Vermissen

Autor: MusicJunkie91
veröffentlicht am: 29.04.2013


Eine Kurzgeschichte in einem ganz anderem Stil, als von mir gewohnt.

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Würde ich dich nicht lieben, wäre vieles um einiges einfacher. Denn all meine Gedanken drehen sich nur um dich.
Gefühle sind für mich oftmals nicht leicht. Es scheint, als ob du alles in mir blockierst, dafür sorgst, dass ich für niemand anderen so empfinden kann wie für dich. Als ob du mein Herz mitgenommen hast, als du gegangen bist.
Letzte Nacht habe ich von dir geträumt. Du hast mich in diesem Traum verächtlich angesehen, mir gesagt, dass ich dir nie das bedeutet habe, was du mir noch immer bedeutest. Dass ich für dich nie mehr als ein Zeitvertreib war, wenn niemand anderes Zeit hatte, sich mit dir zu treffen.
Als ich aufgewacht bin, habe ich dann erst mal geweint. Was ein super Start in den Montag!

Seit drei Jahren bist du nun schon fort, doch es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen. Ich weiß noch immer, wie wundervoll du gerochen hast. Ständig sehe ich dein Lächeln vor mir. Höre dein Lachen oder deine Stimme.
Wir hatten schöne Zeiten, oder? Auch wenn du meine Liebe nie erwidert hast, nicht auf diese extreme Art, wie ich sie in mir hatte.
Ich erinnere mich, wie ich dir damals am letzten Schultag vor den Osterferien gesagt habe, dass ich mich in dich verliebt habe. Du hast mich einfach in den Arm genommen, beinahe geweint und gesagt, dass es dir leid tut. Es tat dir leid, dass du diese Liebe nicht erwidert hast. Am nächsten Tag haben wir uns wieder getroffen, schon vorher hatte ich dich und ein paar andere Freunde zum Osterfeuer bei mir eingeladen. Als wir dort hin gelaufen sind, hast du dich mit mir zurückfallen lassen und meine Hand genommen. Verwirrt habe ich dich angesehen. Du fragtest mich dann, seit wann es so wäre, warum, hast mir in aller Ruhe erklärt, dass du noch immer meine beste Freundin liebtest. Natürlich habe ich sie dafür gehasst, so sehr gehasst…

Die Wochen vergingen und plötzlich hattest du eine Freundin. Ihr hattet euch im Internet kennengelernt, getroffen, verliebt und ich war plötzlich abgeschrieben. Du hattest keine Zeit mehr. Ihr habt telefoniert, euch per Webcam unterhalten, so oft es ging getroffen. Selbst als wir gemeinsam in München waren, hast du entweder von ihr geredet oder hast dich nur mit den anderen Jungs unterhalten. Ich hab mich abgelenkt, war jeden Abend im Biergarten, habe mich ständig betrunken. Du hast mir doch so viel bedeutet! Warum hast du mich nur so ignoriert?

Im November des gleichen Jahres war Abschlussball in der Tanzschule. Wir hatten einige Kurse zusammen gemacht, nur den letzten, der angeboten wurde, nicht mehr, weil du keine Lust mehr hattest und auch kein Geld. Du hattest mir aber versprochen, dass du mit mir zu dem Abschlusstanz gehst.
Zwei Tage vorher hast du mir abgesagt.
Natürlich, unser Verhältnis war schlechter geworden. Aber das hast du nicht einmal als Entschuldigung benutzt. Deine Entschuldigung war, dass du mit deiner Freundin zum Midnight-Shopping wolltest! Midnight-Shopping, das zwei, drei Mal im Jahr stattfand und noch immer findet.
Es hat so weh getan. Ich war nur noch am Heulen. Meine damaligen besten Freundinnen haben dich zur Brust genommen, ohne dass ich es wusste. Haben dir sogar eine Schelle verpasst. Das war nie meine Absicht und das hättest du dir auch denken können. War ich nicht vorher schon immer eher der Typ, der still gelitten hat? Warum sollte es dann anders gewesen sein?

Diesmal vergingen Monate. Mir ging es beschissen, ich konnte nicht mal in deiner Nähe sein, weil es einfach so verdammt weh tat. Jedes Mal, wenn du im Unterricht etwas gesagt hast, sind mir Tränen in die Augen gestiegen, jedes Mal, wenn ich dich, auch nur ausversehen, angesehen habe, erneut. Doch ich wollte nicht den ersten Schritt machen. Ich war der Meinung, dass ich nichts falsch gemacht hatte – immerhin warst ja du es gewesen, der mir so kurzfristig, mit so einem bescheuerten Grund abgesagt hat.
Im Januar 2009 wechselte ich die Schule. Meine Noten waren nicht gut genug und so zwang mich mein Vater, mein Abitur aufzugeben und mich stattdessen am Realschulabschluss zu versuchen. Zwei Wochen, nachdem ich fort war, fasste ich mir ein Herz und schrieb dich auf einer Internetplattform an. Ich bat dich um ein Treffen, damit wir miteinander sprechen konnten und du hast sofort zugesagt.
Einige Tage später haben wir uns dann getroffen. Zunächst haben wir uns nur angesehen, dann sind wir uns in die Arme gefallen und haben erst einmal geweint.
Verflucht noch mal, das hat vielleicht gut getan! Erst zu diesem Zeitpunkt wurde mir bewusst, wie sehr ich dich wirklich vermisst hatte.
Danach setzten wir uns auf eine Bank, unterhielten uns. Du erzähltest mir von der Ohrfeige und ich entschuldigte mich dafür, obwohl ich ja gar keine Schuld daran hatte. Du hast dich im Gegenzug für die Absage und die wenige Zeit entschuldigt.
Beinahe eine Stunde saßen wir dort. Aber dann wurde es uns zu kalt.
Du hast mich noch zu meinen Freunden gebracht, wir umarmten uns erneut und haben uns dann getrennt.

Seit dem war alles so viel besser! Wir chatteten beinahe jeden Tag miteinander, du hast mir in Mathe geholfen, wenn ich Probleme hatte – ein Genie warst du ja schon immer gewesen.
Die Zeit verging wie im Flug. Wir trafen uns so oft es ging.
Und dann passierte das, was passieren musste: Ich verliebte mich wieder in dich.
Doch diesmal blieb ich still, sagte kein Wort. Insgeheim dachte ich noch immer, dass diese Liebe dir gegenüber die Schuld an unserem Streit war.
Vor den Abschlussprüfungen lernten wir wieder zusammen. Wir lachten und scherzten und ich musste wirklich den Drang unterdrücken, mich in deine Arme zu werfen und deine wundervollen Lippen zu küssen.
Diese Freundschaft mit dir… sie war so super! Oft haben wir uns einfach mal so ein wenig geprügelt, uns dabei kaputtgelacht wie die kleinen Kinder. Haben ganz nah beieinander gesessen, so dass ich jede Bewegung von dir gespürt habe und mein Herz Überstunden geschoben hat.
Weißt du, zu gerne würde ich wissen, was du damals empfunden hast.

Meine Abschlussprüfungen waren Anfang Mai. Noch vor der Prüfung hast du mir Glück gewünscht und nach der Prüfung hast du mir gratuliert, weil du sicher warst, dass ich bestanden hatte. Am nächsten langen Wochenende hab ich eine kleine Party gegeben, nur du, ich und zwei andere. Wir hatten so verdammt viel Spaß!
Dann vergingen ein paar Tage und in der Zeit haben wir uns nicht gesehen, nur geschrieben, wie immer. Darauf die Woche war Pfingstmarkt. Wir haben uns auf dem Discoabend dort gesehen, gelacht, gemeinsam getanzt. Um Mitternacht bist du nach Hause, während ich noch einige Stunden länger gefeiert habe.

Zwei Tage später bekam ich einen Anruf von meiner besten Freundin. Ich sollte schnell zum Sportplatz kommen, der unsere beiden Schulen verband. Sie hatte sich ernst angehört, traurig. Ich dachte mir, dass ihr Freund mit ihr Schluss gemacht hatte, riss noch Witze, ging aber schließlich dahin.
Doch als ich dort wirklich meinen gesamten Freundeskreis stehen sah, durchlief es mich eiskalt. Teilweise waren sie am Weinen, hielten sich in den Armen und sahen mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich nie vergessen werde.
Dann sagte meine beste Freundin mir, dass du dich umgebracht hättest.
Ich konnte es nicht glauben. Mein ganzer Körper begann zu zittern, meine Beine gaben nach, ich sank zu Boden. Immer wieder sagte ich nein.
Ich wollte es nicht glauben.
Ich konnte es nicht glauben.
Du warst doch in letzter Zeit so gut drauf gewesen! Es war nichts von den Depressionen, die du ein paar Jahre zuvor gehabt hattest, zu spüren gewesen und wenn es dir schlecht gegangen wäre, hättest du es mir gesagt! Warum? Warum?

Zwei Tage darauf war deine Trauerfeier. Die ganze Zeit über liefen Tränen über meine Wangen, schmerzhafte Schluchzer entrannen meiner Kehle. Aber noch immer wollte ich nicht wahrhaben, nicht wahrhaben, dass du fort warst. Hinterher stand deine Mutter dort. Als ich sie in den Arm nahm, fing sie fürchterlich an zu weinen... ich ebenso. Sie sagte mir, ich solle weiterleben, auch ohne dich, und das obwohl sie so am Ende war.

Ich vermisse dich. Ich vermisse dich so sehr. Oft habe ich mir noch unsere Chatverläufe durchgelesen. Die ein oder andere Träne vergossen.
Das Tattoo hinter meinem Ohr ist ein Herz mit deinem Anfangsbuchstaben.
Du fehlst mir. Du fehlst mir so sehr. Hätte ich einen Wunsch frei, wärst du wieder hier, an meiner Seite. Für immer.







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