Moonlight Shadow - Bei Vollmond bist du tot Teil 7

Autor: Belladonna
veröffentlicht am: 28.01.2008




'Warum können Sie es mir denn nicht einfach sagen?' fragte Gwen erstaunt.
'Weil das nicht geht. Es wäre zu früh, du würdest es nicht verstehen können.' antwortete Ian ihr.
'Sie wollen damit jetzt aber nicht sagen, dass ich dumm bin, oder?!' misstrauisch blickte sie zu ihm auf. Gwen war für ihr Alter schon ganz schön groß, doch zu Ian musste sie aufblicken. Er war fast einen Kopf größer als sie und so verdammt attraktiv. Sie könnte glattweg ins Schwärmen geraten. ‚Komisch', dachte sich Gwen. Noch nie hatte ein männliches Wesen ihren Anforderungen entsprochen und jetzt, wo sie endlich so jemanden gefunden hatte, musste es ausgerechnet ihr Entführer sein- aber halt, hatte er Robin nicht etwas von einem Retter erzählt?
'Sagen Sie mal, wovor haben Sie mich eigentlich gerettet?' fragte sie Ian interessiert.
'Nun- vor mir selbst.'
'Aja, logisch. Warum hab ich auch gefragt? Hätte ich mir doch denken können. Wie blöd ich doch manchmal bin!'
‚Zu putzig, die Kleine' dachte sich Ian. Mit ihrer beißenden Ironie war sie ihm wirklich sympathisch. Vielleicht, weil er sich selbst in ihr wiedererkannte. Er war genauso, immer abweisend, niemanden an sich heran lassen und stets eine ironische Bemerkung auf den Lippen. Aber ob es so würde funktionieren können? Das blieb wohl abzuwarten...
'Sagt mal, geht das jetzt die ganze Zeit so, dass ihr euch immer angiftet?' fragte Robin, dem das Schweigen nicht ganz so geheuer war.
'Nein, wozu denn auch? Wir werden uns alle ganz sicherlich prächtig verstehen!' antwortete Gwen, noch bevor Ian überhaupt zum Sprechen ansetzen konnte.
'Tja, wird dann wohl so sein, nicht wahr Gwen?' fragte er zurück.
'Sagen Sie mal, woher kennen Sie eigentlich meinen Namen? Moment mal, sind Sie denn nicht der Mann, der vor ungefähr einem Monat vor meinem Fenster hing?'
'Ähm- ja, möglich. Ich weiß aber nicht, welcher von den vielen, die immer so vor deinem Fenster hängen.'
'Ha ha ha, wirklich zu lustig, weil's ja auch sooo viele sind, die da immer Mitten in der Nacht herum hängen, nicht?'
'Ja, da hast du wohl recht. Rob, würdest du die kleine Giftspritze bitte wieder auf ihr Zimmer bringen?' wandte Ian sich an seinen Freund.
'Ja, nat-...'
'Moment, wie haben Sie mich gerade genannt???! Das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit! Ich bin weder klein noch bin ich eine ‚Giftspritze', wie Sie das so ausgesprochen feinfühlig sagten!' fauchte Gwen ihn an.
'Mit klein ist auch nicht deine Größe gemeint, obwohl du immer noch kleiner bist als ich und das auch immer bleiben wirst, aber ich meinte damit tatsächlich dein Alter.' erwiderte Ian.'Und was haben Sie daran bitte auszusetzen?'
'Nichts, ich meine nur, dass du noch ziemlich jung bist.'
'Und das sagt jemand, der keinen Tag älter als 25 aussieht.'
'Richtig, aussieht. Ich bin es aber nicht, nicht mehr...'
'Und wie alt sind Sie dann bitte?'
'Du bist ganz schön neugierig, was?'
'Na hören Sie mal, Sie entführen mich, schleppen mich in ihr Monsterhaus und sagen mir, dass ich nicht erfahren darf, warum ich hier bin, ganz zu schweigen davon, wann ich wieder zurück darf, und nun verlangen sie auch noch, dass ich nett und freundlich zu Ihnen bin und Ihnen keine Fragen stelle?!'
'Ja, so in etwa ist es schon richtig.'
Gefrustet schnaubte Gwen auf, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte Schnurstraks auf die Tür zu.
'Ja kommst du nun vielleicht mal?' fragte sie ungeduldig an Robin gewandt. Ein bisschen komisch kam es ihr schon vor, ihren Lehrer plötzlich zu duzten, aber Gwen hatte sich schon immer recht schnell an neue Situationen gewöhnen können, wenn auch ziemlich widerborstig.Blieb nur die Frage, ob sie sich an diese Situation überhaupt gewöhnen wollte. Im Augenblick war sie sich dessen nicht ganz so sicher.
'Jaja, ich komme ja schon.' Kopfschüttelnd wandte er sich an seinen Freund. 'Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee war, sie hier her zu bringen. Kaum ist sie da, schon erteilt sie Befehle und sie ist verdammt launisch.'
'Na vielen herzlichen Dank für dieses nette Kompliment!' fauchte Gwen. Wutschnaubend stieß sie die Tür auf und ging schnellen Schrittes weiter. Sie hatte einen guten Orientierungssinn, doch sie war so wütend, dass sie nicht auf die Gänge und Türen achtete und so war sie schon nach kurzer Zeit an ihrer Zimmertür vorbei. ‚Was bilden die sich eigentlich ein? Mich hier einfach festhalten und mir dann nicht sagen warum ich hier bin und was die von mir wollen!' dachte sie sich. Eine ganze Weile grübelte sie nach, was sie in diesem Haus sollte, aber noch mehr fragte sie sich, wo dieses mysteriöse Haus überhaupt stand. Früher war sie immer draußen unterwegs und kannte die Wälder und die Umgebung der kleinen Stadt in- und auswendig. Und doch war sie sich zu tausend Prozent sicher, dass sie dieses Haus niemals gesehen hatte. Doch, wie weit hatte er sie dann von zu Hause weggebracht? Es machte ihr Angst nicht genau zu wissen, wo sie war. Es gab nicht wirklich viele Dinge, vor denen sie Angst hatte, doch davor schon. Sie kam sich immer so hilflos vor, wenn sie nicht wusste, wo sie sich befand, weil ihr dann niemand hätte helfen können, wenn sie Hilfe benötigen sollte.

'Habt ihr sie gefunden?' fragte Elvira ihre Nachbarn, als sie sich alle wieder an deren Haus trafen. Auf diese Frage erntete sie nur allgemeines Kopfschütteln. Gwen war und blieb unauffindbar. Bestimmt drei Stunden lang hatten sie die Stadt, den Wald und die Umgebung abgesucht, ohne auch nur das geringste Zeichen zu finden, dass Gwen sich irgendwo in der Nähe aufhielt.
'Aber wo kann sie denn nur sein?' rief sie verzweifelt aus. Elvira stand am Rande eine Nervenzusammenbruchs und Ilona merkte das. Sie eilte zu ihrer Freundin und nahm sie tröstend in den Arm.
'Bleib ganz ruhig Elvira. Ich werde die Polizei verständigen. Die haben mehr Männer und mehr Möglichkeiten nach ihr zu suchen. Sie werden Gwen schon finden.' sprach sie ihr beruhigend zu. Doch Elvira konnte nicht mehr an sich halten.
'Es ist alles meine Schuld. Wir haben sie eingesperrt, wir haben ihr alles verboten, was Spaß macht. Wenn wir das nicht getan hätten, dann hätte sie nie einen Grund gehabt heimlich abzuhauen. Ich hätte mit Wilbur reden müssen. Wir hätten sie gehen lassen sollen, dann wäre das nicht passiert. Es ist alles meine Schuld!' heulte sie los.
'Nein, nicht doch!' Ilona versuchte ihr Bestes, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen Elvira zu beruhigen.

Aus sicherer Entfernung beobachtete Kamelia das Geschehen vor ihrer Nase. Ian hatte die Kleine also tatsächlich mit zu sich nach Hause genommen. Damit war ihr schöner Plan wohl endgültig im Eimer und sie musste sich etwas Neues überlegen. Sie brauchte etwas, womit sie Ian erpressen konnte und so möglicherweise Gwen in ihre Gewalt bringen konnte. Wenn das Mädchen erst einmal aus dem Weg geräumt war, würde ihr niemand mehr diese Mann streitig machen. Dann wäre endlich sie die einzigste Frau in seinem Leben. Oh wie sehr sie sich das doch wünschte!

‚Na toll, wo zum Henker bin ich jetzt gelandet?' fragte Gwen sich, als ihre Wut sich wieder gelegt hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, hier schon einmal vorbeigekommen zu sein. Bedenke man, dass die Gänge sowieso mehr oder weniger alle gleich aussahen, war es eigentlich schon ein Wunder, dass sie feststellen konnte, an dieser Stelle noch nie zuvor gewesen zu sein.
‚So was langweiliges, nicht mal Bilder an den Wänden! Welcher Mensch richtet sich sein Haus denn bitte so trist und unwirtlich ein?' wunderte sie sich. Noch nie zuvor war sie in einer so merkwürdigen Umgebung gewesen, aber sie war ja auch noch niemals vorher entführt worden, da war es wohl nur natürlich, dass sie sich nicht so schnell wie sonst an diese Sache gewöhnen konnte.
‚Irgendwie kommt mir das aber doch bekannt vor. Ob ich schon mal hier gewesen bin?' fragte sich Gwen. Sie glaubte sich dunkel an so einen Ort erinnern zu können, aber diese alten riesigen Häuser waren sich doch alle in irgendeiner Weise ähnlich!
‚Also weitergehen bringt ja wohl nichts mehr, von hier hat mich Robin bestimmt nicht geholt. Dann wieder zurück.' Verzweifelt sah Gwen sich um. Sie wusste zwar in etwa, aus welcher Richtung sie gekommen war, hatte aber keine Ahnung, welcher der drei Gänge es nun gewesen war. Auf gut Glück probierte sie den in der Mitte. Nur der konnte es nicht gewesen sein. Schon nach kurzer Zeit stand sie vor eine massiven Steinmauer.‚Nein, da bin ich wohl eher nicht durchgekommen. Scheint unwahrscheinlich.' Sie machte kehrt auf dem Absatz und ging zur Kreuzung zurück. Dort wieder angekommen entschied sie sich für den Gang zu ihrer Linken. Doch dieser schein nicht enden zu wollen und nach einer halben Ewigkeit stand sie wieder an einer Kreuzung. ‚Moment mal, war ich nicht schon einmal hier?' erstaunt blickte sie sich um und stellte dann gefrustet fest, dass sie im Kreis gelaufen war. So stand sie nun also schon wieder da und überlegte, von wo sie gekommen war. Sie war links hineingegangen und rechts wieder heraus gekommen. Und in der Mitte hatte sie es auch schon probiert. Aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie nicht von vorne gekommen war. Das war ja nicht möglich! Trotzdem versuchte sie es einfach mal. Es war möglich, dass sie schon wieder im Kreis lief, weil sie ständig links abbiegen musste, aber nie nach rechts ging. Eine halbe Ewigkeit, so kam es ihr vor, lief sie nun schon. Groß verändert hatte sich das Bild um sie herum nicht. Noch immer gab es keine Bilder an den Wänden und Fenster auch nicht. Sie musste sich also eher mittig in dem Gebäude befinden, doch wo? An unzähligen geschlossenen Türen kam sie vorbei, doch nie ließ sich eine öffnen. Es war zum verrückt werden!

'Wollen wir ihr nicht langsam mal wieder da raus helfen?'
'Wozu denn? Sie hätte doch auf dich warten können. Stattdessen ist sie einfach so los gestürmt. Das hat sie nun davon.'
'Mensch Ian, nun sei doch mal nicht so hart zu der Kleinen!'
'Ich weiß dass ich ein Mensch bin, das brauchst du mir nicht zu sagen.'
'Manchmal bin ich mir da nicht mehr so sicher. Du warst zwar früher mal einer, aber ich glaube das Wolfsblut tut dir nicht gut.' wandte Robin zweifelnd ein.
'Ja, vielleicht hast du recht, aber sie muss lernen, dass es hier besser für sie ist, nicht alleine loszurennen. Es könnte gefährlich werden. Wenn sie den Ausgang finden sollte, dann kann ich sie nicht mehr schützen und wer weiß, was Kamelia alles mit ihr anstellt, wenn sie sie in ihre Finger kriegt.'
'Jaja, aber ich finde trotzdem, dass es reicht. Lass es für heute gut sein und hol sie da wieder raus.'
'Vielleicht solltest du das besser tu. Ich weiß nicht, ob sie sonderlich gut auf mich zu sprechen ist, immerhin habe ich sie entführt. Möglicherweise ist sie ja nachtragend.'
'Tja, Ian, ich würde sagen: Find es doch einfach mal heraus!'
'Du kannst manchmal echt fies sein, weißt du das?'
'Ja, ich weiß, aber nicht gemeiner als du.' erwiderte Robin lachend.
Gwen lief unterdessen immer weiter und weiter, doch der Gang schein einfach kein Ende nehmen zu wollen. Mit der Zeit fing sie echt an zu zweifeln. Normalerweise hatte sie einen verdammt guten Orientierungssinn, doch dieser ließ sie heute schmählich im Stich und so irrte sie blind durch das Monstrum von Haus weiter, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, in welcher Etage sie sich eigentlich befand.
‚Hey, gute Frage, wie viele Stockwerke hat das Haus denn?'
Je weiter sie ging, desto seltener wurden die Türen und bald gab es auch keine Fackeln mehr, die an den Wänden hingen. ‚Überhaupt, Facklen. Tiefstes Mittelalter ist das hier. Nicht mal elektrisches Licht und von Notausgängen haben die wohl auch noch nie was gehört!' schimpfte Gwen vor sich hin. Wenige Schritte später schon, hingen gar keine Fackeln mehr an den Wänden, also ging sie ein paar Meter zurück und nahm sich eine von der Wand. Diese hoch in die Luft hinauf haltend ging sie in die Dunkelheit hinein. Etwa einen Kilometer Laufzeit später, so erschien es ihr jedenfalls, kam Gwen an eine Treppe, die, oh Wunder, nach oben führte. Erfreut über diesen unerwarteten Fund stieg sie mit neuem Elan die Treppe hinauf. Vielleicht würde sie ja bald wieder vor ihrer Tür stehen oder wenigstens von dem Raum, in dem sich Ian und Robin befanden, dann könnte sie zumindestens die fragen, wie sie wieder zurück kam. Doch so sollte es nicht sein. Die Treppe führte immer weiter hinauf und keine Gang zweigte ab, nicht einmal eine Tür gab es, die nach links oder rechts führte. ‚Egal wohin, Hauptsache weg von dieser verfluchten Treppe!' dachte Gwen. Mittlerweile war sie bestimmt schon an die 50 Meter nach oben gelaufen, doch so weit war sie nun wirklich nicht runtergegangen! Da war sie sich eigentlich ziemlich sicher.
‚Was ist das denn? Langsam müsste ich doch jetzt mal oben sein. Das gibt es doch gar nicht! Bin ich hier vielleicht im Wunderland? Ich bin doch nicht Alice, verdammt, holt mich hier raus!' dachte sie wütend.

In der Zwischenzeit traf die Polizei bei Gwens Eltern ein.
'Guten Tag. Wer von Ihnen allen hatte uns gerufen?' fragte Antoine.
'Hier, ich!' rief Ilona, die die weinende Elvira zu ihrem Mann ins Haus verfrachtet hatte. Sie würde sich um alles kümmern hatte sie zu ihr gesagt und sie zusammen mit Wilbur ins Wohnzimmer geschickt. Der hatte seiner Frau einen Tee gekocht und nun hatte sie sich wieder halbwegs eingekriegt.
'Wer sind Sie?' fragte der Polizist die geistesabwesende Ilona.
'Äh- wie? Ach so, Ilona Mercer. Ich bin Reporterin, aber diesmal geht es um ein verschwundenes Mädchen. Sie ist die Freundin meiner Tochter und gestern Abend von zu Hause abgehauen. Wir haben schon in der Stadt und im Wald nach ihr gesucht, aber wir haben sie nicht finden können und da hielt ich es für ratsam, die Polizei zu verständigen.''Sehr gut, wer wird denn vermisst?' fragte der gutaussehende Beamte sie.
'Gwenaell Hoffmann, die Tochter von Elvira und Wilbur Hoffmann.' antwortete sie. Antoine fiel vor Schreck fast in Ohnmacht, als er hörte, dass Gwen verschwunden war. Hatte er doch damals ihrer Mutter versprochen gut auf sie aufzupassen. Wenn Lilliane noch leben würde, dann würde sie ihm jetzt den Hals umdrehen, aber er könnte sich ja auch selbst dafür ohrfeigen, dass er nicht besser auf ihre Tochter aufgepasst hatte.
'Geht es Ihnen nicht gut? sie sehen so blass aus.' Holte ihn Ilona aus seiner Gedankenwelt zurück in die Wirklichkeit. Besorgt sah sie Antoine an. ‚Was hat er denn nur? Es scheint ja fast so, als wäre Gwen seine Tochter. Hm, eigentlich gar nicht so abwegig. Elviras Tochter ist sie jedenfalls nicht.' grübelte Ilona und wurde nun ihrerseits von Antoine aus ihren Überlegungen gerissen.
'Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Also, wann haben Sie das Mädchen denn zuletzt gesehen?' fragte er sie.
'Das ist schon eine Weile her, aber ihre Eltern haben sie gestern Abend das letzte Mal gesehen. Bevor sie losgefahren sind zum Theater. Meine Tochter hat gestern ihren Geburtstag gefeiert und Gwen wollte eigentlich auch kommen. Ihre Eltern haben es ihr aber verboten, weil sie noch Hausarrest hatte und sind dann weggefahren. Irgendwann über Nacht muss sie dann wohl aus dem Fenster geklettert sein. Heute Morgen hat Elvira mich ganz aufgelöst angerufen und mich gefragt ob Gwen bei mir wäre, was sie natürlich nicht war.' berichtete sie.
'Wieso ist sie denn aus dem Fenster geklettert? Sie hätte doch auch einfach zur Tür hinausgehen können.'
'Die war abgeschlossen und ihre Zimmertür auch. Ihr Vater sperrt sie immer ein, damit sie auch ja ordentlich ihre Hausaufgaben macht und für die Schule lernt, aber ich will jetzt nicht schlecht über Wilbur reden. Er ist kein schlechter Mensch, nur etwas eigen.'
'Aja. Haben Sie oder hat ihre Tochter mit der Vermissten telefoniert? So gegen Abend?''Loreen hat mehrmals versucht sie anzurufen, aber erst ging sie nicht ans Telefon und dann war ihr Handy abgeschaltet.'
'Hat sie das gewundert?'
'Ja, sehr sogar. Gwen stellt ihr Handy nämlich niemals ab. Das kam uns dann schon komisch vor, aber wir haben das dann nicht weiterverfolgt. Loreen war sauer, weil Gwen sie anscheinend versetzt hatte und ich war zu sehr damit beschäftigt die Möbel im Auge zubehalten. Sie wissen ja sicherlich wie das bei Jugendlichen ist. Diese schrecklich lauten Parties und wenn man nicht aufpasst, geht schnell mal was zu Bruch.'
'Aber Sie als Reporterin hätten sich doch denken können, dass der Mörder bei Vollmond möglicherweise wieder zuschlägt. Haben Sie sich denn gar keine Sorgen um Gwenaell gemacht?'
'Doch, ich war schon beunruhigt, aber wir hatten doch auch alle viel zu viel Angst, dass der Mörder uns vielleicht erwischen könnte.'
'Aber sie wären in der Überzahl gewesen. Glauben Sie, da hätte er es riskiert Sie anzugreifen?'
'Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Man weiß ja nie, was diesen Menschen so um Kopf herum schwirrt.'
'Hm...' ‚Hoffentlich lebt Gwen noch, wenn nicht wird mir Lillie das niemals verzeihen. Sie würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie davon wüsste.'
'Was hm?' fragte Ilona ungeduldig. Langsam ging ihr diese Fragerei gewaltig auf die Nerven. Na klar, sie hätte nachsehen sollen, ob bei Gwen alles in Ordnung war, aber sie hatte Angst gehabt und sie hatte eigentlich auch nicht geglaubt, dass Gwen es fertig bringen würde, einfach von zu Hause wegzulaufen. Obwohl, Gwen war ja schon immer anders als die Anderen gewesen. Sie besaß Charakterstärke und ließ sich von niemandem etwas sagen, wenn es nicht gerade ihre Eltern waren und auch die konnten sich oft was von ihr anhören. Nein, Gwen konnte gut auf sich alleine aufpassen.
'Nichts, ich habe nur gerade etwas überlegt. Sagen Sie, wo haben Sie denn schon überall nach Gwenaell gesucht?' fragte Antoine sie plötzlich.
'Also, wir haben bei der Schule gesucht, im Wald, in der Stadt und auch bei den Feldern.''Wieso im Wald? Meinen Sie etwa, sie könnte mitten in der Nacht in den Wald gegangen sein?' fragte der Polizist ungläubig.
'Gwen war früher sehr oft im Wald und sie kennt ihn besser als jeder andere in der Stadt. Der Wald war praktisch ihr zweites Zuhause, als sie noch jünger war. Das war bevor ihr Vater sie nach der Schule immer eingesperrt hat, damit sie lernt und nur Einsen mit nach Hause bringt. Zweien werden von Wilbur nicht akzeptiert. Er greift da ziemlich hart durch.'
'Wollen Sie damit andeuten, dass er sie geschlagen hat?'
'Oh ja, das kam schon manchmal vor, aber eher selten.' sagte Ilona.
'Das wäre doch auch ein Grund für Gwenaell gewesen um wegzurennen, oder? was wenn ihr Vater sie gestern Abend wieder geschlagen hat?' mutmaßte Antoine.
'Ich glaube eigentlich nicht. Das letzte Mal liegt schon ein paar Jahre zurück und damals hat Elvira ihm gedroht, sich von ihm scheiden zu lassen, wenn er das noch einmal tun würde.''Mhm...' diese Ilona gefiel ihm. Sie sagte ihm genau das, was er wissen musste, aber er konnte sich trotzdem immer noch keinen reim darauf machen, warum Gwen aus dem Fenster geklettert war. ‚Klar, sie wollte sicherlich zum Geburtstag ihrer Freundin, doch warum erst so spät? Warum nicht gleich, nachdem ihre Eltern weg waren?'

Wütend schleuderte Gwen die Fackel gegen die Wand. Es reichte ihr. Seit bestimmt zwei Stunden war sie schon in diesem vermaledeiten Haus unterwegs und noch immer war sie nicht wieder bei ihrem Zimmer angekommen. Die Treppe nahm kein Ende und Türen oder Fenster gab es auch nicht. ‚Wer baut sich nur ein Haus ohne Fenster und Türen? Der muss doch bescheuert sein, dieser Ian, oder zumindest die Leute, von denen er das Haus hat, müssen es sein. Anders lässt sich der Murks wirklich nicht erklären.' Grummelte Gwen in sich hinein. Zu ihrem Pech war die Fackel ausgegangen, die sie gegen die Mauer geworfen hatte. Jetzt stand sie im Dunkeln. Das machte es ihr nicht gerade einfacher einen Ausweg zu finden, aber sie war fest dazu entschlossen nicht aufzugeben. Sie hatte nich nie so leicht aufgegeben, sie würde es auch jetzt nicht tun. Es blieb nur die Frage, wie lange würde sie noch hilflos durch das Haus irren müssen, bis sie einen Weg nach draußen fand. Da sie nun nichts mehr sehen konnte, musste sie sich auf ihre Ohren und ihren Tastsinn verlassen. Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang hinauf. Immer eine Stufe nach der anderen. Solange, bis keine mehr kommen würde. Nach einer Weile wurden die Stufen immer weniger und schon bald kamen gar keine mehr. Sie war also endlich am Ende der Treppe angelangt. Behutsam schlich sie weiter vorwärts. Die Hände immer schön an der Wand entlang, bis sie auf einmal auf etwas weiches trafen. Verduzt blickte Gwen in die Dunkelheit. ‚Was war das?' sie fühlte noch einmal nach. Ja, da war wirklich etwas. Etwas warmes und weiches und irgendwie lebendiges. Ganz geheuer war ihr das nicht gerade. Langsam zog sie ihre Hand zurück und tappte zur gegenüberliegenden Wand. Dort blieb sie stehen und starrte angestrengt in die Finsternis. Ganz weit sperrte sie ihre Ohren auf. Sie war sich sicher, dass sie eben etwas gehört hatte, ein leises Atmen oder Luftholen. Das war wirklich unheimlich. ‚Hätte ich doch bloß die Fackel nicht weggeworfen!' verfluchte sich Gwen. Im Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher, als ein Licht. Auf einmal spürte sie eine Lufthauch im Gesicht und drückte sich weiter gegen die Wand in ihrem Rücken. Dann schrie sie plötzlich auf.







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