Abschied

Autor: Kartoffel
veröffentlicht am: 09.07.2006




'Aber Mama! Ich liebe ihn!! Und er liebt mich!', schrie ich meiner Mutter aufgebracht entgegen. 'Das ist mir scheißegal! Ich verbiete dir jeglichen Umgang mit diesem Jungen, hast du mich verstanden, Hannah?!', brüllte meine Mutter zurück.
Seit Tagen schon hatten wir Stress. Ich war nämlich seit neuestem mit Maik zusammen und das passte meiner Mutter so überhaupt nicht. Bloß weil er als 'Problemkind' galt. Er hat letztes Jahr nach der 10. die Schule geschmissen um mit seinem Kumpel eine Videothek zu eröffnen. Und er hat mal ziemlich viel Scheiße gebaut, aber die Zeiten sind vorbei, das hat er mir geschworen. Er wohnt im gleichen Häuserblock wie wir und einmal als ich gerade vom Einkaufen kam und den Katzenstreu für unsere Katze Choco hoch tragen wollte, hab ich das Gleichgewicht verloren und bin die Treppe rückwärts wieder runtergestolpert und direkt in seine Arme gefallen. Ich weiß, es klingt kitschig, aber es war Liebe auf den ersten Blick. Ich konnte es nicht fassen, dass dieser Junge mir früher noch nie aufgefallen war! An dem Tag jedenfalls hat das mit uns angefangen. Wir trafen uns, gingen spazieren oder Eis essen oder taten sonst irgendwas. Irgendwann hat er mich dann zum ersten Mal geküsst und es war... einfach unbeschreiblich!! Seine weichen, warmen Lippen auf meinen zu spüren, war das schönste, was ich je erlebt habe! Dachte ich zumindest bis vorgestern. Vorgestern hatte ich, wie ich dachte, sturmfrei, da meine Mutter, sie ist Krankenschwester, eigentlich Spätschicht hatte. Jedenfalls lud ich Maik zu mir nach Hause ein, wir machten es uns auf meinem Bett gemütlich und guckten uralte schwarz-weiß Filme. Irgendwann beugte er sich zu mir und fing an mich zu küssen. Dann spürte ich plötzlich seine Hand unter meinem T-Shirt. Das wäre sicher noch schöner geworden als der eine Kuss, doch leider wurde nicht mehr draus, da in diesem Moment meine Ma rein kam, die früher Schluss bekommen hatte, da nichts los war. Sie schmiss Maik sofort aus der Wohnung und fing an mich anzuschreien, was mir denn einfiele mit 16 schon solche Sachen zu machen und dann auch noch mit Maik Henkels! Und mit wem ich es davor schon getrieben hätte und alles so was worüber besorgte Mütter sich halt aufregen. Ich hab ihr jedenfalls meine Tür vor der Nase zu geknallt, abgeschlossen und mich schlafen gelegt. Den nächsten Tag, gestern, ein Samstag, habe ich dann komplett mit Maik verbracht, damit ich nicht mit meiner Mutter reden musste. Natürlich hat sie das nur noch saurer gemacht. Und jetzt muss ich mir so was anhören! Pah, als ob sie mir den Umgang mit Maik verbieten könnte! Wie will sie das denn machen?
'Vergiss es Mama, ich lasse mir Maik nicht wegnehmen!! Was hast du denn überhaupt gegen ihn? Seine -Mist-bau-Zeiten- sind vorbei! Glaub mir! Du kannst mir nicht verbieten ihn zu sehen!', ereiferte ich mich. Meine Ma guckte mich spöttisch an. 'Ach nein? Ha! Oh doch meine Liebe, das kann ich!!! 1. Du bekommst zwei Monate Hausarrest und 2.Wir ziehen um! Nach Bremen zu Ralf! Das wollte ich sowieso schon seit Wochen mit dir besprechen!'Ich war sprachlos. Tränen stiegen mir in die Augen. Ralf, das ist Ma's Freund. Er arbeitet in Bremen und pendelt immer. Also am Wochenende. Bremen... Das ist bestimmt 150 km von hier entfernt! Wie sollte so die Beziehung zu Maik weitergehen?? Er hatte mir schon oft gesagt, dass er nichts von Fernbeziehungen hält... Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Meine Ma lachte wie eine Irre! 'ICH HASSE DICH!!', brüllte ich und rannte in mein Zimmer. Sie versuchte erst gar nicht mir nach zu kommen, trotzdem schloss ich ab. Ich griff mir Choco der auf meinem Bett lag und heulte ihn voll, als es plötzlich am Fenster klopfte. Ich blickte auf und da stand... Maik!! Ich stürmte zum Fenster riss es auf und viel ihm in die Arme. 'Hey meine Süße, was ist denn los?', fragte er,als er sah das ich weinte und strich mir zärtlich über die Haare. Er nahm mein Kinn in seine Hände, drückte sanft meinen Kopf hoch und blickte mir tief in die Äugen. 'Was hast du? Ist es wegen deiner Mutter?' 'J...Ja...Sie, sie will nicht, sie will... das ich dich nicht mehr sehe…', flüsterte ich schluchzend. 'Sie glaubt, du hättest einen schlechten Einfluss auf mich! Und und jetzt, jetzt will sie mit mir nach Bremen zu Ralf ziehen! Nach BREMEN!' jammerte ich weiter. Ralf blickte mich an. 'Ihr tut was?? Nach Bremen?!? Aber das… das… Puh…Bremen…Wow…' Ihm fehlten die Worte. Er riss sich jedoch zusammen 'Aber das ist doch alles sicher noch nicht sicher, oder? Lass uns mal nicht den Teufel an die Wand malen! Wir sind doch Optimisten, oder mein kleiner Schnubbs?', fragte er neckisch und küsste mich auf die Nase. Ich schluckte. 'Bestimmt nicht...', stimmte ich ihm zu, obwohl ein Teil von mir schon jede Hoffnung aufgegeben hatte. Der Teil, der wusste, wie überstürzt meine Ma handeln konnte. Das sagte ich ihm jedoch nicht. Ich wollte jetzt einfach nur mit ihm hier sitzen und den Augenblick genießen. 'Ist deine Tür abgeschlossen?', fragte er plötzlich. 'Ähm, ja, wieso?' Er grinste und beugte sich auf meinem Bett über mich. 'Sehr gut...', hauchte er mir ins Ohr, bevor seine Hand erneut unter mein T-Shirt glitt. Es war so ein gutes Gefühl! Ich fuhr mit meinen Händen über seinen Oberkörper und streifte ihm sein T-Shirt ab, während er meinen BH öffnete. Er küsste meinen ganzen Oberkörper und glitt immer weiter nach unten... Er war so zärtlich! Plötzlich fühlte ich seine Hand in meinem Slip! Ich konnte nicht mehr und fing an zu stöhnen. Das musste meine Mutter gehört haben, denn sie klopfte wild gegen meine Tür. 'Hannah? Bist du alleine da drin?? Ist dieser Maik da? Verschwinde bloß!! Und Hannah, mach sofort die Tür auf!!', schrie sie. 'Nein Ma, er ist nicht hier, ich bin allein, ich bin bloß gegen das Tischbein gelaufen!', rief ich zurück, doch es musste sich immer noch sehr gestöhnt anhören, denn sie ließ nicht locker. 'MACH SOFORT DIE TÜR AUF!! Oder ich breche sie auf!!!' brüllte sie. Ich blickte zu Maik. 'Geh, schnell!' und sprang zur Tür. Leider hatte ich übersehen, dass ich meinen bh auf dem Bett hatte liegen lassen. Als meine Mutter ihn sah tickte sie vollkommen aus. 'WAS FÄLLT DIR EIN?!?!?', kreischte sie und schlug mir auf die Wange. Ich sackte auf den Boden, ich wusste gar nicht, was für eine Kraft sie hat! Es tat ihr sichtlich Leid, als sie mich auf dem Boden liegen sah und so sagte sie um ihr Gewissen zu bessern: 'Sieh mal Hannah, es ist doch nur für dich! Ich als deine Mutter muss dich vor solchen Jungen schützen! Er will dich doch nur flachlegen!' ' Nein Mama! So einer ist Maik nicht! Er liebt mich wirklich! Und ich ziehe nicht mit dir nach Bremen!!', entgegnete ich ihr. Sie schaute betreten drein. 'Ich fürchte du musst. Morgen holt Ralf uns ab. Unsere Sachen kommen nach. Keine Widerrede! Du kommst mit!!'
Ich konnte es nicht fassen! Hinter meinem Rücken! Dieses miese Stück! Wieder stiegen Tränen in mir auf. 'WIE KANNST DU MIR DAS ANTUN, MAMA?! RAUS HIER!!!', schrie ich sie an. Sie blickte mich noch kurz an und schloss dann die Tür hinter sich. Mir war jetzt alles egal, ich kletterte aus dem Fenster und stieg die Feuerleiter hoch zu Maiks Balkon. Der Balkon grenzte direkt an sein Zimmer. Er saß schon auf dem Balkon und erwartete mich. Ich konnte an seinen Augen erkennen, dass er alles mitgehört hatte. Er blickte mich traurig an. Ich setzte mich auf seinen Schoß, schmiegte meinen Kopf an seine Brust und fing an zu weinen. Er streichelte mir über den Rücken und wiegte mich vor und zurück, wie man es so oft mit kleinen Kindern macht. Ich spürte wie ich einen Tropfen in den Nacken bekam und als ich aufblickte, sah ich, dass ihm eine Träne über die Wange lief. Als er sah, dass ich ihn anblickte, wischte er sie jedoch schnell weg und versuchte zu lächeln. Er beugte sich vor und küsste meine Tränen weg. Er berührte meine Lippen und ich erwiderte den Kuss. Wir holten nach, woran meine Mutter uns schon zweimal gehindert hatte und ich hatte mich nicht geirrt, es war das allerschönste Gefühl auf der ganzen Welt! Wir lagen zusammen auf dem Balkon und blickten zu den Sternen. Er strich mir über die Wange.
Ich nahem meinen Mut zusammen und fragte ihn die Frage die mir schon den ganzen Abend im Kopf rumschwirrte. 'Du, Maik?' 'Ja, Hannah?' 'Glaubst du, also glaubst du, ob...', fing ich an. Er unterbrach mich jedoch: 'Ob wir unsere Beziehung aufrecht erhalten können?' ' Ja... Glaubst du?'
'Ganz bestimmt.', flüsterte er und beugte sich erneut zu mir um mich zu küssen.
Am nächsten morgen wurde ich durch ein Klopfen geweckt. Es klopfte an Maiks Zimmertür. Maik schlief noch. Die Tür öffnete sich. Ich konnte nicht fassen wer da stand! 'Ma...', rief ich. Ich bemerkte, dass ich noch immer nackt war und zog schnell die Decke ein wenig höher. Das war jedoch ein Fehler, denn ich hatte sie von Maik weggezogen und sie konnte sehen, dass auch er nur Boxershorts trug. Ihr Blick wanderte von uns beiden weiter zu den beiden Kondomen die neben Maik langen. Ihre Gesichtszüge entgleisten. Plötzlich wachte Maik auf. Als er meine Ma sah, klappte ihm der Mund auf. 'Frau Soring, das ähm, also, äh, hallo...', stotterte er drauf los. Ma überhörte ihn.
' Hannah, komm! Ralf kann jeden Augenblick kommen!', sagte sie gebieterisch. Sie schien sich nach dem Schock wieder gefangen zu haben. Ich wollte gerade aufstehen um meine Sachen einzusammeln als Maik seinen Arm um meine Hüfte legte und mich sanft zurückzog. 'Nein, warte. Frau Soring, ich liebe Ihre Tochter! Sie können nicht mit ihr nach Bremen ziehen, das würde mir, und sicher auch ihr das Herz brechen! Wie können Sie nur so rücksichtslos und egoistisch sein!? Nur weil Sie mich nicht mögen wollen Sie Ihre Tochter sterbensunglücklich machen? Können Sie so was als Mutter verschulden?
Wir lieben uns! Und meine kriminellen Zeiten sind auch vorbei! Meine Videothek läuft prima, vom Profit ernähre ich meine ganze Familie! Glauben Sie mir, ich habe mich gebessert! Und seit ich Ihre Tochter kenne und mit ihr zusammen bin, bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt!!'
Ich war gerührt von diesem Vortrag und auch meine Mutter war angesichts seiner Aufrichtigkeit überrascht. Plötzlich drehte sie sich jedoch um und ging einfach. Ich blickte Maik an. Er schaute zurück. Nach einem letzten, innigen Kuss stand ich auf, griff meine Sachen und eilte meiner Mutter nach. Ich wollte einfach nicht glauben, dass sie mir das antun würde! Als ich aber an unserer Wohnungstür ankam, stand sie dort mit drei gepackten Koffern und dem Katzenkörbchen. Sie schob mir einen Koffer und das Körbchen zu und schloss die Wohnungstür von außen. 'Aber Mama...', schluchzte ich. Sie blickte mich nicht an. Wortlos griff sie nach den anderen beiden Koffern und ging die Treppe runter zu Ralfs geparktem Auto. Ich blieb oben an der Treppe stehen. 'Komm!', blaffte sie mich an. Mir blieb nichts anderes übrig als ihr zu folgen. Als ich ins Auto stieg, sah ich Maik am Fenster stehen. Er blickte uns nach, bis wir um die Straßenecke fuhren. Dann konnte ich ihn nicht mehr sehen.









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