I want you! Teil 1

Autor: Naina
veröffentlicht am: 22.02.2008




Leonie drehte sich wieder um und klemmte sich ihr dickes Kissen gegen die Ohren. 'Was soll denn dieser Krach?'. Unaufhörlich schellte es an der Wohnungstür. Leonie versuchte es zu ignorieren, was sich als unmögliche Aufgabe herausstellte. Sie schielte flüchtig auf ihren Wecker und erschrak.
Schnell schnappte sie sich ihre Klamotten, rannte ins Bad und zog sich ihre Hose über während sie gleichzeitig ihre Zähne schrubbte. In solchen Momenten war sie wirklich froh ein Mädchen und somit Multitaskingfähig zu sein. Sie schminkte sich nur leicht und eilte raus an ihrer Freundin Laura vorbei. 'Hey, warte!', schrie sie hinterher. 'Keine Zeit.' 'Leonie!!!'Wie immer mussten sie zur Schule rennen, wie immer war es Leonies Schuld und immer kamen sie zu spät zum Unterricht.
'Raus!', befahl die maulwurfartigaussehende Mathelehrerin, als Leonie die Klassentür aufriss.
'Wegen dir, müssen wir wieder draußen stehen.' 'Tut mir ja leid. Hab vergessen den Wecker zu stellen.' 'Dann lass dich von deiner Mom wecken.'
Leonie blickte ihre Freundin zornig an. 'Tut mir leid.'
'Weißt du was? Ich hätte jetzt Lust auf ein Frühstück. Hatte nämlich keine Zeit mehr. Komm wir gehen zum Becker um die Ecke.' 'Sag mal spinnst du? Falls es dir aufgefallen ist, wir sind in der Schule.' 'Falls es dir aufgefallen ist, wir dürfen aber nicht am Unterricht teilnehmen.' 'Hast schon recht. Aber nein, lieber nicht.' 'Das du dich auch immer an jede kleine Regel halten musst.' 'Besser als jede ach so kleine Regel zu brechen, so wie du!' 'Ich geh jetzt zum Becker!' 'Leonie nicht!', doch Leonie war schon hinter der nächsten Kurve verschwunden. Laura schüttelte genervt den Kopf.
In der zweiten Stunde durften beide wieder am Unterricht teilnehmen.

'Hey Leonie, kommst du nicht mit ins Kino?' 'Nein, tut mir leid, ich hab schon was vor.' 'Och schade. Dann halt nicht.'. Winkend verabschiedete sich Leonie von ihren Schulfreunden und holte ihren kleinen Bruder Joni von der Grundschule, er ging nun in die 1.Klasse, ab. 'Hab heute Drachen gebastelt.', ganz stolz hielt der kleine Junge ihr einen Papierhaufen vor die Nase. 'Das ist ja Großartig!', Leonie erkannte zwar nicht direkt den Drachen, doch schon ihr kleiner Bruder hatte genug Männlichen Stolz in sich um einen Tag lang wegen unwichtiger Dinge eingeschnappt zu sein. Joni hängte sich in den Arm seiner großen Schwester ein und hüpfte freudestrahlend neben ihr her. 'Was würdest du heute gerne Essen?' 'Etwas göttliches!', rieb sich Joni die Hände. 'Na, du hast aber genaue Vorstellungen. Dann gucken wir einfach was wir noch zu Hause haben.'
Wie jeden Tag machte sie ihrem kleinen Bruder etwas zu Essen, half ihm beim Hausaufgaben machen und nahm ihn danach mit ins Restaurant ihres Vaters, wo sie als Kellnerin aushalf.Als Leonie gerade ihre Schürze umband kam ihr Vater vorbei: 'Deine Lehrerin hat eben angerufen, du warst diesen Monat so gut wie jeden Morgen zu spät. Kannst du mir das erklären?' 'Mmh?' 'Du hast Hausarrest.' 'Oh gut, heißt das, dass ich hier nicht mehr aushelfen muss?' 'Nein, das Restaurant befindet sich im selben Haus, also musst du es ja nicht verlassen.' 'Dann hab ich doch schon seit Jahren Hausarrest!', wurde Leonie plötzlich laut. 'Was soll das heißen? Schrei hier nicht so rum!' 'Du wunderst dich, dass ich morgens zu spät komme?! Wie soll ich das denn alles schaffen? Ich bin nicht nur Tochter, ich übernehme gleichzeitig die Aufgaben einer Mutter für Joni, als ob das nicht genug wäre, muss ich dir helfen, als wär ich deine Frau! Wann durfte ich das letzte mal nach der Schule zu Freunden? Wann durfte ich mal ein Wochenende ausgehen? Dad, ich bin 17!' 'Verschwinde! Verschwinde sofort in dein Zimmer! Ich will dich heute nicht mehr sehen!' 'War ja klar! Du bist so schwach. Kaum sag ich dir meine Meinung und dein Stolz ist gekränkt, machst….', ihr Vater beendete ihren Satz mit einer schallenden Ohrfeige. Verdutzt sah sie zu ihm auf und rannte in ihr Zimmer. Sie schmiss sich auf ihr Bett, was laut aufknarrte. ‚So ein Arsch'. Sie erinnerte sich an ihr Versprechen an ihre Mutter auf dem Sterbebett.
'Dein Vater tut immer sehr stark, doch das ist er nicht, du musst für ihn stark sein. Bitte sei für ihn eine tüchtige Hausfrau und für Joni eine liebevolle Mutter.' 'Aber so was kann ich doch gar nicht.' 'Natürlich kannst du. versprich es mir.', mit ihren kalten Händen strich sie über Leonies dunkles Haar. 'ja, ich versprech es dir. Ich werde stark sein.'. Ein letztes Lächeln umspielte die Lippen ihrer Mutter, bevor sie ihrer Krankheit kraftlos nachgab und ihre Augen sich schlossen.
Leonie hatte damals Wochenlang nur geweint, bis sie sich selber zwang aufzuhören. Niemals wieder wollte sie weinen. Seid dem Tod ihrer Mutter waren nun zwei Jahre vergangen, in denen sie keine Träne verloren hatte.
Der laute nervige Klingelton ihres rosafarbenen Handys holte sie wieder in die Gegenwart zurück. 'Aufmerksam?' 'Leonie?', Laura schniefte mehr in den Hörer, als das sie reden konnte. 'Jo?' 'M-mein…ich mein…V-volker…er….' 'Was ist Laura? Hat er mal wieder einen über den Durst getrunken?' 'Er…ER..' 'Jetzt beruhige dich doch. Ich versteh ja kein Wort durch dein gesabbel.' 'Er hat Schluss gemacht!', platzte es aus ihrer Freundin heraus, doch Leonie zeigte sich unbeeindruckt. 'Schon wieder? Komm hör auf zu weinen. Ist bei euch beiden doch schon Routine.' 'A-aber…was wenn er mich….mich nicht mehr will?' 'Daran darfst du gar nicht denken! Und falls es so sein sollte, wird er es bereuen.' 'Du meinst, er würde mich vermissen?' 'Türlich! Außerdem werde ich ihm so eine knallen, dass er nicht weiß, wo ihm der Kopf steht.' 'Nein Leonie! Er könnte sich weh tun.' 'Du weißt auch nicht was du willst.' 'Doch ihn!', wimmerte Laura wieder. 'O.K. wart einfach erst mal ab, ich gebe ihm drei Tage, dann ist er wieder da.' 'MMH. Na gut!' 'So klingst du gleich viel besser.' 'Ich hör gar keinen Lärm. Arbeitest du nicht?' 'Emm…ja…nein ich hab
ausnahmsweise frei.' 'Oh klasse. Treffen wir uns in der Eisdiele ‚Da Toni'? Ich will heute nicht alleine sein.'. 'Jo! Geht klar! Dann bis gleich.'.
Da es bereits Frühling und schon warm war, zog sich Leonie ihr hellblaues Sommerkleid über, holte ihre dazu passende Handtasche und verschwand heimlich über den Garten. ‚Ich liebe Hausarrest! Mein Vater wird gar nicht auf die Idee kommen ich könnte abgehauen sein.'. Leonie hatte sich bereits angewöhnt abzuschließen, wenn sie sauer war, daher würde sich ihr Vater auch nicht wundern, wenn er nicht in ihr Zimmer kommen könnte. Innerhalb von ein paar Minuten hatte sie die Eisdiele erreicht und setzte sich schon mal an einen schönen Eckplatz. Wie sie es so gerne tat, beobachtete sie alle Menschen, die das Gebäude betraten und spekulierte über deren Privatleben. ‚der Typ ist mit Sicherheit Scheidungsrichter und betrügt seine eigene Frau….und die da…..'
Plötzlich heftete sich ihr Blick an einem jungen Mann fest. Er war ziemlich groß, sehr sportliche Figur, blonde etwas, anscheinend durch einen Motorradhelm, zerzauste Haare. Dazu trug er ein komplettes Motorradoutfit. ‚Und der…', ein kurzer Seufzer durchfuhr sie, ‚ist mit Sicherheit ein Herzensbrecher'. Er setzte sich an einen Tisch so weit weg von ihr, dass sie ihn unbemerkt beobachten konnte. Sein Handy klingelte und er nahm ab, ohne einen Blick auf dem Display zu lassen: 'Was gibt's?' ‚Man hat der eine tolle Stimme, unglaublich!', überkam es sie. Normal fielen ihr Stimmen nicht auf, doch er hatte eine so dermaßen tiefe, dennoch weiche Stimme, dass sie ihm einfach weiter zuhören musste. Ewig sollte er weiter telefonieren.







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