Eifersucht, Schläge, Angst - Liebe? Teil 3

Autor: Naina
veröffentlicht am: 10.02.2007




Eines nachts, als Tina sich mal wieder im Bad eingeschlossen hatte, weil Luke im ganzen Haus randalierte.
Sie saß zusammengekauert im Bad. Sie bemerkte, dass sie sich in den letzten Wochen hinter einer Fassade versteckt hatte. Sie hatte sich eingeredet, glücklich zu sein.
Sie musste an Kyle denken, wie gerne würde sie mit ihm zusammenleben. Sie hatte den Gedanken verdrängt, doch schon seit langem, hatte sie das Gefühl ihn zu lieben. Wieder verdrängte sie diesen Gedanken, denn sie wusste genau, dass es nicht ging. Sie konnte sich niemals lebend von Luke trennen. Das machte sie unglaublich traurig. Sie sehnte sich nach Kyle. Nach seinen tiefschwarzen, liebeausstrahlenden Augen, nach seinem wunderschönen Gesicht, nach seinen schwarzen Haaren, nach seiner Stimme, nach seinem muskulösen, warmen Körper, einfach nach alles.

Um kurz nach vier hatte es aufgehört zu poltern und sie verließ das Bad. Sie übernachtete wie immer auf der Couch.
Am nächsten Nachmittag ging sie wieder zu Kyle. Luke war schon lange weg. Kyle hatte für beide eine Tasse Tee gekocht, draußen regnete es in Strömen.
Tina und Kyle schwiegen. Nur die Regentropfen, die gegen die Fensterscheibe fielen, waren zu hören. 'Kyle?', unterbrach Tina schließlich doch die Ruhe, 'ich halte das ganze nicht mehr aus. Ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich bin völlig fertig. Es muss doch etwas geben, was ich tun kann. Luke ist ein Alkoholiker. Ich habe so Angst. Schreckliche Angst.'Kyle nahm sie in seine Arme und sie legte ihren Kopf gegen seine Schultern. 'Ich weiß. Aber warum ziehst du nicht hier bei mir ein. Ich würde dich vor ihm beschützen.'. sie hob ruckartig ihren Kopf wieder: 'Er würde deine Tür eintreten. Dann wären wir beide nicht mehr sicher.' 'Tina, vertrau mir, ich würde dich beschützen.' 'Kyle, ich vertraue dir wirklich, aber…es geht einfach nicht. ich habe viel zu große Angst davor.'
Kyle senkte seinen Blick. Nur ein mattes Licht beleuchtete den großen Raum.
'Tina? Ich werde morgen für eine ganze Zeit von hier weggehen. Ich muss für vier Monate nach Athen. Beruflich. Ich wollte es dir schon lange sagen, aber ich habe es nicht übers Herz gebracht.' Tina brach in Tränen aus: 'Was? Oh nein! Ich werde das nicht aushalten! Luke schlägt mich, er quält mich. Lass mich nicht allein. Bitte lass mich nicht allein.'. Auch Kyle war den Tränen nahe, hielt sie jedoch zurück. 'Ich weiß, ich würde dich auch sehr gerne mitnehmen, aber ich darf es nicht. Es tut mir wirklich leid. Du kannst ruhig hier einziehen. Glaub mir, ich würde alles tun, um dich mitzunehmen, aber es geht nicht.'
Nun kam Tina langsam auf Kyle zu und küsste ihn sanft auf die Lippen.
Vorsichtig drückte er sie wieder weg: 'Tina, das ist Falsch, du wolltest Luke doch niemals betrügen, er würde dich zu Tode prügeln, wenn er das jetzt gesehen hätte.' Verletzt weinte Tina: 'Ich habe ihn schon lange betrogen, als ich mich in dich verliebt habe.'
Mit offenem Mund starrte Kyle Tina an, doch sie wich seinem Blick aus und rannte heulend aus seinem Haus. Sie lief auf den Friedhof, zu dem Doppelgrab ihrer Eltern. Sie war nun schon über sieben Monate in Griechenland, aber sie hatte es bisher nicht übers Herz gebracht auf den Friedhof zu gehen. Sie setzte sich neben das Grab auf ihre Knie, obwohl es immer noch in Strömen regnete. Sie war schon völlig durchnässt, doch das störte sie nicht.Sie hielt ihre Hände vors Gesicht und lies ihren Tränen freien Lauf. Sie wusste in diesem Moment gar nicht mehr, warum sie versucht hatte Kyle zu küssen. Jetzt wusste er auch noch über ihre Gefühle bescheid. Mit einem Korb hatte sie niemals gerechnet. ‚Nie wieder werde ich zu ihm gehen können. Soll er doch gleich in Athen bleiben. Selbst wenn er zurück kommt werde ich ihm keine Aufmerksamkeit widmen.'
In ihrem Inneren wusste sie genau, dass das nicht stimmte. Er war der Einzige zu dem sie gehen konnte.
Sie wendete sich dem Grab ihrer Eltern zu: 'Mein Leben ist ganz schon im Eimer was? Es tut mir leid, dass ich euch so eine schlechte Tochter bin.' Sie begab sich auf den Heimweg. Es war punktgenau sieben Uhr. Luke war schon zu Hause. Damit hatte Tina gar nicht gerechnet. 'Wo warst du süße? Wo bist du denn immer den ganzen Tag, wenn ich nicht da bin? Hast du eine Affäre?' mit einem bohrenden Blick guckte er Tina an. 'Ich war auf dem Friedhof, bei dem Grab meiner Eltern. Wie kommt das, dass du schon so früh zu Hause bist.'
'Ich hatte Sehnsucht nach dir. Wir haben schon seit Monaten nicht mehr mit einander geschlafen. Ich dachte ich komme heute mal früher und dann bist du nicht zu Hause, du hast mich damit ganz schön erschreckt.'
Zum Glück hatte Luke seine Vermutung 'Affäre' schon wieder vergessen. Tina hätte nicht gewusst, was sie hätte sagen sollen. An diesem Abend hatte Tina keine Ausrede, er war nicht betrunken. Außerdem fühlte sie sich so einsam. 'leg dich schon mal ins Bett, ich habe Pralinen gekauft.'
Hörig legte sie sich aufs Ehebett. Kurze Zeit darauf kam er auch schon nackt auf das Bett. Er legte ihr eine Schachtel Pralinen auf den Bauch und legte sich neben sie. 'Heute könntest du mich ja mal verwöhnen.'
Er öffnete seinen Mund einen Stück. Tina gab ihm eines der kleinen Schokoladenstückchen in den Mund. Er hielt ihre Hand fest und leckte ihre Finger. Dann kam er auf sie zu und zog sie aus, bis sie nur noch in Unterwäsche da lag. 'Ich hab dich so vermisst. Ich liebe deine Hörigkeit.'
'warum hast du mich vermisst? Ich habe jeden Tag hier auf dich gewartet.'
Tina wusste, dass es nicht stimmte, was sie sagte. Als er ihr auch noch den BH aufmachen wollte, fühlte Tina, dass es falsch wäre ohne Liebe mit ihm zu schlafen. Sie stand wortlos auf und stützte sich am Küchentisch ab. Eine Hand hielt sie sich vors Gesicht. 'Hab ich etwas falsches getan?' Luke stand nun hinter ihr und schob ihre langen, dicken Haare weg und küsste sie auf den Hals. 'Nein Luke. Ganz und gar nicht. ich finde es süß, dass du heute mal früher nach Hause gekommen bist. Es ist noch so früh.' Luke verstand nichts mehr.
Wutentbrannt wollte er das Haus verlassen.
Er riss die Haustür auf und drehte sich noch einmal um: 'Du hast doch eine Affäre! Und jetzt willst du mich nicht mehr, hab ich recht?' Tina antwortete nicht. 'Sag schon du Schlampe! Ich will es hören. Wer ist es?' Tina antwortete nicht. Ein Nachbar wurde durch das Geschrei aufmerksam und spähte durch die offene Tür. Luke rüttelte Tina an den Schultern: 'sag mir wer ist es? Ich bring ihn um und dich dazu.' Tina sprach immer noch kein Wort. Doch da wurde es Luke von selbst klar. 'Natürlich! Dieser Herr Buchanan, nicht wahr? Du Miststück!'
Mit Kraft schmiss er Tina gegen den Tisch. Sie kam mit der Wirbelsäule auf die Tischkante auf und verlor sofort das Bewusstsein. Luke verließ sofort das Haus und ging kochend auf Kyles Haus zu. Kyle jedoch war schon längst aufgebrochen, nach Athen. Luke rüttelte an der Tür, die drohte nachzugeben. Laut schrie er auf.
Der Nachbar, der die ganze Szene verfolgt hatte. Rief sofort einen Krankenwagen. Mit schallender Sirene kam sie sofort angefahren und Tina wurde in die nächste Stadt, Ankona, gebracht. Der Nachbar fuhr mit.
Als Tina aufwachte saß der Nachbar neben ihr auf dem Bett. 'Wie geht es Ihnen?', fragte er mit einer äußerst lieben Stimme. Er war ein alter Mann, der sehr zerbrechlich aussah. Durch seine vielen Falten im Gesicht, war es ihm unmöglich, seine Bartstoppeln zu rasieren. Daher hatte er viele weiße Stoppeln im Gesicht. Auf dem Kopf drug er noch sehr viele Haare, die schneeweiß waren. 'Ich…', ihr viel es wirklich schwer zu reden. 'Ich kann meine Beine nicht spüren, sind sie noch da?' 'Ja sind sie. Wissen sie, ich habe alles beobachtet. Warum haben sie sich denn auf so einen Grobian eingelassen? Ich bin ein guter Freund von ihrem Großvater gewesen. Er war ein sehr liebender Mann, sie sind ihm einfach zu ähnlich.'
'Ich erinnere mich, Sie sind Panayotis.' Stumm nickte er. Ein Arzt kam ins Krankenzimmer herein. 'Schön dass sie aufgewacht sind. Wir müssen ihren Rücken röntgen, da Sie dort gegen die Kante der Tischplatte geknallt sind.'
Tina ließ die Untersuchung über sich ergehen und wartete, bis der Arzt mit den Ergebnissen wieder kam: 'Sie müssen sofort nach Athen gebracht werden, die Nerven sind bei Ihnen im Rücken eingeklemmt, das ist auch der Grund, warum Sie ihre Beine nicht mehr fühlen können. Das muss sofort operiert werden. Wir können das hier nicht machen.'
Panayotis kam nicht mit. Tina erfüllte Panik ‚Oh nein, bitte nicht! Kyle ist doch in Athen! Ich will ihn nicht sehen, auf keinen Fall!'
In Athen wurde sie sofort in die OP gefahren. Viele Männer standen um sie herum, doch nach einem kleinen Stich, bekam sie nichts mehr mit.
Als sie aufwachte, musste sie sich lange orientieren, bis sie wieder wusste, was passiert war. Ein älterer Arzt kam herein und machte die Vorhänge auf.
Er setzte sich neben sie und schob seine dünne Brille auf die Nasenspitze. 'Wir müssen ihre Versicherung wissen. Haben Sie ihre Versichertenkarte mit?' 'Nein, ich war Bewusstlos als ich hier her gebracht wurde.'
Mit einem strengen Blick schaute er wieder auf seine Papiere. 'Ihre Operation war eine sehr komplizierte Sache, wir mussten hinten Nerven befreien. Wir haben es zwar geschafft, sie zu befreien, dennoch sah es so aus, als hätten Sie Schaden genommen. Sie müssen noch vorneweg eine Woche hier zur Kontrolle bleiben. Können Sie ihre Beine denn bewegen?'Tina bemühte sich, doch sie konnte sie nicht mal spüren. Sie merkte nicht mal, dass sie noch Beine hatte. 'O.k. anscheinend nicht. fühlen Sie ihre Beine wenigstens?' Tina schüttelte den Kopf. Der Arzt notierte etwas und verließ den Raum mit den Worten: 'Dann fangen Sie schon mal an zu beten, ich bezweifle, dass sie je wieder laufen können.'
Tränen kullerten an ihrem Gesicht entlang. Na toll!

Sie hatte kein Zeitgefühl mehr, sie sah nur, dass es draußen schon dunkel war. Sie bekam einen Anruf. Der alte Mann war dran und versicherte Tina ihr die Versicherungskarte zuzuschicken. Er erkundete sich nach ihrer Gesundheit. Und erzählte ihr sogar, dass Luke Griechenland verlassen wollte und wieder nach Deutschland fuhr. 'Ich habe vorhin mit ihm geredet und ihm gesagt, dass ich ihn anzeigen werde, jetzt flüchtet er, aber ich habe auch schon in Deutschland bei der Polizei angerufen, er wird an der Grenze abgefangen. Das wird eine Überraschung für ihn.' Mit einem herzlichen Lachen legte Panayotis auf. In der ersten Nacht im Krankenhaus konnte Tina gar nicht schlafen. Und auch die zweite Nacht brachte ihr kaum Schlaf. Niemand besuchte sie.
Am dritten Tag kam Kyle um Tina zu besuchen, er hatte erst heute Morgen von ihrem Unfall erfahren. Er hatte ständig versucht sie anzurufen, sie ging nicht ran. Er hatte sich Sorgen gemacht und durch den lieben, alten Nachbar erfahren, was passiert war. Er machte sich schreckliche Vorwürfe, und kam fast um vor Sorge um sie.
Kyle stand am Eingang des Krankenzimmers und hörte wie sich Tina mit der Krankenschwester unterhielt. Was ihm dabei auffiel war, dass Tina völlig Abwesend sprach und durchs Fenster ins Leere starrte. Mit betroffener Stimme machte die Krankenschwester ihr Mitleid klar: 'Es tut mir so leid, was passiert ist. Als ich erfahren habe, dass ihr Freund sie verlassen hat, weil er nicht mit einer Behinderten zusammenleben wollte, hätte ich weinen können. Sie sind nicht gerade von Glück gesegnet.' Tina klang fast sogar glücklich, als sie der Krankenschwester antwortete: 'Doch. Das bin ich sehr wohl. Anfangs habe ich mich auch nur bemitleidet, aber mir ist eins klar geworden. Das war die Einzige Möglichkeit, um meinen Freund endlich verlassen zu können. Ich bin unendlich dankbar. Das ich jetzt nicht mehr laufen kann, ist wohl der Preis den ich zu zahlen hatte.' Die Krankenschwester konnte die Worte von Tina nicht verstehen. Sie hatte ja auch keine Ahnung, um was für einen Freund es sich handelte. Als Kyle Tinas Worte hörte, stahl sich ein lächeln in sein Gesicht. Er hatte nicht damit gerechnet, Tina so lebensfroh vorzutreffen. Er hatte sie unterschätzt. Kyle verließ den Raum wieder, er hatte nicht den Mut, jetzt wieder zu Tina zu gehen. Immerhin hatte er sie zurück gewiesen. Er war Tina an diesem Nachmittag nachgelaufen, weil er Angst um sie hatte. Er hatte sie dort weinen gesehen und ihre Worte gehört. Er hatte sie nur schützen wollen, sonst hätte er sie überhaupt nicht zurückgewiesen. In seinem Glauben hatte er es falsch gefunden, mit ihr etwas anzufangen. Obwohl er sich danach sehnte, sie in die Arme zu nehmen und zu küssen. Schon lange fühlte er dieses Verlangen.
Tina würde ihn auch gerne wiedersehen, aber sie wusste ja nun, dass er sie nicht liebte. Zumindest dachte sie so. Am sechsten Tag im Krankenhaus bekam sie einen Rollstuhl und musste nun lernen, damit um zu gehen.
Sie hatte große Probleme mit ihren lahmen Beinen. Auch ihr Haus musste Behindertengerecht gemacht werden. ‚ich fange noch einmal ganz von vorne' Sie freute sich drauf, endlich aus dem Krankenhaus zu dürfen.
Für sie erschien es anfangs unglaublich schwer die Reifen des Rollstuhls zu bewegen, da sie mit Muskelkraft angetrieben werden mussten.
Am sechsten Tag war Kyle wieder im Krankenhaus. Eigentlich war er jeden Tag dort gewesen doch heute wollte er seinen ganzen Mut aufbringen um mit ihr zu reden. In ihrem Zimmer war sie jedoch nicht. Er fragte die nächste Krankenschwester die an ihm vorbei ging, wo sie sei. 'Sie ist wahrscheinlich wieder draußen auf der Wiese hinterm Krankenhaus.', lachte sie. Kyle beeilte sich, seine Sehnsucht nach Tina war ins unermessliche gestiegen.Sie saß auf der Wiese unter einer Trauerweide. Der Rollstuhl war gut zwei Meter von ihr entfernt. Kyles Herz begann laut zu schlagen. Sie sah so friedlich aus, als wäre nie etwas passiert. Sie hatte ein hellblaues Sommerkleid an und hielt eine große Sonnenblume in der Hand und strich verträumt über ihre Blütenblätter. Kyle wollte sie noch eine Weile beobachten, doch plötzlich drehte sie sich zu ihm um, ihr Gesicht strahlte wie die Sonne selbst. 'Kann ich mich zu dir setzen?' 'Nein, siehst du nicht das die Wiese schon voll besetzt ist?', lachte sie, 'Setz dich ruhig, ich freue mich über jede Gesellschaft.'
'Ich bin froh, dass es dir wieder so gut geht. Seit dem zweiten Tag hast du dich echt gemacht. Du hast wieder eine richtig gute Gesichtsfarbe.', begann Kyle. 'Woher willst du denn wissen, wie ich am zweiten Tag aussah?'. Tina war verwirrt. 'ich war jeden Tag hier.' 'Du bist ja gut. Kommst jeden Tag und sagst nicht mal etwas. Lässt mich hier so alleine.'
Kyle wusste, dass sie recht hatte. 'Ich werde dich morgen nach Hause fahren und komm dann wieder nach Athen, du weißt ja ich muss…' Tina unterbrach ihn 'Mach dir wegen mir keine Umstände. ich fahre mit dem Taxi.' 'Aber der Weg ist doch sehr weit, das würde doch teuer werden. Und als Student kann man sich nun mal nicht so viel leisten. Ich fahr dich doch gerne.' Stutzig antwortete Tina: 'ich fahr aber lieber mit dem Taxi, ist aber lieb von dir danke.'
An ihren Worten wurde Kyle nun klar, dass sie immer noch verletzt war, sie hatte nur versucht es zu verstecken. Anfangs war ihr das auch gut gelungen. 'ich möchte jetzt wieder rein.' Sie versuchte sich zu dem Rollstuhl zu hieven und hochzuziehen. Sie hatte aber nicht genug Kraft. Ihr Körper war von der schweren Operation sehr geschwächt. Kyle hob sie hoch, sie hielt sich an seinem Hals fest während sie in seinen Armen lag. Sie schaute verlegen in eine andere Richtung. 'danke', murmelte sie, bevor sie mit dem Rollstuhl wieder ins Krankenhaus zurück rollte.

In ihrem Krankenzimmer opferte sie einen Blick in ihren Geldbeutel und stellte tief seufzend fest, dass Kyle genau wusste, dass sie nicht genug Geld hatte. Jetzt wo Luke wegwar musste sie selbst sehn, wo sie Geld herbekam. Ihr wurde klar, dass sie jetzt wohl ihr geliebtes Studium aufgeben musste, um arbeiten zu gehen. Aber wer würde eine Frau anstellen, die nicht laufen kann? Vielleicht sollte sie sich doch von Kyle fahren lassen, aber sie wusste ja nicht mal, wie sie ihn erreichen konnte.
Am nächsten Morgen packte sie ihre Sachen zusammen. In diesem Moment kam Kyle herein: 'Können wir los.' 'Kyle?', flüsterte sie.
Er schob sie zu seinem Jeep und hob sie herein. 'Wie hast du das alles jetzt geplant? Du hast echt Glück, dass euer Haus schon so ziemlich Behindertengerecht ist.' 'ja das stimmt. Mir gefällt es gar nicht als ‚Behindert' bezeichnet zu werden. Daran muss ich mich jetzt wohl gewöhnen.'
'Weiß du, ich bin erstaunt, wie mutig du der ganzen Sache entgegen siehst.'
Den Rest der Fahrt redeten sie kaum noch miteinander.
Vor ihrem Haus holte er sie aus seinem Auto, setzte sie in ihren Rollstuhl und fuhr sofort wieder auf und davon. Tina hatte zu Hause noch siebzig Euro. Das musst sie sich auf jeden Fall gut einteilen. Für lange würde das nicht reichen. Ausgerechnet jetzt war der Kühlschrank fast leer. Und sie kam kaum an die Arbeitsfläche der Küche heran.
Ich werde mich morgen wohl Arbeitslos melden müssen und mich bei der Universität abmelden. Mein Traum einmal in Olympia zu arbeiten wird wohl doch nicht wahr werden.'Diese Gedanken waren schwerwiegend in ihrem Herzen.
Am nächsten Morgen wollte sie sich Arbeitslos melden, doch sie konnte unmöglich mit ihrem Rollstuhl bis zum Arbeitsamt kommen. Sie müsste über die Hauptstraße kommen, doch das schien ihr unmöglich. Panayotis stellte sich jedoch bereit das für sie zu übernehmen. Er hatte ihr Blumen mitgebracht.
Eine Woche später hatte sie noch kein Stellenangebot und ging daher weiter zur Uni. Die Stimmung hatte sich dort ihr gegenüber total verändert. Alle wollten sie nicht verletzen.Sie kam von der Universität nach Hause und entdeckte im Briefkasten einen Brief. Er war von Kyle. Gespannt rollte sie ins Haus und öffnete ihn. Als erstes kam ihr ein Bündel Geld entgegen. Sie zog den Brief heraus. Kyle hatte nicht gerade die schönste Handschrift. Sie war klein und unordentlich:
'Liebe Tina,
Ich hoffe sehr, dass du dich nun in dieser einen Woche schon wieder etwas eingelebt hast. Ehrlich gesagt, weiß ich auch gar nicht was ich dir schreiben soll. Wenn du mal meinen Mülleimer sehen könntest, ich habe bestimmt fünfzig Briefe begonnen. Jetzt habe ich mich dafür entschieden einen recht banalen Brief abzuschicken. Du kennst mich ja, ich bin kein Mensch der großen Worte. Ich hoffe du kannst meine Schrift überhaupt entziffern. Im Umschlag wirst du einen Geldbündel mit insgesamt 500€ vor finden. Ich denke, das wird fürs erste reichen. Ich weiß, dass du jetzt bestimmt denkst, dass du das Geld unmöglich annehmen kannst. Doch ich will es so. Ich bin ein sehr gut verdienender Arzt, mir macht es nichts aus dir die vier Monate lang jeden Monat so viel Geld zu schicken. Mir geht es darum, dass du dein Studium fortsetzen kannst. Ich möchte nicht, dass du es aufgeben musst. Und sind wir doch mal ehrlich, du wirst in deinem jetzigen Zustand kaum Arbeit finden können.
Mir tut es so leid, wie alles gelaufen ist. Bitte sei mir nicht länger böse. Ich freue mich dich in knapp vier Monaten wieder sehen zu dürfen..
Dein
Kyle Buchanan'

Tina freute sich mehr über den Brief, als über das Geld. Sofort begann sie ihm einen Antwortbrief zu schreiben. Auch ihr viel es schwer ihm einen die richtigen Worte zu finden. Aber so war es ihr lieber, als mit ihm zu telefonieren. So konnte sie ganz genau über ihre Worte nachdenken.

'Hey Kyle,
ich habe mich unglaublich über deinen Brief gefreut. Ich hatte gar nicht damit gerechnet.Was das viele Geld anbelangt, fällt es mir wirklich schwer es anzunehmen. Ich weiß, dass du als Arzt gut verdienst, aber es ist nicht nötig, dass du mich durchfütterst. Ich fühle mich damit nicht wohl und dir gegenüber sehr schuldig. Seit wir uns kennen hast du schon viel zu viel für mich getan. Ich werde das nie zurückzahlen können. Das Geld werde ich nicht annehmen. Ich weiß genau, dass du recht hast und ich ohne dieses Geld kaum auskommen werde. Ich werde jedoch einen Weg finden, du wirst schon sehen. In meinem Haus ist es sehr einsam. Ich werde diese vier Monate nicht aushalten können. Ich habe aber beschlossen, mich nicht mehr länger so an dich zu hängen. Eigentlich hast du mir ja auch schon einen Gedenkzettel verpasst. Ich halte es daher für besser den Kontakt abzubrechen. Ich möchte dir noch mal von ganzem Herzen danken, dass du immer für mich da warst. Doch ich kann nicht länger so tun, als wäre nichts geschehen. Du hast mich klar zurückgewiesen, für mich ist es in deiner Gegenwart sehr schwer. Bitte versuche mich zu verstehen.
Ich sage dir Lebe wohl, bleib so wie du bist.
Deine Tina'

Als sich Tina ihren Brief noch mal durch las, kam er ihr sehr hart und Gefühlskalt vor. Das jedoch war ihre Sicht der Dinge. Sie hielt es bei Kyle nicht aus, er hatte ihr einen Korb gegeben. Seine Freundlichkeit, wusste sie zu schätzen, doch es quälte sie.
Innerhalb von ein paar Tagen kam Kyles Antwort. Tina überlegte sehr lange, ob sie ihn nicht gleich wegwerfen sollte, doch sie konnte nicht wiederstehen und begann ihn doch erst einmal zu lesen:

'Tina,
ich muss sagen, ich war über deine Antwort sehr überrascht. Damit, dass du das Geld nicht annehmen würdest, habe ich schon gerechnet. Warum in aller Welt willst du den Kontakt abbrechen? Du sagtest: versuche mich zu verstehen. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich kann dich nicht verstehen. Du kannst doch nicht behaupten unsere Begegnung war nur Zufall. Ist schon unglaublich, in einem Brief kann man seine Gefühle viel leichter in Worte fassen. Als ich im Krankenhaus zu dir kam, hast du mit mir nicht darüber geredet. Obwohl du es hättest tun können. Mir ist es sehr wohl bewusst, dass der Abend als ich weggegangen bin, einer der schwersten in deinem Leben gewesen sein muss. Mittlerweile weiß ich, dass es vielleicht nicht ganz richtig war, wie ich dich behandelt habe. Deine Worte damals, schallten mir immer wieder in den Ohren. Ich habe keines deiner Worte vergessen ‚ Ich habe ihn schon lange betrogen, als ich mich in dich verliebt habe.'
Das waren wahre Worte. Ich wünschte ich könnte die Zeit zu diesem Abend zurück drehen, ich hatte schon seit Monaten das Verlangen, dich in meine Arme zu schließen und zu küssen. Ich wollte dich damals nur vor Luke schützen. Ich hatte Angst um dich. Nun kennst du auch meine Gefühle. Lange habe ich darüber nachgedacht, dir diese Worte zu schicken, aber es wird langsam Zeit, das du meine Gefühle für dich erfährst. Ich kann nicht mehr ohne dich leben. Jetzt wo du nicht mehr unter Lukes Knechtschaft stehst, denke ich, können wir mehr sein als nur Freunde, natürlich unter der Bedingung, dass du noch das gleich für mich empfindest.
Ich warte auf deine Antwort egal wie lange du brauchst. Ich werde auf dich warten. Mir ist egal, in was für einem gesundheitlichem Zustand du dich befindest. Ich liebe dich so wie du bist.
Kyle'

Tina las sich den Brief mehrere Male durch. Ihr Herz schlug wild auf und ab.
Sie konnte ihm überhaupt nicht antworten, weil ihre Hände so wild zitterten, dass sie keinen Ordentlichen Buchstaben aufs Blatt bekam.
Erst am nächsten Tag, als sie sich ein wenig beruhigt hatte, griff sie erneut zum Stift und fing an zu schreiben:

'Kyle,
wie kommst du darauf, dass sich meine Gefühle zu dir geändert haben könnten?
Wenn dem so wäre, wäre es dann wirklich Liebe gewesen?
Nein ich denke nicht. Aber so ist es auch gar nicht. Ich empfinde mehr für dich als je zuvor, ich konnte deinen Brief vor Aufregung gestern gar nicht mehr beantworten. Ich bin sehr glücklich und freue mich sehr darauf, unsere Freundschaft wachsen zu lassen. Damit ist meine Sehnsucht nach dir gestiegen.
Ich kann es immer noch kaum fassen, was du geschrieben hast. Ich musste deinen Brief immer und immer wieder lesen, um zu forschen, ob ich dich nicht vielleicht einfach nur falsch verstanden hatte. Dein Geld möchte ich dennoch nicht annehmen. Jetzt ist für mich die Zeit gekommen, in der ich beweisen kann, dass ich selbstständig genug bin. Mach dir keine Sorgen, gestern habe ich eine Möglichkeit gefunden, mit der ich studieren und Geld verdienen kann. Ich war mit Panayotis, dem netten alten Nachbarn, am Strand. Da ich nicht mehr schwimmen gehen kann, habe ich angefangen, das Meer abzumalen. Ich habe schon früher gerne gemalt. Nie hat sich jemand ernsthaft dafür interessiert. Aber mich hat eine Frau sofort drauf angesprochen und mir das Bild für einen sehr hohen Preis abgekauft. Ich denke durch meine Zeichnungen kann ich mich eine ganze Zeit lang über Wasser halten.
Ich freue mich schon auf dich. Tina

Tina, meine Liebe.
Schön das du beschlossen hast, das Studium nicht aufzugeben. Was die Sache mit den Bildern angeht, bin ich noch etwas skeptisch. Aber ich denke, es ist einen Versuch wert. Wenn du keine Bilder mehr verkaufen kannst, das Geld aus irgendwelchen Gründen nicht mehr reichen sollte, bitte sag mir bescheid. Ich werde dir jederzeit wieder welches schicken.
Hier in Athen sind durch die vielen Brände eine Menge verletzte. Ich muss dauernd überstunden machen und arbeite tief in die Nacht hinein. Oft muss ich fünf Stunden länger machen. Das ist echt anstrengend. Ich brauche wirklich mal Urlaub. Der Gedanke an dich, hält mich immer noch auf den Beinen. Du bist alles was mir wichtig ist. …….

Von da an, schrieben sich Tina und Kyle regelmäßig Briefe.
So 'schrieben' sich beide durch die vier Monate hindurch.







Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4


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