Moonlight Shadow - Bei Vollmond bist du tot Teil 8

Autor: Belladonna
veröffentlicht am: 03.02.2008




Irgendjemand, vielleicht wäre es besser zu sagen, irgendetwas, hatte sie von hinten gepackt und nun bohrten sich krallenartige Fingernägeln in ihre bloßen Schultern und ihre Bluse sog sich bereits mit Blut voll. Vor Schmerz schrie Gwen erneut auf. ‚Wer war das nur, der sie da gerade so bestialisch überfiel?'schoss es ihr durch den Kopf. Stundenlang war sie durch dieses dämliche Haus geirrt und hatte nirgends auch nur eine Menschenseele angetroffen, wen hatte sie also jetzt überrascht? Oder besser gefragt, wer hatte sie da überrascht? Womöglich hatte dieses brutale ‚etwas' ja auf sie gewartet.
Ein muffiger moderiger Geruch wehte ihr entgegen und sie kämpfte mühsam gegen den aufsteigenden Brechreiz an. Verzweifelt versuchte sie gegen dieses Wesen anzukommen, doch das bohrte ungeachtet dessen seine Klauen immer weiter in ihre Schultern. Mit der Zeit wurde der glühende Schmerz, der in ihr wütete immer schlimmer und nach einem letzten vergeblichen Aufbäumen, wurde sie ohnmächtig.

'Gwen? Gwen wo bist du denn?' ‚Das kann doch nicht sein, ich habe doch gerade noch gesehen, dass sie sich hier befinden muss' dachte Ian. Er suchte nun schon seit einer Weile nach Gwen, doch aus irgendeinem, ihm unbegreiflichen Grund, konnte er sie nicht finden.Plötzlich hörte er einen gellenden Schrei von weiter vorne. Erschrocken wandte er sich um. ‚Hörte sich das nicht an, wie Gwen?' fragte er sich und als eine zweiter Schrei kurz darauf an sein Ohr drang, dachte er nicht mehr nach, sondern stürzte nach dem Ursprung des Geräuschs. Schon nach wenigen Metern konnte er im schein seiner Lampe erkennen, dass da vor ihm eine Gestalt am Boden lag. Als er näher kam, erkannte er, dass es Gwen war. Blutverschmiert lag sie am Boden und von ihrem bewusstlosen Körper führten Fußabdrücke fort. ‚Verdammt, ich hätte es wissen müssen. Sie muss auf ihn getroffen sein. Oder hat er ihr aufgelauert? Mist, noch mal!' fluchte Ian stumm vor sich hin und bückte sich zu Gwen hinab. Sie lebte noch, ihr Puls ging zwar schneller, aber noch raste er nicht. Es stand also nicht allzu kritisch um sie. Nur das viele Blut bereitete ihm Kopfzerbrechen. Kurzerhand hob er sie hoch und trug sie zurück. Robin wartete schon auf ihn und geriet schier in Panik, als er die ohnmächtige Gwen auf seinen Armen sah.
'Was ist denn passiert? Um Gottes Willen, Ian, was ist mit ihr?'
'Sie hat gerade Bekanntschaft mit unserem Untermieter gemacht.' antwortete dieser trocken.'WAS? Oh nein, hast du den immer noch nicht aus dem Haus gekriegt?'
'Rob, er ist mein Bruder, ich kann ihn nicht einfach rausschmeißen, nur weil er ein Monster ist.'
'Ja, aber genau deswegen muss er doch raus!' empörte dieser sich.
'Aber dann müsste ich mich gleich mit hinauswerfen und dich auch, hast du daran mal gedacht? Wir alle sind Monster. Er kann nichts dafür, dass er so ist, wie er jetzt ist.''Aber hast du mir nicht gesagt, dass du ihm klar gemacht hättest, dass er keine Fremden angreifen dürfe?'
'Schon, aber wollte ihr nichts Böses, da bin ich mir sicher, aber sie ist wohl schnurstracks in seinen Teil des Schlosses spaziert. Wir hätten sie nich alleine gehen lassen dürfen.'
'Lebt sie denn noch?'
'Ja, sie lebt, aber sie muss ziemlich viel Blut verloren haben und sie hat tiefe Wunden an den Schultern.'
'Oh mein Gott...'
'Dabei habe ich ihm erst vor wenigen Tagen die Krallen geschnitten. Es wird immer schlimmer. Sie wachsen schneller nach und werden tödlicher. Wir müssen dem ein Ende setzen.'
'Ist es sehr schlimm?'
'Schlimmer.'
'Wie weit ist er schon?'
'Das Fell noch und er ist ein richtiger Wolf.'
'So schrecklich?'
'Ja, du würdest ihn nicht wiedererkennen.'
'Was machen wir jetzt mit Gwen?' wechselte er urplötzlich das Thema.
'Wir müssen sie versorgen, ist doch klar.'
'Nein, ich meine mit ihren Schultern. Es sieht wirklich grauenvoll aus.'
'Da kann uns leider nur er helfen.'
'Was, du willst sie zu ihm bringen? Er ist doch schuld an ihren Verletzungen!'
'Eben und nur deshalb, kann auch er sie wieder heilen.'
'Tolle Logik...'
'Ich weiß, aber anders geht es nicht. Ich muss sie zurück in die Höhle des Löwen bringen.''Aber du gehst doch mit, oder? du kannst sie ihm doch nicht alleine anvertrauen!'
'Mache ich auch nicht. Ich werde mitgehen. Noch hört er auf mich. Noch erkennt er mich, aber nicht mehr lange, und keiner kann ihn mehr zähmen. Dann ist ihr Monster komplett. Ich weiß nicht, ob ich ihm dann noch helfen kann, ob ihm dann überhaupt noch einer helfen kann- und uns...'
'Ian, lass den Kopf nicht hängen. Das Mädchen ist doch jetzt da. Sie wird uns schon helfen.''Aber dazu muss sie auch leben und deswegen muss ich jetzt zurück.'
'Okay. Ich werde euch im Auge behalten.'
'Tu das. Wenn ich Hilfe brauche, dann rufe ich nach dir.'
'Und ich werde kommen, so schnell, wie möglich.'
'Gut. Vorausgesetzt, du verläufst dich nicht wieder..' stichelte Ian.

'William? William, du hast Besuch.' Vorsichtig klopfte Ian an die Tür an. Er hatte keine Ahnung, in welcher Verfassung sich sein Bruder gerade befand, aber er musste es zumindest versuchen. Zögerlich öffnete sich die Tür und ein Paar blaue Augen blickten ihn fragend an. Eine Krallenhand schob sich langsam um die Tür herum und stieß sie ein wenig weiter auf, als der Bewohner des Zimmers erkannte, wer ihn da besuchte. Fragend blickte William seinen Bruder an. Es war schon ein Weilchen her, dass dieser zu letzt dagewesen war.
'Du musst mir helfen. Ich, nein, Gwen braucht dich jetzt ganz dringend.' Erklärte Ian sein unerwartetes Auftauchen. ‚Wer war denn Gwen?' fragte sich der Wolfsmensch, der noch immer hinter der Tür kauerte.
'Lässt du uns bitte eintreten? Es geht Gwen sehr schlecht und sie benötigt deine Hilfe, ansonsten stirbt sie vielleicht. Möchtest du ihr denn nicht behilflich sein?' fragte sein Bruder ihn. Er zögerte kurz, dann nickte er. Mehr konnte er nicht mehr machen. Jedes Mal, wenn er versuchte zu sprechen, kam nur ein langes Grollen über seine Lippen. Er schaffte es nicht mehr die Worte zu formen, so wie früher einmal. Er zog sich ein wenig von der Tür zurück, weiter ins Dunkel hinein. Er hatte Angst vor der Reaktion seines Bruders auf seine äußere Gestalt. Es war schlimmer geworden, seit Ians letztem Besuch. Sehr viel schlimmer. Als William das letzte Mal in den Spiegel geschaut hätte, war ihm ein Schrei entfahren, der sich wie ein wütendes Knurren anhörte, seit dem hatte er den Mund nicht mehr geöffnet. Auch den Spiegel hatte er in einem Wutanfall zertrümmert, er ertrug seinen Anblick nicht mehr. Es sah wirklich schlimm aus. Er war ein Monster. Eine Bestie. Nichts an ihm erinnerte mehr an den Menschen von früher. Dieser schreckliche Fluch hatte sein Leben zerstört. Er war gefangen und er würde töten, dass wusste er. Vielleicht sogar seinen eigenen Bruder, wenn er sich nicht unter Kontrolle hatte. Davor fürchtete er sich am Meisten, dass er die Menschen, die er liebte verletzen könnte, wenn er wieder einen Anfall bekam. Wenn es ihn wieder überfiel und sein Körper nur noch nach Blut schrie und er danach lechzte, seine Klauen in menschliches Fleisch zu bohren. So wie heute Nachmittag. Ihr Schrei hatte ihn wieder zur Besinnung gebracht. Und auch das Licht von Ians Fackel, welches aus der Ferne geleuchtete hatte. Wäre er nicht in diesem Moment dort entlang gegangen, dann hätte er das Mädchen vielleicht getötet. Er wusste, was er jetzt zu tun hatte. Er sollte sie heilen. Er würde es tun, auch wenn er nicht wusste, wofür sein Bruder sie eigentlich brauchte.
'Wirst du dich um sie kümmern?' fragte ihn Ian. Er nickte leicht. Er hatte Angst, aus dem Schatten hervor zutreten. Er fürchtete sich vor der Reaktion seines Bruders auf sein neues Äußeres.
'Möchtest du nicht aus der Ecke vor kommen?' fragte Ian ihn wieder. Er antwortete mit einem seichten Kopfschütteln.
'Du brauchst keine Angst zu haben. Komm doch bitte näher, William. Du bist mein Bruder und ich habe dir versprochen, immer für dich da zu sein. Hab keine Angst. Ich weiß, wie schrecklich das Alles für dich sein muss, doch für mich ist es noch schlimmer, weil ich weiß, dass ich dir das angetan habe und weil ich sehe, wie sehr du darunter leidest. Aber verzweifle bitte nicht. Will, bleib stark, halte noch ein Weilchen durch. Gwen wird uns helfen können, aber dazu muss sie leben, verstehst du? Wir müssen ihr helfen, damit sie uns helfen kann. Bitte, ich bitte dich darum- nein, ich flehe dich an, hilf ihr und damit uns.' bat Ian ihn. Mit großen Augen sah er seinen Bruder an. ‚Wie sollte dieses Mädchen ihnen denn helfen können? Sie lag doch schon fast im sterben!' ging es ihm durch den Kopf. Da fiel ihm wieder ein, dass er ja Schuld an ihrem derzeitigen Zustand war. Vorsichtig kroch er auf sie zu, noch immer darauf bedacht, sich möglichst im Schatten zu halten.
Ian verstand und drehte ihm den Rücken zu. Als er sich also zur Wand umwandte, sah er die Scherben des Spiegels am Boden liegen. Es musste wohl wirklich grauenvoll geworden sein, wenn sein Bruder seinen eigenen Anblick nicht mehr ertragen konnte, aber das konnte er an manchen Tagen- speziell Vollmondnächten- ja auch nicht. Musste wohl abgefärbt haben.Ian hörte, wie es hinter ihm raschelte und sich bewegte. Er wusste was jetzt kommen würde. William würde sie heilen, alles andere zählte im Augenblick nicht. Aber er hätte nur zu gerne gewusst, wie sein Bruder jetzt wohl aussah. Zu Anfang vollzog sich die Verwandlung ganz langsam. Nach Jahren hatte man noch nicht mal ein Anzeichen davon sehen können, dass der Biss irgendetwas bewirkt hätte. Doch William, der kühle und beherrschte William, war mit der Zeit immer impulsiver und unberechenbarer geworden. Erste Anzeichen, dass sich das Gift in seinem Körper ausbreitete. Viele Jahre später fingen die Krallen an zu wachsen und bald darauf die Ohren. Schließlich ging es immer schneller und praktisch über Nacht verwandelte er sich in ein Monster. Sein Bruder wurde zu einer Bestie, die er geschaffen hatte. Niemals würde er sich das verzeihen können. Damals hatte er versucht sich umzubringen, weil er mit der Gewissheit, schuld an diesem Fluch zu tragen, nicht leben konnte, nicht leben wollte. Doch William hatte ihn nicht gehen lassen, er hatte ihn davon abgehalten und ins Leben zurück geführt. William, der eigentlich tierisch sauer auf ihn hätte sein sollen, hatte zu ihm gehalten und ihn von dem Abgrund weggezerrt, an dem er dieser Tage gestanden hatte. Da hatte er erkannt, dass sein Bruder so viel stärker war, als er selbst. William hatte sogar die Größe ihm zu verzeihen. Aber er wusste auch, dass sein Bruder nichts mehr fürchtete, als so gesehen zu werden, in Gestalt einer Bestie.
Ian war so sehr in Gedanken vertieft, dass er nicht merkte, wie Gwen aufwachte und William verzweifelt versuchte ihn aus seiner Gedankenwelt wach zu rütteln. Erst als er einen schrillen Schrei hörte, löste er sich wieder aus seiner Trance und wandte sich um. Dort stand sein Bruder, im schwachen Lichtschein der Lampe und blickte ihn Hilfesuchend an. Gwen schrie wie am Spieß und versuchte aufzustehen, doch sie war am Tisch festgebunden. Anders hätte William ihr nicht helfen können.
Als Gwen Ian erblickte schrie sie ihn an: 'Sie?? Was machen Sie hier mit mir? Nehmen Sie dieses Ungeheuer fort von mir. Bringen Sie es weg!' völlig hysterisch wand sie sich auf dem Tisch und mühte sich verzweifelt die Fesseln abzustreifen, doch sie waren zu straff geschnürt und so erreicht sie nichts weiter, als sich die Gelenke aufzureiben.
William zog sich eingeschüchtert von ihrem Herumgekreische wieder in die Schatten zurück und blickte traurig zu Ian hinauf. Dieser stand da wie gelähmt und konnte sich nicht rühren. Was er gerade gesehen hätte, hätte er niemals im Leben vermutet. Er stand unter Schock und Gwen brüllte sich die Lunge aus dem Hals, während William die Tränen über die Wangen rannen. Es war lange her, dass er ein weibliches Wesen gesehen hatte. Gwen war praktisch die erste Frau seit mehr als hundert Jahren, die ihn zu Gesicht bekam und sie wurde auch noch hysterisch, als sie ihn sah. Sie hatte Angst vor ihm.
Endlich löste Ian sich aus seiner Erstarrung und ging zu Gwen hinüber, um diese von ihren Fesseln zu befreien. Kaum hatte er sie losgebunden sprang sie auch schon auf und rannte so schnell sie konnte fort.
'Gwen! Gwen warte, du verläufst dich doch sonst nur wieder!' rief Ian ihr noch hinterher, doch sie war schon zu weit entfernt. Er würde sie also wieder suchen müssen. Plötzlich hörte er ein leises fiepern hinter sich. Erstaunt drehte er sich um. ‚Das kam doch aus der Ecke, in die William sich zurück gezogen hatte.' dachte er sich und er sollte Recht behalten. Es kam wirklich aus besagter Ecke. Dort hockte sein Bruder zusammengekauert und stumme Tränen rannen aus seinen Augen, die das letzte Menschliche in seinem Gesicht darstellten. Ansonsten war nichts mehr von dem gutaussehenden jungen Mann übrig geblieben. Vor Ian kauerte ein Wolf, ein Wolf mit dein Augen eines Menschen. Als er das sah, durchfuhr ein tiefer Schmerz sein Herz, weil er genau wusste, dass es seine Schuld war. ‚Hätte ich ihn doch bloß niemals gebissen!' viele Male hatte er sich dies in den letzten Jahren gewünscht und jedes Mal war ihm klar gewesen, dass er es nicht hätte verhindern können. Bei Vollmond wurde er zu einem Biest. Dann erkannte er niemanden mehr und tötete jeden, der sich ihm in den Weg stellte. Selbst seine eigene Frau hatte er in einer jener schrecklichen Vollmondnächte nicht mehr wieder erkannt. Allerdings hatte Donna nicht so viel Glück gehabt, wie William, wenn man es denn als Glück bezeichnen wollte. Manchmal dachte er auch, seine geliebte Donna hätte mehr Glück gehabt, als sein Bruder. Immerhin hatte sie nicht als Wolf leben müssen, sie hatte hinterher gar nicht mehr gelebt.
Langsam ging er auf seinen Bruder zu und kniete vor ihm nieder. 'Was habe ich dir nur angetan? William, bitte verzeih mir, ich habe dein Leben ruiniert.' Flüsterte er leise und auch ihm traten die Tränen in die Augen. Er würde alle wieder gut machen, das schwor er sich in diesem Augenblick einmal mehr. Doch dazu musste er erst einmal Gwen wiederfinden. ‚Wer weiß, wo sie hin ist.'
Vorsichtig streckte Ian seine Hand aus und strich zart über den Wolfspelz seines Bruders.'Was habe ich dir nur angetan? Was nur, was nur?' fragte er wieder. Er hatte es so oft bereut. So oft, wie er auch Donnas Tod bereut hatte und den Tod des jungen Mädchens von damals. Eigentlich hatte doch alles mit diesem jungen Mädchen damals begonnen. Nur deswegen war Donna gestorben, sein Bruder ein Wolf, er ein Monster und Robin- auch verflucht. Und wer war schuld an alle dem? Kamelia. Naja, eigentlich nicht ganz. Schließlich hatte er den Wolf, der gar kein Wolf war getötet. Also konnte man so sagen, dass er, Ian, schuld an allem war.

In der Zwischenzeit befragte Antoine weiterhin Ilona.
'Sagen Sie, was glauben Sie eigentlich, was mit dem jungen Mädchen passiert ist?' fragte er sie.
'Fragen Sie das jetzt die Reporterin, oder die Freundin der Eltern?' fragte sie zurück.
'Ich frage die Kriminalreporterin.'
'Nun, ich würde denken, da Vollmond war, letzte Nacht, stehen die Chance relativ gut, dass sie schon tot ist. Wenn der Mörder wirklich immer bei Vollmond zuschlägt. Obwohl ich mir wünschen würde, dass dem nicht so ist.' Antwortete sie.
'Hm, das ist interessant.'
'Sagen Sie mal, wie heißen Sie eigentlich?' fragte Ilona ihn plötzlich.
'Hm, wie? Oh, verzeihen Sie. Ich hab wohl vergessen mich vorzustellen. Also, ich bin Antoine Verbeaux und ich leite diesen Fall.'
'Aha, leiten Sie eigentlich auch die Vollmondmorde?'
'Sie sind ganz schön neugierig. Wissen Sie das eigentlich?'
'Neugier gehört zum Handwerk eines jeden Journalisten.' Konterte sie.
Diese Ilona gefiel ihm immer mehr. Eine Frau wie sie hatte er lange nicht mehr kennen gelernt und ein bisschen erinnerte sie ihn auch an seine Schwester, seine geliebte Lilianne. Viel zu früh hatte sie sterben müssen ohne je ihre Tochter heranwachsen sehen zu können und nun war Gwen auch noch verschwunden. Vermutlich schon längst tot. Aber wer konnte das schon wissen.
'Nun, wie dem auch sei, Sie haben mir meine Frage nicht beantwortet, Herr Verbeaux.''Ja, ich bearbeite auch die Vollmondmorde, wie Sie sie geraden sie treffend bezeichnet haben.'
'Haben Sie da eigentlich schon irgendwelche Spuren?'
'Fragen Sie das jetzt als Journalistin oder einfach als Interessierte?'
'Wo wäre da der Unterschied?'
'Wenn Sie es als Journalistin fragen würden, dann müsste ich quasi um den heißen Brei herum reden. Denn wir tappen nach wie vor absolut im Dunkeln. Das Einzigste, was wir bis jetzt wissen, ist dass der Mörder Schuhe trägt, die wie Krallen aussehen und das wahrscheinlich auch an den Händen. Wie er damit so schnell laufen kann, ist uns allen ein Rätsel. Ach und er hat Schuhgröße 41.' fügte er noch hinzu.
'Na da sind Sie ja schon richtig weit gekommen. Wissen Sie, dass hätte ich Ihnen auch so schon sagen können. Für diese Erkenntnisse braucht man nun wirklich keinen Abschluss von der Polizeiakademie.'
'Da haben Sie ganz recht, aber aus den anderen Spuren werden wir einfach nicht schlau. Zum Beispiel geht der Mörder auf vier Pfoten, ums mal so auszudrücken und verliert jede Menge Wolfshaare und das in einer Gegend, in der seit über hundert Jahren kein einziger Wolf mehr gesehen wurde.'
'Das ist in der Tat merkwürdig. Haben Sie vielleicht schon mal darüber nachgedacht, dass Ihr Mörder ein Wolf sein könnte?' fragte Ilona.
'Ha, ha, ha, wirklich sehr witzig. Sie wollen mir jetzt nicht allen Ernstes weiß machen, dass ein Wolf ein junges Mädchen auf seinen Pfoten durch die Gegend trägt und das stets bei Vollmond, oder?'
'Nein, eigentlich klingt das ziemlich unrealistisch.'
'Sehen Sie.'
'Aber trotzdem, wie erklären Sie sich sonst die Wolfshaare und die Spuren?'
'Hm, Sie lassen wohl nicht so leicht locker, was? sagen Sie, was halten Sie davon, wenn ich Sie mit aufs Revier nehme und wir uns dort noch mal über den Fall unterhalten? Hier können wir im Moment so wie so nicht viel ausrichten.' Fragte er Ilona. Diese nickte wider Erwarten und so gingen sie zu seinem Auto zurück.

Gwen hatte sich unterdessen mal wieder aufs Gründlichste verlaufen und schalt sich schon selbst für ihre Impulsivität. Wäre sie nicht so überstürzt davon gerannt, dann würde sie jetzt nicht schon wieder in diesem Schlamassel stecken, aber nein- wer weiß, wem sie dieses Mal begegnen würde. Das Haus schien ja nur so von Monstern zu wimmeln. Da hörte sie auf einmal Schritte hinter sich. Von panischer Angst ergriffen wirbelte sie herum und suchte bereits die Wände mit den Augen nach einer brauchbaren Waffe um, als sie die Gestalt erkannte, die da mit einer Lampe in der Hand auf sie zu kam.
'Meine Güte, du hast mich ganz schön erschreckt.'
'Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil Ian so lange mit dir wegblieb. Ich dachte schon, dir sei etwas passiert. Komm, ich bringe dich wieder hinunter.' Sagte Robin beruhigend zu ihr.Schweigend folgte Gwen ihm. Dabei grübelte sie die ganze Zeit über, was sie eigentlich in diesem Haus sollte. Wieder im Wohnzimmer angekommen setzte sie sich erst einmal und ließ sich von Robin eine Tasse heißen Tee reichen. Der sollte ihre Nerven beruhigen, meinte er zumindest. Naja, viel beruhigen konnte man da ja nicht mehr, austauschen wäre besser, aber das war ja leider nicht machbar.
'Sag mal, was war das eigentlich für ein Monster?'
'Was für ein Monster meinst du?'
'Dieses pelzige hässliche Wesen dort oben.'
'Ach, du meinst William.'
'Was? Das Vieh hat auch noch einen Namen?'
'Natürlich hat er einen Namen. Er ist schließlich auch ein Mensch.'
'Ein Mensch? Wollen sie mich verarschen? Das Viech da oben war doch kein Mensch. Das war ein Wolf ein was- weiß- ich- was, aber es war auf keinen Fall ein Mensch.'
'Doch, es war mal ein Mensch. Bis zu dem Tag, an dem Ian ihn gebissen hat.'
'Gebissen???!' Das wurde ja immer abenteuerlicher. Ein Monster, das mal ein Mensch war und von einem anderen Menschen gebissen worden war und dann zum Monster wurde. ‚So ein Quatsch!' dachte sich Gwen.
'Es ist wirklich wahr Gwen. Da kannst du mit glauben. William war mal ein Mensch und es war an Vollmond, als Ian sich verwandelte. Das war noch ziemlich am Anfang und William wollte ihn aufhalten, da hat Ian ihn gebissen. Noch viele Jahre später sah man nichts, aber vor einiger Zeit fing die Verwandlung an. Nun scheint sie wohl abgeschlossen zu sein.'
'Nicht ganz.' Meldete sich plötzlich eine Stimme von der Tür her. 'ER denkt und fühlt noch immer wie ein Mensch und er hat auch noch immer seine menschlichen Augen. Aber er hat sich nicht mehr unter Kontrolle. Irgendwann wird er uns alle töten, während einem seiner Anfälle...' ‚So wie ich.' Fügte Ian im Stillen hinzu.
'Aber warum töten Sie ihn dann nicht zuerst? Bevor er alle anderen tötet?'
'Weil er mein Bruder ist und weil ich schuld daran bin, dass er so ist, wie er jetzt ist.'
'WAS???' Gwen traute ihren Ohren nicht mehr, das konnte doch eigentlich gar nicht mehr wahr sein, aber es sollte noch dicker kommen.
'Und außerdem, wenn wir alle Monster in diesem Hause würden töten wollen, dann müsstest du das tun, weil du die Einzigste bist, die kein Ungeheuer ist.'
Nun verstand Gwen gar nichts mehr.
'Ian hat recht' mischte Robin sich ein. 'Wir sind alle Ungeheuer auch du.'
'Bitte?' ungläubig starrte sie Robin an. ‚Der ist doch völlig verrückt' dachte sie sich.
'Ja,Gwen, auch du bist ein unnatürliches Wesen, du weißt es nur noch nicht.'
'Jetzt reichts aber, ich bin ein Mensch und punkt!' fauchte Gwen wütend.
'Nein, Gwen, das bist du nicht.' Mischte sich Ian nun wieder ein. 'Gwen, du bist eine Zauberin.'







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