Flat share - a lot of love Teil 5

Autor: Naina
veröffentlicht am: 07.04.2008




'Nick, kann ich rein kommen?'
Amy öffnete die Tür einen kleinen Spalt und lugte rein. Durch den Rollladen drängelte sich bereits genug Licht, um alles erkennen zu können. Nick lag noch in seinem Bett und schlief. Amy trat einfach ein. Sie trug lediglich einen rosa Snoopy-Schlafanzug und ihre fetten, weichen Pantoffeln.
Leise schlich sie an ihn ran, setzte sich neben sein Bett auf den Boden und legte ihr Kinn auf die Matratze. Er schlummerte friedlich, wie ein kleines Baby, nichts ließ den brutalen Rebellen erahnen.
Langsam öffneten sich die Lider und Amy betrachtete seine fast schwarzen Augen. Zart lächelte er.
'Amy, was machst du hier?', hektisch setzte er sich auf.
/Er hat mich doch eben so niedlich angelächelt, hat er da etwa noch geschlafen?/
Nick hatte nur in einer Sporthose geschlafen, ohne Oberteil. Diese Tatsache machte es für Amy plötzlich schwer, ihren Blick von ihm abzulenken.
/Auf seinem Oberkörper sollte eine Plakette ‚nicht jugendfrei' angebracht werden!/
Jetzt wo er kein Oberteil trug, fiel sein Tattoo natürlich erstrecht auf. Es war ein schwarzer asiatischer Drache, der einen Schlangenkörper mit Beinen besitzt.
Sie entdeckte zwangsläufig eine runde Narbe unter seiner rechten Schulter.
'Was willst du denn?!', fragte Nick erneut.
Amy setzte sich auf die Bettkante und starrte verlegen auf den Teppichboden.
'Ich wollte mich wegen gestern bedanken. Ich dachte schon dieser Typ würde mich…'
'Da wärst du selbst dran Schuld gewesen.' Müde kratzte sich Nick den wuscheligen Kopf.'Was sagst du da?!'
'So wie du ihn angemacht hast, hätte sich wohl kaum ein Mann im Griff gehabt.', Nick grinste leicht und stand auf. Er stellte sich vor sein Fenster und zündete seine morgendliche Zigarette an.
'Das war doch nur eine blöde Wette.'
'Du spielst also gern mit Gefühlen?'
'Nein…Ach vergiss es einfach. Aber woher weißt du das überhaupt? Hast du mich die ganze Zeit beobachtet?'
Nick sog den Rauch tief in seine Lunge und antwortete nicht.
'Also auf jeden Fall Dankeschön, auch dafür, dass du gekommen bist.'
'Hmm…', Nick blies eine graue Wolke aus und beobachtete die Autos weit unter sich.'Darf ich dich etwas fragen?'
'Wenn ich mich nicht irre, war das schon eine Frage…'
'Woher hast du diese Narbe? Das ist doch eine Schusswunde oder?'
Als Nick sich zu ihr drehte, guckte sie schnell in eine andere Richtung.
Er blickte auf die kreisförmige Narbe, dann setzte er sich neben sie und lehnte sich zurück.'Tja, man kommt ins Gefängnis, wenn man einen Polizisten anschießt, dass sie einen viel tödlicheren Schuss abgeben, scheint dabei völlig egal zu sein.'
'Ein Polizist? Das hat doch bestimmt richtig weh getan?'
'Nö, merkt man kaum.'
'Jetzt spiel nicht den Macker! Natürlich tut das weh!'
Zart grinste er ihr entgegen: 'Was fragst du dann so blöd?'
'Hmm…Weiß auch nicht. Hey, heute ist Sonntag, wollen wir nicht irgendwas zusammen unternehmen?'
'Nein, wollen wir nicht.'
'Das heißt du willst immer noch nichts mit mir unternehmen?'
'Mit dir? Auf keinen Fall.', erneut kicherte Nick und schon hatte er sein Kissen im Gesicht.'Du bist gemein!'
'Und du bist ganz schön frech!'
'Hast du nun davon!', motzig stand sie auf und wurde sofort an ihrem Handgelenk zurück auf das weiche Bett gezogen.
'Du glaubst doch nicht, dass du ungestraft davon kommst!'
Sie riss ihre Augen weit auf, als sie den halbnackten Nick über sich hocken sah.
/Was hat er vor?/, verstört drückte sie ihn von sich und flüchtete in die Küche.
Ihr Herz pochte wie verrückt, so hatte sie Nick aus der Fassung gebracht.
'Oh guten Morgen, wie geht es dir jetzt?', begrüßte sie Kai.
'Viel besser, bin nur etwas wackelig auf den Beinen.'
'Kann ich mir denken, du hattest gestern Fieber, bleib heute lieber noch mal liegen.'
'Nicht nötig.', freudig biss Amy in ein Toastbrot mit Salami, was sich Mary eigentlich geschmiert hatte.
'Ich würde sagen, ihr geht es blendend.', beleidigt steckte Mary das nächste Brot in den Toaster.
'Was ich dich noch fragen wollte, wer hat dir das angetan?', Kai zeigte auf Amys Hals und zog seine Augenbrauen tief runter.
'…Es ist nichts.'
'War es Nick?'
'Nein!'
'Du brauchst ihn nicht in Schutz zu nehmen. Wenn er es war, fliegt er hochkant hier raus, das verspreche ich dir! Lass dich nicht von ihm fertig machen.'
'Ich sagte doch, er war es nicht!'
'Wer denn dann!'
'Kann dir doch egal sein, du bist nicht mein Vater!'
'Aber ich fühle mich verantwortlich für dich.'
'Brauchst du nicht, ich komme gut alleine klar!'
'Sie hat recht, denk nicht ständig so schlecht von Nick. Er hat doch seine gerechte Strafe bekommen.', mischte sich auch Mary ein.
'So sieht's aus!', Amy griff schnell nach dem nächsten Brot, was gerade aus dem Toaster flog und machte kehrt.
Mary schüttelte sich verärgert den Kopf, kicherte dennoch kurz drauf wieder und machte sich endlich selbst ein Brot.
Amy duschte, zog sich an und verließ das Hochhaus. Andriana hupte bereits lautstark und Amy stieg in ihren Peugeot.
'Was ist so wichtig, dass du mich heute treffen willst?', sie hatte ihr zweites Toastbrot mitgenommen und biss nun verzückt hinein.
'Ich muss mir unbedingt neue Klamotten kaufen. So welche wie deine. Ach so. hier in der Tüte ist auch dein Zeug.'
'Du hast wohl vergessen, dass heute Sonntag ist. Kein Geschäft hat offen.'
'Oh Amy. Heute ist doch der verkaufsoffener Sonntag.'
'Ach Stimmt'
Andy fuhr los, schnurstracks ins Parkhaus. Amy konnte sich die ganze Fahrt ihr breites Grinsen nicht verkneifen. Wenn sich Andy wegen Ben neue Kleidung kaufen wollte, schien es mehr als ernst zu sein. Doch Amy wollte, dass ihre Freundin von alleine erzählte, was sich in der letzten Nacht abgespielt hatte. Diese jedoch schwieg, kam gar nicht auf die Idee davon zu reden.
'Hör zu, ich verlass mich auf deinen modischen Geschmack. Ich möchte zwei neue Outfits. Ich werde mich auch nicht beschweren!'
'Na das nenn ich mal ein Wort!', erfreut klatschte sich Amy in die Hände, grapschte nach Andys Handgelenk und zog sie hinter sich her.
In der ersten Modeboutique setzte sie ihre Freundin auf einen Sessel und verschwand zwischen den stählernen Kleiderständern. Mit scannendem Blick untersuchte sie die Oberteile. Sie zog ein paar heraus und eilte zu den Hosen, bis sie drei verschiedene Outfits zusammen gestellt hatte.
Sie steckte Andy die erwählten Klamotten zu und schickte sie in die Umkleide.
Stirnerunzelnd schüttelte sie den Kopf und drückte ihr das nächste in die Hand. So verlief ihr Sonntagmorgen, bis sie erschöpft auf den kleinen Stühlen eines Eiskaffees sanken.Schweigend rührte Amy in ihrem Eiskaffe herum, den Kopf auf ihren Handrücken gestützt und den Blick versunken.
'Was ist?', fragte Andy nach fünf schweigenden Minuten.
'Willst du mir eigentlich nicht erzählen, was gestern Abend mit dir und Ben war? Du schleifst mich hier her verlierst aber kein Wort!'
'Nick hat dich auf Händen getragen und du verlierst kein Wort.', erwiderte Andy ruhig.Ein verständnisvolles Grinsen machte sich in Amys Gesicht breit.
'Aha, O.K. du zuerst!'
'Hihi, gut. Ich sag dir: das war der schönste Abend meines Lebens! Ben ist so verständnisvoll und zärtlich. Ich habe nie einen besseren Menschen kennen gelernt…Aber mehr als tanzen war leider nicht. Aber immerhin haben wir Nummern ausgetauscht. Jetzt hab ich nur Angst, dass er mich nicht mag, wenn ich so rum laufe, wie ich es schon seit Jahren tue.'
Amy sah Andys Augen glitzern, es war doch richtig gewesen, sie Ben vorzustellen.'Ich verstehe. Schön! Aber verstell dich bitte nicht wegen ihm. Wobei, wenn du nur deinen Kleidungsstil aufpäppeln willst, hab ich ja nichts dagegen.'
'Und? Wolltest du nicht auch was erzählen?!'
'Ich hab zu viel getrunken…'
'Das sagte Nick auch. Dabei haben Ben und ich gesehen, wie der Typ von der Bar zusammengeschlagen aus dem Haus gestolpert ist und du hast Kratzer am Hals…''Na, dann weißt du doch schon alles! Gabriel ist über mich hergefallen und Nick hat mich gerettet.'
'Wie niedlich!'
'Komm, wir müssen weiter. Schließlich brauchst du Klamotten!', bemerkte Amy, ohne weiter auf den gestrigen Abend einzugehen.
Nach einer auspowernden Shoppingtour und mehreren prall gefüllten Tüten, saßen sie wieder im Auto.
Als sie an einer roten Ampel lange stehen mussten, entdeckte Andy plötzlich etwas.'Da sind Nick und Ben!'
'Wo denn?'
'Da drüben. In dem Toyota. Was sagst du dazu?'
'Verfolgen! Aber unauffällig.'
Mit kleinem Sicherheitsabstand folgten sie dem angezeigten Wagen. Was sich aber nicht als einfach herausstellte, weil Ben ebenfalls nicht gerade langsam fuhr. Andy dagegen hatte genau wie Amy einen etwas tuckernden Fahrstil.
'Man gibt der Gummi!', beschwerte sich Andy und starrte auf die Straße.
Ben fuhr durch enge Gassen, abgelegene Straßen, bis an den äußersten Stadtrand. Keines der Mädchen hatte diesen Teil der Stadt je zu Gesicht bekommen. Ben hielt vor einer großen Lagerhalle und beide stiegen aus.
Schnell duckten sich die Zwei und beobachteten die Männer, wie sie durch die verrostete Tür traten.
Andy und Amy verließen ebenfalls das Fahrzeug und schlichen auf leisen Sohlen auf ein Fenster zu. Doch sie stellten schnell fest, dass es zugenagelt war.
'Das wird mir hier zu Rush Hour-mäßig. Ich fahr lieber zurück.', piepste Andy.
Amy jedoch, fand die ganze Sache spannend und wollte unter keinen Umständen wieder gehen.
'Du willst doch nicht, dass er Geheimnisse vor dir hat!'
'Wenn ich es wissen darf, wird er mir schon alles erzählen.'
Andy lief wieder auf ihren Peugeot zu, als sie gerade den Schlüssel in die Tür stecken wollte, wurde er ihr entrissen.
'Komm schon. Dann übernehme ich eben das Steuer.'
Amy setzte sich einfach auf den Fahrersitz. Widerwillig nahm Andy also neben ihr Platz.'Das ich mich hierzu auch noch überreden lasse.'
'Psst!'
Wieder zogen sie den Hals ein, als sich die schweren Tore öffneten.
/hoffentlich erkennen sie ihr Auto nicht. Aber haben sie es Gestern überhaupt gesehen? Wenn ja, war es ja schon dunkel/, beruhigte sich Amy, die ebenfalls etwas ängstlich war, es sich jedoch nicht anmerken lassen wollte.
Da die Fenster mit einer Kurbel herunter zu kurbeln war, konnte sie es ohne jegliche Geräusche einen Spalt öffnen. Zwischen dem Lenkrad spähte sie auf die Lagerhalle. Andy saß nur zusammengekauert da und seufzte genervt.
'….die Maschine ist perfekt für heut Abend. Da wirst er auf jeden Fall gewinnen.'
Amy erkannte einen Mann mit Glatze, den sie für einen Zuhälter hielt, der Ben gerade auf die Schulter klopfte.
Nick saß in einem metallicblauen Rennwagen und ließ den Motor aufsurren.
'Die wollen an irgendeinem Rennen teilnehmen.', wisperte Amy.
'Ist doch egal. Wir kommen hier jetzt nicht mehr unbemerkt davon. Warum hast du uns in diese Lage gebracht?!'
'Sag mal, hast du wirklich Angst vor denen?'
'Na guck dir doch mal diesen Schrank an!', Andy hatte sich mittlerweile auch aufgerappelt und blickte nervös durch die Windschutzscheibe.
'Ich wette dieses Rennen ist illegal.'
'Natürlich ist es das! Hier gibt es keine offiziellen Rennen. Oder hast du etwas davon gehört?'
'Der Typ lernt es nie…', murmelte Amy und wurde wieder leise, um das Gespräch der drei Männer weiter zu belauschen.
'Ich fahr ihn mal Probe.', Nick rauschte vorbei.
'Wehe er schrottet ihn wieder', prustete sich Ben auf.
'Unsinn, du weißt genau, wie gut er fährt. Er könnte Schuhmacher Konkurrenz machen.', der Glatzkopf lachte laut auf.
Seine durchdringende Lache ließ den beiden Mädchen einen geheuren Schauer über den Rücken jagen.
'Aber er ist ganz schön aus der Übung.'
'Man Alter! Vertrau ihm einfach mal!'
'Außerdem fahr ich doch mit. Ich pass schon auf ihn auf.', eine hohe Frauenstimme war zu hören.
Eine Blondine mit langen Beinen und üppigen Busen kam aus der Lagerhalle.
'Unser kleiner Nick macht das schon. Er ist doch sonst auch zuverlässig. Ich wette du würdest ihm noch genauso vertrauen, wenn er damals nicht mal den einen Fehler gemacht hätte.'Zustimmend nickte Ben und sah auf: 'Da ist er ja.'
Mit laut quietschenden Reifen schloss Nick seinen Ausflug mit einem Donat ab und landete direkt vor den drei Personen.
'Nicht schlecht.', er stieg aus und warf dem Glatzkopf die Schlüssel zu.
'Also nimmst du ihn?'
'Allerdings.'
'Gut, dann bring ich ihn pünktlich um zehn an die Sandkaute.', der Glatzkopf brachte den Wagen wieder in das innere der Lagerhalle. Kurz darauf fuhren Ben und Nick wieder los. Amy und Andy warteten noch einen kurzen Moment, bis sie auch wieder zurück fuhren.'An die Sandkaute also', Amy rieb sich die Hände, 'wollen doch mal sehen, wie gut er so fährt.'
'Du willst da wirklich hin? So kenn ich dich gar nicht! Normal bist du doch gegen solche Menschen! Das ist ein richtiger Kleinkrimineller.'
'Ich weiß, aber ich wohne mit diesem Kleinkriminellen in einer Wohnung.'
'Das ist wohl wahr.'
'Kommst du auch?'
'Auf keinen Fall!'
'Bitte. Ben wird doch auch dort sein, vielleicht fährt er ja auch?'
'Er wäre sauer, wenn er erfahren würde, dass ich ihn belauscht habe, also ich bleibe zu Hause.'
'wie du meinst.', Amy knallte die Tür und stampfte die Treppen hoch.
/Ich lass mir das Schauspiel auf jeden Fall nicht entgehen./

Zum Mittagessen war Nick auch wieder zurück. Wie immer ließ er sich nicht das geringste anmerken. Also tat es ihm Amy gleich.
/Wie ruhig er jetzt ist, obwohl er nachher ein Rennen fahren muss…/

Danach verzog sich Amy in ihr Zimmer und rief einen Studienkollegen, Oliver, an, der Motocross fuhr. Sie hatte an der rassigen Blondine gesehen, wie freizügige Klamotten sie getragen hatte. Langsam machte sie sich Gedanken, ob sie überhaupt reingelassen würde, wenn sie mit ihren kunterbunten Klamotten dort antänzelte.
'Hey! Hier ist Amy.'
'Was eine Überraschung! Wie kann ich dir dienen?'
'Weißt du wo ich motocrosstaugliche Klamotten herbekomme?'
'Du?!', ein kleines Kichern entfuhr ihm.
'Ich meins ernst!'
'O.k. was hast du denn für eine Größe?'
'34'
'Oh klein. Em, willst du als Zuschauer hin oder selbst fahren?'
'Zuschauer.'
'Verstehe. Gut ich glaub ich hätte da was für dich. Kannst du vorbei kommen?'
'Bin schon unterwegs.'
'Dann bis gleich.'
Schnell schnappte Amy nach ihren Autoschlüsseln.
'Wo willst du hin?!', meckerte Kai, doch da war die Tür schon ins Schloss gefallen. Zum Glück hatte sie es nicht weit bis zu Oliver.
Der wartete auch schon vor der Tür und begrüßte sie freundlich. Sie betraten seine Wohnung, von der Amy total überrascht war, sie hatte nicht damit gerechnet, dass er so geschmackvoll wohnen würde. Außer einer Bierdose und Reste einer Pizza auf dem Couchtisch war auch nicht von Unordnung zu reden.
'Willst du vielleicht etwas trinken?', fragte er freundlich. Da Amy dies verneinte führte er sie in einen Kellerraum, in dem sie sofort von den vielen Preisen seiner Motorradkarriere verblüfft war. Sie waren schön geordnet in Glasvitrinen. Auch sonst hingen viele Poster und Bilder an den Wenden, die das gleiche Thema beinhalteten. Fasziniert hing sie an der Scheibe und betrachtete alles ganz genau. Oliver holte in der Zeit etwas aus einem Regal heraus, was mit einem schwarzen Tuch verkleidet war.
'Du scheinst ja echt talentiert zu sein, wusste ich gar nicht.'
'Tja! Hier probier mal das an, passt dir bestimmt. Willst du es im Bad anziehen?'
Er hielt einen kleinen Stapel aus schwarzem Leder hin. Zaghaft nickte sie und nahm die Sachen aus seiner Hand. Sie verschwand hinter der Badtür und zog sich um. Etwas verunsichert blickte sie an sich herab.
Er hatte ihr eine schwarze, enganliegende Lederhose, ein bauchfreies, ebenfalls enges, freizügiges Top in rot und eine dazu passende, wieder schwarze, Lederjacke.
/Ach du meine Güte! So viel Leder! Ich sehe ja schlimm aus./
'Du siehst großartig aus!', meinte dagegen Oliver.
'Vielen dank. Du hast was gut bei mir. Wann soll ich es dir zurückbringen?'
'Gar nicht.'
'Wie soll ich das denn verstehen?'
'Es hat meiner Ex gehört. Sie hat es allerdings nie angehabt. Meine Neue hat 38 und ist ziemlich groß, ihr passt es also nicht. Hatte eh keine Verwendung mehr dafür.'
'Du bist der größte! Aber dann gebe ich dir wenigstens etwas Geld. Wie viel willst du?'
'Jetzt hör auf. Ist schon in Ordnung.'
Dankend verließ sie sein zu Hause wieder und stieg in ihr Auto. Der Himmel war schon in ein zartes Rot getaucht, da die Sonne gerade hinter dem Horizont verschwand.

Wieder in ihrem Zimmer zog sie ihre schwarzen Lederstiefel an, deren Kauf sie bisher als Geldverschwendung angesehen hatte, legte ihr Make-up so auf, dass es zu ihrem neuen Outfit passte und band sich einen Zopf.
/Boar, ich sehe echt aus wie eine Gangsterbraut…Passt gar nicht zu mir./
'Ich geh mal wieder.', rief sie in das Wohnzimmer und wollte gehen.
'Und wohin?', Kai hatte seine Hände in seine Hüfte gelegt und hatte einen festen Gesichtsausdruck.
'Tust ja heute so, als würde ich Sonntags nie ausgehen.'
'Nicht in so einem Aufzug.'
'Man muss halt mal alles ausprobieren. Wünsch dir einen schönen Abend. Kuss.'
Die Sankkaute kannte sie zum Glück wie ihre Westentasche. Sie verstand schon, warum das Rennen dort stattfinden sollte. Es war ein ungeteerter Weg auf dem Feld außerhalb der Stadt, umgeben von Hügeln, wo die Polizei nie hinkam.
Die Fahrt dauerte ca. eine halbe Stunde. Sie stellte ihren Käfer außerhalb ab und lief zu Fuß weiter. Schon von weiterem erkannte sie, dass sich eine große Menschenmenge um die abgesicherten Wege versammelt hatte. Große Laternen sorgten dafür, dass es fast Tageshell war.
/Ganz schön naiv. So blind ist die Polizei auch schon wieder nicht./
'Wo willst du denn hin?'
'Na, zu dem Rennen.'
'So? Und zu welchem Team gehörst du? Das ist ein inoffizielles Rennen.', der Mann, der sie aufhielt, war ganz schwarz gekleidet, hatte eine Sonnenbrille auf der Nase, obwohl es kurz vor zweiundzwanzig Uhr war, und hatte schulterlange Haare, die er zu einem Zopf gebunden hatte.
'Da es inoffiziell ist und ich hier von weiß, werd ich wohl dazu gehören oder?!', Amy versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen. In ihrem Magen machte sich nämlich ein Unwohles Gefühl breit und sie wunderte sich selber, warum sie das tat, doch jetzt gab es auch kein zurück mehr, immerhin hatte sie dieser Mann ja schon mal gesehen.
'Zu wem gehörst du nun?!'
'Zu Nick!'
Verwundert zog er seine Augenbrauen hoch: 'Zu Nick? Oh tut mir leid, ich wollte Sie nicht so forsch behandeln.'
'Schon gut.', stolz, mit erhobenen Hauptes stakste sie an ihm vorbei und atmete erleichtert auf, als der Türsteher außer Sichtweite war.
Erneut sah sie sich um. Erst jetzt erkannte sie, dass wirklich alle in ihren Grüppchen standen. Also blickte sie sich solange um, bis sie Ben entdeckte.
'Darling? Was machst du denn hier?', die Fragezeichen in seinen Augen waren deutlich zu erkennen, als sich Amy zu ihm stellte.
'Was wohl? Das Rennen ansehen, natürlich.'
'Wer ist das?', drehte sich die Blondine vor Amy.
'Ich gehöre zu Nick!', prustete Amy sich auf.
'Das ich nicht lache! Mit so einer wie dir, hat Nick nichts am Hut. Geh nach Hause Püppchen spielen.'
'Was ein heißes Schnittsche.', musterte sie der große schrankartige Glatzkopf.
'Sie behauptet, sie gehöre zu Nick.'
Auch der Glatzkopf lachte aus vollem Halse los.
'Du weißt wohl nicht, was Leuten passiert, die sich hier ungefragt einmischen! Und dann behauptest du auch noch so eine dreckige Scheiße!'
'Sie behauptet keine Scheiße, es stimmt.'
Erschrocken wanderten alle Köpfe zu Nick, der sich dazu gestellt hatte.
'Sie wird mit mir fahren.', er wendete sich Amy zu, 'kommst du?'
Sie nickte, selber total verwirrt, und folgte ihm. Er war ebenfalls in eine Lederjacke gehüllt, die er offen trug, dazu eine Jeans.
'Was fällt dir eigentlich ein, hier aufzukreuzen?!', schnaubte er sauer, als der Sicherheitsabstand zu den anderen groß genug war.
'Ich wollte wissen, was du hier wieder anstellst!', giftete Amy zurück.
'Das geht dich doch gar nichts an!', seine Augenbrauen waren bis zum Anschlag angespannt, lösten sich aber wieder, als er ihren geknickten Gesichtsausdruck bemerkte, 'jetzt kann ich's aber auch nicht mehr ändern. Na ja, du musst nun aber wohl oder übel mit mir mit fahren.''Was?'
'Natürlich. Giselle, das Mädchen von eben, würde dich zu Hackfleisch verarbeiten. Und nicht nur sie. Ungebetene Geste werden hier auf ganz eigene Weise mundtot gemacht.'
'OH…'
'Also komm.'
Er führte sie zu dem blauen Wagen und holte einen schwarzen Helm aus dem Kofferraum. Er löste ihr Haargummi, damit der Helm passte, und zog ihr diesen über. 'Wollen ja nicht, dass deinem hübschen Köpfchen etwas passiert. Und noch was, du musst mir voll und ganz vertrauen, sonst wird diese Fahrt die Hölle für dich. Also vertraust du mir?'
Zaghaft nickte sie.
'Gut. Dann setz dich schon mal auf die Beifahrerseite, ich komme gleich.'
Er trampelte mit seinem festen, lässigen Gang auf Giselle zu. Sie schienen zu streiten.Amy konnte durch den Helm jedoch nichts hören. Eine Eifersuchtswelle durchströmte sie. Warum war Giselle so aufgebracht?
'Alle in die Fahrzeuge, bitte. Das Rennen beginnt in fünf Minuten.', ertönte eine Stimme aus einem Megafon.
Nick kam zurück, holte sich ebenfalls einen Helm und setzte sich neben sie.
Amy war damit beschäftigt den merkwürdigen Anschnallgurt an sich zu befestigen.
'Warte, ich helfe dir. Diese Gurte sind etwas kompliziert.', Nick beugte sich über sie und schnallte sie an. Dadurch, dass sie die Scheibe des Helmes noch offen hatte, nahm sie einen angenehmen Zimtgeruch wahr, der von Nicks Kaugummi kam.
'Danke. Anscheinend hast du mich schon wieder gerettet.'
'Auf dich muss man aber auch ewig aufpassen.'
'Tschuldigung…'
'Ach, ich find's gar nicht schlecht, dass du hier bist.'
'Darf ich dich noch was fragen, bevor es losgeht?'
'Was denn?'
'Hast du jetzt wegen mir Stress mit deiner Freundin?'
'Mit Giselle? Oh weia, sie ist nicht meine Freundin. Mit mir hält's doch kein Mädel aus.
Wobei sie auch niemand aushält', er lächelte sie an und auch ihre Mundwinkel wanderten ein wenig nach oben.
'So machen Sie sich bereit.', befahl das Megafon erneut.
Schnell schnallte sich auch Nick fest. Er startete das Auto mit einem leisen Murren.
Wenige Sekunden später ertönte der Startschuss…







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