Zauber der Sommernächte Teil 2

Autor: Felia
veröffentlicht am: 01.03.2008




Magali versuchte krampfhaft das Lachen zu unterdrücken, was aber völlig misslang angesichts der Tatsache, dass sie sich Franceskas Gesichtsausdruck und die Schimpftirade nur allzu gut vorstellen konnte.
Franceska war sehr streng was Ordnung im Haushalt betraf, wenn auch nur irgendwo der Stuhl umgekippt worden ist oder ein Spielzeug im Flur herumlag suchte sie den Schuldigen und hielt ihm eine Schimpftirade, die dann meist in dem wilden Gekicher , der nicht stillsitzen könnenden Kinder unterging.
Was ihr die Aufgabe erschwerte, war die Tatsache, dass die anderen Erwachsenen Bewohner des Hauses nichts taten, um sie zu unterstützen.
So herrschte von jedem Tag aufs Neue ein herrlich wildes Chaos in den Kinderzimmern und den Fluren.

Chiara schaute ihre Großmutter verwundert an, sie konnte nicht verstehen, was daran so lustig sein sollte, denn Tante Franceska war heute besonders schlecht gelaunt und dummerweise waren zu dem Zeitpunkt weder Pico noch Carlo in der Nähe, die ihr hätten helfen können und die blöde Ricarda hatte ihr hinter der Tür die Zunge rausgestreckt, na ja immerhin hatte sie grade eben genau das bekommen, was sie verdient hatte.
Aber schnell verbannte sie den Gedanken an ihre mürrige
Tante und ihre nervige Cousine, der Tag war einfach zu schön.

'Also was ist? Bitte, bitte Magali!!! Ich war schon seit 2 Tagen nicht mehr dort! Und sonst will niemand mit mir da hin gehen und alleine darf ich nicht, Papa hat mir versprochen den Hintern zu versohlen, falls er erfährt, dass ich mich alleine weggeschlichen habe!' Das kleine Mädchen schaute sie mit dem Hundeblick an, immer wieder schaffte sie es Magali zu Nachgeben zu bewegen.

Magali seufzte und setzte gespielt eine strenge Mine auf: 'Lass mich erst Frühstücken und leiste mir einwenig Gesellschaft und wenn du brav bist und dich bei deiner Tante für die kaputte Vase entschuldigst, dann können wir zu der Plantage gehen!'

Eine kleine Sorgenfalte bildete sich auf dem Gesichtchen. Chiara setzte ein Schmollmund auf, aber sie wusste auch, dass wenn Magali ihr viele Streiche durchgehen ließ und ihr ziemlich oft nachgab, sie nie ihre Bedingungen zurücknehmen würde, so musste sie wohl oder übel runter und sich bei ihrer Tante entschuldigen.

Kaum hatte sich die Tür hinter der kleinen Gestalt geschlossen lächelte Magali übers ganze Gesicht, endlich war dieser Blumentopf von einer Vasen weg, zu oft hat es sie in den Fingern gejuckt das hässliche Teil selbst 'aus Versehen' umzuschmeißen, aber es war ein Geschenk von ihrem Schwiegersohn, ein ziemlich hässliches zwar, aber Franceska hätte es ihr nie verziehen.

Eigentlich war sie Chiara dankbar, aber das wollte sie nicht allzu sehr zeigen, sie wollte Mädchen nicht verwöhnen, sie war schon eh zu temperamentvoll und hatte immer ihren eigenen Kopf, da musste sie ihr auch nicht alles durchgehen lassen, sonst würde es noch ein böses Ende nehmen.

Magali zog sich den Morgenmantel über und streckte sich ausgiebig. Sie ging auf den Balkon und ließ ihren nachdenklichen Blick auf die Ferne schweifen, ja es war Zeit , dass sie mal wieder runter zu der Plantage ging, sie war schon seit 4 Tagen nicht mehr dort gewesen, aber mittlerweile war der Weg etwas anstrengend für sie geworden, schließlich war sie nicht mehr die Jüngste.

Plözlich sah sie das Postauto die Auffahrt rauf fahren. Interessant, was es heute für Briefe geben würde.
Sie beobachtete wie der Fahrer ein großes Paket aus dem Auto hob und auf die Tür zuging. Sie hörte die Stimme von Franceska, dann kam der Bote wieder in ihr Blickfeld, mit leeren Händen und fuhr davon.

Ein unerklärliches Gefühl machte sich in Magali breit, sie fühlte sich plötzlich aufgeregt, wie ein junges Mädchen, sie war aufgeregt und gleichzeitig nervös und ängstlich, das war schon zu lange her, dass sie so etwas verspürt hatte, um dieses Gefühl genau einordnen zu können.Leichtfüßig geworden flog sie förmlich aus dem Zimmer raus, ihre Beine trugen sie so schnell sie konnten die Treppe runter, Rosa, dem Hausmädchen viel die Kinnlade runter, beim Anblick ihrer Arbeitgeberin.
Kein Wunder denn normalerweise ging Magali sehr langsam und bedächtig und sie stütze sich bei der Treppe immer am Geländer ab.
Und hier flog sie regelrecht die Treppe runter, als wäre sie blutjunge 18.

Währenddessen stürmte Magali ins Wohnzimmer. Verwundert drehte sich Franceska um, und bei dem erregten Anblick ihrer Mutter blieb sie wie erstarrt stehen. Die Augen der alten Frau leuchteten in einem überirdischen Glanz, die Wangen waren gerötet, man hatte das Gefühl, als wären 20 Jahre ihres Alters von Magali abgefallen.

Nachdem es ihr irgendwie gelungen war sich halbwegs zu beruhigen ging sie zielstrebig auf das mitten im Zimmer abgestellte Paket zu, Franceskas fragendem Blick ausweichend.

Sie setze sich runter auf die Knie und untersuchte den Karton von allen Seiten.Doch nichts schien auf den Absender hinweisen zu wollen. Es stand nur ihre Adresse darauf.Aufgeregt wie ein kleines Kind vor dem Weihnachtsbaum, versuchte sie das Paket aufzumachen, doch es war zugetesert bis zum gehtnichtmehr.
Ungeduldig wandte sie sich an Franceska: 'Nun bring mir endlich eine Schere Kind, siehst du denn nicht, dass ich das Ding mit bloßen Händen nicht aufbekomme?'
Automatisch streckte Franceska ihre Hand vor, mit der Schere, die sie zuvor in der Küche geholt hatte.
Sie hatte noch nie ihre Mutter so erlebt.
Ohne zu zögern griff diese nach der Schere und schnitt ungeduldig am Paket herum, es war nicht zu übersehen, dass ihre Hände vor Aufregung zitterten.

Endlich lag das Paket frei. Es befand sich etwas großes, flaches darin, gut eingepackt.
Doch was Magali zu allererst ins Auge stach war ein weißer Umschlag.
Vorsichtig nahm sie den Brief aus dem Paket und stand auf.
Sie drehte ihn um, und als sie ihren Namen sah, blieb ihr Herz fast stehen. Sie schwankte und wäre fast gestürzt, hätte Franceska sie nicht rechtzeitig gestützt und sie zum Sessel begleitet. 'Mutter!', setzte sie gleich zu einer ihrer predigten an, 'was denkst du dir dabei, wie ein junges Ding durchs Haus zu rennen? Nun sie dir dich doch mal an, zu was es geführt hat!!! Du bist ganz bleich, deine Hände zittern, dein Puls rast! Solche Raserei in deinem Alter kann tödlich sein…'
Doch Magali hörte ihr nicht zu, sie nahm nichts mehr war außer ihrem Namen auf dem Briefumschlag, diese schmerzlich vertraute Schrift. Ein Tränenschleier verdeckte ihr die Sicht, die Tränen tropften auf den Umschlag.

….'Ah, ein bildhübsches Mädchen, das gemalt werden will? Nein?
Es wäre ein Verbrechen, dieses Gesicht nicht irgendwo festhalten zu wollen!
Wie wäre es mit morgen?'….

Gesprächsfetzen jagten durch ihre Gedanken, Erinnerung, die sie all die Jahre verborgen gehalten hatte, im tiefsten Winkel ihres Gedächtnisses. Der Umschlag fielauf den Boden und Magali verbarg das Gesicht in den Händen.

Völlig verwirrt starrte Franceska auf ihre Mutter.
Sie wusste nicht was sie machen sollte, nie in ihrem ganzen Leben hatte sie je Magali weinen gesehen.







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