde er. Als Person, aber auch körperlich. Die ganzen Tourneen haben ihm, glaube ich, sehr zugesetzt. Von '63 bis '66 haben wir uns drei Jahre lang ununterbrochen den Arsch aufgerissen. Wir hatten vielleicht zwei Wochen frei. Dabei ist das noch gar nichts, ich meine, wenn ich B.B. King so was erzähle, dann sagt der: "Das mache ich seit Jahren so." Aber für Typen wie Brian... Er war zäh, aber nach und nach wurde er immer labiler. Als ich ihm das erste Mal begegnete, war er wie ein kleiner walisischer Stier. Er war kräftig und schien ziemlich hart zu sein. Zunächst einmal haben ihm die Leute dauernd Stoff angeboten, weil er ein Stone war. Und er hat's probiert. Er hat alles genommen. Auch alle möglichen sonstigen Trips, bewusstseinserweiternde Drogen. Er hatte nie die Zeit, damit klarzukommen, weil wir die ganze Zeit auf Tour waren und am nächsten Tag schon wieder im Flugzeug. Schließlich hat es ihn erwischt."

Keith Richards

"Wir hatten uns an jenem Abend getroffen und erwarteten nicht, dass Brian vorbeischauen würde. Offiziell war er aus der Band ausgestiegen. An diesem Abend sollte unser erster Auftritt mit Mick Taylor sein. Nein, stimmt nicht. Mick war vielleicht seit einer Woche bei uns, jedenfalls war es wirklich erst kurz nachdem er eingestiegen war. Gegen Mitternacht rief uns jemand an und sagte: "Brian ist tot." Hey, was zum Teufel war da los? Wir hatten ein paar Fahrer, die für uns arbeiteten, und so versuchten wir, etwas herauszufinden... Einige von ihnen hatten einen ganz schönen Einfluss auf Brian. Es waren 'ne Menge Miezen da, und es ging ganz schön was ab, sie feierten 'ne Fete. Ich weiß einfach nicht, was in dieser Nacht mit Brian passiert ist. Es gab niemanden, der ihn hätte umbringen wollen. Irgendwer hat nicht auf ihn aufgepasst. Genau das hätte aber geschehen müssen, denn er hatte jemanden da, der auf ihn acht geben sollte. Alle wussten, wie Brian war, besonders auf Feten. Vielleicht wollte er nur 'ne Runde schwimmen und hatte dabei einen Asthmaanfall. Ich habe so was nie miterlebt, aber ich wusste, dass er Asthma hatte. Ich wusste, dass er es immer mit seinem Spray hatte, aber ich habe nie einen Anfall bei ihm gesehen. Er war ein guter Schwimmer. Er schwamm besser als sonst irgendwer, den ich kannte. Er konnte direkt vom Felsen ins Meer springen. Er war sogar allmählich dabei, von den Drogen runterzukommen. Er übertrieb es nicht mehr so, übertrieb eigentlich überhaupt nichts mehr so wie früher. Vielleicht ist alles zusammengekommen. Es ist eins von den Dingen, die ich einfach nicht begreife. Wen soll man denn auch fragen?"

Keith Richards

Die Nacht vom 2. auf den 3. Juli 1969 war feucht und wolkig. Und Brian litt an Asthma und Heuschnupfen! Die ländliche Gegend der Cotchford Farm bei Hartfield war für ihn also nicht besonders gut geeignet. Der Pollenflug war dort mindestens zweimal so stark wie in der Stadt. Aber es war Brians Zuflucht und nichts und niemand konnten ihn davon wegbringen. Einmal erzählte er, er wolle dort ewig leben und auch dort begraben werden. Gegen halb neun am Abend gesellte sich Brian zu Anna, Frank Thoroughgood und Janet Lawson (eine Krankenschwester), die bei Frank wohnte. Brian redete nur undeutlich erinnerte sich Janet. Er schien getrunken und Schlaftabletten genommen zu haben. Frank: "Er schien eigentlich nicht wirklich betrunken, schwankte aber etwas. Sie sahen fern, und Brian machte eine Bemerkung über die Hitze. Gegen halb elf fragte Brian Frank und Janet, ob sie mit ihm schwimmen gehen wollen. Janet lehnte ab. „Er hatte getrunken. Er war ein bisschen unsicher auf den Beinen. Er war nicht in dem Zustand, schwimmen zu können. Ich sah das ganz klar, und ich sagte das auch beiden Männern, aber sie hörten nicht auf mich." Brian, Anna und Frank gingen zu den mit Flutlicht beleuchteten Swimmingpool und siebenundzwanzig Grad warmen Wasser.

Janet: "Ich ging mit zum Pool, um sie im Auge zu behalten. Brian hatte Schwierigkeiten auf das Sprungbrett zu kommen, Frank half ihm, und Brian sprang ins Wasser. Die beiden Männer wirkten im Wasser etwas schwerfällig, aber ich fand, sie könnten auf sich selbst acht geben." Anna blieb nicht lange im Wasser, ca. zwanzig Minuten später gingen Janet und Anna ins Haus zurück. Weitere zehn Minuten später verließ Frank das Wasser und ging ebenfalls ins Haus, um sich eine Zigarette und ein Handtuch zu holen. Als Janet das bemerkte rannte sie zum Pool "und sah Brian völlig bewegungslos auf dem Grund. Ich ahnte das Schlimmste und rief nach Anna und Frank." Frank schrie auf, und Anna rannte aus dem Haus zum Pool. Beide sprangen hinein und zogen Brian hinaus. Sie legten ihn auf den Rücken, stützten seinen Kopf mit einem Handtuch, und Janet (die Krankenschwester) pumpte Wasser aus ihn heraus und massierte sein Herz. Brian lebte zu dem Zeitpunkt noch. Anna und Frank versuchten Brian zu beatmen, aber es war vergebens. Sie riefen einen Krankenwagen und Arzt. Als die Sanitäter eintrafen, begannen auch sie sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen. Anna blieb bei ihrer Ansicht, dass niemand den Unfall wirklich ernst genug genommen hätte. Der eintreffende Arzt erklärte Brian schließlich nach einer Untersuchung für tot. Von den Stones waren als erstes Leslie Perrin und Tom Keylock vor Ort. Jagger erhielt die Nachricht von Brians Tod durch einen Anruf. Charlie rief Bill gegen drei Uhr an. Er und seine Frau waren erschüttert und in Tränen aufgelöst. Die Polizei nahm die Aussagen von Frank, Anna und Janet auf, während Brian im Krankenwagen zum Leichenschauhaus gefahren wurde. Brians Vater wurde informiert. Les Perrin sagte: "Anna, die unter Schock stand und völlig durcheinander war, ging erst gegen fünf Uhr früh zu Bett. Als es hell war, inspizierten Tom Keylock und ich den Pool. Wir fanden Brians Respirator an einer Stelle des Pools und gaben ihn der Polizei. Es gab viele Möglichkeiten für Brians Tod. Vielleicht hatte er einen starken Asthmaanfall, eine möglicherweise tödliche Kombination von Tabletten und Alkohol oder einen epileptischer Anfall."

Blitzartig ging die Nachricht von Brians Tod um die Welt und machte jeden betroffen. Einige reagierten gefühllos, andere mit tiefem Schmerz.

Alle waren wie betäubt, als sie an diesem Nachmittag im Büro zusammenkamen. Im Lauf des Tages wurde Brians Leiche obduziert. Tod durch Ertrinken wurde festgestellt. Man fand Drogenreste und diagnostizierte eine Degeneration der Leber. Die Band musste aber zu "Top of the Pops" gehen. Einen Tag nach Brians Tod erschien ihre neue Single Honky Tonk Women. Sie fand reißenden Absatz bei den Fans und wurde von vielen als eine der besten Aufnahmen der Stones betrachtet. An diesem Abend war eine Aufnahmesession im Olympic gebucht worden, aber niemand ging hin. Mick und Marianne besuchten eine Party, bei der Mick sein weißes Dress anhatte, das ihn beim Hyde Park Konzertunsterblich machen sollte. Ihre Euphorie bei der Planung des Hyde Park Konzertes war durch Brians Tod überschattet. Charlie schlug vor, es solle eine Gedenkfeier für Brian werden. Mick: "Wir werden das Konzert geben - für Brian. Wir haben sehr viel darüber nachgedacht und glauben, er würde gewollt haben, dass es stattfindet. Brian war Musik. Ich verstehe, was viele Leute empfinden werden, aber wir tun es jetzt für ihn." Nachdem Anna ihre Sachen abgeholt hatte, fuhr sie zur amtlichen Leichenschau nach East Grinstead, um mit Frank und Janet auszusagen. Der Leichenbeschauer fragte Anna, ob sie bei Brian je einen Asthmaanfall erlebt habe. "Nein, aber er benutzte oft seinen Respirator, vor allem, wenn er im Pool war, und er hatte Atembeschwerden." Sie erzählte weiterhin das in der Nacht, als Brian starb, er und Frank unter Alkoholeinfluß gestanden hätten. Der Pathologe erklärte Brian habe alle Anzeichen einer normalen Erkrankung – Eine Brustfellentzündung, sein Herz war größer, als es sein durfte, seine Leber hätte das Zweifache des normalen Gewichts. Es gab aber keinen Hinweis auf einen Asthmaanfall, aber für eine chronische Bronchitis. Und er hätte sehr große Mengen Drogen genommen

So früh, mit dem gleichen Tempo, in dem er gelebt hatte, war Brian gestorben, und für viele war damit ein Kapitel abgeschlossen. Aber die Traurigkeit, die sein Ableben begleitete, und das seltene Talent, um das er die Welt der Musik bereichert hatte, sorgen dafür, dass die Erinnerung an ihn niemals sterben wird.

Mehr als fünfhundert Menschen versammelten sich vor der Kirche in Cheltenham, um von Brian Abschied zu nehmen. Bill, seine Frau Astrid, Charlie und Shirley trafen Brians Familie. Überall lagen Berge von Blumen, darunter ein Kranz von Mick und Marianne und ein riesiger von den Stones. Der Leichenzug bestand aus vierzehn Wagen, Hunderte Menschen blieben stehen und sahen zu. Im Regen trafen sie bei der Kirche ein. Es schien als ob auch der Himmel weinen würde. Dutzende von Mädchen waren mit roten Rosen gekommen. Viele weinten, als der Sarg in die Kirche getragen wurde. Der Gottesdienst war ruhig, aber die Rede des Pfarrers war sehr zynisch. "Er hatte wenig Geduld mit Autorität, Konvention und Tradition. Darin war er typisch für seine Generation, die in den Stones einen Ausdruck ihrer gesamten Lebensauffassung sieht. Vieles von dem, wofür diese alte Kirche neunhundert Jahre lang gestanden hat, scheint ihnen völlig unwichtig zu sein." Danach lass er die Geschichte des verlorenen Sohnes aus der Bibel vor. Hunderte säumten die Straße und füllten den Friedhof. Tränen fielen, als der Sarg in die Erde gesenkt wurde. Mädchen warfen ihm Rosen nach. Fotografen machten Fotos, Hippies meditierten für Brian. Die Rasenflächen in der Nähe des Grabes waren von vielen Kränzen und Blumengestecken bedeckt.

Keith Richards:
"Brian war ein Typ, der jedes Instrument spielen konnte. Es war wie - Da ist es. Da kommt Musik raus. Wenn ich ein bisschen daran arbeite, kann ich das. - Er hockte an den Marimbas bei "Under My Thumb" und bei "Satanic Majesties" und etlichen Sachen am Mellotron. Er war Streicher bei "2000 Light Years From Home", Bläser bei "We Love You" und spielte all diese arabischen Riffs. Er war einer jener Leute, die in einer Hinsicht so wundervoll sind und in einer anderen ein Arschloch."

Mick Jagger:
"Mir fehlen die Worte, ich bin traurig und geschockt. Etwas ist gestorben. Wir waren ein Haufen wie eine Familie, wir Stones. Ich bete einfach für ihn. Ich hoffe, er wird selig. Ich hoffe, er findet Frieden. Das wünsche ich ihm wirklich. Ich bin ihm nie wirklich nahe gekommen."

Bill Wyman:
"Brian war die erste Person in England, die die Bottleneck-Gitarre spielte, als noch niemand wusste, was das überhaupt war. Er vertiefte sein Wissen über die verschiedensten Instrumente und machte uns, denen sie sicher entgangen wären, auf sie aufmerksam. Was seine Persönlichkeit anbelangte, so war er trotz seiner Schwächen und Depressionen, seiner Unverschämtheit und seines oft schrecklichen Verhaltens eine Schlüsselfigur, ein Symbol der sechziger Jahre, das uns allen geholfen hatte, Kontur zu gewinnen. Er hatte ein Recht auf Vergebung!"

Alexis Korner:
"Ich hoffe, dass die Leute im Tod besser mit ihm umgehen als im Leben."

Jimmy Miller:
"Er war ein Musiker durch und durch, der nie ganz das kommerzielle Image akzeptiert hatte, ein Stone zu sein. Als Leadgitarrist hätte er eigentlich mehr zu sagen gehabt, aber er zog es vor, lieber nicht zu spielen, als das Gefühl zu haben, das ursprüngliche Konzept eines Songs zu verraten. Mick und Keith hatten sich zu Komponisten entwickelt und Brian zum Begleiter ihrer Ideen. Ich hatte vorgehabt, mich mit ihm zu treffen, um über die Produktion seiner Platten zu sprechen, wenn er seine eigene Gruppe formiert hatte."

Brians ehemalige Freundin Pat Andrews:
"Sie weckten mich um halb sieben morgens und erzählten mir - Wir haben gerade die Nachricht gehört, Brian ist tot - jetzt werden Sie wohl etwas Geld bekommen. - Ich fiel erst um zehn Uhr um, als ich es selbst hörte. Ich brach einfach zusammen und weinte. Trotz all der Streitigkeiten und Auseinandersetzungen, die wir hatten, habe ich ihm das nicht gewünscht. Es ist merkwürdig, jeder von uns liebte ihn auf die eine oder andere Art, trotz seiner Eskapaden. Er war der Junge, der auf der ganzen Welt am schwersten zu verstehen war. Ich glaube, wir alle dachten, wir könnten ihn verstehen, wenn wir das lange genug versuchten. Aber in Wirklichkeit konnte das niemand. Es ist einfach nicht fair, dass er tot ist, bevor er überhaupt eine Chance bekam, erwachsen zu werden."

Suki Potier:
"Als mein Freund Tara starb, konnte ich an Brians Schulter weinen. Er hat die Stücke wieder zusammengesetzt und mich wieder als Frau fühlen lassen. Ich werde ihn nie vergessen. Er war ein wundervoller, unglaublicher Mensch."

Anita Pallenberg:
"In dem Zustand war er vorher viele Male gewesen, aber es waren immer Leute da gewesen, die sich um ihn kümmerten."

Pete Townshend:
"Nun, heute ist ein ganz normaler Tag für Brian. Er wirkte immer, als würde er so oder so verlieren. Ich meine, ein Großteil des Erfolgs der Stones geht auf sein Konto, aber die anderen Stones sind nie wirklich an ihn rangegangen. Er stand immer irgendwie unter Drogen, oder anders, er 'war eine sehr benebelte Person."

George Harrison:
"Ich glaube nicht, dass er genug Liebe oder Verständnis bekam."

Eine Sekretärin der Stones:
"Die Traurigkeit seines Todes ist irgendwie nicht so schlimm wie die Traurigkeit zu sehen, wie er zu leben versuchte. Selbst mit Millionen Mädchen um ihn herum, die darauf brannten, ihn kennen zulernen und bereit waren, alles für ihn zu tun, war er einsam. Er konnte einfach nicht mit Menschen kommunizieren. Brian konnte außer sich oder seiner Musik nichts lieben. Freundlichkeit ja - Liebe nein. Das war sein Problem. Er nahm Drogen und trank, um seine tiefe Einsamkeit zu betäuben."

Der Rolling Stone:
"Wenn Keith und Mick Kopf und Körper der Stones waren, dann war Brian die Seele der Band."

Der Pathologe:
"Er wollte nicht hören. Und deshalb ertrank er unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen."

"Peace, peace! He is not dead, he doth not sleep
He has awakened from the dream of life...
The One remains, the many change and pass;
Heaven's light forever shines, erath's shadows fly;
Life, like a dome of many-coloured glass,
Stains the white radiance of eternity,
Until Death tramples it to fragments, - Die,
If thou wouldst, be that which thou dost seek!"


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