Sehnsucht & nächtlicher Zufall Teil 1

Autor: Johanna
veröffentlicht am: 02.05.2007




Es regnete. Camille sass zusammengekauert in einer dunklen Ecke ihres Zimmers. Sie lauschte dem Prasseln des Regens, der an die Scheiben trommelte. Sie sass ganz allein, im Dunkel der Nacht, eingeschlossen in ihrem Zimmer und weinte stumme Tränen. Ihr war kalt doch sie wollte so sitzen bleiben, immer so sitzen bleiben und nie mehr aufstehen. Getrennt von der Aussenwelt, von der sie zu entfliehen versuchte. Ihr Herz schmerzte und doch tat es unbeschreiblich gut, so da zu sitzen und zu weinen. Einfach zu weinen, gedankenversunken den Schmerz des Lebens zu spüren. Sie fühlte sich frei, sie konnte es sich nicht erklären, doch auch wenn sie noch so traurig war, die Welt nicht verstand, so fühlte sie sich seit langem erstmals wieder richtig lebendig. Lange hatte sie nicht mehr solch ein starkes Gefühl empfunden, einfach vor sich hingelebt, ohne grosse Aufregung und Spannung, wie auch ohne Kummer und Trauer. Die Monotonie des Alltags schien sie zu erdrücken und nun war alles so befreiend. Sie weinte allen Seelenschmerz aus sich heraus. Das Herz pochte, die Augen brannten, die Sehnsucht glühte.
Jemand klopfte an ihre Tür. Schnell wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und fragte mit so gefasster Stimme wie möglich: 'Ja, was ist?'. Ihre Mutter antwortete: 'Mach auf! Was ist los?'. Camille erwiderte nun gereizt, in ihrer Trauer gestört zu werden: 'Das geht jetzt nicht, was ist denn?'. 'Weisst du was, vergiss es!', hörte sie ihre Mutter genervt sagen und lauschte ihren Schritten, die noch lange auf der knarrenden Treppe zu hören waren. Endlich war sie wieder für sich alleine. Nun konnte sie sich wieder ganz allein ihrer Trauer hingeben, ohne dass Jemand davon Notiz nahm. Doch nun war die Stimmung irgendwie zerstört und unglücklich schaltete sie das Licht an.
Im Spiegel sah sie ihr verheultes Gesicht und trocknete nun vollends jede Träne auf ihren Backen weg. Die, auf eine Art schöne Verzweiflung von vorhin, war wie weg und nun blieb nur noch unerträgliche Unschlüssigkeit und die Wut auf die ganze Welt.
Sie verharrte noch einige Momente vor dem Spiegel, dachte über sich nach, währen sie ihr Gesicht anblickte und schlüpfte dann unter die warme Bettdecke.

Es waren Ferien und Camille hatte keine besonderen Pläne. Sie ging weder fort noch besuchte sie ihre Grosseltern oder so was in der Art. Die meisten ihrer Kollegen waren weggefahren und sie stellte sich schon auf eine langweilige Ferienwoche mit sich alleine ein. Mit Gedanken an Reto und dem dazugehörigen Schmerz. Immer und immer wieder geisterte er in ihrem Kopf rum, schon seit fast einem ganzen Jahr. Sie hatte schon Monatelang nichts mehr von ihm gehört oder gesehen und das machte sie wahnsinnig. Einerseits wünschte sie sich wirklich riesig, ihn wieder zu sehen und zu treffen, andererseits hatte sie auch ein wenig Angst davor, da sie keine Ahnung hatte, wie er über sie dachte. Jedes Mal wenn sie an seinem Haus vorbei ging, hoffte sie zufällig auf ihn zu treffen. Sie hoffte immer noch, nach so langer Zeit.

An einem Freitagabend schaffte sie es dann doch einige Kollegen und Freunde zusammen zu trommeln und verbrachte mit ihnen einen schönen Abend. Mit Alkohol und genug zum rauchen warf sie sich in eine gute Stimmung und versuchte Reto zu vergessen. Doch auch dann ging es nicht...nicht mal dann. Sie war nicht deprimiert oder so, wie wünschte sich einfach, er wäre jetzt hier bei ihr und würde den Abend mit ihr verbringen,
Auf dem Heimweg machte sie wie so oft den Umweg, der an seinem Haus vorbei ging. Sie ging durch die dunklen Strassen, lauschte dem bedrohlichen rauschen der Bäume. Immer wieder glaubte sie ein Geräusch gehört zu haben und sah dann vorsichtig nach ob da wer kam. Doch da war nichts. Blosse Einbildungen, Hirngespinste der Nacht. Doch da war doch etwas. Etwas bewegte sich da im Dunkel. Doch bevor Camille überhaupt beginnen konnte, sich zu fürchten tauchte eine dunkelbraune, schlanke und zierliche Katze an ihrer Seite auf. Camille freute sich über die Gesellschaft hier mitten in der Nacht und begann vorsichtig den nächtlichen Streuner zu streicheln. Die Katze wand sich sichtlich beglückt doch nach einiger Zeit wich sie der Hand immer öfters aus und Camille lief weiter. Die Katze folgte ihr. Als sie wieder auf gleicher Höhe waren, schnurrte die Katze zum Zeichen, dass sie gerne wieder gestreichelt würde, was Camille tat. Nach weiterem Ausweichen setzte sie ihr Weg zum zweiten Mal fort und rechnete nicht damit, die Katze würde ihr nochmals folgen. Sie war jetzt schon einige Meter von Retos Strasse entfernt als die Katze plötzlich wie ein Blitz von hinter hervor geschossen kam und vor ihr stehen blieb. Nun bückte sich Camille zu ihr hinab und fing von neuem an, die Katze von Kopf bis Schwanz zu streicheln. Da hörte sie wie sich langsam Musik näherte. Jemand kam da die Querstrasse entlang, der offensichtlich Musik hörte.
Camille traute ihren Augen nicht, als Reto, leicht torkelnd und mit seinem Handy, das die Musik spielte, vor ihr auftauchte. Sofort erhob sie sich und rief seinen Namen. Er sah sie an, ging dann aber ohne Reaktion in Richtung seines Hauses weiter. Camille, nicht gerade begeistert, rief nochmals und nochmals doch Reto reagierte nicht.

Niedergeschlagen sass sie auf eine kleine Mauer und dachte nach. Sie wollte weinen, so war doch gleich ihre Liebe an ihr vorübergegangen ohne sie zu bemerken oder auf sie zu reagieren. Sie stellte sich die Frage, ob er das extra machte, ob er sie nicht sehen wollte oder das Gefühl geben wollte, sie bedeute nichts für ihn, oder ob er einfach zu betrunken war um was wahrzunehmen. Hätte sie ihm nachgehen sollen? Sich ihm hätte in den Weg stellen und ihn die vielen Fragen, die sie schon so lange quälten, fragen sollen. Und da beschloss sie, etwas zu unternehmen, stand auf und ging zurück zu seinem Haus.







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