No way out - Es gibt kein zurück - Teil 2

Autor: Anny
veröffentlicht am: 27.01.2014


No way out – Es gibt kein zurück
Kapitel 2
Meine Augen sind geschlossen. Ich spüre nichts, nicht einmal mehr den Schmerz. Wo ich bin weiß ich nicht, nicht einmal ob ich überhaupt noch am Leben bin. Umschlungen vom Wasser und einem schwerelosen Gefühl, ein Gefühl des Nichts. So haben sich bestimmt auch die Menschen gefühlt, die ich jeden Tag aufs Neue fertig gemacht. Die Menschen die dank mir heulend aus der Schule rannten. Sie fühlten sich wie ein Nichts, doch eigentlich bin ich das Nichts. Unfähig Mitgefühl zu empfinden, von Empathie noch nie etwas gehört. Wann bin ich eigentlich so geworden und warum wird mir das ganze erst jetzt klar? Ich hätte soviel erreichen können. Ja, ich. Ich, ich, ich, das ist das Problem. Wenn ich könnte, würde ich jetzt weinen. Tagelang, Wochen, Monate. Ich habe schon lange nicht mehr geweint, zumindest erinnere ich mich nicht mehr. Immer die taffe, die starke. Laurie Clark eben. Ganz die Geschäftsfrau wie Dad, immer den Vorteil sehen. Ganz das Model wie Mum, schön und stolz. Wie bin ich nur in diese Situation gekommen? Alles an was ich mich erinnere ist, dass ich auf den Weg zum Flughafen war. Ich saß in meinem Audi TT und hörte Musik. Die letzten Worte des Radios klingen noch in meinen Ohren, ich höre sie klar, als würde ich immer noch im Auto sitzen…“Die Vergangenheit ist wie ein langer Schlaf. Vage Schatten und Phantome, die dich immer wieder zu sich holen…“ Fast schon Ironie, dass ich mich gerade an diese Worte erinnere. Wenn ich könnte, würde ich jetzt schmunzeln. Mit einem Moment spüre ich etwas an meinem Arm, ich dachte ich würde niemals wieder etwas spüren. Es ist als ob mich jemand berührt und mich aus meinem Schicksal zu befreien versucht. Noch immer habe ich meine Augen geschlossen, ich kann mich nicht dagegen wehren, es ist als ob Tonnen auf meinen Lidern lasten und sie mit aller Macht beschweren. Trotzdem kommt es mir so vor, als ob ich nicht mehr von Wasser umgeben bin. Ist das so wenn man stirbt? Ich dachte immer, dass man ein Licht am Ende des Tunnels sieht und man einfach darauf zu läuft. Aber nichts, es ist einfach nur Dunkel. Ich sehe weder Bilder meiner Familie, noch mein Leben wie einen Film vor mir ablaufen. Ist es vielleicht das, was man mit seltsam meint, wenn man doch nur träumt? Träume ich? Oh Gott, bitte lass mich träumen! Leben ist jetzt mein sehnlichster Wunsch, ich will einfach nur Leben! Ich reiße mit einem Mal die Augen auf und weiß nicht wo ich bin. Das Wasser sprudelt mir förmlich aus den Lungen, ich winde mich am Boden und ringe nach Luft. Luft, ich atme, bin am Leben. Ich sehe mich um, doch ich erkenne nichts, nehme nichts wahr. Bin wie blind, wie gelähmt, sitze am Boden. Klare Gedanken sind nicht vorhanden, nur Verwirrung. Wie bin ich aus dem Wasser gekommen, es ist niemand hier. Ich bin allein, es ist Dunkel, still. Nicht einmal eine Grille, die Geräusche macht. Keine Autos, nur der See und ich. Mein Auto ist auch nirgendwo zu erkennen, wie auch, ich bin schließlich nicht einmal in den See gesprungen. Die Erinnerungen kommen wie Flashbacks zurück. Ich saß in meinem Wagen und plötzlich kam ein Auto von rechts und fuhr mir direkt in den Wagen. Ich verlor die Kontrolle und sank mit meinem Auto in den See hinab. Verdammt, wo ist das zweite Auto? Wo ist der Fahrer? Tausend Fragen stellen sich mir und mein Schädel schmerzt als würde ich ihn gegen den Boden schlagen. Ich sehe an mir herunter, mein Kleid ist zerrissen, Schuhe habe ich keine mehr an. Blut tropft auf meine Beine. Doch nicht nur eine Stelle an meinem Kopf blutete, sondern mein Körper ist übersäht mit Schnittwunden und Kratzern. Habe ich wirklich überlebt? Ich kann es nicht fassen. Ich höre eine Sirene, vielleicht ein Krankenwagen? Bitte, lass es ein Krankenwagen sein. Im nächsten Moment verschwimmt mein Bild, ich höre Stimmen aber kann sie nicht verstehen. Ich verliere das Bewusstsein und sacke in mir zusammen…
Es scheint als sei ich gerettet.
Ich sehe mich. Nein, wirklich ich kann mich sehen. Ich liege in einem Krankenwagen, um mich herum 3 Männer die hektisch Puls messen, mich beatmen und mir irgendetwas spritzen. Ich sehe friedlich aus und doch mitgenommen. Fast schon zerstört. Ist vielleicht nur noch mein Körper in dieser Welt und meine Seele schon am gehen? Die Männer reden miteinander, schreien fast schon, doch ich kann kein Wort verstehen, es ist alles nur gedämpft. Bin wie benommen, unfähig mich zu bewegen, stehe einfach nur da und sehe mich selbst an. Man Laurie, wie konnte das nur passieren! Die Honigblonden Haare sind nass und überall hängt Gestrüpp. Die Wunde am Kopf scheint schlimmer zu sein, als ich sie ertasten konnte. Auch die Schnittwunden sind weit aus tiefer als ich vorhin dachte. Vielleicht war es das doch… „Verdammt Laurie!“ , höre ich auf einmal eine Stimme hinter mir. Dort sitzt ein Junge in meinem Alter. Auch er hat Schrammen und zerrissene Kleidung, ist völlig nass. Kenne ich ihn? Ich setze mich neben ihn, betrachte ihn näher. Diese Augen! Ich kenne ihn! Diese klaren blauen Augen mit den orangen Flecken genau um die Pupille herum kommen mir so bekannt vor. Tiefschwarze Haare, fast wie Kohle nur noch intensiver und glänzend. Er ist gut gebaut, seine definierten Muskeln sind gut erkennbar durch sein weißes, nasses T-Shirt. Er scheint mir so vertraut, doch ich kann ihn nicht zuordnen und mir fällt sein Name nicht ein. Ich lehne mich an ihn an, zwar weiß ich dass er es nicht spüren wird, ich bin ein… ja was bin ich? Ich sitze in einem Krankenwagen neben diesem Jungen und betrachte meinen Körper, der regungslos und ohne Rettung zu sein scheint, wie er auf einer Liege umgeben von 3 verzweifelten Sanitätern stirbt.
„Das Ende aller Hoffnung.
Das Ende aller Sprache.
Der letzte Ausweg liegt unter weißen Laken.“






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