Die Revolution der Madison Denver - Teil 3

Autor: emeliemia
veröffentlicht am: 21.05.2014


Und weiter geht's :) Viel Vergnügen. ;)


»Hm?«, mache ich. »Tut mir Leid, ich war gerade mit den Gedanken woanders.«
Sharleen verdreht die Augen.
»Das bist du andauernd. Langsam nervt das echt! Ich habe gesagt, dass Jay das Motto in Playboy geändert hat.«
»Okay.«, ich gehe nicht auf ihre offensichtliche Provokation ein. Sharleen ist oft so. Sie sucht gerne Streit, weil sie denkt, sie kann ihre Mitmenschen aufgrund ihrer hohen Intelligenz fertig machen. Ich behaupte, dass sie das Gegenteil von intelligent ist, aber das sage ich ihr natürlich nicht. Denn wer sich mit Sharleen anlegt, hat verschissen. Und außerdem sind Streits und Kriege nicht mein Ding.
Kimberly plappert ununterbrochen über die bevorstehende Mottoparty von Jay Clinton, dass sie das Motto viel besser findet als das andere. Ich glaube, das sagt sie nur, um Sharleen zu gefallen.

Manchmal begegne ich Noah auf dem Flur. Ich meine, das ist ja normal. Irgendwann kreuzen sich immer die Wege, vor allem in der Schule, wenn man zur gleichen Zeit Pause hat. Aber heute begegne ich ihm Gott sei Dank nicht. Mir ist immer noch mulmig zumute, wenn ich an den Ausdruck in seinen Augen denke.
Die Stunden vergehen wie im Flug und Kimberly und ich verabschieden uns von Sharleen, dann hakt sich Kimberly bei mir unter und zieht mich Richtung Metropolis-Passage. Die Metropolis-Passage ist ein riesiges Kaufhaus, mit unendlich vielen Läden. Ein Paradies für Leute wie Kimberly und Sharleen. Meines ist es nicht. Die große Bibliothek in der Nähe unserer Schule ist mein Paradies.
»Ich freue mich ja so, dass du mir hilfst, Maddi! Du bist so eine tolle Freundin!«
Kimberlys Euphorie ist kaum zu übersehen, ihre Wangen sind leicht gerötet und die Augen leuchten voller Vorfreude. Einfach nur niedlich. Ich lächele sie an.
»Danke Kimmy. Das bedeutet mir viel.«, den letzten Satz sage ich sehr ernst, damit sie weiß, dass ich die Wahrheit sage. Kimberly strahlt und steuert die Metropolis-Passage an, wobei wir eine der großen Hauptstraßen mit den zigtausend Kreuzungen überqueren müssen.
Als wir gerade dabei sind über die Straße zu eilen, überkommt mich ein seltsames Gefühl.
Irgendetwas stimmt hier nicht. Ich bleibe am Straßenrand stehen und sehe mich um. Vor uns ragt die riesige Passage.
»Maddi? Wieso bleibst du stehen?«, fragt Kimberly verwirrt und zupft mich am Ärmel.
Ich gebe ihr keine Antwort, sondern lasse meinen Blick über die Straßen schweifen. Alles scheint normal. Aber ich weiß ganz genau, dass etwas anders ist.
Und dann höre ich es. Stampfen. Von mehreren, tausenden von Füßen.
»Hörst du das auch?«, frage ich Kimberly. Sie lauscht und nickt dann anschließend, die Augen wie immer weit aufgerissen, wenn sie verängstigt ist.
»Was ist das, Maddi? Ein Erdbeben?«, ihre Unterlippe zittert und sie krallt ihre Finger in meinen Arm.
»Quatsch.«, versuche ich sie zu beruhigen und lege meine Hand auf ihre Schulter. »Das ist kein Erdbeben. Das ist – «
Und genau in diesem Moment kommt eine riesengroße Menschenmasse in die Straße. Sie tragen Schilder bei sich, deren Schriftzüge ich allerdings nicht genau erkennen kann.
»NIEDER MIT DEM RASSISMUS! HINFORT MIT DEN LÜGEN! WIR WOLLEN FRIEDEN!«
Immer wieder erklingen genau diese Worte. Ich weiß sofort, was damit gemeint ist und mich überläuft es wieder kalt. Dennoch bin ich vollkommen fasziniert. Das ist der Grund, warum ich trotz der kalten Schauer stehen bleibe und wie gebannt die Demonstranten anstarre. Die Einheit, wie sich alle im Einklang bewegen, das gleichmäßige Stampfen der Füße – ich finde es atemberaubend.
Es lockt mich, es will mich mitreißen. Ich fühle, wie mein Herzschlag sich dem Stampfen anpasst, spüre das Kribbeln in meinen Beinen. Kimberly krallt ihre Fingernägel noch fester in meinen Arm.
Und dann entdecke ich Noah in der Menge. Er scheint komplett darin aufzugehen, schreit voller Inbrunst die Parolen mit, die Augen schon wieder so seltsam leuchtend wie im Zug.
Es beginnt...
In diesem Augenblick treffen sich unsere Blicke und ich vergesse Kimberly und ihre spitzen Fingernägel. Noah scheint meine wachsende Lust, bei der Demonstration mitzumachen zu sehen, denn sein Blick ist auffordernd und gleichzeitig auch herausfordernd. So, als möchte er, dass ich mich anschließe, aber denkt, dass ich es mir nicht zutraue.
»Maddi. Bitte lass uns gehen, ich hab Angst. Das ist mir alles so unheimlich.«, fängt Kimberly an zu wimmern und holt mich aus meinen Bann. Ich wende den Blick von Noah ab.
»Hm? Oh, tut mir leid. Klar, lass uns gehen.«, erwidere ich und setze mich in Bewegung. Sie zerrt mich beinahe vom dem Platz weg. Ich muss mich jedoch immer wieder umdrehen, so stark hat mich diese Demonstration in den Bann gezogen. Meistens bleiben meine Augen aber bei Noah kleben. Der scheint wieder vollkommen in der Demonstration aufzugehen und würdigt mich keines Blickes mehr.

Während Kimberly Kleider anprobiert, sitze ich auf einem Sessel vor der Umkleide und versuche die Bilder vergeblich aus meinem Kopf zu verdrängen. Verdammt, es wurmt mich total, nicht zu wissen, was vor sich geht! Aber noch mehr wurmt es mich, wieso ich für einen kurzen Moment Lust hatte, mich der Demonstration anzuschließen.
Was passiert hier gerade?
Warum wurden wir belogen?
Was wird als Nächstes passieren?
So viele, unbeantwortete Fragen, von denen ich weiß, dass deren Antworten mir bestimmt nicht gefallen werden.
Irgendetwas ist hier gewaltig faul.
»Maddi, wie findest du das hier?«, Kimberly holt mich in die Realität zurück, in dem sie aus der Umkleide tritt und sich ein paar Mal vor mir im Kreis dreht. Sie trägt ein azurblaues, extrem kurzes Kleid, was knapp über ihren Hintern geht und einen sehr freizügigen Ausschnitt hat.
»Von der Farbe her ist es super.«, sage ich langsam, während ich sie betrachte. Was Kimberly an Intelligenz nicht besitzt, besitzt sie an Schönheit. Sie ist durchschnittlich groß und schlank und hat eine perfekte, sehr weibliche Figur. Das Blau steht in einem schönen Kontrast zu ihrer hellen Haut und lässt diese sehr frisch und unschuldig aussehen. »Du siehst toll aus, Kimmy. Ich würde es nehmen.«, füge ich dann anschließend noch hinzu. »Jetzt fehlen nur noch die Schuhe und dann sind wir fertig.«
Kimberly strahlt über das ganze Gesicht. »Danke, danke, danke, Maddi! Schuhe habe ich schon. Wir können gleich zur Kasse.«
Ich nicke und sie verschwindet wieder in der Umkleide.

Den Rest des Tages nehme ich nur noch verschwommen und wie durch Watte wahr. Kimberly merkt glücklicherweise nichts und tut das, was sie am besten kann: wie ein Wasserfall zu plappern.
Doch als wir in den Zug steigen, werde ich wieder hellwach. Wird das jetzt immer so sein? Werde ich jedes Mal Panik bekommen, wenn ich Zug fahre?
»Mann, ich wünschte, es wäre schon Donnerstag.«, jammert Kimberly, als wir uns in einen Vierer setzen und sie sehnsüchtig in ihre Tüten blickt. Das ist bestimmt schon das hundertste Mal an diesem Tag. »Ich kann es kaum erwarten zu Jay zu gehen!«
Ich nicke nur und versuche zu lächeln, was mir kläglich misslingt.
»Maddi, alles in Ordnung?«, sie mustert mich mit kindlicher Besorgnis. »Du bist voll blass!«
»Ich bin ein bisschen müde und mein Kopf tut weh.«, erwidere ich leise und sehe sie nicht an. Zwar kann ich Leuten in die Augen sehen, wenn ich lüge, aber bei Kimberly plagt mich dann doch das schlechte Gewissen.
Normalerweise suchen wir uns immer Sitzplätze im oberen Deck, aber heute sitzen wir unten. Was für mich eigentlich noch schlimmer ist als oben, denn dort kann man noch viel vom Himmel sehen. Hier unten jedoch, sieht man nur den Wald.
Die Türen des Zuges sind gerade dabei sich mit einem Ding Dong zu schließen, als eine Person es gerade noch rechtzeitig schafft ins Abteil zu springen.
Es ist niemand Anderes als Noah. Augenblicklich fängt mein Puls an sich zu beschleunigen.
»Hey, ich übernachte heute bei Sharleen also werde ich schon in Ber aussteigen.«, verkündet Kimberly plötzlich.
»Mhh, okay.«, erwidere ich ihr abwesend und verfolge Noah mit meinen Augen. Er wendet sich nach links, also nicht in unsere Richtung und geht ein paar Schritte, doch dann hält er inne. Sein Kopf dreht sich zu uns um und ich schaue rasch woanders hin, in der Hoffnung er hat nicht gesehen, dass ich ihn beobachtet habe. Aus den Augenwinkeln kann ich erkennen, wie er sich umdreht und die entgegengesetzte, also zu uns, läuft.
Ich halte meinen Blick stur auf den Boden gerichtet.
»Entschuldigt, ist einer von den Plätzen hier noch frei?«






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