Eine zweite Chance Teil 1

Autor: Dani
veröffentlicht am: 15.07.2007




Ich saß allein in einem klapprigen Reisebus, der mich in mein neues Leben bringen sollte. Ich hatte Kopfhörer auf und ließ eine Ballade nach der anderen auf mich ein rieseln, dabei dachte ich über mein bisheriges Leben nach.

Mein Vater war früh gestorben und ich kann mich kaum noch an ihn erinnern. Lange Zeit haben meine Mutter, die eine sehr erfolgreiche Geschäftsfrau ist, alleine gelebt und es war eine schöne Zeit, auch wenn ich oft allein war. Vor einem Jahr aber, hat meine Mutter dann diesen Mann kennen gelernt. Er ist ein richtiges Ekel, ein Monster, dass mich nicht leiden kann. Immer wider hatte er mich so provoziert, dass ich wütend geworden bin und irgendetwas dummes angestellt habe. Ich gebe ja zu, dass ich mich nicht hätte so reizen lassen sollen, aber es war nun mal so. Ich kam mit Detlef einfach nicht klar. Das sagte ich auch meiner Mutter, aber die sah die Welt durch eine rosarote Brille und wollte nichts negatives über ihre neue Große Liebe hören.
So kam es, dass ich mich immer mehr zurück zog. Ich wollte nichts mehr von meinen Freunden wissen, die Detlef alle total nett und sympathisch fanden. Wann immer es ging versuchte ich meiner Mutter und diesem Monster weh zu tun. Nun hatte ich die Quittung bekommen.
Kurzer Hand hatte Detlef es durchgesetzt, dass meine Mutter mich auf so ein Nobelinternat in die Schweiz schickte. Ich weiß, dass er es war, der sie dazu gedrängt hat, denn sie hätte so was niemals gemacht. Wie konnte sie nur ihm mehr glauben als mir? Ihrer eigenen Tochter?

Jetzt sollte ich also zwei Jahre in der Schweiz verbringen, bei Leuten, die ich noch nie vorher gesehen habe. Na die werden noch ihr Blaues Wunder erleben!

Ich werde auf gar keinen Fall jetzt das liebe und nette Mädchen spielen, auch wenn meine Mutter eine Menge Geld für dieses Internat bezahlt. Ich wollte ja nicht dahin und außerdem hat sie eh genug Geld dazu, also was solls?

Wahrscheinlich wird es ihr gar nicht auffallen, dass ich nicht mehr da bin, sie hatte ja noch nicht einmal die Zeit gefunden mich zu fahren. Detlef hatte sie zu einem Theaterbesuch eingeladen und so wurde ich einfach mit meinem Gepäck in einen Bus gesetzt und fertig.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, als der Bus anhielt. Das war es also, das berühmte Internat Silbersee.

Ich erhob mich von meinem Sitz und wartete, bis der Busfahrer mein Gepäck ausgeladen hatte. Dann drehte ich mich um und sah eine Gruppe von Erwachsenen und zwei Jungs, die vielleicht ein oder zwei Jahre älter waren als ich auf mich zukommen.
'Ahh, da ist sie ja schon, die neue Schülerin Vivien Lühr.', sprach einer der Männer und sah auf einen Notizblock, den er in der Hand hielt. Er ist der Direktor des Internats, und ließ es sich nehmen, die neue Schülerin persönlich Willkommen zu heißen. Bei ihm waren meine neue Klassenlehrerin Frau Dall und der Vetrauenslehrer Herr Klint. Hinter den drei Lehrern gingen Jonathan und Sebastian, die von dem Direktor beauftragt wurden, der Neuen mit dem Gepäck zu helfen und mir das Internat zu zeigen.
'Man oh man, die Neue ist ja eine richtige Sahneschnitte', flüsterte Sebastian Jonathan zu und betrachtete wohlwollend meine schlanken Beine und meine wunderschönen langen braunen Haare. Jonathan nickte zustimmend und setzte sein schönstes Lächeln auf, als sie mich erreichten.

Aha, das ist also das Begrüßungskommitee dachte ich grimmig und setzte mein undurchdringlichstes Gesicht auf.'Guten Tag, Fräulein Vivien', wurde ich von dem Direktor begrüßt. Er schüttelte mir die Hand und ich presste ein gezwungenes 'Hallo' heraus.

Der Reihe nach stellte der Direktor sein Gefolge vor. Vertrauenslehrer??? Dachte ich, ich bin doch kein Fall für einen Psychologen!

Selbstbewusst nickte ich allen Anwesenden zu und marschierte dann in Richtung des Gebäudes davon. Ich überließ es Jonathan und Sebastian mein Gepäck herbei zu schaffen, die mir gemeinsam mit den Lehrern verblüfft hinterher starrten.

Dann setzten auch sie sich in Bewegung und folgten mir in Richtung des Internats.

Man wie lange brauchen die Trottel denn mit meinem Gepäck, ich will mich hinlegen. Endlich da kommen sie ja.
'So Fräulein Vivien. Ich denke sie sind interessiert, das Gebäude kennen zu lernen. Die beiden jungen Herren hier haben sich dazu bereit erklärt, dich herum zu führen.', kam es nun vom Direktor.

'Ja, das ist wirklich seehr nett, aber mich interessiert diese verstaubte Ruine nicht die Bohne. Ich will auf mein Zimmer und zwar sofort!', sagt Vivien mit zuckersüßer Stimme.Überrascht sahen mich alle an. Ja, sollt ihr doch sehen, was ihr davon habt, dass ich hier sein muss!
Als diese Spinner es endlich geschaffte hatten ihre Münder wieder zu zuklappen, schafften sie es, mir mein Zimmer zu zeigen. Sie stellten meine Koffer in der Mitte des Raumes ab und ich machte die Tür hinter ihnen zu, ohne noch ein Wort zu verlieren.
Ich sah mich in dem Raum um und musste zugeben, dass er recht hübsch eingerichtet war, doch was mich stutzig machte, war, dass er noch ein zweites Bett gab. Oh nein, hieß das etwa, dass ich mein Zimmer teilen musste?

Meine frage wurde beantwortet, als die Zimmertür aufging, und ein hübsches blondes Mädchen in meinem Alter eintrat. Sie strahlte über das ganze Gesicht und sagte: 'Oh toll, du musst Vivien sein. Ich bin Lena, deine Zimmergenossin, wir werden uns sicher sehr gut verstehen und gute Freunde', plapperte sie. Mein Gott, jetzt musste ich zu allem Übel auch noch mit so einer Labertasche zusammen wohnen. Ich murrte eine Antwort und schleifte meine Koffer zu meinem Schrank um auszupacken. Lena tat das gleiche, wobei sie die ganze Zeit ein Lied vor sich hin pfiff.

Die Melodie kam mir bekannt vor und zögernd fragte ich sie:' Sag mal, was pfeifst du denn da?'
'Ach nur so ein Lied, was ich auf der Fahrt hierher gehört habe', antwortete sie.

Schweigend räumten wir unsere Sachen weiter in die Schränke, bis sie irgendwann fragte:' Du bist nicht freiwillig hier, oder?' Ich schluckte und antwortete: ' Nein, der Freund meiner Mutter hat es geschafft, dass sie mich hierher schickt'

Ich setzte mich auf mein Bett und vergrub mein Gesicht in den Händen. Tränen stiegen mir in die Augen, und ich ließ ihnen freien Lauf. Lena erhob sich und setzte sich neben mich. Sie legte mir den arm um die Schulter und tröstete mich. Zögerlich begann ich ihr die ganze Geschichte zu erzählen. Ich wunderte mich, wie gut es tat, all das jemandem zu erzählen.Lena hörte schweigend zu, jedoch ohne die Umarmung zu lösen. Das war der Anfang unserer Freundschaft, auch wenn ich mir vorgenommen hatte, niemanden mehr an mich heran zu lassen.

Am Abend gingen wir gemeinsam zum Abendessen und setzten uns an einen freien Tisch.Das Essen schmeckte halbwegs gut und ich merkte jetzt erst, welch einen Hunger ich hatte.Entgegen meiner Erwartung konnte ich an diesem Abend gut einschlafen.

-Fortsetzung folgt-







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