Glück im Unglück Teil 14

Autor: Dani
veröffentlicht am: 01.05.2008




In dem großen und hellen Raum, der Victoria stark an das Krankenhauszimmer erinnerte, in dem sie de letzten zwei Monate verbracht hatte, war eine ganz in weiß gekleidete junge Frau dabei, den Boden zu wischen.
Victoria, die den Hund immer noch auf dem Arm hatte, versuchte sich durch ein Räuspern bemerkbar zu machen, doch die Frau schien sie nicht zu hören.
'Hallo? Können Sie mir helfen? Ich habe hier…', setzte Victoria an. 'Wir haben keine Sprechstunde!', wurde sie jedoch forsch unterbrochen. Die Tierpflegerin sah nicht einmal auf, als sie das sagte.
'Aber…', fing Victoria aufs Neue an. 'Kein Aber! Wie ich Leute hasse, die sich nicht an vorgegebene Uhrzeiten halten…', mit diesen Worten drehte sie sich endlich um und Victoria sah, dass es sich um eine gut aussehende junge Frau anfang 20 handelte, doch dafür hatte sie in diesem Moment wenig übrig. Der Hund war verletzt! Und diese Schnepfe nahm sie nicht ernst. Das machte Victoria wütend.
'Jetzt hören Sie mir mal zu! Der Hund hier ist verletzt! Er braucht Hilfe, also bewegen Sie jetzt Ihren Hintern und holen Sie einen Tierarzt!', die letzten Worte klangen arroganter, als sie es beabsichtigt hatte, doch das war Victoria egal. Hauptsache sie würde endlich den Tierarzt holen.
Die Tierpflegerin setzte ein Gesicht auf, das aussah, als hätte sie gerade in einer sehr, sehr saure Zitrone gebissen und gab kalt und herablassend zurück: 'Der ist nicht da! Und so schnell wird er wohl auch nicht zurück kommen.'
Wie konnte man nur so ignorant sein, fragte sich Victoria. Der Hund wurde immer schwerer in ihrem Arm und winselte leise. 'Sagen Sie mir wo ich ihn finde!'
'Auf dem Duder-Hof…' Mehr wollte Victoria gar nicht wissen und verließ mit einem raschen 'Danke' die Praxis und trat wieder auf die Straße. Es hatte zu regnen angefangen, doch trotzdem waren hier und da noch Menschen unterwegs.
'Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, wie ich zum Duder-Hof komme?', fragte Victoria einen älteren Herrn und stützte den Hund während des Stehenbleibens mit dem Knie.
'Nur diese Straße hinauf und dann rechts und dann noch mal rechts.', versuchte der Mann ihr den -Weg zu erklären, doch seine vage Beschreibung half ihr nicht viel. Trotzdem lief sie so schnell es eben ging und mit möglichst wenigen Erschütterungen für den Hund die Straße weiter hinauf.
Sie fragte noch zweimal nach dem Weg und als sie endlich, völlig durchnässt von dem immer stärker werdenden Regen, vor dem Duder-Hof stand war unendlich erleichtert. Das leise Winseln des Hundes hatte sich mittlerweile zu einem gelegentlichen Jaulen entwickelt und Victoria spürte, dass er nicht mehr viel Kraft hatte.
Sie lief die paar Treppenstufen zu dem großen Wohnhaus hinauf und klingelte Sturm. Eine rundliche ältere Frau kam nach kurzer Zeit an die Tür und öffnete diese.
'Hallo mein Kind, wie kann ich die helfen?', fragte sie freundlich und mit einem besorgten Blick auf den Hund und Victorias nasse Kleidung.
'Ich brauche unbedingt einen Tierarzt. Eine Tierpflegerin hat mir gesagt, er wäre hier.', brachte Victoria hervor. Ihre Verzweiflung wuchs. Der Hund wurde schwächer und schwächer. Er durfte nicht sterben! Als er sie mit seinen schmerzerfüllten dunklen Augen angeblickt hatte, war es um Victoria geschehen gewesen. Sie hatte den kleinen Kerl sofort in ihr Herz geschlossen und nun brauchte er dringend ärztliche Hilfe.
'Er ist drüben im Stall. Ein Kalb lag falsch im Mutterleib.', sagte die Frau und wies in Richtung eines großen Gebäudes. Victoria lächelte sie kurz an und erreichte das gezeigte Gebäude mit wenigen Schritten. Im Stall schlug ihr ein penetranter Rindergeruch entgegen, doch sie achtete nicht weiter darauf, sondern ging in die Richtung, aus der sie Stimmen vernahm.
Als sie um eine Ecke bog, sah sie endlich zwei Männer. Der eine war etwas älter und sehr wahrscheinlich der Mann der netten Frau. Der andere war wesentlich jünger, vielleicht so um die 25. Er hatte dunkelbraune fast schwarze Haare, die unordentlich in alle Richtungen abstanden. Sein Gesicht verriet die Anstrengung der letzten drei Stunden.
'Hallo?', fragte Victoria, 'sind Sie der Tierarzt? Der Hund hier braucht Hilfe!'
'Ja der bin ich!', antwortete der junge Mann und trat einen Schritt auf sie zu. 'Komm mit zu meinem Auto, da sehen wir uns den kleinen Kerl mal genauer an.' Die Ruhe, die er ausstrahlte, wirkte sich auch auf Victoria aus. Jetzt wo sie wusste, dass sie den Tierarzt gefunden hatte und er dem Hund helfen würde, wurde sie wieder ruhiger, doch ihre Angst um das Tier blieb. Sie folgte dem jungen Mann, Dr. Gregg, wie sie sich erinnerte ins Freie und zu seinem Auto. Der Arzt breitete eine Plastikfolie auf dem Boden vor dem schwarzen Pick-up aus und wies Victoria an, den Hund darauf zu legen. Vorsichtig ging sie in die Knie und ließ ihn herunter.
Sofort machte Dr. Gregg sich an die Arbeit. Mit geübten Händen hörte er den Herzton ab und spritze ein Mittel, das den Kreislauf des Hundes stabilisieren sollte. Etwas hilflos stand Victoria daneben und kam sich schrecklich unnütz vor. Vorsichtig tastete der Tierarzt das verletzte Bein ab.
'Weißt du, was mit ihm passiert ist?', fragte er mit seiner angenehmen dunklen Stimme.'Ich weiß nur, dass ein Auto ihn angefahren hat, aber ich habe nicht gesehen, was genau passiert ist.'
'Ich werde ihn mit in die Praxis nehmen müssen um ein Röntgen-und Ultraschallbild zu machen. Ich kann innere Verletzungen nicht ausschließen.', mitfühlend sah er sie an. Bei seinem Blick bekam Victoria eine Gänsehaut und gleichzeitig ergriff eine kalte Hand ihr Herz. Der Hund musste einfach überleben!
'Willst du mitkommen?', fragte Dr. Gregg einfühlsam und Victoria nickte. Sie befürchtete, das Weinen anzufangen, wenn sie den Mund aufmachte, also ließ sie ihn geschlossen. Stumm kletterte sie auf den Beifahrersitz und nahm den Hund wieder auf den Arm. An ihrem T-Shirt klebte bereits Blut von ihm und ihre Kleidung und ihr Haar waren immer noch vollkommen durchnässt, da der Regen in der Zwischenzeit kaum nachgelassen hatte.
Während der Fahrt warf Phillip Greg immer wieder einen Blick zu seiner Beifahrerin. `Ein hübsches Mädchen`, ging ihm durch den Kopf. `Diese Lippen… Phillip was denkst du da, sie ist viel zu jung. Mindestens 8 Jahre. `, schalt er sich selbst kurz darauf.
Auch Victoria bemerkte seine Blicke, doch sie dachte nicht einmal daran, dass sie ihr gelten könnten, sondern war sich sicher, dass der Tierarzt sich Sorgen um den verletzten Hund machte. Genauso wie sie selbst.
Endlich an der Praxis angekommen, sprang Phillip aus dem Auto und ging mit langen Schritten um den Wagen herum, um die Beifahrertür zu öffnen. Er nahm Victoria den Hund ab, wobei sich ihre Hände und Arme berührten. Victoria spürte eine Gänsehaut und ein Kribbeln, aber sie schob es darauf, dass sie klitschnasse Sachen trug und fror. Auch Phillip ließ die kurze unschuldige Berührung nicht kalt. Am liebsten würde er dieses süße Geschöpf in seine starken Arme ziehen und… aber er besann sich auf seine Pflichten und beeilte sich, das Tier ins Behandlungszimmer zu tragen. Unsicher was sie nun tun sollte, folgte Victoria ihm, blieb jedoch im Türrahmen stehen und beobachtete, wie Dr. Gregg seine Jacke gegen einen sterilen weißen Kittel tauschte. Er war hochgewachsen, sicher über 190 cm und seine Figur war sportlich und kräftig. `Wie alt er wohl ist?`, fragte sich Victoria, während sie ihn noch immer betrachtete.
Sie erwachte erst aus ihren Gedanken, als Dr. Gregg sie ansprach: ' Meine Assistentin ist nicht mehr hier, sie hat heute den halben Tag frei… Meinst Du, dass du den Job übernehmen kannst?'
Victoria dachte kurz nach. Sie sollte bei der Untersuchung des Hundes helfen? Sie hatte doch überhaupt keine Ahnung davon! Trotzdem nickte sie zaghaft und ihre Reaktion brachte Phillip zum Lächeln. 'Du schaffst das schon. Ich erkläre dir alles.'

Zur gleichen Zeit in Deutschland, saß Sebastian gemeinsam mit Juliane, Daniel und Bine auf dem Sofa im Wohnzimmer. Die vier trafen sich regelmäßig und spielten Karten oder gingen ins Kino oder zum bowlen, aber Sebastian und auch Bine kam es immer so vor, als würde etwas, oder jemand, fehlen. Juliane konnte den Platz, den Victoria eingenommen hatte nicht sang-und klanglos ersetzen.
Bine ließ gerade ein lautes Stöhnen vernehmen, weil Daniel schon wieder dabei war, zu gewinnen und damit einen unaufholbaren Vorsprung auszubauen, als das Telefon klingelte.Juliane sprang als Erste auf und nahm ab.
'Juliane, Baby, schön deine Stimme zu hören…', klang eine männliche Stimme mit starkem ausländischem Akzent aus der Ohrmuschel.
Schnell hielt Juliane die Hand über den Hörer und rief Sebastian zu, dass es eine alte Freundin aus Brasilien sei. Dieser nickte und widmete sich wieder dem Kartenspiel.
Juliane zog die Tür hinter sich zu und setzte sich auf den bequemen alten Sessel, der neben dem Telefon stand.
'Pedro??? Warum rufst du an?', Julianes Stimme war nicht mehr ganz beherrscht. Wie sollte sie auch, denn Pedro da Silva war so ziemlich der letzte Mensch, der hier anrufen durfte.'Ich wollte hören wie es dir geht… Schließlich bist du schwanger.', seine raue Stimme jagte Juliane Schauer über den Rücken.
'Mir geht es ausgezeichnet. Also tu mir bitte den Gefallen und ruf nicht mehr hier an! Es war alles besprochen, also halte dich an den Plan!'
'Klar, Baby, aber ich werde mich doch wohl noch nach dem Befinden der Mutter meines ersten Kindes erkundigen dürfen…'
Bei diesen Worten wurde Juliane weich. Pedro lebte in Brasilien und sie hatten während ihrer Zeit dort eine heftige Affäre gehabt. Doch dann wurde Juliane schwanger und flog zurück nach Deutschland, denn Pedro war arbeitslos und verdiente sein Geld nur mit gelegentlichem Drogen-Schmuggel, so dass er schon des öfteren mit der Polizei aneinander geraten war.Bisher war der Plan aufgegangen und Juliane hoffte, dass es auch weiterhin so gut klappen würde. Trotzdem sehnte sie sich nach Pedros männlichem Körper, der von Tattos überseht war.
'Wie gesagt, es geht mir gut… Ich melde mich demnächst. Adeus meu mel.'
Sie legte auf, blieb jedoch noch einen Moment auf dem Sessel sitzen um ihr klopfendes Herz zu beruhigen. Es war richtig was sie tat und sie brauchte kein schlechtes Gewissen haben, sagte sie sich doch tief in ihrem Herzen wusste sie, dass das was sie Sebastian antat unverzeihlich war, aber sie liebte Pedro nun einmal und sie liebte auch ihr ungeborenes gemeinsames Kind, dass in Brasilien allerdings keine wirkliche Zukunft gehabt hätte.







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